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SELK-Aktuell

Lexikon - I


Initiative für die Frauenordination in der SELK (InFO)
Im November 2001 hat sich in Witten eine Initiative gegründet, die sich dafür einsetzt, baldmöglichst die Ordination von Frauen zum Amt der Kirche in der SELK zu ermöglichen.
Bisherige Ziele von InFO:
1. Streichung von Artikel 7 (2) der Grundordnung der SELK
2. Öffnung des Pfarrdiakonats für Frauen
3. Freigabe und Veröffentlichung des Gutachtens der Luth. Theologischen Hochschule aus dem Jahre 1995
Wir wollen uns in der Initiative über entsprechende Anträge an der nächsten Allgemeinen Kirchensynode beraten. Außerdem möchten wir Antragstellern aus Gemeinden der SELK beratend zur Seite stehen und möglichst viele Informationen zum Thema sammeln und im Internet bereitstellen.
Struktur der InFO:
Der Initiative steht ein Vorstand vor. Dem Vorstand gehören an Christel Schneider aus Witten, Elke Hildebrandt aus Heringen, Friedrich Kugler aus Balhorn und Reinhard Rudolph aus Berlin-Wedding.
Als beratendes und unterstützendes Gremium wurde ein Beirat eingerichtet. Dem Beirat gehören an Wilhelm Ehlerding (Bad Emstal), Barbara Hauschild (Dortmund), Ingeborg Schubbe (Köln/Bonn), Walter Eckhardt (Melsungen), Hartmut Hauschild (Radevormwald), Uli Schneider (Witten), Diedrich Vorberg und Falk Steffen (Witten). Außerdem gibt es noch die Mitglieder der Initiative, die z.B. die Informationsweitergabe in ihrer Gemeinde an Mitglieder ohne Internetanschluss übernehmen können, weitere Mitglieder werben oder das Stellen von Anträgen und Sammeln von Unterschriften initiieren könnten.
(Aus der Selbstdarstellung von INfO; abger. 31.3.16)


Interkommunion
→ Interzelebration
Gegenseitige Zulassung von Kirchgliedern zum Abendmahlsempfang (Interkommunion) und von ordinierten Amtsträgern zur Sakramentsverwaltung (Interzelebration) ist Ausdruck bestehender Kirchengemeinschaft zwischen bekenntnisgleichen aber organisatorisch elbständigen Kirchen. Sie wird bei festgestellter Kirchengemeinschaft ohne Einschränkung geübt, sofern nicht im Einzelfall (seelsorgerliche) Gründe zu einer anderen Entscheidung nötigen.
Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, ihre Gemeinden und einzelne Kirchglieder werden nicht selten zu gottesdienstlichen Veranstaltungen anderer Kirchen eingeladen, zu denen keine Kirchengemeinschaft besteht.
Hier gilt es, dankbar jede Möglichkeit wahrzunehmen, rechter christlicher Einheit in der Wahrheit Ausdruck zu geben. Auch dort, wo volle Lehrübereinstimmung noch nicht besteht, bindet uns doch schon die Eine Taufe, die wir empfangen haben, in die Eine Kirche ein und erlaubt uns, gemeinsam im Gebet vor Gott zu treten.
Das Grundbekenntnis der Kirche, wie es z.B. im „Nizänischen Glaubensbekenntnis“ formuliert ist, ermöglicht bestimmtes gemeinsames gottesdienstliches Handeln. Da-bei ist jedoch gewissenhaft zu verfahren. Fehlt die Lehrübereinstimmung und ist keine Kirchengemeinschaft festgestellt, so ist die gemeinsame Feier des Hauptgottesdienstes (mit Einschluss der Sakramentsfeier) noch nicht möglich, dagegen aber z.B. Gebetsgottesdienst (mit Schriftauslegung).


Internationaler Lutherischer Rat (ILC)
www.ilc-online.org/
Der Internationale Lutherische Rat (englisch: International Lutheran Council – ILC) ist ein Bund konfessionell lutherischer Kirchen in der Welt. Er repräsentiert ca. 3,5 Mio Lutheraner und ist nach dem Lutherischen Weltbund (LWB – ca. 70 Millionen Lutheraner) der zweitgrößte lutherische Bund.
Geschichte
Die Ursprünge des Internationalen Lutherischen Rates gehen zurück auf ein Treffen von konfessionell lutherischen Kirchen in Uelzen im Jahr 1952. Eine weitere Konferenz im Jahr 1959 in Oakland, Californien USA, beschäftigte sich mit der Thematik „Kirchengemeinschaft zwischen unseren Kirchen“. Für diese noch informellen Zusammenkünfte gaben sich diese lutherischen Kirchen 1963 den Namen „Internationale lutherisch-theologische Konferenz“. Während der drei folgenden Jahrzehnte gab es weitere 11 informelle Treffen von lutherischen Bischöfen und Präsides. Der Internationale Lutherische Rat in seiner heutigen offiziellen Gestalt wurde 1993 in Antigua, Guatemala, gegründet, wo diese lutherischen Kirchen sich auch eine Verfassung gegeben haben.
Konfessionelle Grundlage
Der Internationale Lutherische Rat ist eine weltweite Gemeinschaft von konfessionell lutherischen Kirchen, die das Evangelium von Jesus Christus auf der Grundlage der Heiligen Schrift, verstanden als inspiriertes und unfehlbares Wort Gottes, glauben, lehren, bekennen und leben, und der lutherischen Bekenntnisschriften, die sie als wahre und glaubwürdige Auslegung des Wortes Gottes betrachten.
Aufgaben und Ziele
Der ILC hat sich zur Aufgabe gemacht, konfessionell lutherische Theologie in Lehre und Leben zu vertreten und auszubreiten. Dies soll geschehen durch
1.gemeinsame theologische Studien
2.gegenseitige Unterstützung der Mitgliedskirchen
3.Unterstützung von lutherischer Mission
4.gemeinsame theologische Ausbildung durch theologische Professoren, Hochschulen, lutherische Missionsgesellschaften und diakonische Hilfe
5.Förderung der Kommunikation zwischen den konfessionell lutherischen Kirchen in der Welt u.a. durch Veröffentlichungen, wie z.B. ILC-News.
6.Veröffentlichung von konfessionell lutherischer Literatur
Organisatorischer Aufbau
Die offiziellen Amtsgeschäfte des ILC üben der Vorsitzende, der Vizevorsitzende und der Generalsekretär aus. Daneben gibt es einen Exekutivausschuss, der aus dem Vorsitzenden, Vizevorsitzenden, dem Generalsekretär und zusätzlichen Repräsentanten aus den Kontinenten Afrika, Ostasien, Südasien, Europa, Lateinamerika, Nordamerika und Australien bestehen. Dieses Gremium hat die Aufgabe, sich der Ziele (siehe Aufgaben und Ziele) anzunehmen und sie umzusetzen.
Der Generalsekretär hat die Aufgabe administrative und technische Unterstützung für die Mitgliedskirchen zu leisten. Der derzeitige (2010) Generalsekretär ist der vormalige leitende Geistliche der Lutherischen Kirche Kanada, Ralph Mayan. Die lutherischen Mitgliedskirchen sind nach Anzahl ihrer getauften Glieder gehalten sich an den Kosten für die Aufgaben des ILC zu beteiligen. Alle zwei Jahre findet eine Konferenz der Mitgliedskirchen statt. Derzeit (2007) gehören zum ILC 34 Mitgliedskirchen. Die ILC ist kein Kirchenkörper und übernimmt keine kirchlichen Funktionen.
Vorsitzende
Bischof Hans-Jörg Voigt•1998–2007 Präses Ralph Mayen, Lutherische Kirche – Kanada
•2007–2010 Präses Gerald B. Kieschnick, Lutheran Church – Missouri Synod
•2010–heute Bischof Hans-Jörg Voigt, Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche zunächst als Interimsvorsitzender und ab 20. September 2012 als regulärer Vorsitzender

