Lexikon - G


Gebet

→ Beten
Das wichtigste Gebet der Christenheit ist das Vaterunser. Die Evangelisten Lukas (Kap. 11) und Matthäus (Kap. 6) überliefern das Vaterunser als das Gebet, das Jesus Christus selbst seine Jünger lehrte, als sie ihn baten, sie das Beten zu lehren.
Für das persönliche wie gottesdienstlich-liturgische Beten hat sich die Vaterunser-Fassung durchgesetzt, die Matthäus überliefert.
Die sog. Doxologie, der abschließende Lobpreis „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ findet sich bereits in der sog. Didache, einer Kirchen-und Gottesdienstordnung aus dem 1. Jahrhundert, konnte aber bislang nur in später bezeugten Handschriften des Matthäus-Evangeliums nachgewiesen werden.
Viel älter als das Vaterunser sind die Psalmgebete des Alten Testaments, die Christen und Juden gemeinsam haben. Die Psalmen umfassen Lob-, Dank- und Klagegebete, Gebete um Schutz, Bewahrung und Rettung, Buß- und Reuegebete, Lobpreis- und Segensgebete.
Zu „christlichen“ Gebeten werden die Psalmen, weil sie (wie bereits Luther betonte) die Gebete Christi sind. Zu den letzten Worte Jesu am Kreuz gehören z.B. Psalm 22,2 „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ und Psalm 31,6 „In deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Die Psalmen, aber auch alle anderen Gebete richten wir „durch Christus im Heiligen Geist an den Vater“. Christen beschließen die Psalmgebete daher bewusst mit dem Lobpreis „Ehre sei dem Vater und dem Sohne, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.“
Alle anderen Gebete, insbesondere im Gottesdienst, enden mit dem Satz „[Das bitten wir] durch Christus, unseren Herrn.“ Damit berufen wir uns auf Christus, der (Joh 14,13) verheißen hat: „Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn.“
Für den Gebrauch in den Gottesdiensten geben die → Agenden mit oft sehr alten aber auch neueren und neuen formulierten Gebeten Pastoren und Gemeindegliedern eine „Sprachlehre“ an die Hand: Diese Gebete sind oft von Generationen von Christen erprobt und bewährt und bewahren Liturgen und Gemeinden vor redundanten, routinierten „freien Gebeten“, die nicht selten Eigenheiten und Eitelkeiten des Vorbeters unangemessen in den Vordergrund rücken.
Grundsätzlich gibt es jedoch für die Art und Weise des Gebets eines Christen keine „Vorschriften“. Im persönlichen Gebet oder im vertrauten Kreis ist das freie Gebet durchaus angemessen, ja selbstverständlich. Manchem hilft es, z.B. mit einem Gebetbuch seine tägliche „Stille Zeit“ zu halten und lässt sich durch die dort abgedruckten Gebete zu eigenem, freiem Weiterbeten inspirieren.
Die luth. Kirche kennt und praktiziert auch das sog. Stundengebet, also die kurzen Gebetsgottesdienste, die ursprünglich den klösterlichen Alltag der Mönchen und Nonnen prägten (und bis heute prägen). Die bekanntesten Stundengebete, die auch in der luth. Kirche von Einzelnen wie von Gruppen (bei Freizeiten, Rüstzeiten, Konventen usw.) und Kirchgemeinden verwendet werden, sind die Mette (Matutin/Morgengebet), die Vesper (Abendgebet) und die Complet (Nachtgebet).
Gerade in geistlichen Durst- und Dürrephasen sind solche, durch liturgisches Gebet strukturierte und geregelte Gebetszeiten vielen eine Hilfe, das Gespräch mit Gott nicht abreißen zu lassen.


Geist
→ Heiliger Geist


Geld
Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche und viele ihrer → Gemeinden sind → Körperschaften des öffentlichen Rechtes wie auch z.B. die Evangelische Kirche oder die Römisch-katholische Kirche in Deutschland. Auf die damit verbundene Möglichkeit, Kirchensteuern über das Lohnsteuerabzugsverfahren durch die staatlichen Finanzämter einziehen zu lassen verzichtet die SELK jedoch. Statt dessen finanziert sie sich durch Kirchenbeiträge, Spenden und Kollekten selbst.
Kirchenbeiträge
Kirchenbeiträge sind von den Gemeindegliedern direkt an die Kirchengemeinde zu entrichten. Jede Gemeinde überweist eine sogenannte Umlage an die Allgemeine Kirchenkasse, aus der vor allem die → Pfarrgehälter bezahlt werden, die gesamtkirchlich einheitlich sind und nicht von der Größe oder Zahlungskraft einer Ortsgemeinde abhängen. Das sichert den Pfarrern die nötige Unabhängigkeit im Verkündigungsdienst. In den Gemeindeordnungen heißt es in § 5,3:
„Die Glieder der Gemeinde sind nach Gottes Wort verpflichtet, zur Erfüllung der kirchlichen und gemeindlichen Aufgaben mit Beiträgen, Spenden und Kollekten in angemessener Höhe beizutragen.“
Höhe des Kirchenbeitrags und Steuerabzugsfähigkeit
In der SELK wird kein allgemeingültiger Richtwert vorgegeben. Die Gemeinden handhaben die Bereitstellung von Hinweisen zur eigenen Beitragsberechnung unterschiedlich. Die Kirchenbeiträge sind steuerlich genauso absetzbar wie Kirchensteuern oder Spenden für kirchliche Zwecke. Jährlich werden darüber Spendenquittungen zur Vorlage beim Finanzamt ausgestellt.
Allgemeine Kirchenkasse und Kirchenverwaltung
Der Hauptanteil der Umlagesummen an die Allgemeine Kirchenkasse wird für die Besoldung der Pfarrer benötigt. Daraus werden auch die Zuschüsse für kirchliche Werke, vor allem die Lutherische Theologische Hochschule in Oberursel finanziert. Ein verschwindend geringer Bruchteil wird für die gesamtkirchliche Verwaltung benötigt. Im Unterschied zu den Großkirchen kommt die SELK mit einer Kirchenkanzlei in einem Einfamilienhaus und einer Handvoll Angestellten aus. Die Lutherische Kirchenmission, die Medienmission „Lutherische Stunde“ und die diakonischen Einrichtungen der SELK finanzieren sich weitgehend unabhängig von der Allgemeinen Kirchenkasse durch Spenden.
