Angedacht!


„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde. …
„Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinen Mühen, das ist eine Gabe Gottes.“

Prediger 3,1.13


Dr. Andrea GrünhagenLiebe Leserinnen und Leser,

alles hat seine Zeit. Als Redewendung ist dieser Satz sprichwörtlich geworden. Aber was ist damit eigentlich gemeint? Ist es denn nicht selbstverständlich, dass es im Leben immer einen Wechsel von geboren werden und sterben, pflanzen und ausreißen, töten und heilen, abbrechen und bauen, weinen und lachen, klagen und tanzen, schweigen und reden, lieben und hassen, Streit und Frieden usw. gibt? (Prediger 3,2-8) Das weiß doch jeder, oder?

Nun, es zu wissen, ist das eine, damit umzugehen etwas anderes. Geht es uns gut, fühlen wir uns unangreifbar und denken nicht daran, dass es auch in Kürze anders kommen kann. Geht es uns schlecht, meinen wir, es würde nie wieder aufwärts gehen. Dabei könnte diese Einsicht des biblischen Weisheitslehrers uns so sehr helfen, unsere Situation, wie sie gerade ist, anzunehmen und ganz bewusst in ihr zu leben, entweder dankbar oder hoffnungsvoll.

Wohl dem Menschen, der am Ende seines Lebens auch die Mühen des Alters, von denen im Buch des Predigers im alten Testament einiges zu lesen ist, mit dieser Gelassenheit hinnehmen kann, in dem Bewusstsein, dass es in Ordnung ist, wenn die Kräfte nachlassen. „Ich habe meinen Teil getan, ich habe etwas geschafft und bewirkt. Ich habe auch viel Schönes erlebt und gute Dinge erfahren. Wenn sehr viel nun nicht mehr möglich ist, dann ist es gut, denn alles hat seine Zeit.“

Auf der anderen Seite werden wir aber auch ermutigt, fröhlich das Leben zu genießen ohne schlechtes Gewissen. Es darf Zeiten des Lachens und Tanzens geben. Wir haben nur keinen Anspruch darauf, dass sie nie enden.

Wie viel falsches Vergleichen könnten wir uns sparen! Meine Zeit, was für mich gerade dran ist – nach Gottes Plan – ist nicht unbedingt dasselbe, was für andere dran ist. Wenn wir traurig sind, denken wir so leicht, wir hätten ja gar nichts und andere hätten alles. Das stimmt natürlich nicht, denn vielleicht hat jemand, den wir gerade für sein Glück beneiden, sehr schwere Zeiten hinter sich oder noch manches vor sich, was wir schon bewältigt haben. Zeit ist bei der Bewertung unseres Zustandes ein sehr wichtiger Faktor.

Das Leben bleibt mühevoll auf dieser Erde, das wird erst im Himmel anders. Im Fernsehen sah ich mal eine Dokumentation über das Leben auf einem Bauernhof. Die Enkelin sagte zur Großmutter, die tatkräftig noch mithelfen konnte: „Wir machen es uns trotz der Arbeit schön.“ Die lebenserfahrene Frau sagte: „Nein, wir machen es uns bei der Arbeit schön.“ So etwas meint der Prediger wohl, wenn er sagt, dass wir bei allen Mühen trotzdem gut Essen und Trinken sollen und vor allem, guten Mutes sein. Gute Laune als Gabe Gottes ¬ das ist ein großartiger Gedanke. Wir sollten Gott viel mehr darum bitten, dann sind wir auch viel unabhängiger von den jeweiligen Umständen.

Ihre Andrea Grünhagen

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