
Christenverfolgung in Deutschland
Christliche Flüchtlinge besser schützen
Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge sind keine Einzelfälle
Es hat in den letzten Monaten nicht an drängenden Berichten darüber gefehlt, dass christliche Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften von muslimischen Mitflüchtlingen, aber auch von muslimischem Wachpersonal angefeindet, bedroht, schikaniert werden. Unter anderen prangert Pfarrer Dr. Gottfried Martens von der Berliner Dreieinigkeits-Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) seit langem unermüdlich die Verfolgung an, die insbesondere Konvertiten, die vom Islam zum christlichen Glauben konvertiert sind, hier in Deutschland erneut erfahren, vor der sie ja gerade aus ihren Heimatländern geflohen sind.
Auch der leitende Geistliche der SELK, Bischof Hans-Jörg Voigt, hatte bereits im Februar 2016 getrennte Unterbringungsmöglichkeiten für Christen gefordert, „solange der Staat nicht gewährleisten kann, dass alle Flüchtlinge frei und ungehindert ihren Glauben in den Asylunterkünften leben können.“ Es sei unverständlich, so der Bischof damals, dass gesellschaftlich relevante Gruppen, Verbände und die Politik diese Missstände verharmlosen oder gar ganz verschweigen.
Trotzdem wurde das Thema von politischer und behördlicher Seite bisher weiter klein geredet. Es handle sich um „Einzelfälle“, hieß es, die sich zudem kaum „beweisen“ ließen. Wenn es Konflikte in den Unterkünften gebe, seien sie der räumlich beengten Situation in den Heimen geschuldet.
Jetzt haben sich mehrere Menschenrechtsorganisationen zusammengeschlossen, um auf die zahlreichen Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge in deutschen Unterkünften hinzuweisen und von Politik und Behörden ihren wirksamen Schutz zu fordern. Das Hilfswerk Open Doors, das sich weltweit für verfolgte Christen einsetzt, hat eine Erhebung veröffentlicht, in der 231 christliche Flüchtlinge, davon die meisten aus dem Iran, aus Afghanistan und Syrien, darlegen, wie sie in ihren Unterkünften Anfeindungen und Übergriffen ausgesetzt sind. „Aus diesen Berichten geht sehr deutlich hervor, dass das Leben von Konvertiten, die vom Islam zum christlichen Glauben übergetreten sind, in hohem Maß gefährdet ist. Sie werden häufig nicht nur als Verräter ihres Glaubens, sondern auch als Verräter ihres Volkes, ja sogar der Gesamtheit der Muslime angesehen“, schreiben die Autoren der Erhebung.
Es sei für Open Doors eine „völlig neue Erfahrung, dass Christen in einem Land wie Deutschland wegen ihres Glaubens massiv bedrängt werden“, heißt es in dem Bericht.
Und weiter: „Dies ist umso bestürzender, da Deutschland sich weltweit als Mahner und Fürsprecher für das Recht auf Religionsfreiheit einsetzt und die derzeitige Regierung dies sogar im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat.“
In ihren Schlussfolgerungen fordern die Menschenrechtsorganisationen unter anderem die Bundeskanzlerin, die verantwortlichen Sozial- und Innenminister sowie die Integrationsbeauftragten auf, Maßnahmen zu ergreifen, zum Beispiel:
- Erfassung der Religionszugehörigkeit bei der Erstaufnahme und Weiterleitung der Daten bei der Verlegung in andere Unterkünfte.
- Zusammenlegung von Minderheiten, sodass der Anteil der Christen sowie anderer religiöser Minderheiten im Verhältnis zu den Muslimen in etwa gleich ist.
- Getrennte Unterbringung von Christen sowie von anderen religiösen Minderheiten, die bereits Opfer von Verfolgung und Diskriminierung geworden sind.
- Adäquate Erhöhung des nicht-muslimischen Anteils innerhalb des Wachpersonals.
- Regelmäßige Schulungen und Sensibilisierung der Mitarbeiter und des Sicherheitspersonals in Flüchtlingsunterkünften hinsichtlich Ursachen religiöser Konflikte und des Schutzes religiöser Minderheiten.