Mitgliedskirchen
AFRIKA
Ghana: Evangelical Lutheran Church of Ghana (ELCG)
Kenia: Evangelical Lutheran Church in Kenya (ELCK)
Nigeria: The Lutheran Church of Nigeria (LCN)
Republik Südafrika: Free Evangelical-Lutheran Synod in South Africa (FELSISA)
Republik Südafrika / Botswana: Lutheran Church in Southern Africa (LCSA)

ASIEN / OZEANIEN
Australien: Lutheran Church of Australia (LCA)
VR China –Hongkong: The Lutheran Church - Hong Kong Synod (LCHKS)
Indien: India Evangelical Lutheran Church (IELC)
Japan: Japan Lutheran Church (JLC)
(Süd-)Korea: Lutheran Church in Korea (LCK)
Papua Neuguinea: Gutnius Lutheran Church (GLC)
Philippinen: The Lutheran Church in the Philippines (LCP)
Sri Lanka: Lanka Lutheran Church (LLC)
China Evangelical Lutheran Church (CELC)

EUROPA
Belgien: Evangelisch-Lutherse Kerk in België (ELKB)
Dänemark: Den evangelisk-lutherske Frikirke i Danmark (ELFD)
Deutschland: Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK)
Frankreich: Église Évangélique Luthérienne—Synode de France (EEL-SF)
Großbritannien: The Evangelical Lutheran Church of England (ELCE)
Norwegen: Den Lutherske Kirke i Norge (LKN)
Portugal: Igreja Evangélica Luterana Portuguesa (IELP)
Russland: Евангелическо-лютеранская Церковь Ингрии (Ev.-Luth. Kirche von Ingrien in Russland)
Russland: Сибирская Евангелическо-Лютеранская Церковь (Sibirische Ev.-Luth. Kirche)

LATEINAMERIKA
Argentinien: Iglesia Evangélica Luterana Argentina (IELA)
Bolivien: Iglesia Cristiana Evangélica Luterana de Bolivia (ICEL)
Brasilien: Igreja Evangelica Luterana do Brasil (IELB)
Chile: Iglesia Luterana Confesional de Chile (IELCHI)
Guatemala: Iglesia Luterana en Guatemala (ILG)
Mexiko: Sinodo Luterano de Mexico (SLM)
Nicaragua: Iglesia Luterana Sínodo de Nicaragua (ILSN)
Paraguay: Iglesia Evangélica Luterana del Paraguay (IELP)
Peru: Iglesia Evangélica Luterana-Perú (IEL-P)
Venezuela: Iglesia Luterana de Venezuela (ILV)

NORDAMERIKA
Kanada: Lutheran Church – Canada (LCC)
Haiti: Eglise Evangelique Lutherienne D’Haiti (ELCH)
USA: The Lutheran Church - Missouri Synode (LCMS)
USA: The American Association of Lutheran Churches (AALC)
USA: The Lutheran Ministerium & Synod – USA (LMS-USA)


Interzelebration
→ Interkommunion


Irrlehre
Auch: Häresie; von altgriechisch αἵρεσις, [haíresis] = Wahl, Anschauung, Schulmeinung.
Was „rechte Lehre“ und was Irrlehre (Häresie) ist, entscheidet sich in der luth. Kirche an der Beantwortung der Frage, ob eine Lehre mit den Aussagen der Hl. Schrift, also mit dem Wort Gottes übereinstimmt oder nicht, ob eine Lehre also schriftgemäß oder schriftwidrig ist.
In der SELK ist ein Indikator dafür, ob eine Lehre, Lehrmeinung, theol. Auffassung Irrlehre ist oder nicht, auch die Übereinstimmung mit den Bekenntnissen der ev.-luth. Kirche oder der Widerspruch dazu.
In vielen Fällen lassen sich Lehren oder Lehräußerungen einzelner Christen (Theologen, Pastoren), die gegen Schrift und Bekenntnis verstoßen, eindeutig als Irrlehre, deren Vertreter als Irrlehrer identifizieren.
Wenn es allerdings um Themen und Fragen geht, die in den Entstehungszeiträumen der Hl. Schrift und der luth. Bekenntnisse keine Rolle spielten und also nicht behandelt wurden, muss sehr behutsam und sorgfältig im ernsthaften Ringen um die Wahrheit auf der Basis des Wortes Gottes geprüft werden, ob Irrlehre vorliegt oder nicht.
Nicht ein einzelner Christ, keine Kirchenleitung oder Lehrkommission kann in manchen solcher Fälle immer schnell und zweifellos eine theol. Lehrmeinung als „Irrlehre“ identifizieren und verurteilen.
In der SELK gibt es ganz unterschiedliche Instanzen, die die Aufgabe haben, „Lehre zu urteilen“.
Zum einen hat jeder Christ diese Aufgabe und dieses Recht. Zu  anderen kann der einzelne (Christ, Theologe, Pastor) aber nicht öffentlich und verbindlich eine Lehre zur Irrlehre (Häresie) erklären, ohne dass hierüber in der Kirche Einmütigkeit (ein großer Konsens, „magnus consensus“) hergestellt wurde.
Besteht der Verdacht der Irrlehre, gibt es in der SELK eine „Spruchstelle für Lehrverfahren“, deren Aufgabe es ist, eine Klärung herbei zu führen.
Bei Lehren, die im Verdacht stehen, Irrlehren zu sein, die aber von zahlreichen Kirchgliedern (einschl. Pastoren) vertreten werden, müssen die Theologische Kommission der SELK gutachterlich tätig werden, die Pfarrkonvente votieren und letztlich die Kirchensynode entscheiden.
Da der Bekenntnisstand der SELK auch mit absoluten Synodalmehrheiten nicht geändert werden kann, Lehren, die dem Bekenntnis offenkundig widersprechen, also per se Irrlehre sind, beschränken sich die Grenzfälle auf Fragen, die weder in der Hl. Schrift noch in den Bekenntnissen eindeutig oder überhaupt thematisiert und beantwortet werden.
In diesen Fragen unterscheidet man in der SELK zwischen solchen, die unmittelbar kirchentrennend sind (also z.B. die Amtsenthebung, Exkommunikation oder den Abbruch von Kirchengemeinschaft zur Folge haben) und solchen, die als von der geltenden Lehre abweichenden Schulmeinungen vorläufig keine kirchentrennende (exkommunizierende) Wirkung haben. Vorläufig heißt: Bis zu einer einmütigen Klärung, bei der man gewiss ist, dass der Heilige Geist die Kirche in alle Wahrheit leiten wird. Joh 16,13: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten.“)


