
Bezirksfreizeit Süddeutschland
Volles Haus im Ausbildungszentrum für „grüne Berufe“ in Kirchheim unter Teck (DEULA)
Bereits im Januar waren fast alle Plätze für die dritte Bezirksfreizeit nach 2019 und 2023 vergeben.
Die meisten Teilnehmer trafen am Donnerstagnachmittag (24. April 2025) trotz des Regenwetters fröhlich bei der DEULA ein. Das Programm startete mit dem Abendbrot und einer Abendandacht. Bei den Kennenlernspielen im Anschluss kam jeder zu Wort und wir lernten mehr übereinander, aus welchen Gemeinden wir kommen, wo wir gerne Urlaub machen und vieles mehr.
Am Freitag und Samstag begannen die Tage jeweils mit einer Andacht nach dem Frühstück. Pfarrer Matthias Tepper (Plauen) leitete uns durch den Vormittag mit Vorträgen und Kleingruppenarbeit zum Freizeitthema „Christus Nachfolgen in dieser Welt“. Sein Schwerpunkt lag auf der Frage, wie wir in unserem Umfeld in unserem Alltag den Menschen Jesus vorleben können. Pfarrer Tepper gab praktische Beispiele, wie er zusammen mit anderen Christen den Leuten von Jesus erzählt hat. Auch berichtete er von Aktionen zusammen mit anderen Kirchen, die das Ziel hatten, den Menschen die Liebe Jesu zu vermitteln.
In den Mittagspausen konnten die Teilnehmer unterschiedliche Angebote wahrnehmen: Musik machen, Modeschmuck und Ketten mit Perlen herstellen, Kulissen für den bunten Abend basteln, Spazieren gehen, Tischtennis und Spikeball spielen oder einfach miteinander plaudern. Samstagnachmittag machte eine große Gruppe der Teilnehmer einen Ausflug zur Burg Teck. Oben angekommen hatten wir eine gute Aussicht auf die Umgebung beobachteten die Segelflugzeuge, die am bewölkten Himmel unterwegs waren.An beiden Tagen gab es nachmittags eine Auswahl an Workshops zum Thema „Nachfolge“. Man konnte mehr lernen über Demenz oder Erste Hilfe, beides sehr nützlich und praktisch, um die Nächstenliebe anzuwenden und Christus nachzufolgen. Es gab die Möglichkeit, die neusten CoSi Lieder kennen zu lernen und sich über den Kindergottesdienst/Kinderarbeit im Bezirk auszutauschen. Im Kindergottesdienst Workshop haben sich die Teilnehmer auch mit Paulus und seiner Missionsarbeit beschäftigt. Auch für die Jugendlichen gab es einen Workshop zum, Thema “Als Christ an einem neuen Ort”.Was tue ich, wenn keine SELK-Gemeinde in der Nähe ist? Hole ich mir in einer anderen Gemeinde geistliche Nahrung oder lebe ich meinen Glauben allein? Wer Lust hatte konnte auch nochmal mit Pfarrer Tepper sich weiter austauschen, wie man im Alltag Jesus nachfolgen kann und vor allem was man in der eigenen Gemeinde tun kann.
Am Freitagabend fand ein Filmabend statt und am Samstag ein bunter Abend. Er begann mit dem Kinder-Mini-Musical „Zachäus“, welches die Kinder an den vergangen zwei Tagen sehr eifrig eingeübt hatten. Auch die Kulissen hatten sie selbst gebastelt und sich reichlich aus dem Verkleidungsfundus bedient. Erleichtert und stolz nahmen sie den frenetischen Applaus der großen Freizeitgruppe entgegen. Danach brachten die Teilnehmer weitere sehr abwechslungsreiche und kreative Beiträge ein.
Die gute Stimmung auf der Freizeit spiegelte sich auch in der regen Beteiligung im Nachtcafé wider, wo die Abende gemütlich ausklangen.Der festliche Abschlussgottesdienst am Sonntag wurde mit der Musik vom Posaunenchor und der Freizeitband bereichert. Es kamen auch noch einige Gäste aus der Gemeinde Stuttgart dazu. Nach dem Mittagessen und dem Reisesegen verabschiedeten sich die neuen und alten Bekannten nach drei Tagen toller Gemeinschaft.
Ein besonderer Dank gilt dem Johannes-Bugenhagen-Verein, dem Diasporawerk und dem KAS-Süd für die finanzielle Unterstützung dieser Freizeit.
Text von Senta Bunge, München
Interview mit Missionsdirektor Pfarrer i.R. Edmund Hohls
Missionsdirektor Edmund Hohls ist seit 1. März 2025 im Amt. Die Fragen stellte Pfarrer Martin Benhöfer. Das Interview ist auch im Missionsblatt der Lutherischen Kirchenmission (Bleckmarer Mission) e.V. Heft 3 (April/Mai) 2025 nachzulesen.
Edmund, was hat dich bewegt, dass du in die Mission gegangen bist?
Die Frage des damaligen Missionsdirektors, Dr. Volker Stolle, ob ich mir vorstellen könnte, in die Mission zu gehen? Und Begegnungen mit Missionaren, erbliche Vorbelastungen, der Heilige Geist.
Wie kam es, dass du im Ruhestand noch einmal durchstartest als Missionsdirektor?
Eigentlich wollte ich etwas anders starten, nämlich große Trecker oder andere imponierende Landmaschinen. Da ich auf einer Farm aufgewachsen bin, interessiert mich die Landwirtschaft sehr und ich wollte gerne einmal meiner Leidenschaft frönen, nämlich in einem modernen landwirtschaftlichen Betrieb als Fahrer mitzuarbeiten. Dafür habe ich vor einigen Jahren in Berlin den T-Führerschein gemacht. Vielleicht komme ich dazu, wenn ich einmal im Ruhestand bin …
Da der Wahlausschuss keinen Kandidaten fand, der bereit war, die Aufgabe auszuüben, und ich seit einigen Jahren als stellvertretender Missionsdirektor in der Missionsleitung mitgearbeitet habe, stelle ich mich der Aufgabe gern, denn ich bin überzeugt, dass alle unsere Mitarbeitenden in Deutschland, Brasilien und in Südafrika Not-wendende und wichtige Dienste machen.
Welche Erfahrungen gibt es, die du aus der Zeit im Gemeindepfarramt mitnimmst?
Offen sein und bleiben für Neues, Staunen über die Wunder, die Gott tut, bereit sein, Menschen anzunehmen, die der Heilige Geist hinzuführt.
Fast alle deine Vorgänger hatten erkennbare Schwerpunkte in ihrer Arbeit, z. B. die Selbstständigwerdung der südafrikanischen Missionskirche, oder das Knüpfen von Kontakten ins frankophone Afrika, den fernen Osten oder die USA. Gibt es einen Schwerpunkt, den du für deine Arbeit siehst?
Einen wichtigen Aspekt möchte ich hervorheben: In der Zeit von Missionsdirektor Nietzke ist etwas ganz Entscheidendes passiert, nämlich die Konstituierung der MLC (Mission of Lutheran Churches) in Südafrika. Zwar mögen gesetzliche Vorschriften des südafrikanischen Staates dafür den Anstoß gegeben haben, aber gleichzeitig wurde damit ein Forum geschaffen, in dem mehrere Partner gleichberechtigt zusammenarbeiten. Ich würde mich freuen, wenn wir in diesem Forum außer unseren Partnerkirchen, der Lutheran Church in Southern Africa (LCSA) und der Freien Ev.-Luth. Synode in Südafrika (FELSiSA), weitere Partner begrüßen könnten. Hier wird deutlich: Mission ist keine Einbahnstraße — was sie übrigens nie gewesen ist.
Worin siehst du heute die größten Herausforderungen für die LKM?
Wir haben viele Mitarbeitende weltweit, die sehr gute Arbeit leisten. Sie alle zu unterstützen und zu versorgen, ist eine bleibende Herausforderung für unsere Kirche, denn die LKM ist zwar vereinsrechtlich verfasst, aber sie ist das Missionswerk unserer gesamten Kirche. Außerdem stehen wir vor riesigen Herausforderungen, was die Bausubstanz in Bleckmar betrifft.
… und was ist dir speziell an der Lutherischen Kirchenmission besonders wichtig?
Beten, als ob alles Arbeiten nichts nützt, und arbeiten, als ob alles Beten nichts nützt.
Bitte schon jetzt vormerken:
Herzliche Einladung an alle zum zentralen Missionsfest nach Bleckmar am 13. Juli 2025
10.00 Uhr Festgottesdienst in der St. Johanniskirche | Predigt: Missionar Thomas Beneke (Newcastle/Südafrika)
11.15 Uhr Berichte aus der Mission mit Andrea Riemann und den Gästen aus dem LKM-Missionsprojekt in Newcastle, u.a. Missionar Thomas Beneke
12.30 Mittagessen und Kaffee
14.00 Uhr Gottesdienst zur Einführung: Pfarrer Edmund Hohls als Missionsdirektor und Pfarrer Markus Büttner als stellvertretender Missionsdirektor. Predigt und Einführungen: Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover).
Außerdem wird es einen "ad-hoc-Posaunenchor" geben (Leitung und Programm Pfarrer i.R. Johannes Rehr). Alle, die ein Blechblasinstrument spielen, sind eingeladen, es mitzubringen und mitzuspielen. Das Programm muss nicht vorher geübt werden, da alle Stücke so vorbereitet werden, dass sie vom Blatt spielbar sind.
Interview mit Superintendent Sebastian Anwand
Sebastian Anwand, geboren 1984 in Dresden, Vikariat in Verden/Allen und Rotheburg/Wümme, langjähriger Gemeindepfarrer im Westerwald und seit Sommer 2024 in Potsdam. Er ist verheiratet mit Miriam, geb. Süß. Das Ehepaar hat drei Kinder.
Lieber Sebastian, du wurdest im März 2025 zum Superintendenten des Kirchenbezirks Berlin-Brandenburg gewählt. Was waren Deine ersten Erfahrungen und Erlebnisse in diesem neuen Amt?
Es ging gleich voll zur Sache. Natürlich tragen Gemeindeglieder und Pfarrer ihre Anliegen recht bald an den Neuen heran. Das ist auch gut so und ich beginne mein Amt auch mit großem Interesse an ihnen. So versuche ich in den ersten Monaten alle Kirchenvorstände zu besuchen, denn manche Gemeinden kenne ich noch gar nicht. Im vergangenen Sommer bin ich aus dem Kirchenbezirk Hessen-Süd gewechselt und wollte mich eigentlich erstmal vollkommen auf meine Gemeinden in Potsdam und Luckenwalde konzentrieren. Dann kam es anders und ich war nach sechs Monaten einziger Kandidat für das Superintendentenamt.
Was hat dich auf Deinem Lebensweg bisher geprägt? Wo stehst du gerade biographisch?