- Bereitstellung von Vertrauenspersonen christlichen Glaubens, an die sich von Verfolgung betroffene Christen wenden können.
Die Dokumentation „Religiös motivierte Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge in Deutschland“ ist abrufbar unter opendoors.de
Unser Bekenntnis - Artikel 1: Von Gott
Das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) ist die grundlegende Bekenntnisschrift der im Konkordienbuch (1580) abgedruckten verbindlichen Bekenntnisse der Kirche der lutherischen Reformation. In loser Folge lesen Sie hier Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln von Pfarrer Dr. Gottfried Martens D.D. (Berlin-Steglitz).
Confessio Augustana, Artikel 1: Von Gott
Zuerst wird gemäß dem Beschluss des Konzils von Nicäa einmütig gelehrt und festgehalten, dass ein einziges göttliches Wesen sei, das Gott genannt wird und wahrhaftig Gott ist und doch drei Personen in diesem einen göttlichen Wesen sind, jede gleich mächtig, gleich ewig: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Alle drei sind ein göttliches Wesen, ewig, unteilbar, unbegrenzt, von unermesslicher Macht, Weisheit und Güte, ein Schöpfer und Erhalter aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Unter dem Wort ‚Person’ wird nicht ein Teil oder eine Eigenschaft von etwas Anderem verstanden, sondern etwas, das in sich eigenständig ist, so wie die Kirchenväter diesen Begriff in dieser Sache gebraucht haben.
Deshalb werden alle Ketzereien verworfen, die diesem Artikel widersprechen, wie die Manichäer, die zwei Götter annehmen: einen bösen und einen guten; ebenso die Valentinianer, Arianer, Eunomianer, Muslime und alle, die ähnlich denken. Verworfen werden auch die Samosatener, die alten und die neuen, die nur eine Person annehmen und über die beiden anderen, nämlich ‚das Wort’ und den Heiligen Geist, die spitzfindige Ansicht vertreten, es seien nicht ‚unterschiedliche Personen’, sondern ‚das Wort’ bedeute so viel wie gesprochenes Wort oder Stimme, und der Heilige Geist sei eine erschaffene Regung in den Geschöpfen.
An dem ersten Artikel lässt sich einiges Grundsätzliche zu den Lehrartikeln des Augsburger Bekenntnisses aufzeigen: Immer wieder heißt es in diesen Artikeln zu Beginn: „Es wird gelehrt“. Im weiteren Verlauf des Augsburger Bekenntnisses wird deutlich, dass mit „Lehre“ jeweils die Predigt im Gottesdienst gemeint ist. „Lehre“ meint also dem lutherischen Bekenntnis zufolge nicht eine von Theologen konstruierte „Theorie“, auch nicht eine umzusetzende Vorschrift, sondern beschreibt den Inhalt der gottesdienstlichen Verkündigung. Wenn eine Kirche irgendwo in ihrer Grundordnung bestimmte Bekenntnisse erwähnt, wenn aber die für die Verkündigung Verantwortlichen im Gottesdienst etwas ganz Anderes predigen, als was die Bekenntnisse beschreiben, dann ist Letzteres die eigentliche „Lehre“ der Kirche. Die Bekenner von Augsburg vermeiden alles, was den Eindruck erwecken könnte, als hätten sie eine neue Kirche gegründet und eine neue Lehre geschaffen: Sie beschreiben nur, was de facto in den Kirchen und Gemeinden verkündigt wird, die dies Augsburger Bekenntnis als Zusammenfassung ihrer Lehre verstehen: „Es wird gelehrt“ – und zwar, wohlgemerkt, „einmütig“. Dies kennzeichnet eine Bekenntniskirche, dass in ihr nicht jeder Pastor wieder etwas Anderes verkündigt, sondern dass in den Grundinhalten der Predigt Einmütigkeit herrscht. Wo eine Kirche nicht mehr davon sprechen kann, dass sie in den Grundfragen des Glaubens einmütig reden kann, ist sie in Wahrheit gar nicht mehr eine Kirche.