Israelsonntag
Im Kirchenjahr wird in der lutherischen Kirche das Verhältnis zum Volk Israel vor allem an zwei Tagen in besonderer Weise bedacht, nämlich am 10. Sonntag nach Trinitatis, dem sog. ‚Israelsonntag‘, und am Karfreitag.
Seit der Reformationszeit wurde im Anschluss an das Sonntagsevangelium aus Lk 19,41–48 der Zerstörung Jerusalems und vor allem des Jerusalemer Tempels gedacht. Dabei wurde regelmäßig auch ein Bericht der Zerstörung des Jerusalemer Tempels verlesen. Häufig wurde dann die Tempelzerstörung als Strafhandeln Gottes gegenüber seinem Volk verstanden, weil dieses Gottes gnädige Heimsuchung in Jesus Christus nicht erkannt und stattdessen den Messias ans Kreuz geschlagen habe. In diesem Zusammenhang wurde das Ergehen des Volkes Israel mit der Zerstörung des Tempels häufig als warnendes Beispiel für die Christenheit aufgefasst. Die Predigten erhielten so den Charakter von christlichen Bußpredigten.
Zu einer angemessenen Gestaltung des Israelsonntags ist als erstes zu bedenken, dass das Volk Israel nicht mehr und nicht weniger Anteil am Tod Jesu hat als alle anderen Menschen, sondern dass dieser nach dem biblischen Zeugnis „der Welt Sünde trägt“ (Joh 1,29) und sein Tod somit die Folge der Sünde aller Menschen ist.
Eine kurzschlüssige Interpretation, die die Zerstörung des Tempels als unmittelbares Strafhandeln Gottes für den Tod seines Sohnes ansieht, verbietet sich von daher. Überhaupt ist nach lutherischem Verständnis in Gottesdienst und Predigt nicht über ein angenommenes Versagen anderer zu reflektieren, sondern die Predigt von Gesetz und Evangelium hat vielmehr die Aufgabe, die konkrete Hörergemeinde zur Umkehr zu rufen.
 Nach dem Zweiten Weltkrieg und den Gräueln der Schoa und im Zusammenhang mit Versuchen, von christlicher Seite das Verhältnis zum Judentum neu zu bestimmen, gewinnt auch der 10. Sonntag nach Trinitatis ein neues Gepräge.
An die Stelle des Gedenkens der Zerstörung des Tempels tritt zunehmend eine Besinnung auf das Verhältnis von Christentum und Judentum. Dabei hat an diesem Sonntag im christlichen Gottesdienst beides seinen Platz: das Gedenken der Zerstörung des Tempels als Bußruf an die versammelte Gemeinde und die Erinnerung an die bleibende Verbundenheit der Christenheit mit dem Volk des Sinaibundes.“
Gebet für Israel am 10.Sonntag nach Trinitatis und am Karfreitag, wie es in der SELK für den gottesdienstlichen Gebrauch freigegeben ist:
„Allmächtiger, ewiger Gott, du hast Israel zum ersten Zeugen deiner Offenbarung erwählt: erhöre unsere Bitten für das Volk deiner Verheißung und gib, dass es das Licht der Wahrheit erkenne, das Heil in Christus annehme und deinen Sohn mit der ganzen Christenheit preise. Durch ihn, Jesus Christus, unsern Herrn. Amen.“
Text und Gebet sind entnommen aus: Lutherische Kirche und Judentum. Theologische Kommission der SELK. 2016 (Vollständig im Downloadbereich von www.selk.de / Theologie).


Lexikon - H


Halleluja
Halleluja ist eines der hebräischen Worte (wie z.B. auch Amen), das zum christlichen Gottesdienst konfessionsübergreifend und weltweit gehört. Es bedeutet: Gelobt sei Gott!
Alttestamentliche Lesung, Epistel und Evangelium bilden im Gottesdienst den Dreiklang der biblischen Lesungen.
Hierbei ergeben sich zwei Übergänge, nämlich den von der alttestamentlichen zur epistolischen und den von der epistolischen zur evangelischen Lesung, die in der Alten Kirche durch Gesänge miteinander verbunden waren.
Auf die alttestamentliche Lektion folgte, von den Stufen (lat. gradus= Stufe) des Lesepultes (Ambo) aus vom Kantor gesungen der danach so genannte Gradual-Psalm. Ein daraus entnommener Psalmvers wurde jeweils nach einigen Versen von der Gemeinde (bzw. der Schola) als Responsorium (=Antwort, Kehrvers oder Refrain) gesungen.
Auf die Epistel folgte –als Ankündigung des Evangeliums- ein Hallelujapsalm, also ein Psalm, auf den die Gemeinde mit „Halleluja“ antwortete.
Während des Hallelujapsalmes und des Halleluja begab sich der Diakon oder Priester in einer kleinen Prozession mit dem Evangeliar (dem Evangelienbuch) zum Lesepult (Ambo), wobei in festlichen Gottesdiensten Helfer mit Weihrauch und Leuchtern vorangingen, die rechts und links neben dem Lesepult aufgestellt wurden.
Bis heute findet man diesen Brauch oder zumindest Bestandteile davon in römisch-katholischen und auch lutherischen Gottesdiensten.
Vom Sonntag Septuagesimae bis Karsamstag sowie an Buß-, Bitt- und Trauertagen entfällt das jubelnde Halleluja.
Aus diesen ursprünglichen Zwischengesängen ist im Laufe der Zeit in unseren lutherischen Gottesdiensten der Hallelujavers (als verkürzter Hallelujapsalm) mit dem Halleluja-Responsorium der Gemeinde und das sog. Gradual-Lied entstanden. Dieser, auch Hauptlied genannte Choral nimmt Bezug auf die Kirchenjahreszeit oder einen Leitgedanken des Sonntagspropriums („Proprium“ nennt man die je nach Kirchenjahreszeit wechselnden Stücke des Gottesdienstes wie z.B. Lesungen, Hauptlied, Hallelujavers; „Ordinarium“ heißen die feststehenden Stücken wie z.B. das Kyrie, das Vaterunser etc.)


