Angedacht!
„Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund und Frühregen hüllt es in Segen.“
Psalm 84,7Liebe Leserinnen und Leser,
wer auch immer den 84. Psalm ursprünglich gebetet haben mag, er hatte jedenfalls große Erwartungen an Gott. Man kann annehmen, dass es sich vielleicht um ein Wallfahrtslied gehandelt hat, das auf dem Weg nach Jerusalem gesungen wurde. Dann hat es vielleicht die Erwartungen der Pilger bestärkend und bestätigend aufgenommen.
Was haben sie denn erhofft von dem Gott, der den Tempel in der heiligen Stadt Jerusalem zum Ort seiner Gegenwart erwählt hatte? Gnade. Ehre. Gutes. Wohltuendes. So lesen wir es hier. Und fragen direkt: „Ja aber, ist es denn wahr? Können wir das von Gott erwarten?“ Sofort fällt uns auch das Missverständnis ein, dass man erst fromm genug sein muss, damit einem das Gute zuteilwird. Denn das ist ja wenigstens eine Erklärung, warum es nicht allen Frommen gut geht. Allerdings ist es eine falsche Erklärung.
Ich stelle mir die Wanderer vor, wie sie den mühsamen Anstieg nach Jerusalem bewältigen. Heiß brennt die Sonne, sie müssen über Geröll und steile Pfade. Aber sie singen: „Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund und Frühregen hüllt es in Segen. Sie gehen von einer Kraft zur anderen und schauen den wahren Gott in Zion.“ (V.6f) Singen nicht auch wir oft im Novembergrau am Ende des Kirchenjahres angesichts der Vergänglichkeit: „…man sieht die Bäume blühen, der schönste Frühlingsschein verheißt Erquickungszeiten, die Abendröte zeigt, den schönen Tag von weitem …“ (ELKG² 503,4)
Und nun feiern wir Lätare, den Freudensonntag in der Passionszeit. An diesem Tag steht das aufkeimende Grün des Weizenkorns, das in die Erde gelegt wird, im Mittelpunkt. Lätare ist das feste Versprechen, dass es Ostern werden wird. Damit ist die grünende Hoffnung verbunden, dass der mühsame Pilgerweg durch die Fastenzeit sein Ziel findet. Und sogar noch mehr. Schon auf dem Weg wird das dürre Tal zum Quellgrund.
Ich sehe Christen, die kämpfen sich gerade durch ihren Alltag wie über steile, ausgetrocknete Geröllfelder. Aber heute hören sie ein tröstliches Wort: „Lätare – Freut euch! Wo andere nur Grau und Hoffnungslosigkeit sehen, da seht ihr: Grün. Neues Leben. Verheißene Auferstehung! Wo andere den Nieselregen beklagen, spürt ihr den segensreichen Frühregen. Gott ist euch Sonne und Schild. Der Herr wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.
Das ist ein ganz anderer Blick auf die Realität. Es gibt ja den Spruch: „Rechne mit allem. Auch mit dem Guten.“ Der Freudensonntag ist eine Einladung, ganz konkret damit zu rechnen, dass Gott uns kein Gutes mangeln lassen wird. Manch einem hilft dazu das bewusste Wahrnehmen der Schöpfung: das frische Grün bricht hervor. Andere schreiben jeden Tag in der Fastenzeit drei Dinge auf, für die sie Gott dankbar sind.
Gott hat aber auch noch unzählige andere Möglichkeiten, uns Gutes und noch viel mehr Gnade zu schenken. Besonders am Freudensonntag.
Ihre Andrea Grünhagen