Die Bekenner von Augsburg fangen ganz bewusst mit dem Glauben an Gott an. Das hatte natürlich auch politische Gründe: Das Nizänische Glaubensbekenntnis war damals auch reichsrechtlich verankert; wer dieses Bekenntnis leugnete, schloss sich nicht nur aus der Kirche aus, sondern lief auch Gefahr, für diese Leugnung hingerichtet zu werden. Da den Anhängern Luthers mithilfe von völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Lutherzitaten unterstellt wurde, sie würden das Bekenntnis zu dem dreieinigen Gott in Frage stellen, war es wichtig, gleich zu Beginn in aller Deutlichkeit und Feierlichkeit klarzustellen, dass die Aussagen des Konzils von Nicäa auch für die Bekenner von Augsburg verbindlich sind und von ihnen ohne Einschränkung geteilt werden. Doch war dies nicht nur ein politischer Schachzug, mit dieser Erklärung zu beginnen. Es gab dafür natürlich auch inhaltliche Gründe. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Nizänische Glaubensbekenntnis selbstverständlich auch in den Gottesdiensten derer, die das Augsburger Bekenntnis unterschrieben, seinen festen Platz nach der Verlesung des Heiligen Evangeliums hatte. Der Artikel beschreibt also, was tatsächlich auch im gottesdienstlichen Vollzug praktiziert wurde. Weiterhin verfolgt der erste Artikel mit seinem Bezug auf das Konzil von Nicäa natürlich auch die Absicht, herauszustellen, dass es ganz wichtige Grundaussagen des christlichen Glaubens gibt, in denen sich die verschiedenen „Parteien“ innerhalb der einen Kirche ganz einig sind. Dies gilt bis heute: Das Nizänische Glaubensbekenntnis ist auch heute noch das Glaubensbekenntnis, das Christen verschiedener Kirchen miteinander verbindet. Während das Apostolische Glaubensbekenntnis den Ostkirchen unbekannt ist, bekennen wir das Nizänische Glaubensbekenntnis in der Tat „mit der ganzen Christenheit“. Es hat von daher auch ökumenische Bedeutung, wenn wir das Nizänische Glaubensbekenntnis – abgesehen von der Fastenzeit – in jedem Hauptgottesdienst an Sonn- und Feiertagen beten.
Über die Entstehung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses kursieren immer wieder alle möglichen Behauptungen, die auch durch beständige Wiederholung nicht richtiger werden: Behauptet wird, im Konzil von Nicäa hätten sich die Konzilsväter im Jahr 325 die Lehre von der Dreieinigkeit und von der Gottheit Christi gleichsam erst ausgedacht, die in den ersten Jahrhunderten der Kirche noch völlig unbekannt gewesen seien. Und es wird behauptet, mit der Begrifflichkeit, die auf dem Konzil von Nicäa gebraucht wurde, habe man die schlichte biblische Botschaft mit griechischer Philosophie überfremdet. Beides ist in Wirklichkeit absoluter Humbug: Schon im Neuen Testament wird unverkennbar „trinitarisch“ geredet, angefangen schon mit dem Taufbefehl Christi, wonach die Jünger Jesu „auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ taufen sollen (St. Matthäus 28,19). Der, der diesen Befehl gegeben hat, behauptet zugleich: „Ich und der Vater sind eins.“ (St. Johannes 10,30) Doch derselbe Christus, der dies sagt, wendet sich zugleich an seinen Vater im Gebet, nimmt ihn also als Gegenüber wahr – und lässt es dann zugleich wieder zu, dass Thomas vor ihm niederfällt und ihn, Christus, anbetet: „Mein Herr und mein Gott.“ (St. Johannes 20,28). Und Johannes selber formuliert es in seinem „Prolog“ sehr deutlich: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. ... Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. ... Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.“ (St. Johannes 1,1.14.18) Alles Bekennen der christlichen Kirche muss sich also auf das Zeugnis dessen zurückbeziehen, der Gott als einziger gesehen hat und als einziger zuverlässig von ihm Kunde geben kann – eben Christus.