Hausbibelkreis
→ Bibelkreis


Heilige Schrift
→ Bibel → Altes Testament → Neues Testament


Heiliger Geist
→ Dreieinigkeit → Gott
(1) Der Heilige Geist (griech. Ἅγιον Πνεῦμα [hagion pneuma], lat. spiritus sanctus; im Johannesevangelium auch ‚Paraklet‘ von griech παράκλητος [paraklätos], „Tröster“, „Beistand“) ist die dritte Person (oder Hypostase) der göttlichen Trinität (→ Credo → Nicänum).
Der Heilige Geist ist Gott, also nicht nur eine an sich unpersönliche göttliche Kraft, sondern selbst göttliche Person.
Zu Pfingsten feiert die Kirche (50 Tage nach Ostern) die „Ausgießung“ des Heiligen Geistes. (Apg 2, 1-13) Da mit dem Kommen des bereits im AT angekündigten Hl. Geistes die Sammlung der Christusgläubigen zur Kirche beginnt, wird das Pfingstereignis auch als „Geburtstag der Kirche“ bezeichnet.
Der H.G. als dritte Person der göttlichen Trinität und die Gaben (Früchte) des H.G. können nicht voneinander getrennt, müssen aber voneinander unterschieden werden. (z.B. Röm 12, 1 Kor 12; Gal 5,22)
Im NT kommt der Begriff H.G. etwa einhundert Mal vor. Z.B.:
Mt 1,18.20; Lk 1,35: Die Gottesmutter Maria empfängt Jesus durch den H.G.
Mt 3,13–17: Bei der Taufe Jesu im Jordan kommt der H.G. „wie eine Taube“ auf Jesus herab.
Vielfache Erwähnung findet der H.G. im Johannesevangelium: Als Geist der Wahrheit, als Tröster und Beistand (z.B. Joh 14,16–17; 26; Joh 16,13–1)
Mt 28,19: Im Missions- und Taufbefehl ordnet Christus die Taufe „auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des H.G.“ an.
Apg 2,38; Apg 10,44; Gal 3,2.1-6: Der Empfang des H.G. schenkt den rettenden Glauben an Christus und ist zugleich Gabe und Erweis des Glaubens.
In seiner Auslegung des 3. Artikels des Apostolischen Glaubensbekenntnisses im Kleinen Katechismus sagt Martin Luther über den H.G.,
„Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben; in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt und am Jüngsten Tage mich und alle Toten auferwecken wird und mir samt allen Gläubigen in Christus ein ewiges Leben geben wird. Das ist gewisslich wahr.“
(2) Die Frage, ob der H.G. „nur“ aus dem Vater oder „aus dem Vater und dem Sohn“ hervorgeht, hat in der Kirche zum sog. Filioque-Streit geführt. (filioque = und [aus] dem Sohn)
Während in der Westkirche spätestens seit Anfang des 5. Jhdts. im Nicänischen Glaubensbekenntnis bekannt wird, der H.G. gehe aus dem Vater und dem Sohn hervor, beharrte und beharrt die Ostkirche darauf, der H.G. gehe „nur“ aus dem Vater hervor.
Das Filioque ist jedoch neutestamentlich wohl begründet. Insbesondere in der dort bezeugten Einheit von Vater und Sohn. Jesus sagt (Joh 10,30): „Ich und der Vater sind eins und (Joh 14,9 / vgl. 12,45): „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“
Wenn Jesus, der Sohn wahrer Gott und der Vater, wahrer Gott, eins sind, dann ist auch der H.G. mit beiden „identisch“. Dann geht derselbe Geist vom Vater und auch vom Sohn aus.
Joh 16,13-15 entfaltet Jesus vom H.G. “Alles, was der Vater hat, das ist mein“. Mit anderen Worten: Wenn Jesus den H.G. in die Welt sendet (Joh 15,26+16,7), geht der H.G. von ihm selbst wie auch vom Vater aus.


Himmelfahrt Christ
Christi Himmelfahrt (griech. ἡ Ἀνάληψις τοῦ Κυρίου [hä analäpsis tu küriu] = ‚die Aufnahme des Herrn‘; lat. Ascensio Domini = ‚Aufstieg des Herrn‘ bedeutet die Rückkehr Jesu Christi, des Sohnes Gottes zu seinem Vater in den Himmel.
Christi Himmelfahrt wird am 40. Tag des Osterfestkreises, also 39 Tage nach dem Ostersonntag, gefeiert. Deshalb fällt das Fest immer auf einen Donnerstag. Der frühestmögliche Termin ist der 30. April; der spätestmögliche der 3. Juni.
Im Lukasevangelium 24,50–53 und in der Apostelgeschichte des Lukas 1,1–11 wird bezeugt, dass der auferstandene Christus, verhüllt durch eine Wolke, „zur Rechten Gottes“ erhoben wird. Die Himmelfahrt wird außerdem in Mk 16,19, 1 Petr 3,22, Heb 4,14 und 9,24 und – als Weissagung und Verheißung – in Psalm 47 und Ps 68,19 erwähnt.
1. Christus ist nicht verschwunden
Zu den heute am wenigsten verstandenen Festen des christlichen Glaubens zählt zweifellos das Fest der Himmelfahrt Christi. Was soll ein moderner Mensch, der um die unfassbar riesige Ausdehnung des Weltalls weiß, mit dieser Aussage anfangen, dass Christus „gen Himmel gefahren“ sein soll?
Und so spricht man auch statt vom Fest der Himmelfahrt Christi lieber vom „Vatertag“ oder „Männertag“ und versucht damit, ihm einen neuen, nichtchristlichen Sinn abzugewinnen.
In Wirklichkeit ist das Bekenntnis zur Himmelfahrt Christi jedoch viel moderner, als man zunächst denken mag. Der christliche Glaube weiß nicht erst seit dem letzten Jahrhundert darum, dass der „Himmel“ nicht irgendein Ort „über“ der Erde oder jenseits der Wolken ist. Sondern der „Himmel“ ist nach christlichem Verständnis dort, wo Gott ist. Und Gott ist uns in Wirklichkeit viel, viel näher, als wir dies erahnen.
Christus hat sich durch seine Himmelfahrt also nicht von uns Menschen entfernt, sondern ist uns dadurch noch viel näher gekommen. Er ist als der Auferstandene gleichsam in eine andere Dimension eingegangen, die wir Menschen im Augenblick mit unseren fünf Sinnen noch nicht wahrnehmen und begreifen können.
Eben dies haben schon im 16. Jahrhundert die Lutheraner gegenüber den Reformierten geltend gemacht, die behaupteten, Christus könne im Heiligen Abendmahl nicht leibhaftig gegenwärtig sein, da er ja „im Himmel“ sei: Nein, gerade weil Christus „im Himmel“ ist, in dieser anderen Dimension, ist er nicht mehr an Raum und Zeit gebunden und kann darum zugleich an verschiedenen Orten hier auf Erden mit seinem Leib und Blut anwesend sein.
Dass es im Übrigen weit mehr als die drei Dimensionen gibt, mit denen unser alltägliches Denken vertraut ist, davon gehen heute auch die Astrophysiker aus, auch wenn sie bei ihren Forschungen gewiss niemals auf die Dimension stoßen werden, in die Christus durch seine Himmelfahrt eingegangen ist. Jedenfalls ist das Fest der Himmelfahrt Christi von daher kein „Abschiedsfest“; und wenn wir das Heilige Mahl feiern, sind auch wir schon mit Christus „im Himmel“.
2. Christus bleibt der Herr der Welt
Das Bekenntnis, dass Christus gen Himmel gefahren ist, beinhaltet auch das Bekenntnis zu Christus als dem Herrn der Welt: Christus bleibt der Herrscher der Welt; vor ihm werden sich einmal alle Menschen zu verantworten haben.
Die Wahrheit dieses Bekenntnisses lässt sich ganz gewiss nicht am Lauf der Geschichte ablesen; im Gegenteil: Alle Erfahrungen, die wir in dieser Welt machen, scheinen dem Bekenntnis zu Christus als dem Herrn der Welt klar zu widersprechen: In dieser Welt herrschen doch ganz andere Menschen und Mächte als Christus und die, die ihm angehören, und da, wo sich Menschen und Institutionen in ihrer Herrschaftsausübung auf Christus berufen haben, da war dies in aller Regel keine Werbung für den Herrn, auf den sie sich da beriefen.
Ja, wie kann man davon reden, dass Christus der Herr der Welt bleibt, angesichts von Kreuzzügen und Kriegen, angesichts von Auschwitz und der sowjetischen Vernichtungslager?
Das Bekenntnis zu Christus als dem Herrn der Welt bleibt ein Bekenntnis gegen allen Augenschein und gegen alle Erfahrung. Es verlässt sich einzig und allein auf die Zusage Christi selber, der nach seiner Auferstehung sich seinen Jüngern als eben dieser Herr der Welt zu erkennen gegeben und gesagt hat: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ (Matthäus 28,18) Aus den Evangelien wissen wir, dass Christus nicht versucht hat, seinen Machtanspruch mit politischen und militärischen Mitteln durchzusetzen. Ihm ging es darum, die Herzen der Menschen zu erreichen und zu verändern. Aber wir wissen als Christen auch darum, dass Christus einmal dieser Welt auch als Richter begegnen wird. Dann werden sich vor ihm auch einmal all diejenigen verantworten müssen, die ihre Macht hemmungslos missbraucht haben und die vielleicht in ihrem Leben hier auf Erden von keinem Gericht zur Rechenschaft gezogen wurden. Die Massenmorde in den Konzentrationslagern und Gulags, die Kriegsverbrechen und Terroranschläge und was es sonst noch alles an Untaten in der Geschichte gegeben hat: All dies wird noch einmal zur Sprache kommen vor Christus, und die, die dafür verantwortlich waren, werden sich dem nicht entziehen können.
So ist das Bekenntnis zur Himmelfahrt Christi, zu Christus als dem Herrn der Welt auch ein Bekenntnis der Hoffnung auf Gerechtigkeit, das uns nicht verzweifeln lässt angesichts dessen, was wir in dieser Welt immer wieder erleben müssen.


