Letzter Tag der Synodaltagung: Wegweisende Entscheidungen
Am Samstag (20. September) ging in Fulda die 3. Tagung der 15. Kirchensynode der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) mit einem letzten Sitzungstag in den Schlussspurt. Der Tag begann mit einem gemeinsamen Gottesdienst vor dem Frühstück, der von Superintendent Sebastian Anwand (Potsdam) geleitet wurde.
Nach der Eröffnung der abschließenden Beratungen befasste sich die Synode zunächst mit verschiedenen Anträgen:
Der Antrag 516.01, der vorschlug das Themenfeld „Jugendarbeit im Wandel – Chance und Herausforderung“ als mögliches Synodalthema der 16. Kirchensynode der SELK vorzuschlagen, fand keine Mehrheit durch die 46 anwesenden Synodalen. Der ursprüngliche Antrag 516 aus dem Kirchenbezirk Sachsen-Thüringen wurde daraufhin mehrheitlich vertagt.
Antrag 586, der die Synodalkommission für Rechts- und Verfassungsfragen (SynKoReVe) um Reflektion und Kommentierung ihrer Stellungnahme zum Verhältnis zwischen Kirchensynode und Allgemeinem Pfarrkonvent (APK) sowie ein Aufzeigen etwaiger Regelungslücken und rechtlicher Unschärfen bittet, wurde mehrheitlich angenommen.
Der zunächst von Freitag auf Samstag vertagte Antrag 449, der die Durchführung einer „Dekade der geistlichen Erneuerung“ fordert, wurde mehrheitlich auf die nächste Synodaltagung vertagt.
Einen besonderen Schwerpunkt bildete am Samstagvormittag die Behandlung des Leitantrags 483. Dieser sieht die Einrichtung einer „Synodalkommission Einheit“ (SynKo Einheit) sowie einer „Synodalkommission Trennung“ (SynKo Trennung) mit definierten Aufgabenpaketen und Fragestellungen vor, um sich weiterhin um die kirchliche Einheit der SELK sowie die Gestaltung derselben zu bemühen, zugleich jedoch rechtliche und organisatorische Fragen und Konsequenzen möglicher Trennungswege zu bearbeiten. Der zuständige Arbeitsausschuss hatte den Antrag am gestrigen Freitag bis in die Nacht erarbeitet und einstimmig befürwortet. Im Rahmen der Einbringung wurde von Seiten des Arbeitsausschusses erklärt, der Leitantrag „erkennt die Realitäten unserer Kirche an. Es gibt einen großen Wunsch zur Einheit. Und es gibt Trennungsgedanken.“ Nach einer intensiven und sachlich geführten Aussprache im Plenum mit zahlreichen Redebeiträgen stimmte die Synode in geheimer Abstimmung über den Leitantrag ab.
Dabei wurde mit sehr breiter Mehrheit beschlossen:
„Die Kirchensynode beschließt, zwei Synodalkommissionen einzusetzen:
Eine (A) Einheitskommission sowie eine (B) Trennungskommission.
Zu A: Einheitskommission (künftig: „Synodalkommission Einheit“ – SynKo Einheit)
1. Für die synodale Weiterarbeit in dieser Synodalperiode ist die kirchliche Einheit der SELK nach theologischen und organisatorischen Gesichtspunkten das erkenntnis- und handlungsleitende Interesse. Dieses erkenntnisleitende Interesse geht von der Voraussetzung aus, dass die Kirchensynode der Ansicht ist, dass die SELK mit den Lehrmeinungen der Ablehnung und der Zustimmung zur Frauenordination bei vorhandener Lehrentscheidung (Art. 7(2) GO) zu gestalten ist.
2. Die Kirchensynode konzipiert die gemeinsame Weiterarbeit unter den durch den 15. APK getroffenen Feststellungen, dass für die Mehrheit der Mitglieder des APK „aktuell lebbare Strukturen für die Einführung der Ordination von Frauen nicht vorstellbar sind, wenn dieser Dienst nur in einem Teil der Gemeinden der SELK möglich ist“ und aktuell von einer Mehrheit des APK „aus theologischen Gründen ein gleichberechtigtes Nebeneinander der Praxis der Ordination von Frauen und der Ablehnung dieser Praxis in der SELK für nicht möglich“ gehalten wird. Den jeweiligen Positionen soll „geschwisterliches Miteinander, Respekt für ihre Position und Hörbereitschaft für ihre Anliegen“ zugesichert werden.
