Lexikon - N


Nicaenum
→ Credo


Nonne
→ Diakonisse → Mönch


Norma normans, norma normata
Unter norma normans (normierende Norm) versteht man in der luth. Kirche die Heilige Schrift, Gottes Wort: Dies ist die Norm, die alle anderen Normen bestimmt und an der alle anderen Normen in der Kirche gemessen werden.
Jede andere Norm, einschließlich der kirchlichen Bekenntnisse ist „norma normata“, normierte Norm, die sich an der norma normans messen lassen muss.
Hierzu Prof. Dr. Achim Behrens (Luth. Theol. Hochschule Oberursel):
„Was denn nun? „Schrift und Bekenntnis“ gelten in der SELK als bestimmender Zweiklang. Doch wie passt das mit dem von Luther geprägten “Sola scriptura” – “Allein die Schrift” – zusammen? Prof. Dr. Achim Behrens von der Lutherischen Theologischen Hochschule in Oberursel erklärt die Zusammenhänge.
Die lutherische Kirche bindet sich an die Heilige Schrift, die Bibel als Gottes Wort und an die Lutherischen Bekenntnisschriften. Damit sind die Normen klar benannt, an denen die theologische Lehre der Kirche sich messen lassen muss. Auf der anderen Seite gibt es seit der Reformationszeit die Formel sola scriptura – allein die Schrift. Nur Gottes Wort in der Bibel – und nicht die kirchlichen Traditionen oder Aussagen des Papstes oder anderer kirchlicher Autoritäten –  sollte begründen, was eigentlich den christlichen Glauben ausmacht. So wurde das sola scriptura zu einer Art Parole der Lutheraner und dann auch aller anderen evangelischen Christen. Nun stehen sich auf der einen Seite „Schrift und Bekenntnis“ und auf der anderen Seite „Allein die Schrift“ scheinbar gegenüber. Müsste man sich nicht eigentlich entscheiden? Geht das zusammen: Schrift und … und Allein die Schrift?
Ja, es geht. Es kommt nur darauf an, wie Schrift und Bekenntnis einander zugeordnet sind. Die Bibel ist kein theologisches Lehrbuch. Hier werden Geschichten erzählt, Psalmen gebetet, Gesetze erlassen, Briefe geschrieben, Prophetenworte gesammelt und vieles mehr. Die Bekenntnisse sortieren das alles systematisch, sozusagen nach Themen: In den Bekenntnissen drückt die lutherische Kirche verbindlich aus, was sie über Gott, den Menschen, die Sünde, Christus, die Kirche und die Sakramente lehrt. Aber alle diese Aussagen kommen aus der Schrift – und zwar nur aus der Schrift (sola scriptura); denn eine andere Erkenntnisquelle als die Bibel gibt es für die Theologie nicht. Hier macht sich der unsichtbare Gott sicht- und hörbar. So ist die Bibel die Quelle, und die Bekenntnisschriften sind Schalen, in die das lebendige Wasser gefüllt wird. Die Bibel ist Gottes Wort, die Bekenntnisse sind Auslegung dieses Wortes als kirchliche Lehre. Weil die Bekenntnisse sachgerechte Auslegung der Heiligen Schrift sind, sind sie für Lehre und Lehrer der Kirche auch verbindlich. Allerdings ist nun klar: Wenn von Schrift und Bekenntnis die Rede ist, dann steht die Schrift immer an erster Stelle. Aus ihr fließt das Wasser des Lebens in die Bekenntnisse, nicht umgekehrt. Und so halten die Bekenntnisse selber fest, dass sie immer an der Heiligen Schrift selbst zu messen und zu prüfen sind. Wenn wir also unser Bekenntnis ernst nehmen, dann will es uns immer wieder zum Bibellesen ermutigen und in die Bibel hineinführen.
Nun finden sich aber neben dem „Allein die Schrift“ (sola scriptura) drei weitere „Alleins“, die als typisch lutherisch gelten: Allein Christus (solus Christus), Allein durch das Wort (verbo solo) und Allein durch den Glauben (sola fide). Es scheint so, als bildeten alle diese „Solisten“ in Wirklichkeit einen Chor. Wie ernst zu nehmen ist dann der Exklusivanspruch Allein jeweils noch? Oder ist das alles nicht ein Paradox?
Auch hier kommt es auf das richtige Verhältnis dieser vermeintlichen Exklusivansprüche zueinander an. Die Heilige Schrift, die Bibel ist nicht aus formalen Gründen die alleinige Quelle für den christlichen Glauben, sondern wegen ihres Inhalts. Allein Christus ist mit seinem Kommen in die Welt, seinem Leben, Sterben und Auferstehen der Grund für die Gerechtigkeit vor Gott und damit für ein erlöstes Leben der Menschen. „Nimm Christus aus der Schrift – was bleibt dir noch?“, fragte Martin Luther einmal. Christus ist nun aber nicht nur ein Mann, der vor zweitausend Jahren in Nazareth lebte. Vielmehr erkennt die Christenheit in diesem Jesus Gott selbst, der Mensch wurde und dessen Tod und Auferweckung die Menschen von der Macht der Sünde und des Todes befreit – auch heute noch. Dies aber erkennen wir nicht durch unsere frommen Gefühle, unser intensives Nachdenken oder Forschen. Nein, dass wir Sünder sind und in Christus erlöst werden, das muss uns gesagt werden. Allein durch das Wort gelangen Menschen zu dieser Einsicht und zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. So ist dieses Wort noch mehr als die Bibel. Es ist die mündliche Verkündigung, die Weitergabe der alten Wahrheiten in unser heutiges Leben, die lebendige Stimme des Evangeliums. Dieses Wort kann man sagen und hören – und wir sollen es auch verstehen. Deshalb hat ja Luther die Bibel auch ins Deutsche übersetzt und der Predigt im Gottesdienst mehr Raum geschaffen. Aber dieses verkündigte Wort Gottes zielt nicht nur auf unseren Verstand. Vielmehr wird der wesentliche Inhalt – Christus ist dein Retter, Bruder und Herr – allein durch den Glauben begriffen und ergriffen. Nicht unsere Werke und nicht unsere Mitwirkung an einer Weltverbesserung Gottes, sondern nur unser Vertrauen auf Christus allein bahnt uns den Weg in die Ewigkeit und lässt uns hier schon als Erlöste leben.
„Schrift und Bekenntnis“, „Allein die Schrift“, „Allein Christus“, „Allein durch das Wort“, „Allein durch den Glauben“ – das ist nicht die verwirrende Versammlung von Solisten, sondern das ist ein mehrstimmiger Chor. Im Zusammenklang dieser „Soli“ entsteht eine Harmonie, die uns Christen auf die einzige Quelle unseres Glaubens (die Schrift) und den einzigen Grund unseres Glaubens (Christus) hinweist und dabei zugleich die Ehre Gottes  besingt – Soli Deo Gloria.“
(http://ag2017.selk-deutschland.de/?p=695)

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