Ich bin schon ein Kind des Ostens. Aufgewachsen bin ich in Dresden, meine Frau kommt aus Brandenburg. So rücken wir mit dem Umzug nun wieder näher an unsere Familien und Freunde heran. Geprägt haben mich die Kirchenmusik im Sprengel Ost, u.a. der Jugendchor Ostinato und die Posaunenchorarbeit. Auch die Kinder- und Jugendarbeit in der Dresdner Gemeinde war für mich ein wichtiger Schritt hin zum Studium der Theologie in Oberursel, Halle/Saale und St. Louis (USA). Nun habe ich meine ersten Jahre mit Erfahrung im Pfarramt auf dem Buckel. Ich war sehr gerne Pfarrer in Allendorf/Ulm und Gemünden und auch Jugendpastor. Diese schöne Zeit und die wunderbaren Menschen, denen ich in unserer Kirche begegne, bringe ich als gutes Reisegepäck mit zu meinen neuen Aufgaben im Osten. Mit 40 Jahren soll das Leben ja nochmal so richtig losgehen. Das kann ich durchaus bestätigen. Ich habe Freude an dem, was ich tun darf.
Welche Interessen oder Hobbies beschäftigen Dich neben dem beruflichen Alltag?
Ich bin ein politisch interessierter Mensch. Mit mir kann man über gesellschaftliche Entwicklungen und politische Themen sprechen. Aber ich muss aufpassen, dass ich hier nicht zu viel konsumiere – das ist auch nicht gut. Ein gutes Interview im Deutschlandfunk oder eine aufschlussreiche Talkshow laufen bei längerem Autofahren oder in der S-Bahn sehr häufig als Podcast. Und ich versuche wieder mehr Sport zu machen, was aber nach einer längeren Zwangspause wegen einer OP noch ausbaufähig ist. Neulich habe ich seit Monaten mal wieder Fußball gespielt mit vielen Menschen aus der Potsdamer Gemeinde. Die 40 Lebensjahre waren in den Folgetagen stark zu spüren.
Siehst Du Herausforderungen, vor denen unsere Kirche insgesamt oder dein Kirchenbezirk stehen? Welche sind das und was gibt Dir angesichts dessen Mut?
Im Kirchenbezirk Berlin-Brandenburg sind wir intensiv damit beschäftigt die Gemeindeglieder und Pfarrer darauf vorzubereiten, dass wir im kommenden Jahr mit acht Pfarrstellen klarkommen müssen. Im Moment sind es 12, wobei wir ab diesem Sommer schon vier vakante Pfarrstellen haben werden. In unserer Kirche werden in den kommenden Jahren immer weniger Pfarrer arbeiten. Diesen Wandel sollten wir nicht nur erleiden, sondern aktiv gestalten. Sowohl die Arbeit der Pastoren wird sich verändern als auch die Gestaltung des geistlichen Lebens der Gemeinden. Hierbei können wir von den Erfahrungen unserer Mütter und Väter der Vorgängerkirchen der SELK profitieren; eine Zeit, in der Gemeinden ein hohes Maß an Eigenverantwortung übernommen haben und die Pastoren sich auf die Kernaufgaben des geistlichen Dienstes konzentriert und beschränkt haben.
Es macht mir Mut, dass unsere Kirche schon immer nur durch die Mitarbeit von geistbegabten und hochmotivierten Menschen Bestand hatte. Und diese Menschen gibt es heute genauso. Unsere Lage ist gar nicht aussichtslos. Wir sollten z.B. den Dienst von Lektorinnen und Lektoren fördern und ihnen Gestaltungsfreiheit lassen. Wir brauchen uns gar nicht von der Anzahl der besetzbaren Pfarrstellen abhängig zu machen, sondern einige dieser Stellen, die wir absehbar nicht mehr besetzen können, umwandeln und Menschen anstellen, die einen anderen beruflichen Hintergrund haben. Diakoninnen, Diakone, Sozialpädagogen, Erzieher, Musikerinnen und Lehrer, um nur einige zu nennen.
Und meines Erachtens brauchen wir dringend einen kürzeren Ausbildungsweg hin zur Ordination. Warum sollte nur jemand, der sechs bis acht Jahre Theologie studiert hat und dann noch über zwei Jahre Vikar war geeignet sein das Hl. Abendmahl mit seiner Gemeinde zu feiern, zu taufen, zu beerdigen und zu predigen. Es passt nicht zusammen, wenn (zu Recht!) gesagt wird, dass die Kirche von den Sakramenten und der Wortverkündigung lebt, wir dann aber die Hürden für diesen Dienst so hochsetzen, dass kaum mehr jemand bereit ist ihn zu leisten.
Wenn Du jemanden von der SELK überzeugen möchtest – mit welchen Argumenten tust Du das? Welche Schätze und Stärken haben wir Deiner Meinung nach in unserer Kirche?
Unser Schatz ist Jesus Christus. Alles, was wir tun, kommt von ihm her und führt zu ihm hin. In der Potsdamer Kirche steht groß geschrieben: „Kommt her zu mir alle, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ Das lutherische Bekenntnis stellt diesen Christus, den menschenfreundlichen Sohn Gottes und Retter aller, in den Mittelpunkt. Weil das so ist, lade ich gerne in unsere Gottesdienste ein.
SELK-Theologe mit Roman-Debüt
Matthias Krieser, emeritierter Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), hat einen Roman vorgelegt. Auf dem rückwärtigen Buchcover ist zu lesen: „‘Mein erster und letzter Roman‘, meint der pensionierte Pfarrer Matthias Krieser, der vorher ganz andere Bücher geschrieben hat.“ Umso mehr wird das Interesse geweckt, wie der Autor, der bisher ausschließlich dezidiert kirchlich-theologische Bände vorgelegt hat, einen Roman konzipiert und verfasst. Michael Schätzel, ebenfalls emeritierter Pfarrer der SELK, hat das Buch gelesen und rezensiert.
Der Roman „Weg-Weichen“ von Matthias Krieser wäre schnell erzählt, wenn er nicht durchzogen wäre von ausführlichen Selbstreflexionen und Gesprächen, die Gelegenheiten bilden, in einer Art Kompendium relevante Themen aus Gesellschaft und christlicher Ethik zu behandeln. Da kommen beispielsweise das Modell des staatlich gewährten Grundeinkommens für alle und das Thema Wirtschaftspolitik ebenso zur Sprache wie die Fragen nach der Homosexualität, dem ungeborenen Leben und unterlassener Hilfeleistung.
Christian Pinchowski, die Hauptperson, findet nach dem Unfalltod seiner Eltern bei Pflegeeltern ein behütetes Zuhause – und zum christlichen Glauben. Dies ist eine der entscheidenden Weichen eines Lebensweges, menschlich konsequent, jedoch letztlich von Gott so gelenkt. Immer wieder taucht dieses Motiv der Weg-Weichen im Buch auf. Nach drei abgebrochenen Studiengängen versucht sich der einerseits intellektuelle, meinungssichere und wertkonsequente, anderseits aber auch zaudernde und im Grunde lebensuntüchtige Christian durch Bescheidenheit und Jobs über Wasser zu halten, was ihm so eben gelingt. Vor allem seine mathematische Intelligenz (Christian ist ein echter Zahlen-Nerd!) kommt in Kriesers Roman immer wieder zur Sprache.
Neben Christian spielt dessen frühere Klassenkameradin Claudia Papenburg eine Hauptrolle. Die Psychologin ist auf der Suche nach Christian, nachdem sie ihn zufällig aus der Ferne wiedergesehen hat. Sehnsucht markiert ihre Suche. Im Wechsel mit den Erzählabschnitten über Christian folgen (kursiv abgesetzt) solche über Claudia, die Psychologin ist und – in der fiktiven Romanwelt ist das erlaubt – Gespräche mit Klienten wiedergibt, die zu den thematischen Abhandlungen des Buches gehören. Dabei wird beispielsweise eine Eheproblematik ebenso behandelt wie eine (vermutete) Altersdepression, der Aufbau von Beziehungen ebenso wie die Anfechtungen einer Bundestagsabgeordneten
Christian trägt seinen Glauben nicht vor sich her. Mitunter findet er gar nicht ausdrücklich Erwähnung, wird gleichwohl als Grundlage von Christians Denken deutlich; hier und da argumentiert der Protagonist ausdrücklich gottes- und bibelbezogen. Dass er mit seinem Glauben in einer Kirchengemeinde beheimatet ist, erfährt der Leser kurz vor Schluss des Romans eher beiläufig. Der Gottesdienst kommt gar nicht vor. Aber der Roman gliedert sich kapitelweise in fünf (Werk-)Tagen im Leben des Christian P.; ein Sonntag ist eben einfach nicht dabei.
Gerade weil Christian seinen Glauben so unaufgesetzt authentisch lebt, werden die pointiert eingestreuten Aussagen über den Gott, der die Menschen liebt und ihnen gegenüber Gnade vor Recht ergehen lässt, zu echten Perlen in einem durchaus anstrengenden, gleichwohl lohnenden Buch. Gut denkbar ist es, einzelne Kapitel in Gemeindekreisen zu lesen und zu besprechen. Mit Gewinn.
Matthias Krieser
Weg-Weichen
Sola-Gratia-Verlag 2025, 342 Seiten, ISBN: 978-3-948712-29-7
Preis: 12 Euro, als E-Book kostenlos herunterladbar
Zum Heimgang von Papst Franziskus
Zum Heimgang von Papst Franziskus kondolierte der Bischof der SELK, Hans-Jörg Voigt D.D., dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Darüber hinaus hat Professor i.R. Dr. Werner Klän das Wirken des Oberhauptes der Römisch-Katholischen Kirche in einem Nachruf zusammengefasst und eingeordnet.
Papst Franziskus †
von Prof. i.R. Dr. Werner Klän
Am Morgen des Ostermontags starb Papst Franziskus nach einem dreizehnjährigen Pontifikat. Zuletzt hatte er, trotz starker gesundheitlicher Schwierigkeiten, sein Amt ausgeübt. Noch am Ostersonntag spendete er, sichtlich angestrengt den traditionellen Segen „Urbi et orbi“.
Der Papstname, den Jorge Mario Bergoglio nach seiner Wahl zum Oberhaupt der Römisch-Katholischen Kirche wählte, war Programm: Franziskus. Noch nie hatte ein Papst sich nach dem Heiligen des 13. Jahrhunderts aus Assisi genannt.
So warb Papst Franziskus dafür, dass die Kirche eine Kirche der Armen sein müsse. Sein vielfältiger Einsatz für Flüchtlinge, Randsiedler der Gesellschaft war von diesem Vorbild geprägt. Dem Beispiel Jesu wollte er nachkommen, indem er Gefängnisinsassen am Gründonnerstag die Füße wusch. Dass er zur Frage der Migration mahnende Worte an die Politik, besonders in Europa richtete, hängt wohl auch mit seiner Familiengeschichte zusammen: Seine Großeltern, die aus Italien nach Argentinien auswandern wollten, verpassten das erste Schiff; dies aber sank.
Franziskus war in mancher Hinsicht ein „politischer“ Papst. Er scheute sich nicht, die herrschende Weltwirtschaftsordnung als „tödlich“ zu bezeichnen (Evangelii Gaudium, 2013). Er setzte sich mit Umweltfragen auseinander (Laudato si, 2015) und sah durch die Ausbeutung der Erde die Lebensmöglichkeiten der Menschen, besonders in der „Dritten Welt“ bedroht.
