Unser Bekenntnis – Artikel 6: Vom neuen Gehorsam

 
Das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) ist die grundlegende Bekenntnisschrift der im Konkordienbuch (1580) abgedruckten verbindlichen Bekenntnisse der Kirche der lutherischen Reformation. In loser Folge lesen Sie hier Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln von Dr. Gottfried Martens D.D., Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Berlin-Steglitz.

Trauben

Es wird gelehrt, dass dieser Glaube gute Frucht und gute Werke bringen soll, und dass man allerlei gute Werke tun müsse, die Gott geboten hat, und zwar um Gottes willen; es wird gelehrt, aber nicht auf solche Werke in der Meinung zu vertrauen, dass wir durch unsere Werke Gottes Gesetz erfüllen oder wegen unserer Werke als gerecht betrachtet werden. Denn wir empfangen Vergebung der Sünde und werden als gerecht betrachtet durch den Glauben um Christi willen, wie Christus spricht: „Wenn ihr das alles getan habt, sollt ihr sprechen: Wir sind unfähige Knechte.“ (Die Bibel: Das Evangelium nach Lukas, Kapitel 17, Vers19). So lehren auch die Kirchenväter, denn Ambrosius spricht: „So ist es beschlossen von Gott, dass, wer an Christus glaubt, selig sei und nicht durch Werke, sondern allein durch den Glauben, ohne Verdienst, Vergebung der Sünden habe.“


Ein immer wiederkehrender Vorwurf gegen die Lehre des lutherischen Bekenntnisses, dass wir vor Gott gerecht werden „aus Gnade um Christi willen durch den Glauben“, besteht darin, dass diese Lehre die Menschen „faul“ macht, sie ethisch verkommen lässt und sie geradezu davon abhält, gute Werke zu tun – wenn die doch zum Erlangen der Seligkeit gar nicht nötig sind.

Mit eben diesem Einwand setzt sich Melanchthon im sechsten Artikel des Augsburger Bekenntnisses auseinander – und macht dabei zugleich deutlich, dass das Leben des Christen und seine Werke durchaus Gegenstand lutherischer Verkündigung ist: Eindrücklich betont er die Notwendigkeit guter Werke für das Leben des Christen, indem er gleich zweimal davon spricht, dass der Glaube gute Werke hervorbringen soll und dass man gute Werke tun muss. Der Zusammenhang macht jedoch umgehend deutlich, was mit diesem „soll“ und „muss“ gemeint ist: Der Christ tut gute Werke nicht, weil er von Gott unter Druck gesetzt oder gezwungen wird – oder gar aus Angst, vielleicht nicht genügend gute Werke im letzten Gericht Gottes vorweisen zu können. Sondern die guten Werke sind „gute Früchte“, wie Melanchthon mit Bezug auf den Sprachgebrauch des Neuen Testaments (z.B. Matthäus 7,16+17; 12,33; Lukas 13,6-9; Johannes 15,1-5; Römer 6,21+22; Galater 5,22) formuliert: Sie wachsen gleichsam von selbst, wenn denn der Baum oder der Weinstock, der sie hervorbringt, gut ist: Ein guter Baum kann gar nicht anders, als gute Früchte hervorzubringen. Er „muss“ sie gleichsam hervorbringen, weil dies seinem Wesen als guter Baum entspricht.

Wenn man also will, dass ein Mensch gute Werke vollbringt, dann erreicht man dies gerade nicht dadurch, dass man alle möglichen Forderungen an ihn richtet und ihm damit droht, was passiert, wenn er diese Forderungen nicht erfüllt. Sondern man leitet einen Menschen gerade dadurch zum Tun guter Werke an, dass man seinen Glauben an Christus weckt und stärkt durch die frohe Botschaft des Evangeliums. Denn der Glaube, der durch diese frohe Botschaft geweckt wird, verändert den Menschen und macht ihn dazu bereit und fähig, die Werke zu tun, „die Gott geboten hat, weil er es will.“ Glaube ist eben nicht ein bloßes „Fürwahrhalten“ von lehrmäßigen Richtigkeiten, sondern der Glaube ist Gabe und Wirkung des Heiligen Geistes, Vertrauen auf Gott und seine Versprechen in seinem Wort, Gemeinschaft mit Christus, die den Menschen nicht unverändert lässt.


© Foto: E. Kopp - pixelio.de

© 2024 | SELBSTÄNDIGE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHE (SELK)