Hochgebet
→ Eucharistisches Hochgebet


Hochkirchliche Bewegung
Die sog. Hochkirchliche Bewegung (HB) ist hinsichtlich ihrer Strukturen, Inhalte und Schwerpunkte so vielschichtig und uneinheitlich, dass im Rahmen einer Kurzdarstellung nur schlaglichtartige und pauschale Anmerkungen möglich sind.
Ihre Wurzeln hat die HB im Neuluthertum des 19. Jahrhunderts, im anglikanischen Anglo-Katholizismus und in der liturgischen Bewegung des 20. Jahrhunderts.
Der Begriff "Hochkirche" ist englischen Ursprungs und wurde im Anglo-Katholizismus (High-Church) in Unterscheidung zur protestantisch bzw. evangelikal geprägten "Low-Church" geprägt.
Eine Gemeinsamkeit hochkirchlicher Institutionen, Kommunitäten usw. ist ein ursprüngliches Neuverständnis der Kirche (una sancta catholica et apostolica ecclesia) als theologisch vergessener Größe, die es wieder ins Bewusstsein der reformatorischen Kirchengemeinschaften zu bringen gelte.
Je nach Prägung und Ausrichtung setzen hochkirchliche Theologen die Schwerpunkte dabei auf altkirchliche liturgische Formen, die Wiederbelebung eucharistischer Spiritualität (von der sonntäglichen Abendmahlsfeier bis hin zur sakramentalen Anbetung des Leibs und Blutes Christi in den Elementen von Brot und Wein), eine an der römisch-katholischen Kirche orientierte Ökumenearbeit, die Wiedergewinnung der sog. historischen apostolischen (bischöflichen) Sukzession, das Stundengebet und das kommunitäre evangelische Ordensleben. Als Vordenker der HB in Deutschland sind Namen wie Heinrich Hansen, Friedrich Heiler, Helmut Echternach, Walter Drobnitzky, Hans Asmussen, Max Lackmann, Wilhelm Stählin, Karl Bernhard Ritter oder Karl August Hahne zu nennen.
Innerhalb der HB existieren sowohl lutherisch-konfessionelle wie auch sich selbst als "evangelisch-katholisch" verstehende auf die kirchliche Wiedervereinigung zielende Strömungen.
Eine Sonderstellung nimmt die "Kirchliche Arbeit Alpirsbach" ein, die 1933 von Friedrich Buchholz (+ 1967) und Richard Gölz (+1975) gegründet wurde, um eine der deutschen Sprache angemessene Gregorianik zu entwickeln und diese in den evangelischen Kirchen zu beheimaten.
Gemeinde- oder kirchenbildend ist die HB in aller Regel nie geworden. Vielmehr finden sich in losen Zirkeln oder kommunitären, aber innerhalb der Landeskirchen befindlichen Strukturen hochkirchliche Christen zu Gottesdiensten und theologischen Tagungen zusammen, leben aber ansonsten als Pastoren oder Laien in ihren evangelischen Gemeinden.
In Deutschland existieren ca. zwischen 12 und 20 der HB zuzuordnende hochkirchliche Bruderschaften oder Kommunitäten mit allenfalls wenigen hundert Mitgliedern, von denen einige auch für sich beanspruchen, in einer als historisch (miß-)verstandenen bischöflichen apostolischen Sukzession zu stehen. Diese Sukzession wird in sehr vielen Fällen (so auch vom "Hochkirchlichen Apostolat St. Ansgar") zurückgeführt auf Vagantenbischöfe wie z.B. Arnold Harris Matthew (1852-1919), dessen Bischofsweihe 1920 durch die Utrechter Union (Zusammenschluß Altkatholischer Kirchen) jedoch für ungültig erklärt wurde.
Ein Verdienst der HB ist es, einem sich selbst genügenden und oftmals provinziellen Protestantismus die Fülle der kirchlichen Tradition vor Augen zu halten und in ihren nicht selten auch deutlich biblischen Bezügen zu erschließen. Hochkirchliche Theologen haben häufig exzellente theologische Leistungen erbracht. Und zwar nicht nur auf liturgiewissenschaftlichem, sondern auch homiletischem, exegetischem und kirchengeschichtlichem Gebiet.
Problematisch erscheint die Neigung hochkirchlicher Persönlichkeiten und Gruppierungen, in einem von Eitelkeiten und gelegentlich einem ans Pathologische grenzenden Egozentrismus geleiteten Selbstbewusstsein an die Stelle des ursprünglich so prägenden kirchlich-katholischen Bewusstseins ein abseitiges, oft im Verborgenen wachsendes Sektierertum zu setzen.
Aus der Aussenwahrnehmung wird die SELK aufgrund ihrer altkirchlich geprägten, liturgisch-reich und festlich gestalteten Gottesdienste, ihrer Hochschätzung des Hirten- und Bischofsamtes der Kirche und der Ordination gelegentlich in die Nähe der hochkirchlichen Bewegung(en) gerückt. Diese Zuordnung ist jedoch weder theologisch (insbesondere ekklesiologisch) noch praktisch-liturgisch zutreffend.
Hochkirchliche Weihen werden durch die SELK nicht anerkannt. Pfarrer der SELK, die sich solche Weihen erteilen lassen sollten, müßten umgehend mit einem Lehr- und/oder Dienstbeanstandungsverfahren rechnen.