Diese und andere Stellungnahmen von Papst Franziskus waren nicht unumstritten. Die Beteiligung von Laien und Frauen in der Bischofssynode, die Besetzung von Spitzenämtern im Vatikan durch Frauen, die Freigabe der Segnung homosexueller Paaren trug ihm harsche Kritik ein, auch aus den Reihen der eigenen Kirche. „Konservative“ Bischöfe und Kardinäle nahmen öffentlich gegen diese Maßnahmen Stellung. „Reformgesinnten“ Katholiken gingen seine Vorschläge nicht weit genug. Bei der Aufarbeitung der Fälle von Missbrauch Schutzbefohlener durch katholische Priester sprach er schon 2014 eine erste Bitte um Vergebung aus, aber die Aufarbeitung dieses Unrechts bleibt bisher hinter den Erwartungen vor allem der durch Missbrauch Betroffenen zurück.
Auch wenn Franziskus immer wieder reformerische Signale setzte; in der Lehre der katholischen Kirche kam es zu keinen Änderungen. So weigerte er sich konsequent, der Weihe von Frauen zum Priesteramt den Weg zu öffnen. Auch der „Synodale Weg“ in der katholischen Kirche Deutschlands, der weitgehende Reformen anstrebte, wurde von Papst Franziskus kritisch beobachtet. Dies zeigt in aller Deutlichkeit, dass die Römisch-katholische Kirche nicht so homogen ist, wie sie manchmal von außen scheinen mag.
Franziskus steht auch für eine „Ökumene der Religionen“. Im interreligiösen Dialog setzte er Akzente, besonders mit dem Islam. So unterzeichnete er 2019 mit dem Groß-Imam der Kairoer Al-Azhar-Universität ein Dokument über Menschliche Brüderlichkeit“. Im September 2024 nahm er an einer Begegnung in der größten Moschee Asiens in Jakarta teil; dort sprach er sich für eine Fortsetzung der Dialoge zwischen den Religionen aus mit dem Ziel, „Starrheit, Fundamentalismus und Extremismus zu verbannen“. Bemerkenswert bleibt jedenfalls sein Einspruch gegen jede Art von Antisemitismus.
In einer Vesper zur Gebetswoche für die Einheit der Christen – während des Heiligen Jahres 2025 – erinnerte der Papst auch an den 1700jährigen Jahrestag des Konzils von Nicäa (325) und nannte die Feier des Osterfestes durch westliche und östliche Kirchen zu demselben Datum (20. April 2025) „eine Gelegenheit für alle Christen, die dasselbe Glaubensbekenntnis sprechen und an denselben Gott glauben: Lasst uns die gemeinsamen Wurzeln des Glaubens wiederentdecken, lasst uns die Einheit bewahren!“ Dann schlug er vor, endlich für alle Christen und Kirchen ein gemeinsames Osterdatum festzulegen, als Zeichen der Einheit.
Bei den Feierlichkeiten des Lutherischen Weltbundes zum 500jährigen Reformationsjubiläum 2016 in Lund/Schweden, sprach sich Papst Franziskus dafür aus, dass Lutheraner und Katholiken „Kontroversen und Missverständnisse überwinden, die oft verhindert haben, dass wir einander verstehen konnten.“ Vertreter beider Kirchen baten um Vergebung für das Leid, das die Spaltung der abendländischen Kirche nach sich gezogen habe.
Gewiss können konkordienlutherische Kirchen manchen Stellungnahmen und Initiative von Papst Franziskus nicht zustimmen. Es wird auch abzuwarten sein, ob und was von ihnen unter einem neuen Papst Fortsetzung findet oder zurückgenommen wird. Gleichwohl sieht sich auch der Internationale Lutherische Rat verpflichtet, das Gespräch mit der Römisch-katholischen Kirche fortzusetzen, nicht zuletzt im Blick auf das Gedenken an die Überreichung des Augsburgischen Bekenntnisses im Jahr 2030.
Dies geschieht unter dem Vorsitz von Bischof Dr. Juhana Pohjola (Evangelisch-Lutherische Missionsdiözes, Finnland, Vorsitzender des Internationalen Lutherischen Rates) und Weihbischof Dr. Peter Birkhofer (Erzbistum Freiburg im Breisgau, Deutschland) im „Konkordienlutherisch-katholischen Arbeitskreis Augustana“ als einem eigenen ökumenischen Format. Seit 2024 behandeln die Teilnehmer die Themen „Katholizität und Apostolizität im Augsburgischen Bekenntnis“, und war in einer vorkonfessionellen und ökumenischen Perspektive. Denn 1530 war die abendländische Christenheit noch nicht gespalten, und das Augsburgische Bekenntnis war ein Dokument, das der Bewahrung der Einheit dienen sollte.
Bei dem Arbeitskreis handelt es sich nicht um eine offizielle Dialogkommission. Ziel ist nicht die Erstellung eines kirchlichen Konsensdokumentes. Die Veröffentlichung der gemeinsamen Forschungsergebnisse soll freilich die ökumenische Diskussion auf indirekte Weise bereichern. Das lutherische Bekenntnis erhebt ja eine – im besten Sinne des Wortes – „katholischen“ Anspruch. Dies stellt zugleich eine Verpflichtung dar, mit der Römisch-katholischen Kirche im Gespräch zu bleiben.
© Foto: Annett Klingner | pixabay.com
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An dieser Stelle werden auf selk.de regelmäßig Bücher vorgestellt: zum Lesen, zum Verschenken, zum Nachdenken, zum Diskutieren – Buchtipps für anregende Lektürestunden. Die hier veröffentlichten Buchvorstellungen hat Doris Michel-Schmidt verfasst.
Herzen ohne MauerEs brauchte Mut, in der DDR für seinen Glauben einzustehen. Christen wurden schikaniert, sie durften nicht studieren, hatten Benachteiligungen im Beruf in Kauf zu nehmen. Aber sie fanden in der Gemeinschaft eben auch Halt und Orientierung.
Viola Ramsden, 1976 in der DDR geboren, war dreizehn, als die Mauer fiel. Nach dem Schulabschluss ging sie, wie so viele junge Leute, in den Westen, lebte nach dem Studium viele Jahre in London. 2019, nach 24 Jahren in der Ferne, zog sie mit ihrer Familie zurück nach Sachsen.
In ihrem Buch versammelt sie Geschichten von Christen, die auf ihr Leben in der DDR, die friedliche Revolution und die Zeit nach der Wende zurückblicken. Es ist spannend, diesen Interviewten gleichsam zuzuhören, zumal sie mit Viola Ramsden ein Gegenüber haben, das eine Atmosphäre schaffen kann, in der in kurzer Zeit Vertrauen entsteht.
Wie genau sich die Befragten noch an Details erinnern, zeugt davon, wie sehr sie geprägt wurden durch ihren Glauben, aber eben auch durch die Entbehrungen und Anfechtungen. Zum Beispiel, wenn sie in der Schule nicht in der Pionieruniform zum morgendlichen Fahnenappell antraten und dadurch schon „farblich aus dem Rahmen“ fielen. Oder wenn sie nicht an der Jugendweihe teilnahmen, sondern sich konfirmieren ließen. Wenn sie kein Abitur machen durften und damit so viele Berufswege verbaut wurden. Wenn sie den Wehrdienst verweigerten. Wenn sie bei der Arbeit Missstände anprangerten.
Die Geschichten erzählen auch davon, dass nach der Wende nicht einfach alles besser war. Viele haben ihre Arbeit verloren, weil Firmen sehr schnell „abgewickelt“ wurden. Den Schulen wurde das westdeutsche System übergestülpt. Alles war neu und ungewohnt. Junge Leute zogen in den Westen, wo sie nicht selten als „Ossi“ abgestempelt wurden. Und natürlich hat sich auch die kirchliche Landschaft durch die Wiedervereinigung verändert.
Immer wieder nimmt Viola Ramsden Erlebnisse auf, um kurze historische Erläuterungen einzuflechten. Das hilft zur Einordnung des Erzählten, aber es hilft eben auch zu einem verständnisvolleren Blick auf den Osten Deutschlands – nicht nur zu DDR-Zeiten, sondern auch heute.
Es ist beeindruckend, wie sich Christen in der DDR gegenseitig gestärkt haben und wie die Gemeinden es waren, die Schikanen, Ungerechtigkeit und Unterdrückung erträglich machten. „Inmitten dieser lähmenden Atmosphäre haben Christen und Kirchen einen Raum geschaffen, in dem die Menschen sich nach Veränderung ausstreckten, neue Kraft schöpften, echt sein und aufatmen konnten“, schreibt die Autorin im Nachwort. Ihr Buch gibt ein eindrucksvolles Zeugnis davon.
Viola Ramsden
Herzen ohne Mauer –
Wie Christen die DDR, die Friedliche Revolution und die Zeit danach erlebten
SCM Hänssler Verlag 2024, 252 Seiten, 23,00 Euro
Das vergessene GeheimnisEigentlich mag ich Bücher nicht besonders, die als aphoristische Sammlung angelegt sind; zu kurzgesprungen ist mir oft solches „Gedanken-Hopping“. Aber das neue Büchlein von Hans-Joachim Eckstein, der lange Professor für Neues Testament in Heidelberg und Tübingen war, ist „Häppchenkost“, die nahrhaft ist. Die kurzen Texte – zwei, drei Seiten maximal, oft als Gedichte geformt – haben etwas Widerständiges. Was, mindestens dem frommen Christen, zunächst eingängig klingt, stellt – gerade auch den Glaubenden – beim genauen Lesen immer wieder in Frage. Und führt ihn damit in die tiefere Beschäftigung mit Gottes Wort. Dafür sind zu fast jedem Text entsprechende Bibelstellen angegeben.
„Es ist alles ganz schlimm“ ist zum Beispiel ein Text überschrieben. Und dann beginnt er: „Weltverdrossenheit allein ist noch kein hinreichender Ersatz für die christliche Hoffnung auf Gottes Reich.“ Schon darüber könnte man lange nachdenken. Der Text geht weiter: „Weltfremdheit als solche macht einem den Himmel noch nicht zur Heimat. Wer von der Freude an Gott und von der Vorfreude auf die himmlische Welt erfüllt ist, der wird gewiss Probleme und Entbehrungen auf Erden viel leichter ertragen. Aber indem wir auf alle irdischen Freuden verzichten und in der Welt immer nur Probleme sehen, haben wir dadurch noch keinen Anteil am ewigen Leben.“
Das ist ein Ton, der biblische Wahrheit frisch verkündet, der nicht so schnell überlesen wird, der aufhorchen lässt. Eckstein hat in seinen zahlreichen Büchern einfühlsam und sprachgewandt zum Glauben an Jesus Christus eingeladen. Diese Sammlung kurzer Texte tut das auch, zur täglichen Andacht, als Impuls vor dem Schlafen, oder immer dann, wenn die Gedanken einem davonlaufen wollen.
Hans-Joachim Eckstein
Das vergessene Geheimnis – Christus in uns
SCM-Verlag 2024, 240 Seiten, 18,00 Euro
Weitere Buchtipps finden Sie im Archiv.