Und genau so sind auch die Väter auf dem Konzil von Nizäa verfahren: Sie haben versucht, als Bekenntnis zu formulieren, was ihnen als Zeugnis der Heiligen Schrift vorgegeben war: Unbestritten war: Wir glauben nur an einen Gott, nicht an mehrere Götter. Christen sind keine „Tritheisten“, die an drei Götter glauben, wie es ihnen im Koran immer wieder unterstellt wird. Wenn dieser eine Gott als „göttliches Wesen“ umschrieben wird, dann wird darin im Griechischen die Selbstbezeichnung Gottes in 2. Mose 3,14 aufgenommen: „Ich bin, der ich bin“, bzw. „Ich werde sein, der ich sein werde.“ Der philosophische Begriff „Wesen“ wird also biblisch gefüllt – er „überfremdet“ also nicht die biblische Sprache, ganz im Gegenteil. Zugleich musste man aber auch zum Ausdruck bringen, dass sich dieser eine Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist zu erkennen gegeben hat und dass diese drei nicht bloß „Erscheinungsformen“ des einen Gottes sind, sondern je für sich in dem einen Wesen den beiden anderen jeweils gegenüberstehen: Der Sohn verkündigt den Vater und spricht mit ihm; der Heilige Geist wird vom Sohn gesandt und geht vom Vater aus; er bezeugt zugleich Jesus Christus als den Sohn des Vaters. Dafür gebrauchten die Konzilsväter den Begriff „Person“, der ursprünglich etwas völlig Anderes meinte und auch nicht etwa mit dem heutigen Verständnis von „Persönlichkeit“ verwechselt werden darf: Gott gibt sich zu erkennen als ein Gott, der sich dem Menschen zuwendet. Nur weil er der dreieine Gott ist, können wir wissen, wer er ist, und können ihn lieben: Ohne den Sohn Jesus Christus hätten wir keine Ahnung vom Vater; ohne den Heiligen Geist können wir Jesus Christus nicht unseren Herrn und Gott nennen und an ihn glauben. Ganz entscheidend in diesem Zusammenhang ist die Formulierung im ersten Artikel des Augsburger Bekenntnisses, „dass ein einziges göttliches Wesen sei, das Gott genannt wird und wahrhaftig Gott ist.“ Das heißt: Gott ist nicht bloß eine Idee; wir übertragen nicht unsere Vorstellungen und Sehnsüchte auf ein Jenseits und konstruieren uns selber ein Wesen, das Gott genannt wird, sondern dieses Wesen ist wahrhaftig Gott, geht also all unseren Benennungen schon ewig voraus. Gott ist nicht erst seit 325 ein dreieiniger Gott, sondern er war es schon in alle Ewigkeit.
Und genau darin besteht nun auch das besondere Anliegen dieses ersten Artikels des Augsburger Bekenntnisses: Er macht deutlich, dass der Glaube an den lebendigen dreieinigen Gott tatsächlich die Grundlage für alles Weitere ist, was in den folgenden Artikeln ausgeführt wird. Wenn dieser dreieinige Gott nicht durch unser Denken geschaffen wird, sondern umgekehrt selber der Schöpfer und Erhalter ist, dann ist er ein handelnder Gott, und dann stellt sich von selbst die Frage, in was für einem Verhältnis wir, seine Geschöpfe, eigentlich zu ihm, dem Schöpfer, stehen.
