Bollerwagen & Sprudelwasser


Pfarrer Harald Karpe von der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) ist vor wenigen Monaten in den Ruhestand gegangen und mit seiner Frau nach Radebeul bei Dresden gezogen. Schon immer hatte der rührige Seelsorger ein Herz für missionarische Einsätze. Daran hat sich auch im Ruhestand nichts geändert, wie sich im Interview mit selk.de zeigt.


Bollerwagen


SELK.de: Herr Pfarrer Karpe, man sieht sie neuerdings mit einem Bollerwagen in Dresdens Innenstadt. Was hat es damit auf sich?

Pfarrer Karpe: Mit meinem Ruhestand bin ich in unsere Dresdner Dreieinigkeits-Gemeinde als Gemeindeglied gekommen. Dort sprach mich ein Mann an und fragte mich, ob ich mit ihm in den Fußgängerzonen Bibeln verteilen könne. Er wollte das nicht allein machen und hatte noch keine Erfahrung damit.

SELK.de: Wie sind Sie auf die Idee mit der Bollerwagenstation gekommen?

Pfarrer Karpe: Nun, ich habe dem Mann gesagt, dass man dazu einen Aufhänger braucht. Einfach so hinstellen und Bibeln verteilen, das kann ich mir schlecht vorstellen. Pfarrer Matthias Tepper (SELK) hat als Aufhänger für seinen Missionsdienst in Plauen seine Kaffeekarre. Das erschien mir zu aufwendig. So bin ich auf die Idee mit dem Wasser und dem Bollerwagen gekommen. Einen kleinen Campingtisch haben wir auch noch mitgenommen. Vor der Frauenkirche steht ein Lutherdenkmal. In dessen Schatten haben wir uns platziert und haben kostenlos Wasser zum Trinken angeboten. Wenn wir dabei mit Leuten ins Gespräch gekommen sind, konnten wir ihnen auch gelegentlich ein Neues Testament schenken.

SELK.de: Brauchte das Projekt eine besondere Vorbereitung?

Pfarrer Karpe: Kaum. Ein Bollerwagen war schnell gefunden. Anne-Sophie Schmidt aus unserer Gemeinde hat ihn mit Schriftfolien gestaltet. Die Gideons haben ihre Genehmigung gegeben, dass wir ihre Ausgaben des Neuen Testaments verteilen können, Faltblätter unserer Gemeinde waren vorrätig und Wasserflaschen haben wir im Supermarkt gekauft. Eine wichtige Vorbereitung war uns das Gebet.

SELK.de: Wie ist die Resonanz auf das Angebot, kostenloses Wasser zu bekommen?

Pfarrer Karpe: Sehr unterschiedlich. Viele haben demonstrativ weggeschaut. Einige haben das Angebot abgelehnt und gesagt, dass niemand was verschenkt, da muss ein Haken dran sein. Viele haben gesagt, dass dies eine super Idee sei – vor allem bei der Hitze. Die meisten waren verwundert, dass jemand wirklich etwas verschenkt. Dabei bekommen wir das Wichtigste immer nur geschenkt: unser Leben, Liebe, das ewige Heil.

SELK.de: Berichten Sie uns von ersten bemerkenswerten Erlebnissen, bitte!

Pfarrer Karpe: Ein 80-Jähriger aus dem Ruhrpott hat auf seine Frau gewartet und kam zu uns. Er schimpfte sofort auf Kirche, aus der er bereits mit 18 ausgetreten sei. Es wurde ein längeres Gespräch, bei dem er immer nachdenklicher wurde. Ich konnte ihm dann zum Abschied noch ein Neues Testament schenken, das er dankend annahm. Als seine Frau kam und das sah, hat sie sich bei uns bedankt. Wir haben auch Touristen gesprochen, die in ihrer Gegend SELK-Gemeinde kannten (z. B. aus Kiel). Etliche Dresdner, die bei uns Wasser getrunken haben, kannten unsere Kirche am Großenhainer Platz. Wir konnten also Samen in der Nähe und der Ferne ausstreuen. Spannend war auch, wie viele Sprachen an unserem Stand gesprochen wurden.

SELK.de: Haben Sie schon Pläne für die kältere Jahreszeit?

Pfarrer Karpe: Ja, einige. In diesem Jahr stand die Arbeit unserer Gemeinde unter dem Thema „Gottesdienst“. Nächstes Jahr habe wir den Schwerpunkt „Mission“. Ich habe schon beim Singchorleiter angefragt, ob sich einige Sangeskräftige trauen würden, in der Straßen- oder S-Bahn bei einem Flashmob mitzumachen. Also spontan einen Choral zu singen. Ich würde danach einen Psalm lesen (z. B. Psalm 23 vom guten Hirten) – und fertig. 3-4 Haltestellen später einen anderen Choral und ein anderer Psalm. Das ist kein großer Aufwand, Faltblätter unserer Gemeinde und Neue Testamente haben wir – es braucht nur ein wenig Mut. Ich denke, dass es genügend Ideen gibt. Je mehr mitdenken, umso mehr Ideen kommen. Dann muss man nur ausprobieren, was geht und wozu wir den Mut haben.

SELK.de: Vielen Dank und herzliche Segenswünsche für Ihre weiteren Aktionen und Einsätze!

 

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