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Nicht sich in ein besseres Licht rückenWolfhart Schlichting ist Pfarrer der Bayerischen Landeskirche. Als profilierter Lutheraner hat sich der promovierte Theologe in Predigten, Aufsätzen und Vorträgen immer wieder auch gegen Entscheidungen seiner Kirche gewandt und die Rechtfertigung des Menschen aus Gottes Gnade in den Mittelpunkt gestellt.
Das vorliegende Buch, erschienen anlässlich seines 85. Geburtstages, gibt nicht nur Einblicke in das berufliche Leben Schlichtings, es ist auch eine lehrreiche Kostprobe seiner Argumentations- und Formulierungskunst. Dazu trägt wesentlich die Dialog-Form bei. Till Roth, Dekan in Lohr am Main, stellt kluge Fragen, um das Gespräch einerseits theologisch fundiert voranzutreiben und andererseits praktisches christliches Leben (in der Gemeinde) im Blick zu behalten.
Wenn Schlichting beispielsweise beschreibt, wie er bei Hausbesuchen gleichsam „mit der Tür ins Haus“ fiel, um das Bibelwort, das er mitbrachte und das er für diesen Tag bedacht hatte, gleich bei der Begrüßung weiterzugeben, hat man sofort die Situation vor Augen. Wenn er erklärt, warum er so gern Beerdigungen machte, wenn er über Vorstandssitzungen spricht, ganz besonders aber, wenn er seine Liebe zum Gottesdienst beschreibt, folgt man ihm gern und mit Interesse.
Wolfhart Schlichting hat als Studentenpfarrer, als Mitgründer des Arbeitskreises Bekennender Christen (ABC), als Gastdozent am Lutherischen Theologischen Seminar in Hongkong und als Gemeindepfarrer in Augsburg sein Christsein gelebt, geschärft und mit andern geteilt. Er ist als konservativer lutherischer Theologe oft angeeckt, davon kann man in diesem Buch auch lesen. Dass sein ambivalentes Verhältnis zu seiner Landeskirche nicht zum Bruch geführt hat, mag man als selbständiger Lutheraner verstehen oder nicht, aber sein „Leiden an der Kirche“ wird in seinen Ausführungen deutlich. Dass er im Internet auf Gottesdienstübertragungen aus der SELK (Dresden) gestoßen ist und dabei die Erfahrung macht, „nicht auf der Hut sein zu müssen vor irreführenden Halbwahrheiten“ mag einen freuen – und ermutigen.
Was Wolfhart Schlichting über Gottesdienst, Predigt, über das Verständnis der Heiligen Schrift und das Bekennen vor den Menschen zu sagen hat, ist für Profis wie für Laien spannend, anregend und aufschlussreich. In jedem Fall macht es Lust, Theologie zu treiben – und die Bibel zu lesen.
Wolfhart Schlichting
„… Nicht sich in ein besseres Licht rücken …“
Ein Gespräch über Religion, Glaube und Frömmigkeit, geführt und aufgezeichnet von Till Roth
Freimund Verlag 2025, 287 Seiten, 14,95 Euro
VergebenDass Gott uns unsere Sünden vergibt, scheint irgendwie selbstverständlich, das ist schließlich sein „Job“, oder nicht? Gott vergibt – aus reiner Gnade. Und wir? „Vergeben – warum eigentlich? Und wenn ja – wie?“ So fragt der Untertitel des Buches von Timothy Keller. Der 2023 verstorbene amerikanische Pastor und Autor blättert darin die vielen Schichten des Themas auf, und das wird manchmal für die ach so gern selbstgerechte Seele ziemlich unbehaglich. Denn es ist ja mitnichten so, dass Christen (automatisch) Gottes Vergebung empfangen und diese barmherzige Liebe dann (automatisch) und bereitwillig an andere weitergeben.
Wie schwer es ist, zu vergeben, erzählen zahlreiche Geschichten in der Bibel, die Keller tiefgründig auslegt. Ja, die Bibel ist DAS Buch der Vergebung. Angefangen in den Büchern Mose über die Psalmen und Propheten bis hin zu der Grundlage – der objektiven Ermöglichung der Vergebung –, dem Sühnetod Jesu Christi am Kreuz.
Keller macht es sich und uns Lesern nicht einfach. Nicht weil er kompliziert schreiben würde, sondern weil die Sache nicht einfach ist. Wenn Jesus für unsere Sünden ans Kreuz ging – unsere Schuld beglichen hat – hat sich Gottes Zorn damit erledigt? Ist er nur mehr ein liebender Gott, der nichts verurteilt, wie ihn viele gerne sähen? Wo bleibt dann aber die Gerechtigkeit, wenn jedem jede Schuld vergeben wird und keiner bestraft wird?
Wie Keller diese Spannung hält und die „geistlichen Verzerrungen“ auf die eine wie die andere Seite erklärt, ohne Haken zu schlagen, ist sehr lehrreich. Wie er die Notwendigkeit der Vergebung für uns aufdeckt, auch die Scham und die Schuldgefühle, die damit verbunden sind, bis hin zu dem Problem, sich selbst nicht vergeben zu können, das ist erhellend und unbequem zugleich. Was er über ganz praktische Schritte der Vergebung und der Versöhnung sagt, mag man vielleicht als übertrieben abtun. Aber genau das ist es, was uns vor Augen führt, wie groß die Liebe Gottes zu uns ist.
Timothy Keller
Vergeben – Warum eigentlich? Und wenn ja – wie?
Brunnen Verlag 2024, 345 Seiten, 22.- Euro
Weitere Buchtipps finden Sie im Archiv.
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Ein Lied für den FeindEs ist Weihnachten, und es ist Krieg. Im Dezember 1914 stehen sich deutsche und englische Soldaten an der Westfront gegenüber. Sie harren aus in den schlammigen Schützengräben, in Kälte und Hunger und in Angst. Dann passiert etwas Unerhörtes. Statt zu schießen, legen die Soldaten auf beiden Seiten die Waffen weg, begraben ihre Toten und feiern mitten in diesem Elend gemeinsam Weihnachten.
Die Autorin Iris Muhl hat um diese wahre Begebenheit herum einen Roman geschrieben, der einen berührt und fesselt. Eindrucksvolle Bilder findet sie für die Szenen an der Front und auch für ihre Naturbeschreibungen. Feinfühlig gestaltet sie die Figuren, so dass man ganz dabei ist, wenn Fred und sein jüngerer Bruder hin und her gerissen sind zwischen dem Wunsch, ihr Zuhause zu verlassen, weil der alkoholkranke Vater die Familie tyrannisiert und den Hof verfallen lässt, und dem schlechten Gewissen der Mutter und den Tieren gegenüber.
Als Fred es schafft, ein Studium der Tiermedizin aufzunehmen, wird er kurz darauf eingezogen. Samuel, sein jüngerer Bruder, meldet sich freiwillig an die Front, um der Gewalt des Vaters zu entkommen.
Aber nicht nur in den Beziehungen in der Familie von Fred und Samuel, auch in der wachsenden Liebe Freds zu Fanny – und selbst in den schlimmsten Tagen des Krieges unter den Soldaten scheinen immer wieder Momente der Menschlichkeit auf. Wenn Fred nicht nur die verletzten Pferde der eigenen, sondern auch der feindlichen Truppen versorgt, wenn Fanny ihm Briefe schreibt und ihm damit Hoffnung gibt. Wenn die Soldaten sich gegenseitig helfen. Und vor allem natürlich, wo sie die Waffen niederlegen und sich als Menschen erkennen, die nichts mehr ersehnen als Frieden.
Bei allen Zweifeln zieht sich ein fester Glaube durch die Geschichte; ja, letztlich ist es die Hoffnung auf Versöhnung – an der Front, aber auch in den familiären Beziehungen –, die tröstet und auf das Kind in der Krippe verweist, auf den, der an Weihnachten Mensch wurde und schließlich die Welt mit Gott versöhnte.
Ein wunderbares „Weihnachtsbuch“.
Iris Muhl
Ein Lied für den Feind
SCM Hänssler Verlag 2024, 298 Seiten, 23,00 Euro
Unter HeidenDas hatte Tobias Haberl nicht erwartet: Als der Journalist kurz vor Ostern 2023 im Magazin der Süddeutschen Zeitung einen Text mit dem Titel „Unter Heiden“ veröffentlichte, bekam er in den Tagen danach Hunderte von Mails. Haberl hatte davon geschrieben, wie er sich als gläubiger Christ zunehmend unverstanden fühlt, „wie eine seltene Affenart, die man lieber von der anderen Seite eines Gitters aus bestaunt.“ Er hatte es gewagt, sich als gläubiger Katholik zu outen. Und das in einer Zeitung, die traditionell kirchenkritisch eingestellt ist. Umso erstaunter war er, dass die allermeisten Reaktionen positiv, ja dankbar waren.
Diese Resonanz hat den bayrischen Journalisten ermutigt, ein Buch zu schreiben. Ein Glaubensbekenntnis, das im ersten Teil das Lebensgefühl beschreibt, sich als Christ zunehmend rechtfertigen zu müssen, „als hätte ich den Sprung in die Gegenwart verpasst oder irgendetwas nicht ganz verstanden. Das Gefühl von einer Mehrheit zur Minderheit, vom Mainstream zur Randgruppe zu werden …“
In seinem Umfeld lehnen die meisten den Glauben ab, Kirche sowieso. Was Haberl daran besonders stört ist, dass sie in der Regel wenig Ahnung davon haben, was sie da eigentlich ablehnen, und dass sie ihn ohne große Kenntnisse oder Erfahrungen kritisieren dafür, dass er noch in der Kirche ist, regelmäßig in die Messe geht und zu Gott betet.
Tobias Haberl ist im bayrischen Wald aufgewachsen, er wurde katholisch erzogen, „ohne es zu merken, so natürlich, so selbstverständlich fühlte sich alles an.“ Dass das Christentum eine gewaltige Provokation der herrschenden Verhältnisse ist, habe er erst viele Jahre begriffen, schreibt er.
Wie Haberl die zunehmende Marginalisierung der Christen in diesem Land analysiert, ist erhellend und trifft offensichtlich einen Nerv – nicht nur bei Gläubigen. Seinem persönlichen Glaubensweg kann man auch gut folgen, allerdings wirken manche Passagen, in denen er zum Beispiel einen Aufenthalt in einem Kloster beschreibt, etwas aufgeblasen. Und wenn es theologisch wird, dann nicht nur gut katholisch – klar –, sondern manchmal auch ziemlich geschwafelig und gelegentlich sogar kitschig.
Trotzdem: Die Verteidigung von Kirche und Glaube ist ermutigend zu lesen; ja, man ist dankbar, dass einer mal nicht ins große Horn der Kirchenkritik stößt, sondern von der Schönheit und von der Wahrheit des Glaubens schreibt.