3. Dazu setzt die Kirchensynode eine Synodalkommission ein,
• welche die Weiterarbeit an den Kernfragen1 der Debatte um die Frauenordination für die Pfarrkonvente strukturiert;
• welche die den verschiedenen Positionierungen zugrundeliegenden Befürchtungen oder positive Erwartungen thematisiert und in Gesprächsformaten für Gemeinden und Pfarrkonvente aufbereitet, um das gegenseitige Wahrnehmen, Hören und Verstehen zu fördern2;
• welche Vorschläge erarbeitet, das Zusammenleben der Gemeinden unterschiedlicher Positionierung zu gestalten;
• zu deren Aufgaben es nicht gehört, Ordnungsänderungen vorzuschlagen, um ein offenes
Gespräch zu ermöglichen;
• die mit der Arbeit bis zur konstituierenden Sitzung der 16. Kirchensynode beauftragt wird.
Zu B: Trennungskommission (künftig: „Synodalkommission Trennung“ – SynKo Trennung)
Die Synode setzt eine Synodalkommission zur Bearbeitung von rechtlichen und organisatorischen Fragen und Konsequenzen möglicher Trennungswege ein.
Zu bearbeitende Optionen3 sind:
• Trennung in zwei Kirchen
• Ausscheiden von einzelnen Gemeinden aus der SELK
Die Synodalkommission fungiert als Ansprechpartner für Kirchenleitung und Gemeinden. Ein Ergebnisbericht der Synodalkommission soll auf der konstituierenden Sitzung der 16. Kirchensynode vorgestellt werden.
Der Ausschuss sieht damit die folgenden Anträge als bearbeitet an: 426, 427, 428, 460, 461, 462, 470, 470.01, 471, 475, 475.01, 475.02, 475.03, 476, 477, 480.“
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1 U.a. Beschreibung der hermeneutischen Weichenstellungen, die uns zu unterschiedlichen Wahrnehmungen des Schriftbefundes führen | Darstellung der unterschiedlichen Argumentationsmuster im Blick auf die behauptete Bekenntnisrelevanz der Frage nach der Ordination von Frauen.
2 Dabei soll der Bericht der SynKoSze Beachtung finden.
3 Vgl. Anträge 470.01; 471
Schließlich befasste sich die Synode mit dem Antrag 414, der die Unterstützung einer Umfrage zum Thema „Ordination von Frauen“ vorsah und im Rahmen der konstituierenden Tagung der 15. Kirchensynode im Juni 2023 vertagt worden war. Da das dem Antrag zugrundeliegende Anliegen durch die Arbeit der Synodalkommission „Szenarien“ sowie die an diese gerichteten Stellungnahmen und Voten aus den Gemeinden der SELK aufgegriffen wurde, wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Zum Abschluss der Sitzungen dankten sowohl die Kirchenleitung als auch die Synodalen dem Präsidium der Kirchensynode für die Leitung und Gestaltung der Beratungen während der diesjährigen Synodaltagung.
Die 3. Tagung der 15. Kirchensynode der SELK endete mit einem Abendmahlsgottesdienst. In diesem wurde Diakoniedirektorin Berit Otto eingeführt. In seiner Predigt schlug der Bischof der SELK, Hans-Jörg Voigt D.D. eine Brücke vom Synodalthema „Mission in Deutschland“ über die Beratungen im Rahmen der Synodaltagung zu dieser Einführung und diakonischem Handeln, indem er als Auftrag der Kirche formulierte: „Christus zur Welt bringen – Sei es durch die helfende Tat der Diakonie, sei es durch das verkündigte Wort.“ Zudem berichtete er, er habe sich fest vorgenommen, täglich zu beten: „Herr Jesus Christus, bitte zeige mir klar und deutlich, wenn meine Meinung zum Weg der Kirche falsch ist. Amen.“, und fragte die Predigthörer, ob diese sich dieses Gebet für sich ebenfalls vorstellen könnten.
Im kommenden Jahr wird eine weitere Tagung der 15. Kirchensynode stattfinden.