Hölle
→ Jüngstes Gericht
Im Alten Testament ist an einer Reihe von Stellen von der „sheol“ die Rede, dem Totenreich. Dieses wird aber nicht als Alternative zum „Leben im Himmel“ nach dem Tod angesehen; vielmehr ist im Alten Testament die Hoffnung auf ein jenseitiges Leben noch nicht sehr ausgeprägt. Kennzeichnend für das Verständnis des Alten Testaments vom „Leben“ nach dem Tod ist das Lied Hiskias, „als er krank gewesen und von seiner Krankheit gesund geworden war“ (Jesaja 38,9): „Ich sprach: Nun muss ich zu des Totenreiches Pforten fahren in der Mitte meines Lebens, da ich doch gedachte, noch länger zu leben. Ich sprach: Nun werde ich den HERRN nicht mehr schauen im Lande der Lebendigen. … Denn die Toten loben dich nicht, und der Tod rühmt dich nicht, und die in die Grube fahren, warten nicht auf deine Treue; sondern allein, die da leben, loben dich so wie ich heute.“ (Jesaja 38, 10.11.18.19)
Was nach dem Tod kommt, kann man nicht als Leben bezeichnen. Diese Zurückhaltung des Alten Testaments, die allerdings an einigen Stellen bereits aufgebrochen wird, sollte uns nicht irritieren, sondern ist nur allzu verständlich: Dass sich uns nach unserem Tod tatsächlich ein neues Leben eröffnet, ist kein natürlicher, selbstverständlicher Prozess, der sich aus der Unsterblichkeit unserer Seele ergeben würde, sondern wird einzig und allein dadurch ermöglicht, dass Christus die Macht des Todes durch seine Auferstehung gebrochen hat. Erst von Ostern her gewinnt die Frage, wie es mit uns nach unserem Tod weitergeht, überhaupt echte Bedeutung.
Sobald sich der Horizont jedoch jenseits der Todesgrenze weitet, stellt sich natürlich die Frage nach unserem menschlichen Geschick nach unserem Tod. Und da müssen wir zunächst einmal ganz nüchtern feststellen, dass Jesus selber in seiner Verkündigung nicht sehr häufig, aber doch an einigen sehr prägnanten Stellen von der Hölle nicht bloß im Sinne eines allgemeinen „Totenreiches“, sondern im Sinne eines Ortes oder Zustands spricht, der durch eine endgültige Trennung von der Gegenwart Gottes und dass heißt durch eine Erfahrung der endgültigen Verfehlung des eigenen Lebens gekennzeichnet ist. Als Beispiel sei hier die Erzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus (Lukas 16,19-31) genannt, wo ausdrücklich von der „großen Kluft“ die Rede ist.
An anderen Stellen kann Jesus auch von der „Finsternis“ reden, in die Menschen verstoßen werden, oder von der „Auferstehung des Gerichts“ (Johannes 5,29). An letztgenannter Stelle wird auch schon deutlich, dass die Scheidung nach dem Tod, die Jesus ankündigt, Ergebnis eines richtenden Handelns Gottes bzw. Christi selber ist, dem sich kein Mensch nach seinem Tod entziehen kann. Dieses Thema des letzten Gerichts zieht sich durch das gesamte Neue Testament hindurch.
Schließen sich die Verkündigung des liebenden Gottes und die Verkündigung eines letzten Gerichts mit doppeltem Ausgang nicht gegenseitig aus?
Wir müssen uns fragen, ob wir das Recht dazu haben, dem, was Jesus klar und eindeutig erklärt, zu verweigern und uns stattdessen eine eigene „frohe Botschaft“ ohne letztes Gericht zu schaffen.
Zunächst einmal fällt im Neuen Testament auf, dass so gut wie keinerlei Einzelheiten in der Beschreibung der Hölle erwähnt werden.
Erst später hat man im Verlauf der Kirchengeschichte und der christlichen Kunst angefangen, das Innere der Hölle fantasievoll auszugestalten. Beschrieben wird in der Heiligen Schrift nur die Trennung als solche, die sich im Gericht vollzieht, und es wird allerdings auch angedeutet, dass diejenigen, die von Gott getrennt bleiben, diese Trennung als leidvoll erfahren. Wenn die Kirche also von der Hölle spricht, gebraucht sie diese gerade nicht als Projektionsfläche menschlicher sadistischer Fantasievorstellungen.
Weiterhin muss festgehalten werden, dass wir als Christen nur so von der Hölle reden können, dass wir zugleich immer von Jesus Christus reden, und zwar in doppelter Weise:
Zum einen hat Jesus Christus selber am Kreuz die Hölle durchlitten, als er rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Matthäus 27,46) Christus hat eben darum am Kreuz die Hölle erlitten, damit die, die ihm vertrauen, diese Höllenerfahrung nicht machen müssen. Wer an Christus glaubt, braucht vor der Hölle keine Angst zu haben. Hier gilt vielmehr Christi Zusage: „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“ (Johannes 5,24)
Und zum anderen bekennen wir, dass Jesus Christus niedergefahren ist zur Hölle. Die biblischen Belegstellen hierfür (1. Petrus 3,19-20; 4,6; dazu auch Kolosser 2,15 und möglicherweise Epheser 4,9) machen deutlich, dass Christus sich mit seiner Höllenfahrt als Sieger über alle gottfeindlichen Mächte zu erkennen gegeben hat und zugleich mit seiner Höllenfahrt auch Menschen erreicht hat, die in ihrem Leben nicht an ihn geglaubt hatten. Die Aussagen sind nicht so deutlich, dass wir daraus weitreichende Schlussfolgerungen ziehen könnten. Doch darf es uns ein Trost sein, dass Christi Macht und seine Möglichkeiten selbst und gerade an den Pforten der Hölle nicht enden.
Schließlich ist es ganz wichtig festzuhalten, dass es keinen Menschen gibt, über den wir mit Gewissheit das Urteil fällen könnten, dass er sich tatsächlich in der Hölle befindet – von dem reichen Mann in der Geschichte, die Jesus erzählt, einmal abgesehen.
Dieses letzte Urteil fällt Gott allein; uns hingegen gilt immer wieder die Warnung: „Richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt.“ (Lukas 6,37) Das bedeutet aber umgekehrt auch, dass es uns nicht zusteht, dem lieben Gott gute Ratschläge zu geben, wie er am Ende einmal mit den Menschen zu verfahren hat – nämlich so, dass es unserem menschlichen Gerechtigkeitsempfinden entspricht.
Dieses Gerechtigkeitsempfinden kann sich durchaus sehr unterschiedlich artikulieren. Doch Gott sollen und dürfen wir zutrauen, dass er recht richten wird – eben so, dass wir einmal singen werden: „Alle Völker werden kommen und anbeten vor dir, denn deine gerechten Gerichte sind offenbar geworden.“ (Offenbarung 15,4)
Eines macht die Heilige Schrift mit ihrer Verkündigung des letzten Gerichtes allerdings sehr deutlich: Was hier und jetzt in unserem Leben geschieht, hat so oder so Ewigkeitsbedeutung. Hier und jetzt fallen in unserem Leben letzte Entscheidungen – und Gott ist bereit, auch die Entscheidung von Menschen ernst zu nehmen, die sich endgültig seinem Liebeswerben verweigern und endgültig lieber ohne ihn leben wollen. Sollte Gott nicht das Recht dazu haben, denjenigen Menschen ihren Wunsch zu erfüllen, die ganz bewusst in ihrem Leben ohne ihn auskommen wollten?
Dies macht die Heilige Schrift allerdings auch ganz klar: Gott will nicht, dass auch nur ein Mensch in der Hölle landet. Er will, „dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ (1. Timotheus 2,4)
Wer sich endgültig von Gott lossagt, begibt sich also gegen Gottes ausdrücklichen Willen in die Gottesferne der Hölle und ist keinesfalls Opfer göttlicher Willkür. Als Begründung für die Verweigerung des Glaubens an Gott taugt der Verweis auf die Hölle also in Wirklichkeit gerade nicht!