Tobias Haberl
Unter Heiden. Warum ich trotzdem Christ bleibe
btb Verlag 2024, 288 Seiten, 22,00 Euro
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Uganda hatte ich davor definitiv nicht auf dem Schirm
Mia Barnbrock (19), Oberursel, Gemeindeglied der Trinitatisgemeinde Frankfurt/Main der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), langjährig in die Jugendarbeit des Kirchenbezirk Hessen-Süd aktiv, zeitweise auch als BezirksJugendVertreterin des Kirchenbezirks, hat in diesem Jahr ihr Abitur absolviert. Zurzeit nimmt sie einen Freiwilligendienst in Uganda wahr. Das Team von selk.de hat Mia nach ihrer Entscheidung für den Freiwilligendienst, dessen Region und dessen Inhalte gefragt, auch nach der kirchlichen Situation vor Ort und ihren Perspektiven für die Zeit „nach Uganda“.
selk.de: Mia, wir kennen uns schon lange und sind beim „Du“. Wenn du nicht protestierst, belassen wir es dabei. (Kein Protest!) – Mia, du absolvierst gerade einen Freiwilligendienst in Uganda für ein Jahr. Wie bist du auf die Idee gekommen, nach dem Abitur erstmal einen Freiwilligendienst wahrzunehmen? Was hat dich motiviert?
Mia: Der Wunsch, im Anschluss an die Schule für ein Jahr nach Afrika zu gehen, entstand bei einem Familienurlaub im dörflichen Tansania 2015. Es hat mich beeindruckt, mit was für einer Freude die Menschen dort ihr Leben führten, obwohl sie vermeintlich wenig besitzen. In dieses Leben wollte ich für eine längere Zeit tiefer eintauchen. Dieser Wunsch blieb die letzten Jahre bestehen. Je näher ich dem Ende meiner Schullaufbahn kam, desto bewusster wurde mir, dass es mir nicht nur guttun würde, für ein Jahr nicht am Schreibtisch zu sitzen, sondern dass ich auch in einer neuen Kultur viel über mich lernen würde und mein Weltbild erweitern könnte.
selk.de: Wie bist du bei der Wahl des Einsatzortes vorgegangen? Was war ausschlaggebend für den Träger und für Uganda?Mia: Dass es nach Afrika gehen sollte, war also ab 2015 klar. Dann musste das Land englischsprachig sein. Und es sollte eines sein, indem ich noch nicht war. Über „Weltwärts“ (Förderprogramm des deutschen Staates für Freiwilligendienste) habe ich nach Projekten gesucht, die interessant klangen. Bei dem Vorstellungsgespräch bei meiner Organisation (Worldwide Volunteers) habe ich mich sofort gut aufgehoben gefühlt und ein Projekt gefunden, das zu mir passte. Worldwide Volunteers ist eine christliche Organisation, die Freiwillige weltweit entsendet und schon ab den ersten Gesprächen einen sehr organisierten Eindruck auf mich gemacht hat (was sich nur noch weiter bestätigte). Uganda wurde es also wegen meiner Projektwahl, denn dieses Land hatte ich davor definitiv nicht auf dem Schirm :)
selk.de: Uganda: Kannst du kurz stichwortartig ein paar Eckdaten benennen, die man über Uganda wissen sollte?
Mia: Uganda ist ein sehr grünes Land im Osten Afrikas und besitzt 45 % des Viktoriasees, der der flächenmäßig drittgrößte See der Welt (damit etwa so groß wie Bayern) ist. Zudem entspringt ein Teil des Nils (White Nile/Victoria Nile) in Uganda (direkt dort, wo ich gerade wohne). Durch eine auffallend vielseitige Bevölkerung mit einer großen Bandbreite unterschiedlichster ethnischer Gruppe und gesprochener Sprachen, wird Uganda als das vielfältigste Land der Welt angesehen. Neben den Hauptsprachen Englisch, Swahili und Luganda, gibt es noch über 40 weitere Sprachen, die im Alltag gesprochen werden.
selk.de: Was sind deine Aufgaben in deinem Freiwilligendienst?Mia: Mein Projekt ist sehr vielfältig, sodass ich viele verschiedene Aufgaben habe und mir auch immer Neue suchen kann. Zum einen arbeite und wohne ich in einem Kinderheim, wo ich mich besonders viel um die kleinen Babys kümmere und mit den Größeren viel Musik höre, tanze und Spiele spiele. Ich verbringe auch viel Zeit in der Klinik, wo ich Babys/Kinder impfe, Patienten auf Malaria teste oder zusammen mit den Mitarbeitenden Schwangerschaftsuntersuchungen durchführe. In der Klinik gibt es wahnsinnig viele verschiedene Aufgaben. Ich liebe es sehr dort hinzugehen, weil es immer etwas Neues für mich zum Lernen gibt. Wenn ich gerade nicht im Kinderheim oder in der Klinik bin, helfe ich manchmal auch in der Schule mit. Ein großer Teil meiner Arbeit ist das Suchen von Spender/innen und Unterstützer/innen, da das Projekt ohne diese Hilfe nicht bestehen könnte. – Mehr zu meinem Alltag: www.miaweltweit.de / Instagram: mia_in_uganda
selk.de: Du warst in der kirchlichen Jugendarbeit intensiv und leitend aktiv. Kannst du in Uganda auch in einem kirchlichen Kontext aktiv sein?
Mia: Kirchen in Uganda sind sehr unterschiedlich zu Deutschen. Ich war mit den Kindern aus dem Kinderheim schon einige Male in der dörflichen Gemeinde meines Projektleiters. Da ist nicht nur die Länge des Gottesdienstes (ca. 4 Stunden), sondern auch die Sprache und Lautstärke eine Herausforderung. Es gibt wenige Bereiche, in denen man sich einbringen kann. Daher ist es für mich, vor allem aufgrund der Sprache, schwierig, mich dort zu engagieren. Zudem war ich nun einige Male in einer amerikanisch geprägten und englischsprachigen Kirche, die mehr meinen Bedürfnissen in einem Gottesdienst entspricht. Ich finde es sehr interessant zu sehen, wie viel ausgeprägter der christliche Glauben hier nicht nur geglaubt, sondern auch gelebt wird. Das ist wahnsinnig beeindruckend zu beobachten, auch wenn nicht immer alle erklären können, warum und an was sie glauben. Für mich ist es wertvoll, so viele neue Glaubensausrichtungen und lebendigen Glauben zu erleben. So wird hier in jedem Gottesdienst ohne Ende gesungen und vor allem getanzt.
selk.de: Weißt du schon, was nach dem Freiwilligendienst und der Rückkehr nach Deutschland als Nächstes kommt?
Mia: Es gibt gerade noch verschiedene Möglichkeiten, wo mein Weg hinführen könnte. Zum einen habe ich einen Studienplatz für Psychologie in Kassel, den ich zum Wintersemester 2025 annehmen könnte. Zum anderen überlege ich gerade noch, für ein halbes Jahr nach Irland zu gehen, um dort zu arbeiten und parallel eine Lizenz als Ernährungsberaterin zu machen. Danach wäre mein Wunsch, entweder Psychologie oder Medizin zu studieren. Diese Entscheidungen haben glücklicherweise noch etwas Zeit, sodass ich mich jetzt noch auf meine wunderbare Zeit in Uganda konzentrieren kann.
selk.de: Mia, ganz herzlichen Dank für die informative und empathische Anteilgabe. Das Team von selk.de wünscht dir für den weiteren Dienst in Uganda Gottes Schutz und Segen und für das, was danach kommen mag, dass Gott dich mit seiner Liebe und Weisheit leiten und dir zeigen möge, welcher Weg passt.
Unser Bekenntnis – Artikel 10: Vom heiligen Abendmahl
Das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) ist die grundlegende Bekenntnisschrift der im Konkordienbuch (1580) abgedruckten verbindlichen Bekenntnisse der Kirche der lutherischen Reformation. In loser Folge lesen Sie hier Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln von Dr. Gottfried Martens D.D., Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Berlin-Steglitz.
Vom Abendmahl des Herrn wird so gelehrt, dass der wahre Leib und das wahre Blut Christi wirklich unter der Gestalt des Brotes und Weines im Abendmahl gegenwärtig sind und dort ausgeteilt und empfangen werden. Deshalb wird auch die Gegenlehre verworfen.
Der zehnte Artikel des Augsburger Bekenntnisses, „Vom heiligen Abendmahl“, ist einer der kürzesten. Das bedeutet jedoch gerade nicht, dass er einer der unwichtigsten wäre. Vielmehr bringt Melanchthon mit dieser Kurzfassung zum Ausdruck, dass in der Frage des heiligen Abendmahls zwischen den Bekennern von Augsburg und den „Altgläubigen“ kein wesentlicher Diskussionsbedarf besteht.
Um dies recht verstehen zu können, müssen wir uns zunächst noch einmal vergegenwärtigen, was denn das heilige Abendmahl eigentlich ausmacht, worin das Wesen dieses Sakraments besteht. Martin Luther hatte es im Jahr zuvor in seinem Kleinen Katechismus auch für Gemeindeglieder meisterhaft zusammengefasst: „Es ist der wahre Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt.“ Das heilige Abendmahl wird also nicht als ein gemeinschaftliches Ritual beschrieben, bei dem es eigentlich nur irgendwelche spitzfindigen Theologen näher interessiert, in was für einem Sinne denn dabei auch von dem Leib und dem Blut Christi gesprochen wird, ob das denn nur ein Bild sein soll oder vielleicht doch noch etwas mehr. Sondern das Sakrament des Altars ist der wahre Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus. Das macht Sinn, Inhalt und Wesen dieses Sakraments aus, dass es der wahre Leib und Blut Jesu Christi ist, der von denen, die am Sakrament teilhaben, mit ihrem Mund empfangen wird. Eine wie auch immer geartete Mahlfeier, bei der geleugnet oder verdunkelt wird, dass es der wahre Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus ist, der da unter dem Brot und Wein den Christen ausgeteilt wird, ist also nach unserem lutherischen Bekenntnis nicht das Mahl des Herrn, nicht das Sakrament, das Christus selbst eingesetzt hat.
In derselben Weise konzentriert sich auch Philipp Melanchthon hier im 10. Artikel des Augsburger Bekenntnisses auf die Realpräsenz, die wirkliche Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im heiligen Mahl. Die ist das Entscheidende, worum es im Abendmahl geht. Eindrücklich betont der 10. Artikel, dass es im Altarsakrament nicht bloß um Symbolik, um Erinnerung, um Gefühl oder Einbildung geht: Es wird gelehrt, dass der wahre Leib und das wahre Blut Christi wirklich unter der Gestalt des Brotes und Weines im Abendmahl gegenwärtig sind. „Wahr“ meint hier nicht das Gegenteil von „falsch“, sondern das Gegenteil von „symbolisch“, „bildlich“: Ausgeschlossen werden soll die Vorstellung, dass im heiligen Mahl eigentlich nur Brot und Wein ausgeteilt werden und die Empfangenden in ihrem Geist oder Herz dadurch an die Hingabe des Leibes und Blutes Christi erinnert werden oder sie in ihrer Einbildung durch ihren Glauben zum Leib und Blut Christi werden lassen. Das heilige Mahl ist kein Spiel.