Zum Bekenntnis gehört als Kehrseite immer auch die Verwerfung: Wenn ich zu etwas Ja sage, sage ich damit zugleich auch Nein zu dem, was diesem Ja widerspricht. „Verworfen“ werden hier diejenigen, die diesem Bekenntnis zum dreieinigen Gott widersprechen, das heißt: Es wird festgestellt, dass sie sich mit ihrer Lehre aus der kirchlichen Gemeinschaft, aus der Sakramentsgemeinschaft am Altar ausgeschlossen haben. Es würde im Rahmen dieser Glaubensinformationen zu weit führen, wenn nun die kirchengeschichtlichen Hintergründe der verschiedenen hier genannten Irrlehren breiter erläutert werden sollten. Grundsätzlich werden all diejenigen verworfen, die die biblische Spannung zwischen dem Bekenntnis zu dem einen Gott und dem Bekenntnis der Pluralität innerhalb des einen göttlichen Wesens aufzulösen versuchen, indem sie entweder mehr als einen Gott bekennen oder die Personen der Trinität zu verschiedenen „Erscheinungsweisen“ des einen Gott verdünnen oder die wahre Gottheit Christi und/oder des Heiligen Geistes leugnen. Interessant ist, dass in diesem Zusammenhang der Islam als christliche bzw. nachchristliche Sekte behandelt und aufgeführt wird. Dies ist kirchen- und geistesgeschichtlich durchaus nicht falsch: Der Islam lässt sich letztlich nur im Gegenüber und in Abgrenzung zum christlichen Glauben mit seinem Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Versuch einer „Überbietung“ des christlichen Glaubens verstehen: Die Gottheit Christi wird geleugnet; darin steht der Islam Seit an Seit mit den Arianern, gegen die sich das Nizänische Glaubensbekenntnis richtet. Und verworfen wird hier in Artikel 1 schließlich auch die Verwechslung des Heiligen Geistes durch alle möglichen Formen von Emotionen, Begeisterungen und Stimmungen. Auch diese Verwerfung ist hochaktuell, wenn man bedenkt, in welcher Weise der Heilige Geist und sein Wirken in manchen Teilen der Christenheit heutzutage beschrieben und verkündigt wird.
Das Kommen des Sohnes Gottes in diese Welt geschieht „um uns Menschen und um unserer Seligkeit willen“, so heißt es im Nizänischen Glaubensbekenntnis. Auch wenn dies im ersten Artikel des Augsburger Bekenntnisses nicht ausdrücklich zitiert wird, machen die folgenden Artikel doch deutlich, worin der tiefste Sinn dieses Beginns der Artikel mit dem Glauben an Gott besteht: Es geht um unser Heil, um unsere Seligkeit. Diese wird uns dadurch zuteil, dass sich Gott als der dreieinige Gott zu erkennen gibt und als solcher handelt. Und unser Heil besteht schließlich im tiefsten auch darin, dass wir teilhaben werden an der innigsten Gemeinschaft des dreieinigen Gottes: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein.“ (St. Johannes 17,21) Von diesem Gott spricht hier Artikel 1.
Bild: Verlesung der Confessio Augustana, Kupferstich von Johann Dürr, um 1630 - wikimedia.com
Angedacht!
„So spricht der HERR Zebaoth: Hört nicht auf die Worte derer, die euch weissagen! Sie betrügen euch, sie verkünden euch Gesichte aus ihrem Herzen und nicht aus dem Mund des Herrn. … Ich sandte die Propheten nicht, und doch laufen sie; ich redete nicht zu ihnen, und doch weissagen sie.“
Jeremia 23,16+21Liebe Leserinnen und Leser,
woher weiß man eigentlich, ob zum Beispiel eine Predigt im Auftrag Gottes geschieht und also Gottes Wort ist, oder ob es sich dabei um die beliebigen Gedankenassoziationen des Predigers zu einem ebenso beliebigen Thema handelt? Ich weiß nicht, ob Sie sich diese Frage schon einmal gestellt haben, aber der 1. Sonntag nach Trinitatis ist jedenfalls ein guter Anlass, sich dazu Gedanken zu machen. An diesem Sonntag geht es um das Wort Gottes und seine Verkündiger. Dazu passt der Wochenspruch aus dem Neuen Testament, wo Christus sagt: „Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich.“ (Lukas 10,16)
Es gibt die Botschaft nicht ohne den Boten. Es gibt auch nicht einfach „das Evangelium“, das quasi freischwebend durch die Welt wabert und dass es das Wichtigste sei, dass dies auf nicht näher bestimmte Weise irgendwie geschieht, wie man manchmal hört.