Die Besoldung der Pfarrer
In der SELK legen wir Wert darauf, dass die Pfarrer in der Verkündigung von Gesetz und Evangelium unabhängig sind. Das heißt: 1. Unabhängig vom Staat und seiner jeweiligen Einstellung zu Kirche und Glaube und 2. unabhängig von ihren Gemeinden, dort vorherrschenden Tendenzen und Mehrheiten. Darum verzichtet die SELK weitestgehend auf jegliche staatlichen finanziellen Zuschüsse und etwa auch auf die ihr zustehende Möglichkeit des Einzugs von Kirchensteuern über die Finanzämter. Sie kennt aber auch keine Direktbesoldung der Pfarrer durch die Einzelgemeinde (wie z.B. in den meisten Freikirchen), sondern besoldet alle Pfarrer über ein Umlagesystem aus der Allgemeinen Kirchenkasse. Die Gehälter der Pfarrer orientieren sich zwar am öffentlich-rechtlichen Beamtenbesoldungssystem, liegen aber um etwa ein Drittel unter denen evangelischer oder römisch-katholischer Geistlicher. Je nach Finanzlage der Gesamtkirche können die Gehälter der Pfarrer sinken oder steigen.


Gemeindewechsel
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinden der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gliedern sich nicht nach dem Territorialprinzip, wie in der Regel die der Landeskirchen oder der römisch-katholischen Kirche. Vielmehr ist jede Kirchengemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherische Kirche eine „→ Personalgemeinde“, das heißt: Nicht durch Zuzug in eine Region, sondern durch Überweisung für Kirchglieder der SELK oder einer ihrer Schwesterkirchen oder Eintritt für Christen anderer Konfessionen wird man Mitglied einer Kirchengemeinde vor Ort.
Ich möchte die Gemeinde wechseln. Was muss ich tun?
Wenn Sie zu einer Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gehören und in eine andere Gemeinde wechseln möchten, wenden Sie sich bitte an Ihr bisher zuständiges evangelisch-lutherisches Pfarramt. Ihr Gemeindepfarrer wird Sie dann überweisen. Die Überweisung erfolgt unbürokratisch und problemlos.
Wie teuer ist die Überweisung?
Eine Überweisung ist kostenlos.
Ich gehöre zu einer anderen Konfession und möchte in eine Gemeinde der SELK wechseln.
Wenn Sie zu einer anderen christlichen Konfession gehören und in eine Kirchengemeinde der SELK wechseln möchten, dann müssen Sie zuvor Ihren Kirchenaustritt erklären.
In einigen Bundesländern besteht auch die Möglichkeit der kirchlichen Überweisung aus einer Kirchgemeinde einer lutherischen Landeskirche in eine Kirchgemeinde der SELK, ohne zuvor einen Kirchenaustritt bei einer staatl. Behörde erklärt zu haben. → Überweisungsvereinbarung


Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre
Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GER) wurde am 31.10.1999 in der evangelischen St. Anna-Kirche zu Augsburg von Kardinal Edward Idris Cassidy, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen als Vertreter der römisch-katholischen Kirche und Christian Krause, dem Präsidenten des Lutherischen Weltbunds (LWB) als Vertreter der im LWB zusammengeschlossenen lutherischen Kirchen unterzeichnet.
Unterzeichneter Bestandteil der GER ist sowohl eine „Gemeinsame Offizielle Feststellung“, als auch ein sog. Annex, ein ausführlicher erläuternder Anhang.
Am 23.7.2006 traten auch die Methodisten auf Weltebene der GER bei.
Das Dokument versteht sich nicht als neues Konvergenz- oder umfassendes Konsenspapier, sondern als Bündelung und Beschreibung der Ergebnisse von Konvergenz- und Dialogkommissionen zwischen LWB und Rom, die seit den 1970-er Jahren getagt und diverse Konvergenzpapiere vorgelegt hatten. (Z.B. „Lehrverurteilungen – kirchentrennend?“ ; 1986)
Die GER gliedert sich in fünf Hauptabteilungen:
1. Biblische Rechtfertigungsbotschaft
2. Die Rechtfertigungslehre als ökumenisches Problem
3. Das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung
4. Die Entfaltung des gemeinsamen Verständnisses der Rechtfertigung
5. Die Bedeutung und Tragweite des erreichten Konsenses
Der Anspruch der GER ist es, in der seit dem 16. Jhdt. kirchentrennenden Rechtfertigungslehre einen Grundkonsens zu beschreiben, der es LWB und Vatikan nun erlaube, ein gemeinsames Verständnis unserer Rechtfertigung durch Gottes Gnade im Glauben an Christus zu vertreten.
„Leuenberger Methodik“ liegt auch der GER zugrunde
Die dabei zugrunde gelegte Methode wird als „differenzierter Konsens“ und entspricht der Vorgehensweise, die auch bei der → „Leuenberger Konkordie“ von 1973 angewendet wurde.
Im Wesentlichen wird hierbei angenommen und vorausgesetzt, dass es einen identifizierbaren „Grund“ und einen „Ausdruck“ bzw. eine „Gestalt des Evangeliums“ gebe, die voneinander zu unterscheiden seien.
Zur Gestalt bzw. zum Ausdruck des Evangeliums (Glaubens) gehören danach auch die überlieferten kirchlichen Bekenntnisse, Dogmen und Lehraussagen in ihrer jeweiligen Wortgestalt. Unterschiede und auch Widersprüche zwischen den unterschiedlichen konfessionellen Ausdrücken des Evangeliums seien aber dann nicht kirchentrennend, wenn man sich im „Grund des Evangeliums“ einig sei.