Bemerkenswert ist, dass der 10. Artikel des Augsburger Bekenntnisses Leib und Blut Christi zu den Elementen von Brot und Wein so in Beziehung setzt, dass er die Formulierung „Unter der Gestalt des Brotes und Weines“ wählt. Es handelt sich hier genau um die Wortwahl, mit der auch das IV. Laterankonzil 1215 das Wunder der Realpräsenz beschrieben hatte, wobei es dann allerdings versuchte, dieses Wunder mithilfe antiker philosophischer Begrifflichkeit zu umschreiben: Während die Äußerlichkeiten von Brot und Wein (Gestalt und Geschmack usw.) unverändert bleiben, wird ihr Wesen in den Leib und das Blut Christi verwandelt. Melanchthon verzichtet bewusst auf die Aufnahme dieser philosophischen Begrifflichkeit, verwendet aber die Formulierung „Unter der Gestalt“, um deutlich zu machen, dass man sich in der Frage der Realpräsenz mit der römisch-katholischen Seite in der Sache vollkommen einig ist. Eben dies wurde auch von der anderen Seite anerkannt. In der Confutatio, der Erwiderungsschrift der römisch-katholischen Seite auf das Augsburger Bekenntnis, wird an der Formulierung dieses Artikels keine Kritik geübt. Und Melanchthon seinerseits unterstreicht diesen Konsens noch einmal in der Apologie des Augsburger Bekenntnisses, wenn er dort auch die orthodoxen Kirchen des Ostens mit in den kirchlichen Grundkonsens hineinnimmt, der zwischen den Bekennern von Augsburg, der römischen und der orthodoxen Kirche besteht: „Wir haben erfahren, dass nicht nur die römische Kirche die leibliche Gegenwart Christi bejaht; sondern derselben Meinung ist jetzt und war einst die griechische Kirche. Denn das bezeugt bei ihnen der Kanon der Messe, in dem der Priester deutlich betet, dass der Leib Christi infolge der Verwandlung des Brotes Wirklichkeit wird. Und Vulgarius sagt klar, dass das Brot nicht nur Symbol ist, sondern wirklich in das Fleisch verwandelt wird.“ (Apologie X,2) Das lutherische Bekenntnis scheut sich also nicht, das Wunder der Realpräsenz, der wirklichen Gegenwart des Leibes und Blutes Christi in den Elementen von Brot und Wein, mit dem Begriff der „Verwandlung“ zu beschreiben.
Ausdrücklich unterscheidet das Augsburger Bekenntnis hier zwischen „gegenwärtig sein“ und „ausgeteilt und empfangen werden“. Das heißt: Leib und Blut Christi werden nicht erst in dem Augenblick gegenwärtig, in dem der Christ das Sakrament empfängt. Sondern Leib und Blut Christi sind schon zuvor kraft der Worte Christi gegenwärtig und werden dann anschließend ausgeteilt und empfangen. Entsprechend ist es angemessen, den gesegneten Elementen auch vor und nach dem Empfang der Kommunion Ehrfurcht und Anbetung zu erweisen. Denn Leib und Blut Christi sind in ihnen gegenwärtig – auch unabhängig von meinem Empfang, und erst recht unabhängig von meinem Glauben. Eben darum werden die gesegneten Elemente am Schluss der Sakramentsfeier in der lutherischen Kirche auch verzehrt und nicht etwa wieder mit ungesegneten Elementen vermischt oder weggeschüttet: Die Konsekration der Elemente kennt kein „Verfalldatum“.
Dem Bekenntnis zur realen Gegenwart des Leibes und Blutes Christi unter den Gestalten von Brot und Wein im Heiligen Mahl entspricht in der Negation die Verwerfung anderer, entgegenstehender Lehren. Ich kann nicht zugleich bekennen, dass Brot und Wein wirklich und wahrhaftig Leib und Blut Christi sind, und zugleich die Lehre, dass Brot und Wein nur ein Symbol für den Leib und das Blut Christi sind oder nur durch unseren Glauben zu Leib und Blut Christi werden, als ebenso richtig anerkennen.
Doch genau solch eine Fiktion versuchte man schon zu Lebzeiten Martin Luthers und seitdem immer wieder bis zum heutigen Tag zu schaffen: Zumeist aus kirchenpolitischen Gründen versuchte man, das lutherische Sakramentsbekenntnis aus dem Konsens mit der römisch-katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen herauszulösen und ein angebliches gemeinsames „evangelisches“ Abendmahlsbekenntnis einem „katholischen“ Abendmahlsbekenntnis gegenüberzustellen. Dies versuchte schon 1529 Landgraf Philipp von Hessen; dies versuchten später immer wieder Vertreter des Calvinismus, bis hin zur preußischen Union im 19. Jahrhundert, in der die Lutheraner mit den Reformierten in eine gemeinsame Kirche gezwungen werden sollten, in der die Unterschiede im Verständnis des Altarsakraments als „unwesentlich“ beiseite getan werden sollten. Die Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland, auch diejenigen, die sich als „lutherisch“ bezeichnen, sind diesen Weg konsequent weitergegangen bis hin zur sogenannten „Leuenberger Konkordie“, einem gemeinsamen Bekenntnis, in dem von den klaren Aussagen zur wirklichen Gegenwart des Leibes und Blutes Christi unter den Elementen von Brot und Wein praktisch nichts übrig geblieben ist und die Unterscheidung zwischen „gegenwärtig sein“ und „ausgeteilt werden“, auf die das Augsburger Bekenntnis so großen Wert legt, als gefährliche „Verdunkelung“ des Sinnes des Abendmahls kritisiert wird.
Seit dem 16. Jahrhundert lässt sich beobachten, dass es offenbar möglich ist, eine von den Aussagen des Augsburger Bekenntnisses deutlich abweichende Lehre und Praxis des Altarsakraments so geschickt mit Worten zu ummänteln, dass unbefangene Zuhörer beim ersten Hinhören gar nicht merken, dass hier in Wirklichkeit etwas ganz anderes gemeint und praktiziert wird, als was das Augsburger Bekenntnis als gemeinsame Lehre der Kirche beschreibt.
Martin Luther hat Christen, die ihn darauf ansprachen, dass sie nicht genau wüssten, ob ihr Pfarrer eigentlich noch am Bekenntnis zur Realpräsenz festhielt, einen ganz einfachen praktischen Rat gegeben: Sie sollten ihren Pfarrer fragen, was er denn bei der Austeilung der gesegneten Gaben eigentlich in der Hand hält. Wenn der Pfarrer antwortet: Ich teile Brot aus (das dann vielleicht durch den Glauben oder durch die Berührung der Gläubigen zum Leib Christi werden mag), dann sollen die Christen aus der Hand dieses Pfarrers das Sakrament nicht empfangen. Wenn der Pfarrer aber antwortet: Ich halte den Leib Christi in der Hand, dann sollten sie getrost bei ihm zum Sakrament gehen.
Später hat man diese Entscheidungsfrage mit zwei theologischen Fachausdrücken umschrieben, der sogenannten manducatio oralis und der sogenannten manducatio impiorum.
Manducatio oralis heißt: Empfang des Leibes und Blutes Christi mit dem Mund. Auch der reformierte Theologe Johannes Calvin konnte davon sprechen, dass wir den wahren Leib und das wahre Blut Christi im Sakrament empfangen. Doch er verstand dies so, dass wir hier auf Erden mit unserem Mund bloß Brot und Wein empfangen, dass sich aber unsere Seele im Augenblick des Empfangs in den Himmel aufschwingt und dort mit Christus Gemeinschaft hat. Doch dort, wo sich die Seele eben nicht so aufschwingt, empfängt der Kommunikant am Altar nur Brot und Wein und mehr nicht. Dagegen hält die lutherische Kirche daran fest, dass wir den Leib und das Blut Christi tatsächlich hier auf Erden am Altar mit unserem Mund empfangen, dass Christus sich für uns so klein macht, dass er mit seinem Leib und Blut in unserem Mund, in unserem Körper Wohnung nimmt.
Und damit sind wir schon bei der manducatio impiorum, also bei der Frage, was denn jemand im Sakrament empfängt, der gar nicht glaubt, dass er Leib und Blut Christi empfängt. Die Vertreter der „entgegenstehenden Lehre“, also die Vertreter der reformierten oder unierten Theologie, würden antworten: Jemand, der nicht glaubt, empfängt im Sakrament nur Brot und Wein. Doch die lutherische Kirche hält daran fest: Auch ein nicht Glaubender empfängt im Sakrament wirklich und wahrhaftig den Leib und das Blut Christi, weil die Gegenwart des Leibes und Blutes Christi nicht von uns Menschen abhängt, sondern allein durch die Worte Christi bewirkt wird.
Warum ist unserer lutherischen Kirche das Festhalten am Bekenntnis zur Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi so wichtig? Zunächst einmal ist es schlicht und einfach der Gehorsam gegenüber dem Wort der heiligen Schrift, das so klar und deutlich bezeugt, dass wir im Sakrament tatsächlich leibhaftig Anteil am Leib und Blut Christi bekommen. Daneben ist es aber ein eminent seelsorgerliches Anliegen: Mein Heil hängt nicht an meiner Glaubensstärke; ich kann ganz von mir wegschauen, wenn ich das Sakrament empfange. Und mein Heil hängt auch nicht daran, dass ich etwas richtig „verstehe“. Mein Heil besteht vielmehr darin, dass ich mit Christus verbunden werde, dass ich mit ihm leibhaftig eins werde: „Mein Fleisch ist die wahre Speise und mein Blut ist der wahre Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm“, so sagt es Christus selber (Johannes 6,55+56). Eben darum geht es beim heiligen Mahl auch nicht um theologische Spitzfindigkeiten, sondern um das Herzstück unseres Glaubens: die leibhaftige Gemeinschaft mit Christus. Dass wir eben dies mit dem größten Teil der Christenheit gemeinsam bekennen, sollten wir immer klar vor Augen haben, auch und gerade wenn wir nicht zuletzt wegen dieses Abendmahlsbekenntnisses als Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche unseren Weg nicht gemeinsam mit der Evangelischen Kirche gehen können. Davon, dass wir als lutherische Kirche im Übrigen bewusst noch „katholischer als die römischen Katholiken“ sind, die zwar mit uns bekennen, dass das Blut Christi unter der Gestalt des Weines gegenwärtig ist, dieses Blut aber unter der Gestalt des Weines in den meisten Fällen den Gemeindegliedern vorenthalten, spricht das Augsburger Bekenntnis dann noch später im 22. Artikel. Und im 24. Artikel setzt es sich mit dem Verständnis des Sakraments als „Messopfer“ in der römischen Kirche auseinander. Es gibt also auch Differenzen zur römisch-katholischen Kirche in der Frage des Altarsakraments. Doch diese betreffen gerade nicht die Frage der Realpräsenz. Dies betont das Augsburger Bekenntnis sehr eindrücklich.
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© Foto: Andrea Otto
Großes Glaubensfest für Jugendliche
Vom 3. bis zum 6. Oktober fand mit dem Jugendfestival (JuFe) in Northeim die größte jährlich stattfindende Jugendveranstaltung der SELK statt. Ein 15-köpfiges Vorbereitungsteam hat das JuFe in den Monaten zuvor vorbereitet und ist derzeit mit Nacharbeiten befasst. SELK.de konnte mit den Teammitgliedern Claudia Matzke (Hermannsburg), Bernhard Daniel Schütze (Kassel) und Hauptjugendreferent Karsten „Ernie“ Schreiner (Homberg/Efze) über das Jugendfestival sowie die damit verbundenen Arbeiten sprechen.