Vom Propheten Jeremia kann man lernen, was das bedeutet, dass Bote und Botschaft zusammengehören. Er hat eine sehr bitte Wahrheit verkündigen müssen und die lautet an dieser Stelle: Wo der Bote nicht recht ist, da ist auch die Botschaft nicht recht.
Offensichtlich hatte Jeremia sich mit Propheten auseinander zu setzen, die ihre eigenen Visionen, Gedanken und Träume verkündeten. Über diese selbsternannten Propheten hat Gott, der Herr Zebaoth, sein Urteil gesprochen: „Ich sandte sie nicht.“ Darum soll auch das Volk nicht auf sie hören. Auch wenn sie den Leuten erzählen, was sie hören wollen. „Sie sagen denen, die des Herren Wort verachten: Es wird euch wohlgehen – und allen, die im Starrsinn ihres Herzens wandeln, sagen sie: Es wird kein Unheil über euch kommen. (Jeremia 23,17)
Aber diese unautorisierte geistliche Narkotisierung droht furchtbare Folgen zu haben. Denn woher wissen diese eigenmächtigen Propheten denn, ob sich Gott ihrem Urteil anschließen und durch die Finger sehen wird, als habe er ja alles gar nicht so ernst gemeint, was er vorher geboten hat?
Jeremia, den wirklich von Gott beauftragten Propheten, zeichnet aus, dass er das Volk warnt: „Siehe, es wird ein Wetter des Herrn kommen voll Grimm und ein schreckliches Ungewitter auf den Kopf der Gottlosen niedergehen. (Jeremia 23,20)
Mit Gewittern und Unwettern kenn wir uns im Sommer bestens aus. Und so soll nun Gott sein? Ja, so ist Gott auch. Jeremia hatte es seinem Volk zu sagen: „Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?“ (Jeremia 23,23) Wirklich, das ist einer der schrecklichsten Verse der Bibel. Der Herr der Heere, auf Hebräisch Jahwe Zebaoth, ist alles andere als lieb und harmlos. Die falschen Propheten, die immer nur „das Evangelium“ verkündigen, verkündigen nicht den wahren Gott. Der wahre Gott kann entsetzlich fern sein. Auch heute noch. Er lässt sich nicht mit ein paar wohlklingenden Kalendersprüchlein oder blumigen Segenssprüchen herbeizitieren um alles abzusegnen, was sich die Menschen so ausgedacht haben.
Unglaublich nah ist dieser Gott den Menschen gekommen, als das ewige Wort, Jesus Christus Mensch wurde. Und nah ist er auch in seinem Wort, wie seine Boten, die Propheten, Apostel und Evangelisten es aufgeschrieben haben und die berufenen Prediger es verkündigen. Was Jesus seinen Jünger sagte: „Wer euch hört, der hört mich.“, das gilt auch heute noch.
Nicht nur über diesen Zusammenhang von Boten und Botschaft kann man nachdenken, man darf auch einmal besonders für diese Boten beten und in diesem Gebet besonders an die denken, die uns persönlich das Wort Gottes predigen. Das geht zum Beispiel mit den Worten eines Liedes (ELKG2 292, 1+3): „Umgürte die, o Gott, mit Stärke in ihrem heilgen Dienst und Stand, die zu des Predigtamtes Werke, dein gnadenvoller Ruf gesandt. Lehr du sie, dann sind sie gelehret, dein Wort sei ihre Leucht allein; erneure, die du Herr bekehret, so wird ihr Amt gesegnet sein. Reich ihnen deines Geistes Waffen, der Feinde Grimm zu widerstehn, lass sie beim Bitten und beim Strafen, auf Menschengunst und-furcht nicht sehn; gib wenn sie lehren Überzeugung und felsenfeste Zuversicht, gib, wenn sie warnen tiefe Beugung, und wenn sie trösten Kraft und Licht.“ Amen
Ihre Andrea Grünhagen