Homosexualität
„Homosexualität wird von der Heiligen Schrift in großer Klarheit als nicht gottgewollt und als Sünde bezeichnet. Deshalb kann die Kirche keine gleichgeschlechtlichen Paare segnen. Dass die Kirche gleichgeschlechtlich empfindenden Menschen respekt- und liebevoll begegnet und zudem gegen ihre Diskriminierung auftritt, ist Frucht und Folge gewinnender Liebe Christi, die allen Menschen gilt.“ (Bischof Hans-Jörg Voigt in: Hirtenwort „Ehe und Familie als Gaben Gottes entdecken“ . www.selk.de/download/Hirtenwort_Ehe-Familie.pdf )
Ausführlicher in: „Sexualität im Leben eines Christen ... eine Orientierungshilfe. Herausgegeber: Kirchenleitung und Kollegium der Superintendenten der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK). Reihe Lutherische Orientierung, Heft 2
www.selk.de/download/Lutherische_Orientierung2.pdf


Hostie
Hostie = von lateinisch hostia: ‚Vergeltung, Opfer, Opferlamm, Opfertier oder Opfergabe'
Als H. wird in der SELK (aber auch in den anderen Kirchen der katholischen Tradition des Westens) das für die Feier des Heiligen Abendmahls verwendete Brot aus Wasser und Weizenmehl bezeichnet.
H.n sind kleine, runde ungesäuerte Brote in der Tradition der jüdischen Mazza, die Jesus bei der Einsetzung des Heiligen Abendmahls im Rahmen der Passahfeier benutzte.
Neben den kleinen H.n finden in den Gemeinden der SELK auch große, sog. „Priester- oder Schauhostien“ Verwendung, die während des Agnus-Dei-Gesangs in kleine Stücke gebrochen und an die Kommunikanten mit ausgeteilt werden.
Der Brauch, anstelle eines großen Brotlaibs, der für die Kommunikanten in kleine Stücke gebrochen wird, kleine Einzelhostien zu verwenden, liegt in der Konsequenz des luth. Glaubens an die Gegenwart des wahren Leibes und Blutes Christi unter Brot und Wein: Beim Brechen des Brotes entstehen zwangsläufig viele Brösel, also Fragmente des gesegneten Brotes. Um zu vermeiden, dass solche Fragmente, ‚Partikel‘ genannt, verloren gehen oder ehrfurchtslos behandelt werden, entstanden schon im 8./9. Jahrhundert die heutigen Hostien.
Zwischen der Ostkirche und der Westkirche entstand im 11. Jahrhundert ein Lehrstreit über die Frage, ob zum Hl. Abendmahl ungesäuertes (Westkirche) oder gesäuertes („süßes“) Brot verwendet werden müsse bzw. dürfe. An diesem Streit (Azyma-Astreit) entzündete sich letztlich das sog. Morgenländische Schisma von1054. (Azyma gr. ἄζυμα, ungesäuert, ohne Hefe, Singular: Azymon)
Umstritten ist heutzutage die Frage, ob Hostien, die anstelle von Weizenmehl aus glutenfreier Kartoffelstärke hergestellt sind, um glutenallergischen Menschen die Kommunion unter beiderlei Gestalt zu ermöglichen, der Einsetzung Christi entsprechen und verwendet werden dürfen.
In der röm.-kath. Kirche ist dies geregelt: In der Regel ist das nicht gestattet.

Lexikon - G


Gebet

→ Beten
Das wichtigste Gebet der Christenheit ist das Vaterunser. Die Evangelisten Lukas (Kap. 11) und Matthäus (Kap. 6) überliefern das Vaterunser als das Gebet, das Jesus Christus selbst seine Jünger lehrte, als sie ihn baten, sie das Beten zu lehren.
Für das persönliche wie gottesdienstlich-liturgische Beten hat sich die Vaterunser-Fassung durchgesetzt, die Matthäus überliefert.
Die sog. Doxologie, der abschließende Lobpreis „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ findet sich bereits in der sog. Didache, einer Kirchen-und Gottesdienstordnung aus dem 1. Jahrhundert, konnte aber bislang nur in später bezeugten Handschriften des Matthäus-Evangeliums nachgewiesen werden.
Viel älter als das Vaterunser sind die Psalmgebete des Alten Testaments, die Christen und Juden gemeinsam haben. Die Psalmen umfassen Lob-, Dank- und Klagegebete, Gebete um Schutz, Bewahrung und Rettung, Buß- und Reuegebete, Lobpreis- und Segensgebete.
Zu „christlichen“ Gebeten werden die Psalmen, weil sie (wie bereits Luther betonte) die Gebete Christi sind. Zu den letzten Worte Jesu am Kreuz gehören z.B. Psalm 22,2 „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ und Psalm 31,6 „In deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Die Psalmen, aber auch alle anderen Gebete richten wir „durch Christus im Heiligen Geist an den Vater“. Christen beschließen die Psalmgebete daher bewusst mit dem Lobpreis „Ehre sei dem Vater und dem Sohne, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.“
Alle anderen Gebete, insbesondere im Gottesdienst, enden mit dem Satz „[Das bitten wir] durch Christus, unseren Herrn.“ Damit berufen wir uns auf Christus, der (Joh 14,13) verheißen hat: „Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn.“
Für den Gebrauch in den Gottesdiensten geben die → Agenden mit oft sehr alten aber auch neueren und neuen formulierten Gebeten Pastoren und Gemeindegliedern eine „Sprachlehre“ an die Hand: Diese Gebete sind oft von Generationen von Christen erprobt und bewährt und bewahren Liturgen und Gemeinden vor redundanten, routinierten „freien Gebeten“, die nicht selten Eigenheiten und Eitelkeiten des Vorbeters unangemessen in den Vordergrund rücken.
Grundsätzlich gibt es jedoch für die Art und Weise des Gebets eines Christen keine „Vorschriften“. Im persönlichen Gebet oder im vertrauten Kreis ist das freie Gebet durchaus angemessen, ja selbstverständlich. Manchem hilft es, z.B. mit einem Gebetbuch seine tägliche „Stille Zeit“ zu halten und lässt sich durch die dort abgedruckten Gebete zu eigenem, freiem Weiterbeten inspirieren.
Die luth. Kirche kennt und praktiziert auch das sog. Stundengebet, also die kurzen Gebetsgottesdienste, die ursprünglich den klösterlichen Alltag der Mönchen und Nonnen prägten (und bis heute prägen). Die bekanntesten Stundengebete, die auch in der luth. Kirche von Einzelnen wie von Gruppen (bei Freizeiten, Rüstzeiten, Konventen usw.) und Kirchgemeinden verwendet werden, sind die Mette (Matutin/Morgengebet), die Vesper (Abendgebet) und die Complet (Nachtgebet).
Gerade in geistlichen Durst- und Dürrephasen sind solche, durch liturgisches Gebet strukturierte und geregelte Gebetszeiten vielen eine Hilfe, das Gespräch mit Gott nicht abreißen zu lassen.