Anfang Oktober kamen die Jugendlichen der SELK in Northeim zum diesjährigen Jugendfestival zusammen. Wie stellte sich die Beteiligung dar?
Schütze: Knapp über 200 Personen haben am JuFe 2024 teilgenommen. Dabei war wieder eine Verteilung über das ganze Bundesgebiet festzustellen, wobei die Anmeldungen aus dem Norden eher zurückgingen, diejenigen aus dem Süden im Vergleich zu den letzten Jahren hingegen zunahmen. Dies zeigte sich auch bei den Auslastungen der Busshuttle, mit denen die Teilnehmer klimafreundlich und sicher an- und abreisen konnten: Hier mussten wir leider die Verbindung aus Kiel über Hamburg und Lüneburg aufgrund zu geringer Anmeldezahlen absagen und für die Berlinroute einen kleineren Bus anmieten. Insgesamt zeigt sich, dass zunehmend jüngere Menschen teilnehmen. Das könnte auch an immer früheren Konfirmationen liegen. So hatten wir in diesem Jahr immerhin 12 Anmeldungen von 12- bis 13-Jährigen. Doch vereinzelt haben sich auch über 30-Jährige zur Teilnahme angemeldet. Hier spiegelt sich auch das in der von der Jugendkammer für das JuFe beschlossenen Zielsetzung vorgegebene Ziel, wonach das JuFe „eine Veranstaltung mit einem möglichst breiten Altersspektrum sein“ soll.
Matzke: Neben dem Vorbereitungsteam und den „normalen“ Teilnehmenden sind natürlich die ehrenamtlichen Helfer ganz wichtig. Die lassen sich schlecht zählen, weil sie sich auch ganz normal zum JuFe anmelden, aber dann noch Zusatzjobs übernehmen. Dazu gehört z. B. das Fototeam, das das ganze JuFe über mit Kameras unterwegs ist (in Warnwesten, damit man sie gut sehen kann). Die Fotos werden in den Plenumsveranstaltungen gezeigt und sind für die Teilnehmenden immer ein Highlight, weil sie dann nochmal sehen können, was sie in den Tagen dort alles erlebt haben. Aber auch an vielen anderen Stellen helfen die Teilnehmenden mit: Bei den Nachtwachen, im Nachtcafé, bei Reinigungsaufgaben, in der Küche usw. Wir haben aber auch ehrenamtliche Helfer, die nur für ihre jeweilige Aufgabe und nicht für das ganze JuFe anreisen. Das sind dann oft Erwachsene, die einen Workshop leiten, oder Pastoren, die eine Andacht übernommen haben. Hauptsächlich sind es die Jugendpastoren, die sich bemühen, beim JuFe dabei zu sein. Dieses Jahr waren zehn Pastoren ganz oder teilweise beim JuFe dabei, dazu ein Vikar, zwei Diakone, eine Pastoralreferentin und Bischof Hans-Jörg Voigt, der für die Predigt beim JuFe-Gottesdienst und eine Bibelarbeit angereist ist.
Wann starten die Vorbereitungen für eine solche Veranstaltung? Wie viel Vorlauf wird benötigt?Schreiner: Im Prinzip gilt der Satz: „Nach dem JuFe ist vor dem JuFe“. Tatsächlich haben wir mit den Vorbereitungen für das JuFe 2025 schon im Sommer gestartet und uns auf Schulsuche begeben. Eine frühzeitige Entscheidung ist immer hilfreich, da jedesmal eine Nutzungs- & Baugenehmigung erforderlich sind. Auch die Suche nach Verstärkung für das Team fand schon vor und während des Festivals statt. Traditionell bildet ein Teamtreffen Anfang Dezember in Homberg den Abschluss des vergangenen JuFe und den Startschuss zum nächsten. Neben dem Rückblick mit Auswertung der Feedbacks, der Verabschiedung von scheidenden und der Begrüßung der neuen Teammitglieder, steht dann vor allem die Terminfindung für die Vorbereitungstreffen und die teaminterne Aufgabenverteilung auf der Tagesordnung. In den ersten Monaten des neuen Jahres ist dann die Themenfindung für das nächste JuFe dran, die konkrete Programmausgestaltung folgt dann im Frühsommer.
Schütze: All diese Vorbereitungen erfordern ein Vorbereitungsteam, das sich in den Monaten vor der Veranstaltung intensiv und konzentriert mit Planungen und Vorbereitungen befasst. So waren in diesem Jahr 15 Personen aktiv in die Vorbereitung eingebunden und für unterschiedliche Bereiche zuständig. Als Team sind auch die internen Abstimmungen und gemeinsamen Planungen wichtig, für die wir in diesem Jahr zu sechs Sitzungen im Vorfeld des JuFe zusammengekommen sind – ergänzt um vier Onlinetermine als Gesamtteam sowie zahlreiche weitere in unterschiedlichen kleineren Konstellationen. Dabei sind auch zwischenzeitliche Ausfälle zu kompensieren, wie beispielsweise die Tatsache, dass ein Teammitglied kurzfristig krankheitsbedingt nicht am JuFe teilnehmen konnte. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auch an dieser Stelle allen engagierten Teammitgliedern für ihre umfangreiche Arbeit in den letzten Monaten zu danken.
Das Jugendfestival 2024 stand unter dem Titel „24/7 connected – Glauben im Alltag“. Weshalb wurde dieses Thema gewählt?Matzke: Das ist für mich immer einer der spannendsten Momente, wenn das JuFe-Vorbereitungsteam sich ein Thema für das nächste JuFe überlegt. Manche aus dem Team haben schon lange über mögliche Themen nachgedacht und bringen Vorschläge mit. Andere überlegen spontan, was gerade für die Jugendlichen „dran“ sein könnte. Bei dem Thema „Glauben im Alltag“ hatten wir besonders im Blick, was für eine starke Verbundenheit eine gute Beziehung mit Gott und mit anderen Mitchristen ausmacht – gerade in einer Zeit, wo viele zwar ständig über soziale Medien verbunden sind, sich aber trotzdem innerlich sehr einsam und überfordert fühlen. Diese Verbundenheit brauchen wir nicht nur am Sonntag, sondern jeden Tag und jede Nacht – daher 7 Tage die Woche, 24 Stunden am Tag mit Gott in Verbindung stehen.
Das Thema wird in Workshops behandelt. Wie stellte sich das Workshopangebot in diesem Jahr dar und wo lagen die Interessenschwerpunkte der Teilnehmer?
Schreiner: Das Workshopangebot unterteilt sich in fünf Kategorien: Glaube/Lebenshilfe, Kirche und Gesellschaft/Kultur und Ethik, Kreatives/Künstlerisches/Handwerkliches, Musikalisches, Sport und Bewegung. Insgesamt wurden 23 unterschiedliche Workshops angeboten, die auf unterschiedliches Interesse stießen. In diesem Jahr lag durch überdurchschnittlich viele junge und sehr junge Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Interessenschwerpunkt sehr stark auf dem kreativ künstlerischen und dem sportlichen Angebot. Die hohe Nachfrage konnten wir mit dem Angebot leider nicht in ausreichendem Maße befriedigen. Dafür mussten auf der anderen Seite ein paar Workshops aus der Kategorie Kirche und Gesellschaft/Kultur und Ethik mangels Beteiligung ausfallen. Da wird beim nächsten JuFe verstärkt unser Augenmerk liegen.
In der Berichterstattung über selk_news und SELK-Aktuell war zu lesen, dass der JuFe-Gottesdienst in diesem Jahr nach längerer Zeit wieder einmal in einer Kirche stattfand.Matzke: Das war ein Wunsch, den Teilnehmende beim JuFe schon öfter geäußert haben. Bisher war es nur logistisch immer schwierig, diesen Wunsch umzusetzen. In diesem Jahre haben wir mit der St. Sixti-Kirche aber eine evangelisch-lutherische Landeskirche in der Nähe gefunden, die an unserem Wunschtermin für den Gottesdienst auch noch zur Verfügung stand. Die Gastfreundschaft dieser Gemeinde war außergewöhnlich und gerade der Küster hat großes Interesse an unserer Jugendveranstaltung gezeigt und uns viel unterstützt. Die Musik in diesem Gottesdienst haben wir selbst gestaltet: die Band hat ihre Instrumente dorthin mitgenommen, der Posaunenchor aus einem der Workshops hat gespielt, auch ein kleiner Singchor hat sich gebildet und wir haben die Orgel vor Ort nutzen können. Etwas herausfordernd war es für uns als Vorbereitungsteam, die richtige Technik für die Instrumente der Band zur Verfügung zu stellen. Und wir mussten lange überlegen, wie unsere Teilnehmenden die Texte für die Lieder mitverfolgen können. Ein Liedblatt schien uns nicht die richtige Lösung zu sein und eine Leinwand mit Beamer hätten nicht alle von ihrem Platz aus sehen können. Am Ende haben wir etwas Neues versucht und haben eine eigene Webseite gestaltet, wo nur die Liedtexte für unseren JuFe-Gottesdienst zu sehen waren. Da konnten sich die Jugendlichen mit ihren Handys über einen QR-Code einwählen. Wir waren etwas unsicher, ob das klappt, aber es ging erstaunlich gut und wir haben lauter positive Rückmeldungen bekommen. Apropos positive Rückmeldungen: An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich Danke sagen an Sandra und Michael Tschirsch, die es ermöglicht haben, dass wir tagesaktuell über SELK_news vom JuFe berichten konnten. Diese Form der Unterstützung und die positiven und ermutigenden Rückmeldungen jeden Tag haben uns viel Freude gemacht.
Nun ist das JuFe vorbei und liegt seit einiger Zeit zurück. Bedeutet das große Erholung und Freizeit für das Vorbereitungsteam?Schütze: Nun, natürlich nimmt die Konzentration auf das JuFe nach besonders intensiven letzten Vorbereitungswochen sowie der Veranstaltung selbst ab und tritt etwas in den Hintergrund. Dennoch gilt es, einige Nacharbeit zu erledigen: Countdowns und Fotoshows sowie das Regelvideo werden auf YouTube hochgeladen, eine Fotoauswahl getroffen und auf der Internetseite veröffentlicht. Auch muss das Feedback der Teilnehmer ausgewertet und eine finanzielle Gesamtabrechnung erstellt werden. All diese Dinge – und noch einiges mehr – erfolgt in diesen Wochen. Und wenngleich diese Aufgaben noch nicht abgeschlossen sind, bin ich vorsichtig optimistisch, dass das JuFe 2024 nicht nur inhaltlich, sondern auch finanziell – insbesondere dank großzügiger Spenden – gut in Erinnerung bleibt. Der Abschluss aller Nacharbeiten ist für das Teamtreffen im Dezember 2024 vorgesehen, wenn wir als JuFeTeam noch einmal gemeinsam zurückblicken und versuchen, Lehren für künftige Jugendfestivals zu ziehen.
