Seminar: Abschiede im Leben | 09.09.2021

Abschiede im Leben
SELK: Online-Angebot des Wilhelm-Löhe-Seminars

Korbach/Marburg, 9.9.2021 - selk - Als Veranstaltung des Wilhelm-Löhe-Seminars des der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) zugeordneten Diakonissenwerks Korbach fand am 4. September ein videobasierter Seminarvormittag zum Thema "Abschiede im Leben. Das Unverfügbare wahr- und annehmen" statt. Referiert hat dazu Pfarrer Manfred Holst (Marburg), Propst in der Kirchenregion Süd der SELK, Diplom-Supervisor für soziale Berufe und Mediator.

Der Referent eröffnete das Thema mit der Formulierung, der Abschied sei der kleine Bruder des Todes. Abschiede gehörten seit Beginn des Lebens zu den Menschen, da schon die Geburt eines Menschen ein erster Abschied sei. Das Kind werde erwachsen und nehme Abschied von der Kindheit. Erwachsene erlebten Abschiede von Träumen, die nicht zu verwirklichen seien - wie zum Beispiel der unerfüllte Kinderwunsch. Menschen trennten sich voneinander - beispielsweise im Beruf oder in der Scheidungssituation einer Ehe oder Partnerschaft. Im Älterwerden heiße es, Abschied zu nehmen von der Illusion der eigenen Stärke. Das werde schon dadurch deutlich, dass ältere Menschen nicht mehr mit Kindern oder Enkeln "mithalten" könnten, wenn es um Sport oder das Spiel Memory gehe. Und zuletzt betreffe alle Menschen der Tod eines nahen Menschen und das eigene Sterben, indem es um Abschied gehe.

Holst entfaltete an den beschriebenen Lebensphasen, dass Menschen immer wieder an Wegkreuzungen und Wendepunkten stünden, in denen Entscheidungen und damit verbunden Abschiede anstehen würden. Der Wechsel, der Übergang und damit der Abschied seien angstbesetzt. Es gehe in ein "unbekanntes Land" - und dies fördere die Unsicherheit. Schon die Bibel wisse in vielen Erzählungen von solchen Übergängen und Schwellen in eine neue Zeit, angefangen von der Vertreibung Adam und Evas aus dem Paradies über das Exil des Volkes Israels bis zum Übergang des christlichen Glaubens in die nichtjüdische Welt, der in den Berichten über die Missionsreisen des Paulus beschrieben würde. In der Geschichte der Kirche hätten unter anderem die Psalmen und Choräle wie die von Paul Gerhardt Christinnen und Christen geholfen, mit Abschieden und daraus resultierenden Ängsten und damit verbundenen Krisen umzugehen.

Wie kann Abschiednehmen gelingen? Holst war es wichtig, deutlich zu machen, dass ein erster Schritt damit beginne, sich auf den Abschied einzulassen und ihn in seiner Bedeutung für das eigene Leben wahrzunehmen. Einlassen sei eine wichtige Voraussetzung für das Loslassen. Einlassen können heiße, zunächst nachzuspüren, was nun verloren gehe - ob es der Abschied von der Gesundheit, vom Beruf sei oder um den Tod eines Menschen gehe.

Abschiednehmen meine deshalb, zunächst die "Identitätskrise" anzunehmen, zu trauern und sich im Laufe dieses Prozesses in der neuen Lebenssituation zurechtzufinden. Abschiede und Trauer würden zur Wandlung zwingen. In der Literatur würden viele Hilfen für Abschiede vorgestellt. Besonders hilfreich seien Rituale in Abschiedssituationen, wie zum Beispiel die Aussegnung beim Tod eines Menschen, Einschulungs- oder Schulabschluss-Gottesdienste oder bei einem Wohnortswechsel das Ritual, sich zunächst mit biblischen Voten und Gebeten von der bisherigen Heimat oder Wohnung zu verabschieden und danach auf der Schwelle der neuen Wohnung oder Heimat ebenfalls Zusagen und Segensworte Gottes den Menschen zuzusprechen. Abschiedlich zu leben könne im Anschluss an Elisabeth Lukas, einer Schülerin von Viktor E. Frankl, heißen, darauf zu verzichten, sich ständig zu verteidigen oder etwas zu erzwingen oder etwas schützen oder verbergen zu wollen. Abschiedlich zu leben sei auch ein Appell: "Lasst los, ihr seid behütet. Klammert nicht am Leichten und Bequemen, flieht nicht das Schwierige und Unbequeme, wagt das Abenteuer des Guten ... Öffnet euch für die Angebote des Tages, denn jeder ist einer von abgezählt vielen Tagen. Jeder kann euer letzter sein. Bedenkt dies bei euren Handlungen und bei den Gesprächen mit den Mitmenschen, dann werdet ihr eure Taten und Worte sorgfältiger wählen. Und vergesst darüber den Dank nicht, denn: nichts ist/war verdient, alles ist/war Geschenk - auf Zeit. Betrauert ihr es nach dem Ablauf seiner Zeit, dann sollt ihr es auch würdigen vor dem Ablauf der Zeit." Ernst Ginsberg habe in einem Gedicht den Dank und den Abschied kurz vor dem Tod so beschrieben: "Nun wird es Zeit zu danken, eh Herz und Auge bricht, für alle Gottesgaben für Leben, Luft und Licht - Das Wort vermag es nicht! Doch du nimm den Verstummten, Herr, wortlos heim ins Licht."

Im anschließenden Gespräch mit den Teilnehmenden wurden die Themen aufgegriffen und vertieft. Es war für die Teilnehmenden wichtig zu erkennen, dass das Thema nicht auf den Tod und das Abschiednehmen am Grab begrenzt, sondern ein Lebensthema sei.

Das nächste Seminar zum Thema "Christentum und Toleranz oder: Ist Religion notwendigerweise intolerant?" mit Prof Dr. Achim Behrens (Oberursel) findet am 30. Oktober statt.

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