Pfingsten
„Der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“
Johannes 14, 26
Das Pfingstfest hat ein Imageproblem. Selbst eine Überführung in weltliches Brauchtum und kommerzielle Ersatz-Festinhalten kommen an eine Grenze. Nach der Feier des Rentierfestes, des Hasenfestes und des Festes des geschmückten Bollerwagens steht nun im Jahreslauf ein Fest an, dass vornehmlich durch Stehen im Stau auf der Autobahn begangen wird.
Pfingsten, was ist das denn?
Christen versuchen dann etwas hilflos zu erklären, das sei das „Geburtstagsfest der Kirche“. Was das jemandem sagen soll, der keine Vorstellung hat, was Kirche ist und soll, bleibt rätselhaft. Abgesehen davon, dass damit ein christliches Fest, in dessen Hintergrund ein in der Bibel geschildertes Ereignis steht, sozusagen in das Fest einer Idee oder sogar einer Institution umgewidmet wird. Hilfreicher ist da schon der Hinweis, an Pfingsten gehe es um den Heiligen Geist. Das ist maximal unanschaulich, aber damit ist man auf der richtigen Spur.
Und wer ist dieser Heilige Geist?
Wenn man nicht darstellen kann, wie etwas aussieht, hilft es manchmal zu beschreiben, was es macht oder wie es funktioniert. Das ist auch eine Art und Weise, wie man ein bisschen besser zur Sprache bringt, was der Heilige Geist ist. Er ist keine Taube. Er ist auch keine Feuerflamme und er ist auch keine personifizierte weibliche Geistkraft im Regenbogenkleid. Taube und Feuer sind biblische Vergleichsbilder, wie der Geist zu den Jüngern kommt. In der Bibel (Apostelgeschichte 2) wird erzählt, dass „am fünfzigsten Tag“ (griechisch heißt das pentekoste, daher kommt das Wort Pfingsten) der Heilige Geist ausgegossen wird über die Apostel, denen Jesus das vorher auch verheißen hatte. Dabei kommt es zu seh- und hörbaren Phänomenen, es ist von Feuer und Sturm und das Reden in fremden Sprachen die Rede. Bei der Taufe Jesu kam der Geist „wie ein Taube“ vom Himmel herab. Aber er hat keine sichtbare Gestalt, er ist immer „wie“ etwas. Nämlich von oben wie eine herabschwebende Taube, er verteilt sich, wie Feuer sich verteilt, wenn eine Flamme die nächste anzündet.
Manchmal treibt die Unanschaulichkeit des Pfingstereignisses überforderte kirchliche Kunst- und Medienschaffende und verzweifelte Prediger zu einem Höchstmaß von Verniedlichungen. Was Harmloseres als den Heiligen Geist gibt’s dann gar nicht mehr. So ein Täubchen halt.
Das ist der Gottesgeist aber gerade nicht. Das sehr alte kirchliche Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel sagt über den Heiligen Geist: „Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater (und dem Sohn) hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlich wird, der gesprochen hat durch die Propheten…“ Gar nicht harmlos also, sondern ein Herr, der angebetet und verherrlicht werden soll. Der Heilige Geist ist Gott. Der Vater sendet den Geist auf Bitten des Sohnes. Deshalb wird in den orthodoxen Kirchen auch beim Glaubensbekenntnis nur gesagt, „der vom Vater ausgeht“.
Und was tut nun dieser Heilige Geist? Er lehrt und erinnert die Kirche, bei Christus zu bleiben. Er setzt auf andere Weise fort, was Christus vor der Himmelfahrt getan hat. Er ist der Geist der Wahrheit (Johannes 15,17), der in alle Wahrheit leitet. Man könnte sagen: er hilft uns die Bibel zu verstehen, er hat diejenigen angetrieben, die sie aufgeschrieben haben. Er lässt Menschen Jesus als Gottes Sohn erkennen und an ihn glauben. Er zeigt sich in erstaunlichen Phänomenen, von denen wir z.B. im 1. Korintherbrief lesen. Schon das Alte Testament erzählt, dass der Geist vor allem Uranfang über den Chaosfluten schwebte. Er beruft die Propheten in der Geschichte Israels. Er ist der Geist, der die rechtgläubigen Lehrer der Kirche inspiriert hat. Er bezeugt, dass die Worte der christlichen Missionare Wahrheit sind. Er tröstet diejenigen, die um des Glaubens Willen verfolgt werden und er redet in den Worten der Märtyrer und Bekenner.
Und was hat das mit mir zu tun?
Nun sagen Sie vielleicht: „Das ist ja schön, aber was hat das mit mir zu tun?“ Sehr viel vielleicht. Der Heilige Geist wird durch Taufe und Konfirmation vollmächtig weitergegeben, so dass man danach singen kann: „Du bist das heilig Öle, dadurch gesalbet ist, mein Leib und meine Seele, dem Herren Jesus Christ zum wahren Eigentum, zum Priester und Propheten, zum König, den in Nöten, Gott schützt vom Heiligtum.“ (ELKG² 482, 4) Man mache sich das mal klar: dieser kleine Säugling, der zur Taufe gebracht wird, diese Konfirmanden an der Schwelle zwischen Kindheit und Jugend, die bekommen den Heiligen Geist vermittelt, den Geist, der in den Propheten Elia, Samuel, Hesekiel und wie sie alle hießen wirkte, den priesterlichen Geist, der sie im Gebet unmittelbaren Zugang zu Gott haben lässt und den königlichen Geist wie David und Salomo ihn hatten. An uns wirkt der Tröster, der uns die gute Nachricht von Jesus bezeugt, wie er das Evangelium durch Martin Luther bezeugt hat oder Paul Gerhardt seine Glaubenslieder hat schreiben lassen.
Wir können also durchaus eine Menge aufzählen, was der Heilige Geist alles tut, auch wenn wir nicht sagen können, wie er aussieht. Er hat natürlich auch nicht aufgehört, irgendwann an einem Punkt der Kirchengeschichte, zu wirken, sondern er ist beständig am Werk: inspirierend, tröstend, stärkend, erleuchtend, lehrend, reinigend, klärend, belebend …
Dogmatisch sagt man: Der Heilige Geist ist eine der drei Personen der göttlichen Dreieinigkeit. Das darf man sich nicht wie ein Puppentheater vorstellen, bei dem jemand (im Bild hier Gott) hinter einem Vorhang sitzt und verschiedene Puppen (im Bild Gottvater, Jesus, Heiliger Geist) auftreten lässt oder so erklären, als ob Gott sich nur in verschiedener Gestalt zeigt. Völlig abwegig sind auch Wortspiele, die aus dem Gottesgeist die Begeisterung der Jesusnachfolger machen.
Wie soll ich das jemals verstehen?
Verstehen muss man das nicht notwendigerweise bis ins Letzte, aber man kann es erfahren. Jedes Pfingstfest ist eine Einladung und Gelegenheit, mehr über das Wirken dieses Heiligen Geistes zu lernen. Die Kirche bittet an Pfingsten, dass der Geist an allen Gläubigen gemeinsam und an jedem Einzelnen seine Kraft entfalten soll. Der Heilige Geist macht, dass Menschen glauben können. Wer er also ist? Finden Sie es heraus, indem sie ihn bitten, sein Werk zu tun!