Praktisch werden dabei in einem ersten Schritt von wie konfessionsverschiedenen Dialogpartnern Lehraussagen in ihrer je eigenen, überlieferten Begrifflichkeit formuliert. In einem zweiten Schritt wird beschrieben, was man unabhängig von diesen dogmatischen Formulierungen in der betreffenden Lehraussage gemeinsam sagen könne. In einem Schritt wird festgestellt, dass man sich daher „im Grund“ einig sei, die bisherigen Definitionen in den jeweiligen Kirchen jedoch weiterhin Bekenntnisgeltung behielten, allerdings die Lehrverurteilungen (des 16. Jahrhunderts, etwa im Augsburger Bekenntnis oder den Beschlüssen des Trienter Konzils) „die Gegner von damals“ nicht mehr träfen.
Im Blick auf die Frage nach der Mitwirkung, der Beteiligung des Menschen an seiner Rechtfertigung liest sich dies in der GER beispielsweise so:
„Wenn Katholiken sagen, dass der Mensch bei der Vorbereitung auf die Rechtfertigung und deren Annahme durch seine Zustimmung zu Gottes rechtfertigendem Handeln ‚mitwirke‘, so sehen sie in solch personaler Zustimmung selbst eine Wirkung der Gnade und kein Tun des Menschen aus eigenen Kräften.
Nach lutherischer Auffassung ist der Mensch unfähig, bei seiner Errettung mitzuwirken, weil er sich als Sünder aktiv Gott und seinem rettenden Handeln widersetzt. Lutheraner verneinen nicht, dass der Mensch das Wirken der Gnade ablehnen kann. Wenn sie betonen, dass der Mensch die Rechtfertigung nur empfangen kann (mere passive), so verneinen sie damit jede Möglichkeit eines eigenen Beitrags des Menschen zu seiner Rechtfertigung, nicht aber sein volles personales Beteiligtsein im Glauben, das vom Wort Gottes selbst gewirkt wird.“ (GER 4.1 [20].[21])
Wie ist die GER aus der Sicht der SELK zu beurteilen?
Selbst bei ausgesprochen wohlwollender Lesart bleibt es hier bei einem Rest, wie gering auch immer quantifizierter Beteiligung des sündigen Menschen vor seiner Rechtfertigung an seiner Rechtfertigung. Mit anderen Worten: Es bleibt ein, wie gering auch immer quantifizierter Rest an stellvertretender Genugtuung Jesu Christi am Kreuz, den der sündige Mensch aus eigener Kraft angeblich noch auszugleichen habe. Und sei es durch die „Entscheidung“ oder die „Zustimmung zum rettenden Glauben“, der dann eben nicht sola gratia, eben nicht mehr „mere passive“, also bloß passiv empfangenes Geschenk Gottes ist.
Für die römisch-katholische Kirche ist das mehr als akzeptabel. Für sie ist der Artikel von Rechtfertigung allerdings – im Unterschied zur (konkordien-)lutherischen Kirche – auch nicht der „Artikel, mit dem Kirche steht und fällt“. (Vgl. Luther: „Wenn dieser Artikel steht, steht die Kirche, fällt er, dann fällt die Kirche“; Weimaraner Ausgabe Band 39 I, 205)
Für die (konkordien-)lutherische Kirche jedoch fällt mit der GER dieser Artikel und damit die Gewissheit des von Christus sola gratia, allein aus Gnaden, ohne des Gesetzes Werke geschenkten Heils.
Insbesondere von (deutscher) evangelischer Seite sah sich die GER massiver Kritik ausgesetzt. So wandten sich etwa 200 deutsche evangelische Theologieprofessoren, u.a. auch der Tübinger Theologieprofessor Eberhard Jüngel, gegen eine Unterzeichnung der GER, weil sie „den lutherischen Gedanken verwässere.
Der Berliner ev. Theologe und Patristiker Prof. Ulrich Wickert mahnte gar: „Wer hier unterzeichnet, ist auf dem Weg katholisch zu werden.“ (Er meinte: römisch-katholisch.)
Die „Stellungnahme der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche zur ‚Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre‘“ (www.selk.de/download/gekrit.pdf) kommt zu dem Schluss:
„Die aufgezeigten Schwächen der GE[R] lassen nur den einen Schluss zu: Der in (Punkt 40 der GER; GK) behauptete ‚Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre‘ besteht nicht; vielmehr werden zumindest einige der hier vorgelegten Lehren der römisch-katholischen Kirche von den Verwerfungen im Bekenntnis der lutherischen Reformation nach wie vor getroffen. Die Katholizität des lutherischen Bekenntnisses erfordert jedoch die Abweisung von Positionen, die sich mit der Heiligen Schrift nicht vereinbaren lassen.“


Gesangbuch
Bücher, die (lateinische) Gesänge und liturgische Stücke für Chor oder Schola enthalten, also keine Choräle für den Gemeindegesang, sind in der römischen Westkirche seit dem Mittelalter bekannt.
Zu den ersten vorreformatorischen Gemeindegesangbüchern in der Volkssprache gehört das Prager Gesangbuch von 1501 in tschechischer Sprache. Der zu den Böhmischen Brüdern gehörende Michael Weiße gab 1531 eine deutsche Fassung davon heraus. (Druck in Jungbunzlau)
Im Zuge der Reformation, für die das Kirchenlied, als Lehr-, Bekenntnis-, Lob- und Glaubensgesang eine besondere Rolle spielte, erschien 1524 das sog. Achtliederbuch Martin Luthers. Ebenfalls 1524 gab Luthers Mitarbeiter Johann Walter das Geistliche Chorgesangbüchlein heraus, ein vierstimmiges Gesangbuch mit Tenorliedern.
Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) führte 2021 ihr Evangelisch-Lutherisches Kirchengesangbuch (ELKG²) ein, das seinem namensgleichen Vorgänger, das seit 1987 in mehreren Auflagen erschienen war, folgte. Das ELKG² ist im Verlag der Deutschen Bibelgesellschaft (Stuttgart) erschienen und seinem Ansatz nach ein Lebensbuch, das neben Liedern und Liturgien beispielsweise auch ausführliche Hinweise zu kirchlichen Handlungen sowie Gebets- und Bekenntnisteile enthält.


Glaube
Der deutsche Begriff ‚Glaube, glauben‘ ist sprachlich verwandt mit ‚geloben“ im Sinne von ‚sich jemandem (in Vertrauen und Gehorsam) angeloben und mit ‚loben‘.
Der hebräische Begriff אמונה [ämunah] bedeutet so viel wie ‚Treue, Verlässlichkeit, Vertrauensgrund].
Der griech. Begriff. πίστις [pistis] meint ‚Glaube, Vertrauen, Überzeugung, Treue‘.
Lat. fides.
Anders als im alltäglichen Sprachgebrauch bezeichnet „Glaube, glauben“ in der Hl. Schrift nicht den Unterschied oder gar das Gegenteil zu „Wissen, wissen“ im Sinne von „ungesicherte, unbewiesene Möglichkeit, zweifelnde Ungewissheit“: Hebr 11, 1: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“
‚G., g.‘ im biblischen Sinne ist aber auch nicht nur das subjektive oder objektive Fürwahr halten eines Glaubensinhaltes. Hierzu heißt es im Jakobusbrief (2, 19): „Du glaubst, dass nur einer Gott ist? Du tust recht daran; die Teufel glauben's auch und zittern.“
Der Glaube ist nach lutherischem Verständnis insbesondere der rechtfertigende Glaube (lat. fides salvifica), der –und nicht etwa die guten Werke, die „Entscheidung für Christus“ (auch nur eine Form der sog. guten Werke) oder besondere Leistungen der Nächstenliebe und Frömmigkeit- einzig entscheidend für die Rettung und Erlösung, das Heil eines Menschen ist.
Dieser G. ist ganz und gar Gnade Gottes, Geschenk Gottes. Von Gott durch sein Wort und Sakrament gewirkt. Ohne jedes Zutun des Menschen, der sich, wenn ihm der G. von Gott geschenkt wurde, freilich dieses G.s dankbar bewusst werden kann.
Eine der wesentlichen biblisch-geistlichen Einsichten Luther war es, dass der Glaube allein rettet und den Menschen vor Gott rechtfertigt.
Die klassische altlutherische → Dogmatik unterscheidet drei Bestandteile des G.s:
1. Die notitia (lat. Kenntnisnahme): Besagt eine wirkliche (nicht bloß eingebildete) Kenntnis von Christus und dem, was er getan hat. Also die Kenntnis von Christus, der am Kreuz für unsere Sünden gestorben ist, der auferstanden ist, der den Apostel als Auferstandener erschienen ist usw., so wie es das Apostolische Glaubensbekenntnis bezeugt.
2. Der assensus (lat. Zustimmung): Meint den Glauben an die geschichtliche Wahrheit der Person und des Werkes Jesus Christi und die innere Anerkennung, dass die Vergebung der Sünde durch die Person des gekreuzigten und auferstandenen Christus als die für das Individuum (den Einzelnen) geltende Verheißung und unerlässliche Bedingung des (ewigen) Lebens ist.
3. Die fiducia (lat. etwa: ‚Vertrauen‘): Die fiducia ist der eigentliche rechtfertigende Glaube, dessen (allerdings notwendige) Vorstufen notitia und assensus sind. Fiducia meint volles Vertrauen, volle Zuversicht, volle Annahme, volle Hingebung, mit der ich Christus selbst und durch ihn alles, was er gibt, also Vergebung der Sünden, Kraft zum seligen, gottgefälligen Leben, ergreife und gewissermaßen „in mein Ich hineinziehe“, Christus dagegen mein Ich überlasse, damit er es durchdringe.
Der G. ist das sog. organon leptikon, das Greiforgan für alles, was Christus für mich erworben hat: Vergebung der Sünden, Leben, Seligkeit.
Der rettende, rechtfertigende, seligmachende Glaube ist Geschenk und Gabe des Heiligen Geistes.
In seiner Auslegung des 3. Artikels des Apostolischen Glaubensbekenntnisses im Kleinen Katechismus sagt Martin Luther über den H.G.: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet.“


Glaubensbekenntnis
→ Credo


Gnade
→ Rechtfertigung
Lat. gratia, griech. caris [charis].
Der eingedeutschte lateinische Begriff ‘gratis’, abgeleitet von lat. gratia=Gnade zeigt an: Die Gnade Gottes ist ein Geschenk. Geschenke erhält man ‚gratis‘, umsonst, ohne Gegenleistung, ohne Vorleistung.
Der griech. Begriff für ‚umsonst‘ (=δωρεάν, [dorean]) wird mit Charis, Gnade im NT synonym gebraucht.
Nach biblisch-lutherischem Verständnis ist die Gnade Gottes sowohl eine „Herzenshaltung“, ein „Affekt“ Gottes (Liebe, Barmherzigkeit, Mitleidigkeit) als auch eine Gabe, ein „Effekt“: Vergebung, Versöhnung, Gotteskindschaft, Erlösung, Rechtfertigung.
Die Rechtfertigung des Menschen, das ist eine der Grunderkenntnisse der luth. Reformation, erfolgt durch Gott selbst und durch Gott allein „allein aus Gnade“ (sola gratia). Also ohne Zutun, Vorleistung, Mitwirkung von Seiten des Menschen.
Dennoch ist die Gnade Gottes nicht unwiderstehlich und wirkt in jedem Menschen zwangsläufig und automatisch auch gegen dessen entschiedenen Widerstand den rechtfertigenden Glauben. Der Mensch kann sich auch nach dem Sündenfall der Gnade Gottes verschließen, sie zurückweisen und ablehnen.