Schreiner: Wie gesagt, nach dem JuFe ist vor dem JuFe. Eine so tolle Veranstaltung, wie in diesem Jahr, gibt einem schon ein gutes Gefühl und trägt das Team und hoffentlich auch die Teilnehmenden auch inhaltlich noch weiter. Die große Erholung aber, naja, die einzige ;-), ist für das Team der Freitagabend des Dezembertreffens. Wir essen zusammen und verbringen den Rest des Abends ganz gemütlich und ohne Thema. Das darf Bernhard Daniel aber nicht wissen! Wir haben zwar bei jeder Teamsitzung viel Spaß, aber mal einfach nur so Spaß haben, ist meiner Meinung nach auch sehr wichtig für die Teamfindung. Nach dem Frühstück am nächsten Morgen ist es aber dann auch schon vorbei mit der Erholung und es geht wieder an die Arbeit! Je nach Aufgabenbereich ist die Zeit zwischen Oktober und Dezember aber für manche schon eher ruhig, für andere dagegen nicht, z. B. für denjenigen, der für die Feedbacks zuständig ist und die Finanzen müssen natürlich auch gemacht werden.
Weitere Informationen zum Jugendfestival: www.jufe.org
Fotos vom JuFe 2024: www.jufe.org/galerie-2024
Countdowns, Fotoshows & Regelvideo vom JuFe 2024: www.youtube.com/SELKjufe
Interview mit Dr. Andrea Grünhagen
Glaube • Hoffnung • Liebe
Dr. Andrea Grünhagen, Pastoralreferentin der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) und als Referentin für Theologie und Kirche im Kirchenbüro der SELK in Hannover tätig, hat ein neues Andachtsbuch veröffentlicht: „Glaube, Hoffnung, Liebe – Gedanken zum Kirchenjahr“. selk.de hat die Autorin dazu interviewt.
Liebe Andrea, 2018 hattest du schon ein Buch mit Impulsen zu den Sonntagen, dem Kirchenjahr folgend, veröffentlich. Jetzt ist dein neues Buch erschienen unter dem Titel: „Glaube – Hoffnung – Liebe“: Was hat dich motiviert, neue Texte zu den Sonntagen zu schreiben?
Die Rückmeldungen zu meinem ersten Andachtsbuch. Leute haben mir gesagt, dass es sie irgendwie durch die Coronazeit gebracht hat, als das mit den Gottesdiensten schwierig war. Es wurden ganz verschiedene Aspekte genannt, warum so ein weiteres Buch hilfreich sein könnte, viele auch, die eher in den Bereich der Seelsorge gehören. Also habe ich es getan nach dem Motto: „Keep it simple“. Solide und kostengünstig in Buchform, völlig kostenlos als E-Book. Deshalb bin ich dankbar für die Zusammenarbeit mit dem Sola-Gratia-Verlag.
Ein Stück Motivation war auch, ein Zeichen der Zuversicht zu setzen, damit ich mich nicht nur andauernd mit Kontroversthemen beschäftige in kirchlich schwieriger Lage. Jedenfalls geht es mir nicht darum, meinen Namen mal wieder auf einem Buchdeckel zu lesen. Für das wissenschaftliche Ansehen hilft es eher nicht, wenn man auf die Frage nach seiner jüngsten Veröffentlichung mit „Ein Andachtsbuch!“ antwortet. Das macht mir aber nichts.
Den Dreiklang des Titels – Glaube, Hoffnung, Liebe – kennt man aus dem Vers aus dem 1. Korintherbrief „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ Warum hast du ihn als Titel gewählt?
Das hat tatsächlich auch mit dem vorhergehenden Buch zu tun. Jemand machte mich darauf aufmerksam, wie oft ich darin von diesem geistlichen Dreiklang sprechen würde. Mir war es nicht aufgefallen, aber ich begann, darüber nachzudenken, wie Glaube, Hoffnung und Liebe zusammenhängen und warum mir das wichtig ist. Mittlerweile würde ich sagen: es ist mir nach zwei Seiten hin wichtig. Die eine ist die, die ich auch im Vorwort zum neuen Buch erwähne: Ich bin überzeugt, dass Glaube, Liebe und Hoffnung in einem Christenleben wachsen können, dass sie lebendig und dynamisch sind in dem Sinne, dass eine von Gott gegebene Kraft in ihnen liegt. Manchmal wird gesagt: „Menschen ändern sich nicht grundlegend.“ Ich sage dann: „Das mag sein, aber sie können wachsen.“ Es hat aber auch noch eine andere Seite. Mir scheint, die drei Haltungen – was man nicht mit Gefühlen verwechseln sollte – hängen innerlich zusammen. Deshalb können sie sich auch gegenseitig schwächen. Wo die Liebe verloren geht, stirbt die Hoffnung. Wo die Hoffnung zu oft enttäuscht wird, wird das Glauben schwer. Wo der Glaube abnimmt, fehlt die Kraft zu lieben und zu hoffen. Darum ist es wichtig, dass wir uns alles drei immer wieder von Gott stärken lassen. Wir haben das nicht aus uns. Dazu sollen meine Überlegungen helfen.
Deine Texte sind kurz – jeweils zwei bis drei Seiten. Diese Kurzform hat erfahrungsgemäß ihre besonderen Herausforderungen. Wie bist du dabei vorgegangen?
Bei manchen Texten handelt es sich um überarbeitete Varianten von Gedanken, die ich unter www.selk.de/angedacht veröffentlicht hatte. Manche sind ganz neu oder aus einem anderen Anlass geschrieben worden. Anders als viele andere, finde ich es sehr angenehm, mich beim Schreiben auf einen Aspekt, vielleicht sogar auf ein Detail, konzentrieren zu können.
„Angedacht“ ist ja eigentlich ein merkwürdiges, künstliches Wort, und wenn man das Substantiv dazu bildet landet man bei „Andenken“. Andererseits ist es aber eine große Chance, Sachen einfach mal „anzudenken“, ohne den Anspruch zu haben, immer alles sagen zu müssen, was man auch noch sagen könnte. Das hat mich zu dieser Kurzform gebracht. So kann ich auch mal etwas äußern, das vielleicht eher unerwartet ist. Oder eine Anregung zum Weiterdenken und Weitermachen geben. Der Schwerpunkt liegt tatsächlich auf dem geistlichen Leben, auf dem Nachdenken, Umsetzen, Verinnerlichen.
Was unterscheidet dein Buch von anderen Andachtsbüchern, die es auf dem Markt gibt?
Die Orientierung am Kirchenjahr und die Verknüpfung mit dem Gottesdienst, glaube ich. Mir ist wichtig, dass es für ganz unterschiedliche Menschen funktioniert. Alleine kann man das Buch zum Beispiel am Samstagabend als Vorbereitung auf den Sonntagsgottesdienst lesen und sich Zeit nehmen, im Gesangbuch die entsprechenden Lesungen nachzuvollziehen und die Besonderheit jedes Sonn- oder Feiertags zu entdecken. Ein Paar könnte sich vornehmen, beim Kaffeetrinken am Sonntagnachmittag gemeinsam zu lesen und sich darüber auszutauschen. Das wäre eine kleine Möglichkeit, über geistliche Inhalte ins Gespräch zu kommen. Auch bei einer Familienandacht mit größeren Kindern könnte man es benutzen. Ich kenne viele christliche Familien, die das eigentlich gerne mal ausprobieren oder anfangen würden, aber sie machen die frustrierende Erfahrung, dass es im Alltag zu oft unterbleibt. Vielleicht ist es dann ja eine gute Erfahrung, es einmal in der Woche zu probieren.
Ganz bewusst handelt es sich nicht um komplette Andachten mit Vorschlägen für Lieder und Gebete. Man kann die Texte mit jeder Andachtsform kombinieren oder auch mit gar keiner bestimmten Form. Für einen Gemeindekreis ist das Buch eine gute Möglichkeit, auch unter der Woche auf die Themen des Kirchenjahrs Bezug zu nehmen. Nicht zuletzt hilft es vielleicht jemandem, der nicht oder nicht regelmäßig zum Gottesdienst gehen kann, trotzdem im Rhythmus des Kirchenjahres zu bleiben.
Was würdest du sagen: Wo und wie wird dein lutherischer Background in den Texten deutlich?
Tja also, hoffentlich nicht dadurch, dass ich möglichst viele geprägte Ausdrücke der lutherischen Theologie wie „Wort und Sakrament“, „Gesetz und Evangelium“, „Gericht und Gnade“ verwende und am Ende dann „Christus“ die Antwort auf alles ist, egal worum es sich handelt. So was kann zum Zerrbild lutherischer Auslegung werden. Ich hoffe einfach, dass mein Glaube durchscheint. Das ist ja übrigens die Pointe der Bindung an das lutherische Bekenntnis, wie das Bekenntnis es selbst ausdrücklich in der Konkordienformel deutlich macht. Man muss nicht extra sagen, dies und das, was ich sage oder tue, ist jetzt konfessionell-lutherisch. Sondern mein persönlicher Glaube ist nichts anderes als mein öffentliches Bekenntnis und beides nichts anderes als meine theologische Lehre – das ist unser Anspruch als Kirche, das ist mein theologischer Anspruch an mich.
Ich würde ja gerne mit dem Liedvers sagen können: „im Wort, im Werk und allem Wesen, sei Jesus und sonst nichts zu lesen…“, aber dahinter bleibe ich leider im Glauben, Hoffen und Lieben zurück. Es wäre gut und richtig, und in dem Sinne ist Christus auch Anfang und Ende von allem, aber das kann ich leider so nicht von mir behaupten. Hoffentlich hilft es, dass ich das weiß und es auch offen sage.
Eine Frage zum Prozess des Schreibens: Wie sehr profitierst du vielleicht auch selbst, wenn du Bibelverse in dieser Form auslegst, dich so intensiv damit beschäftigst?
Manchmal frage ich mich, ob ich mir eigentlich selbst glaube, was ich da sage. Wenn ich in Gefahr bin, die Hoffnung zu verlieren beispielsweise. Oft mache ich es so, dass ich mir einen konkreten Menschen vor Augen stelle, dem ich jetzt etwas zu einem Bibelvers sagen möchte. Das hilft mir, es konkret zu formulieren. Ich glaube aber nicht, dass diejenigen das automatisch auch wissen, wenn sie meine Texte lesen. Na ja, ganz wenige können wahrscheinlich wirklich zwischen den Zeilen lesen.
Mir selbst hilft es, nicht einzelne Bibelverse zu sehen, sondern mir den Zusammenklang der Lesungen und ggf. Lieder eines Sonntags bewusst zu machen. Man kann liturgisch so viele Entdeckungen machen. Wenn man sich mit Gottes Wort beschäftigt, lässt einen das immer geistlich wachsen, insofern profitiere ich wohl auch davon, aber darüber denke ich nie nach.
Die Fragen stellte Doris Michel-Schmidt
Das Buch „Glaube, Hoffnung, Liebe – Gedanken zum Kirchenjahr“ hat 240 Seiten und ist erschienen im Sola-Gratia-Verlag Rotenburg (Wümme). Es kann für 7,50 Euro beim Verlag oder über den Buchhandel bezogen werden. Weitere Informationen sowie auch ein kostenloser E-Book-Download finden sich auf der Verlagswebsite.