Die Mittel, wodurch Gott den Menschen seine Gnade zuwendet, sind sein Wort und seine Sakramente (Taufe, Abendmahl, Beichte), deren „Wirkkraft“ wiederum in Gottes Wort besteht. (Gnadenmittel genannt)
Alle theologischen Versuche, das sola gratia, also die Alleinwirksamkeit und Alleinursächlichkeit der Gnade Gottes durch ein menschliches Mitwirkungselement zu relativieren, verdunkeln Gottes Gnade und das Evangelium von der Gnade Gottes.


Gott
→ Dreieinigkeit → Christus
Kein Mensch kann aus sich heraus wissen oder mit Hilfe seines Verstandes erkennen, wer Gott ist oder wie Gott ist.
DASS ein Gott ist, ahnen viele Menschen und projizieren ihre Wünsche, Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen auf dieses „Etwas“, dem sie Titel wie „Höheres oder Höchstes Wesen“, „Unbewegter Beweger“, „Urkraft“, „Höchste Intelligenz“ usw.
Menschen, die solche Gottes-Bilder vertreten, leiten dies aus ihrer durchaus staunenden Wahrnehmung ab, dass das Universum mit all seinen Naturgesetzmäßigkeiten nicht einfach nur ein Produkt des Zufalls sein könne.
Auch wenn sie „es“ meist nicht so nennen: Dahinter steht die Ahnung, dass es so etwas wie einen Schöpfer alles Geschaffenen geben muss.
In ganz ähnlicher Weise haben sich Menschen immer schon aus der Anschauung der Natur Bilder von Gott und Göttern gemacht. Nicht nur ideelle, geistige, sondern auch ganz konkrete aus Holz, Stein oder anderen Materialien, die die Gottheit(en) darstellten, deren Urbilder man z.B. häufig auch in den Himmelskörpern (Sonne, Mond und Sternen) zu finden meinte.
Die Bibel bezeugt dagegen: Gott hat sich (von sich aus) den Menschen offenbart als der eine, einzige, wahre und lebendige Gott und Herr.
Zuerst geschah diese Selbstoffenbarung gegenüber dem Volk Israel, das sich Gott als „Dialogpartner“ aus allen anderen Völkern auserwählt hat.
Anders als die „stummen Götzen“ redet Gott und schweigt nicht.
Zunächst zu Mose auf dem Berg Horeb, verhüllt in einem brennenden Dornbusch. Der ewige Gott stellt sich hier den Mensch mit Namen vor, als Mose ihn danach fragt: „Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt. Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der HERR [JHWH], der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht. (2 Mose 3, 13-15)
Die Preisgabe des eigenen Namens, das gilt bis heute, ist immer auch ein Stück Preisgabe seiner selbst. Gott gibt sich damit gewissermaßen in die Hand der Menschen, macht sich greifbar und angreifbar.
Gott setzt am Horeb ein Vorzeichen, das als Zeichen des Kreuzes identifizierbar wird. Der Höchste macht sich niedrig. Bereits ganz zu Anfang.
In der Fortsetzung der Geschichte wird deutlich, dass dieser Gott nicht nur redet, sondern auch handelt. Und zwar zuerst als Befreier, Retter und Erlöser seines in Ägypten geknechteten Volkes.
Als der in seinem Volk gegenwärtige Gott führt er es aus der Knechtschaft in die Freiheit des gelobten Landes, aus der Fremde in die Heimat.
Der Schöpfer ist auch der Erlöser. Der Allmächtige ist auch der Gnädige und Barmherzige, der sein Volk liebt und es aus Liebe befreit und in seinem Wort, seiner heilsamen Weisung, die er Israel in Form der Zehn Gebote anvertraut, gegenwärtig ist und treu bleibt.
Als der stellt sich Gott auch vor, als er Mose die Zehn Gebote übergibt: „Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.“ (2 Mose 20, 2)
Und der ist wiederum derselbe, der bereits zur Zeit des Alten Bundes die endzeitliche Ausgießung des Heiligen Geistes als Geist der Wahrheit, der Erkenntnis und der Erneuerung verheißt: „Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch“. (Joel 3,1)
Insbesondere lässt Gott im Alten Testament vielfach die Sendung des endzeitlichen Messias, des Gesalbten (griech. Christos) durch Weissagungen ankündigen:
Zum Beispiel: Jes 8,23 ; Jes 9,1-6 ; Jes 11,1-10; Mi 5,1-5; Hos 2,2f ; Jer 23,5f ; Hes 34,23f ; Hes 37,22ff ; Hag 2,22f ; Sach 3,8ff; Sach 6,12 ; Sach 9,9f .
Aus der Glaubensperspektive der Kirche mündet und gipfelt die Selbstoffenbarung des biblischen Gottes in seiner Menschwerdung, in der Person Jesu Christi. In ihm sind alle Verheißungen Gottes erfüllt: „Der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt ist, (…)der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. Denn alle Gottesverheißungen sind Ja in ihm und sind Amen in ihm, Gott zu Lobe durch uns. (1 Kor 1, 19-20)
(vgl. → Dreieinigkeit)
Der Gott der Bibel (1) gibt sich den Menschen auf Augenhöhe zu erkennen, (2) spricht zu seinem Volk (3) gibt sich preis (von der Namensoffenbarung bis zum Kreuz), (4) ist der in seinem Volk treu und zuverlässig Gegenwärtige, (5) der Heilsbringer, (6) die Wahrheit, (7) die Liebe, (8) der Richter, (9) der Vollender.


Gottesdienst
Das Wesen des Gottesdienstes
Gottesdienst ist eigentlich viel umfassender als das, was in der gottesdienstlichen Versammlung einer Gemeinde geschieht. Das ganze Leben der Getauften ist Gottesdienst. Wie Gott diesen umfassenden Dienst als Ausdruck des Priestertums der Gläubigen von uns haben will, so will er auch den Gottesdienst als Feier, als Anbetung und Lob. Er lässt es sich gefallen, dass wir unvollkommenen Menschen ihm dienen.
In der gottesdienstlichen Versammlung einer Gemeinde ist der Herr nach seiner Verheißung in Wort und Sakrament gegenwärtig. Der Gottesdienst hat wie eine Ellipse zwei Brennpunkte: Wortverkündigung und heiliges Abendmahl. „Eröffnung und Anrufung", „Verkündigung und Bekenntnis", „Feier des heiligen Abendmahls" und „Entlassung und Segen" könnte man seine einzelnen Teile überschreiben.
Dieser liturgische, d.h. nach fester Ordnung vollzogene Gottesdienst bestimmt das Leben der Einzelgemeinde. Das hat die Kirche von der Urchristenheit gelernt: Der Gottesdienst der versammelten Gemeinde trägt das übrige Gemeindeleben und bestimmt das Alltagsleben des Christen. Er ist das Kraftzentrum einer Gemeinde. Alle Bemühungen um ihn gehören genauso zu den wesentlichen Aufgaben einer Gemeinde wie die um Mission und Diakonie.
Die grundlegenden Elemente des Gottesdienstes
Die Gestalt des Gottesdienstes ist durch die Jahrhunderte gewachsen. „Apostellehre, Gemeinschaft, Brotbrechen und Gebet' (Apostelgeschichte 2,42) sind ihre ursprünglichen Elemente aus der apostolischen Zeit. Später kamen bestimmte Lobpreisungen, Gebete und Bekenntnisse aus der Bibel hinzu. Der heutige sogenannte Hauptgottesdienst der lutherischen Kirche geht in fast allen seinen Teilen nach Inhalt und Form auf die Heilige Schrift zurück. So stellt er uns hinein in den Gottesdienst, den die Kirche zu allen Zeiten gefeiert hat, ja er verbindet uns sogar mit dem Gottesdienst des alttestamentlichen Gottesvolkes. Er lässt uns heute schon einstimmen in den Lobpreis aller Vollendeten im Himmel. Jeder christliche Gottesdienst ist ein Gottesdienst der einen, heiligen, christlichen und apostolischen Kirche.
Lobpreis und Gebete
Der erste Teil des Hauptgottesdienstes ist Lobpreis und Gebet. Aber auch im folgenden Wort­teil und im Abendmahlsteil betet, dankt, lobt und bekennt die versammelte Gemeinde.
Wie im Gespräch zwei Partner wechselseitig reden und einander zuhören, so lebt auch der Gottes­dienst davon, dass der Herr und die Gemeinde miteinander sprechen, wechselseitig geben und nehmen. Wenn sich die Gemeinde in Lobpreisun­gen, Bitten, Liedern und Bekenntnissen an ihren Herrn wendet, hört ER gewiss zu. „Er hat uns geboten zu beten und verheißen, dass er uns will erhören" (Luther im Kleinen Katechismus). Viele Gebetsrufe und Lobpreisungen des Gottesdien­stes sind gebetetes Bibelwort; Bibel und Gottesdienstliturgie gehören zusammen.
Wortverkündigung
In den Lesungen und der Predigt redet der auferstandene Herr Christus zu seiner Gemeinde. Die Lesungen sind bestimmte, dem jeweiligen Sonn- oder Festtag zugeordnete Abschnitte der Heiligen Schrift. Die „Epistel" ist eine Lesung aus den Briefen der Apostel, das „Evangelium" eine Lesung aus den neutestamentlichen Evangelien, der Zusammenstellung der Worte und Taten Christi. Während die Lesungen zur Quelle der Verkündigung zurückführen, legt die Predigt das göttliche Gesetz und die Botschaft von unserem Heil in Jesus Christus aus und bezieht sie auf die heutige Gemeinde. Wo das Wort Gottes lauter und rein gepredigt und die Sakramente gemäß der Einsetzung des Herrn Christus verwaltet werden (vgl. Augsburgische Konfession, Artikel VII), dort kann man die eine, heilige, christliche und apostolische Kirche erkennen.
Heiliges Abendmahl
Wer den Hauptgottesdienst miterlebt, kann erfahren, wie von den Lobpreisungen am Anfang über Lesungen, Predigt und Fürbittengebet alles auf die Feier des heiligen Abendmahls zuläuft. Hier schenkt der Herr seinen Leib und sein Blut den Seinen, um sie aufs engste mit sich zu verbinden. Wenn Brot und Wein mit den Einsetzungsworten Christi gesegnet sind, sind sie Träger seines Leibes und Blutes (der Pfarrer ist dabei nur Mund und Handlanger des Herrn). Wer Leib und Blut Christi gläubig empfängt, dem wird dadurch Vergebung der Sünde und Anteil am Leben des Auferstandenen, Heil und Seligkeit geschenkt. Denn Christus sagt: „Das ist mein Leib, für euch gegeben; das ist mein Blut, für euch vergossen zur Vergebung der Sünden.“
Ist die Gabe so groß und kostbar, dann tragen alle, die sie austeilen und empfangen, große Verantwortung. Der Christ soll möglichst oft, aber nie leichtfertig oder unwissend das Heilige Abendmahl empfangen. Jedes Mal, wenn es gefeiert wird, ist er eingeladen. Wenn er’s gläubig empfängt, wächst er immer tiefer in das Geheimnis dieser großen Gnadengabe Christi hinein.
Wenn aber die Einheit in Lehre und Bekenntnis nicht oder nicht mehr vorhanden ist und die Überzeugung fehlt, dass jeder Teilnehmer am Abendmahl tatsächlich den wahren Leib und das wahre Blut Christi zur Vergebung der Sünden empfängt, dann ist auch die Voraussetzung für gemeinsame Teilhabe an diesem Sakrament nicht mehr gegeben. Das kann zu schmerzlichen Trennungen nötigen.
Die SELK respektiert anders lautende Überzeugungen, erwartet aber gleichen Respekt für das, was sie lehrt und bekennt. Gemeinschaft am Altar findet dort ihre Grenze, wo gemeinsames Bekennen nicht möglich ist.
So hat die SELK keine Abendmahlsgemeinschaft mit den orthodoxen Kirchen des Ostens, der römisch-katholischen Kirche, den Kirchen der reformierten Tradition Zwinglis und Calvins, den unierten Kirchen und auch denjenigen lutherischen Kirchen, die wesentliche Lehren der lutherischen Bekenntnisse praktisch aufgegeben haben.
Wo es ortsüblich ist, sollten sich die Kommunikanten vor dem Abendmahlsgang (meist in der Sakristei vor dem Gottesdienst) anmelden, um dem Pfarrer Gelegenheit zu einem seelsorglichen Gespräch zu geben und ihm einen Überblick über die Zahl der Abendmahlsgäste zu ermöglichen.
Gemeinschaft
Wie die Empfänger des Abendmahls durch Christi Leib und Blut in enge Gemeinschaft mit Christus eintreten, so werden sie auch untereinander verbunden zu einer heiligen Gemeinschaft. Der ganze Gottesdienst ist ein gemeinschaftliches Tun. Gemeinsam wird gebetet, gesungen, gelobt und bekannt, gehört und empfangen. Der auferstandene Christus handelt an seiner Gemeinde und dadurch auch am Einzelnen. Recht verstanden lässt sich der einzelne Christ durch den Gottesdienst einbinden in die Gemeinschaft der Gläubigen. Er bleibt über den Gottesdienst hinaus in seinem Leben und Leiden auf die Gemeinde angewiesen und die Gemeinde auf ihn.
Jeder Gottesdienst ein Fest
Es ist etwas Großes, wenn wir wagen, vor den lebendigen Gott hinzutreten. Ein Gottesdienst ist ein Fest, das wir mit hoher Ehrfurcht begehen. Er darf auch festlichen Glanz ausstrahlen. Für den Gottesdienst sollte immer das Beste gerade gut genug sein: von den Gotteshäusern angefangen bis hin zu Musik, Farben, Gewändern, Gebärden und jeglichem gottesdienstlichen Verhalten. Alles dient dem Lobpreis Gottes.
Auferstehung Christi und der Sonntag
Der Gottesdienst gründet in der Auferstehung Jesu Christi. Weil er auferstanden ist, treten wir in seinem Namen und in seiner Mittlerschaft vor den Vater im Himmel. Ohne die Gewissheit der Auferstehung verlöre das heilige Abendmahl seine Substanz und Wirkung und die Predigt alle innere Kraft.
Alles, was im Gottesdienst geschieht, beruht auf dem Ostersieg des Herrn. Darum feiert die Christenheit nicht mehr den Sabbat, sondern den Tag der Auferstehung des Herrn, den Sonntag. Jeder Sonntag ist ein kleines Osterfest, Anfang einer neuen Schöpfung, deren Vollendung wir entgegengehen.
Gedenktage
Weil Christus die Apostel und Evangelisten, Märtyrer und Kirchenväter zu Werkzeugen beim Bau seiner Gemeinde gemacht hat, hält die Kirche ihr Gedächtnis durch Gedenktage lebendig. Gleicherweise preist die lutherische Kirche das Gnadenhandeln Gottes, durch das er seine Kirche erneuerte, an den Gedenktagen der Reformation und des Augsburgischen Bekenntnisses.
Gottesdienstformen
Neben dem Hauptgottesdienst mit Predigt und heiligem Abendmahl, der sog. lutherischen Messe, gibt es noch andere Gottesdienstformen. Es sind dies Predigtgottesdienste; ferner gibt es Tageszeitengottesdienste (z. B. Mette und Vesper), die dem Gebet und der Schriftbetrachtung dienen, Beicht- und besondere Bußgottesdienste sowie Gottesdienste zur Taufe, Trauung und Beerdigung. Besonders festlich ist die Feier der Osternacht.
Gottesdienstlicher Raum
An sich kann Gottesdienst in jedem Raum oder unter freiem Himmel gefeiert werden. Aber weil im Gottesdienst der heilige Gott zu seiner Gemeinde kommt, haben die Christen seit alters Kirchengebäude errichtet, die ausschließlich dem Gottesdienst vorbehalten sind, ihn „umschließen".
In einer lutherischen Kirche ist alles ausgerichtet auf den Altar, an dem Christus die Gemeinde mit seinem Leib und Blut speist und tränkt. Der Altar ist darum mit Kruzifix, Kerzen und Blumen als hinweisenden Zeichen geschmückt. Neben dem Altar haben Taufstein und Kanzel eine hervorgehobene Stellung. Am Taufstein wird der Mensch hineingenommen in das Reich Gottes, von der Kanzel wird das Wort Gottes verkündigt. Ausführung und Gestaltung des gottesdienstlichen Raumes lassen etwas von der Hochschätzung des gottesdienstlichen Geschehens erkennen.
Gottesdienstliche Bücher
Die Ordnung des lutherischen Hauptgottesdienstes finden wir in der „Agende“; sie liegt auf dem Altar. Aus dem „Lektionar" auf dem Lesepult werden die gottesdienstlichen Schriftabschnitte verlesen. Auf der Kanzel liegt eine Bibel für die Predigt. In der Hand der Gemeinde ist das „Evangelisch-Lutherische Kirchengesangbuch".
Lektionar und Bibel hat die SELK gemeinsam mit den Landeskirchen; Agende und Gesangbuch hat sie selbst herausgegeben.
Liturg und Gemeinde haben sich an die vorgegebene Gottesdienstordnung zu halten.
Gottesdienst und Bilder
Bilderfeindlich ist die lutherische Kirche nie gewesen. Denn Gott selbst hat sich in der menschlichen Gestalt seines Sohnes anschaubar gemacht. Das Bild des gekreuzigten Heilands gehört deshalb in den Gottesdienst. Darstellungen vom Heilsgeschehen, das die Heilige Schrift bezeugt, in Altarbildern, Glasfenstern, Wandgemälden, Skulpturen oder Symbolen wollen Hilfen zum Glauben sein und bildhaft einprägen, was Gott für uns getan hat.
Gottesdienst und Musik
Die lutherische Kirche ist eine singende Kirche. Ihre Heilsgewissheit drängt sie zum gesungenen Lob und Dank, zum fröhlichen Verkündigungs- und Bekenntnislied. Im wechselseitigen Psalmengesang, den sie mit der Urkirche von der alttestamentlichen Gemeinde übernommen hat, betet sie zu Gott. In Trostliedern hilft sie dem einzelnen in Leid und Not. In altehrwürdigen liturgischen Gesängen wendet sie sich anbetend dem Dreieinigen Gott zu.
Das Lied der Kirche wird unterstützt durch Orgel-, Posaunen- und andere Instrumentalmusik. Bibelwort und Lied erklingen auch im mehrstimmigen kunstvollen Chorgesang. Alle gottesdienstliche Musik soll Dienerin des Evangeliums sein. So singt die lutherische Kirche das Heil in die Herzen und hinaus in die Welt.
Liturgische Farben
Altar, Lesepult und Kanzel tragen Stoffbehänge in bestimmten Farben. Diese liturgischen Farben bezeichnen die Kirchenjahreszeit und den Charakter des Gottesdienstes.
Weiß ist die Farbe des Lichtes und der Reinheit. Es ist die Farbe aller Christusfeste und der dazu gehörigen Festzeiten.
Rot ist die Farbe des Feuers und des Blutes. Es erinnert an das Feuer des Heiligen Geistes und an das Blut, das die Märtyrer vergossen haben. Pfingsten und alle Gedenktage der Kirche tragen Rot.
Grün ist die Farbe des Lebens und der wachsenden Saat. Wie die Saat auf den Feldern soll die Frucht von Wort und Sakrament als Glauben, Liebe und Hoffnung bei uns heranwachsen. Grün ist die Farbe der ungeprägten Zeiten des Kirchenjahres.
Violett ist die Farbe der Buße und Einkehr. Es ist Kennzeichen der Advents- und der vorösterlichen Fastenzeit sowie der kirchlichen Bußtage.
Gottesdienstliche Kleidung
Die besondere liturgische Kleidung des Pfarrers im Gottesdienst der lutherischen Kirche ist ein Zeichen dafür, dass er seine Person dem Auftrag Christi unterordnet. Häufig ist in Deutschland noch der schwarze Talar anzutreffen. Aber dem vom Evangelium geprägten, festlichen Charakter des Gottesdienstes entspricht eher das weiße Gewand mit der Stola in den liturgischen Farben. Die Stola, ein über die Schultern gelegtes Stoffband, das an das Joch Christi erinnern soll, ist von alters her das Zeichen des ordinierten Pfarrers. Auch die anderen Helfer im Gottesdienst können liturgische Gewandung tragen.
Gottesdienstliche Gebärden
Wer mit dem Herzen dabei ist, wenn die Gemeinde hört, lobt und anbetet, der passt sich dem auch körperlich an. Zur Sammlung faltet er die Hände. Um seine Ehrfurcht vor Gott auszudrücken, neigt er das Haupt. In Demut kniet er nieder, wenn er das heilige Abendmahl empfängt oder die Lossprechung in der Beichte. In Aufmerksamkeit erhebt er sich, wenn das Wort Gottes gelesen wird oder die Gemeinde ihren Glauben bekennt. Sinnfällig unterstellt er sich dem Heilshandeln Christi, indem er sich bekreuzigt. Segnende Gebärden des Pfarrers sind Handauflegung und „Kreuzschlagen".
Liturgie – gebeteter Glaube
Der lutherische Gottesdienst lebt davon, dass Gott den Sünder aus Gnaden um Christi willen annimmt. Diese „rechtfertigende Gnade" wird im Wort und Sakrament angeboten und ausgeteilt. Der Heilige Geist entfacht dadurch im Einzelnen Glauben und Gotteslob. Liturgie ist gebeteter Glaube und gebetete Lehre. Die Freude am Evangelium schafft sich vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten.


Grundordnung der SELK
Die G. ist die kirchliche Verfassung der SELK, in der Selbstverständnis, Bekenntnisstand und die wesentlichen kirchl. Ämter und Strukturen (Bischof, Kirchenleitung, Pfarrkonvente, Synoden) geregelt sind.
Grundordnungsartikel können durch die Kirchensynode nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden. Eine Veränderung des Bekenntnisstandes ist ausgeschlossen. G.änderungen, die gegen Schrift und Bekenntnis verstießen, wären ungültig.
Die Grundartikel der G. der SELK lauten:
I. Grundartikel
Artikel 1 Selbstverständnis und Bekenntnisstand
(1) Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche steht in der Einheit der heiligen, christlichen und apostolischen Kirche, die überall da ist, wo das Wort Gottes rein gepredigt wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi verwaltet werden. Sie bezeugt Jesus Christus als den alleinigen Herrn der Kirche und verkündigt ihn als den Heiland der Welt.
(2) Sie ist gebunden an die Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments als an das unfehlbare Wort Gottes, nach dem alle Lehren und Lehrer der Kirche beurteilt werden sollen. Sie bindet sich daher an die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, weil in ihnen die schriftgemäße Lehre bezeugt ist, nämlich an die drei ökumenischen Symbole (das Apostolische, das Nicänische und das Athanasianische Bekenntnis), an die ungeänderte Augsburgische Konfession und ihre Apologie, die Schmalkaldischen Artikel, den Kleinen und Großen Katechismus Luthers und die Konkordienformel.
Artikel 2 Kirchengemeinschaft
(1) Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche pflegt Kirchengemeinschaft mit allen Kirchen, die Lehre und Handeln in gleicher Weise an die Heilige Schrift und das lutherische Bekenntnis binden.
(2) Sie verwirft die der Heiligen Schrift und den lutherischen Bekenntnissen widersprechenden Lehren und ihre Duldung sowie jede Union, die gegen Schrift und Bekenntnis verstößt.
(3) Sie weiß sich darin einig mit der rechtgläubigen Kirche aller Zeiten.

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