Geist
→ Heiliger Geist


Geld
Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche und viele ihrer → Gemeinden sind → Körperschaften des öffentlichen Rechtes wie auch z.B. die Evangelische Kirche oder die Römisch-katholische Kirche in Deutschland. Auf die damit verbundene Möglichkeit, Kirchensteuern über das Lohnsteuerabzugsverfahren durch die staatlichen Finanzämter einziehen zu lassen verzichtet die SELK jedoch. Statt dessen finanziert sie sich durch Kirchenbeiträge, Spenden und Kollekten selbst.
Kirchenbeiträge
Kirchenbeiträge sind von den Gemeindegliedern direkt an die Kirchengemeinde zu entrichten. Jede Gemeinde überweist eine sogenannte Umlage an die Allgemeine Kirchenkasse, aus der vor allem die → Pfarrgehälter bezahlt werden, die gesamtkirchlich einheitlich sind und nicht von der Größe oder Zahlungskraft einer Ortsgemeinde abhängen. Das sichert den Pfarrern die nötige Unabhängigkeit im Verkündigungsdienst. In den Gemeindeordnungen heißt es in § 5,3:
„Die Glieder der Gemeinde sind nach Gottes Wort verpflichtet, zur Erfüllung der kirchlichen und gemeindlichen Aufgaben mit Beiträgen, Spenden und Kollekten in angemessener Höhe beizutragen.“
Höhe des Kirchenbeitrags und Steuerabzugsfähigkeit
In der SELK wird kein allgemeingültiger Richtwert vorgegeben. Die Gemeinden handhaben die Bereitstellung von Hinweisen zur eigenen Beitragsberechnung unterschiedlich. Die Kirchenbeiträge sind steuerlich genauso absetzbar wie Kirchensteuern oder Spenden für kirchliche Zwecke. Jährlich werden darüber Spendenquittungen zur Vorlage beim Finanzamt ausgestellt.
Allgemeine Kirchenkasse und Kirchenverwaltung
Der Hauptanteil der Umlagesummen an die Allgemeine Kirchenkasse wird für die Besoldung der Pfarrer benötigt. Daraus werden auch die Zuschüsse für kirchliche Werke, vor allem die Lutherische Theologische Hochschule in Oberursel finanziert. Ein verschwindend geringer Bruchteil wird für die gesamtkirchliche Verwaltung benötigt. Im Unterschied zu den Großkirchen kommt die SELK mit einer Kirchenkanzlei in einem Einfamilienhaus und einer Handvoll Angestellten aus. Die Lutherische Kirchenmission, die Medienmission „Lutherische Stunde“ und die diakonischen Einrichtungen der SELK finanzieren sich weitgehend unabhängig von der Allgemeinen Kirchenkasse durch Spenden.
Die Besoldung der Pfarrer
In der SELK legen wir Wert darauf, dass die Pfarrer in der Verkündigung von Gesetz und Evangelium unabhängig sind. Das heißt: 1. Unabhängig vom Staat und seiner jeweiligen Einstellung zu Kirche und Glaube und 2. unabhängig von ihren Gemeinden, dort vorherrschenden Tendenzen und Mehrheiten. Darum verzichtet die SELK weitestgehend auf jegliche staatlichen finanziellen Zuschüsse und etwa auch auf die ihr zustehende Möglichkeit des Einzugs von Kirchensteuern über die Finanzämter. Sie kennt aber auch keine Direktbesoldung der Pfarrer durch die Einzelgemeinde (wie z.B. in den meisten Freikirchen), sondern besoldet alle Pfarrer über ein Umlagesystem aus der Allgemeinen Kirchenkasse. Die Gehälter der Pfarrer orientieren sich zwar am öffentlich-rechtlichen Beamtenbesoldungssystem, liegen aber um etwa ein Drittel unter denen evangelischer oder römisch-katholischer Geistlicher. Je nach Finanzlage der Gesamtkirche können die Gehälter der Pfarrer sinken oder steigen.


Gemeindewechsel
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinden der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gliedern sich nicht nach dem Territorialprinzip, wie in der Regel die der Landeskirchen oder der römisch-katholischen Kirche. Vielmehr ist jede Kirchengemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherische Kirche eine „→ Personalgemeinde“, das heißt: Nicht durch Zuzug in eine Region, sondern durch Überweisung für Kirchglieder der SELK oder einer ihrer Schwesterkirchen oder Eintritt für Christen anderer Konfessionen wird man Mitglied einer Kirchengemeinde vor Ort.
Ich möchte die Gemeinde wechseln. Was muss ich tun?
Wenn Sie zu einer Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gehören und in eine andere Gemeinde wechseln möchten, wenden Sie sich bitte an Ihr bisher zuständiges evangelisch-lutherisches Pfarramt. Ihr Gemeindepfarrer wird Sie dann überweisen. Die Überweisung erfolgt unbürokratisch und problemlos.
Wie teuer ist die Überweisung?
Eine Überweisung ist kostenlos.
Ich gehöre zu einer anderen Konfession und möchte in eine Gemeinde der SELK wechseln.
Wenn Sie zu einer anderen christlichen Konfession gehören und in eine Kirchengemeinde der SELK wechseln möchten, dann müssen Sie zuvor Ihren Kirchenaustritt erklären.
In einigen Bundesländern besteht auch die Möglichkeit der kirchlichen Überweisung aus einer Kirchgemeinde einer lutherischen Landeskirche in eine Kirchgemeinde der SELK, ohne zuvor einen Kirchenaustritt bei einer staatl. Behörde erklärt zu haben. → Überweisungsvereinbarung


Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre
Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GER) wurde am 31.10.1999 in der evangelischen St. Anna-Kirche zu Augsburg von Kardinal Edward Idris Cassidy, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen als Vertreter der römisch-katholischen Kirche und Christian Krause, dem Präsidenten des Lutherischen Weltbunds (LWB) als Vertreter der im LWB zusammengeschlossenen lutherischen Kirchen unterzeichnet.
Unterzeichneter Bestandteil der GER ist sowohl eine „Gemeinsame Offizielle Feststellung“, als auch ein sog. Annex, ein ausführlicher erläuternder Anhang.
Am 23.7.2006 traten auch die Methodisten auf Weltebene der GER bei.
Das Dokument versteht sich nicht als neues Konvergenz- oder umfassendes Konsenspapier, sondern als Bündelung und Beschreibung der Ergebnisse von Konvergenz- und Dialogkommissionen zwischen LWB und Rom, die seit den 1970-er Jahren getagt und diverse Konvergenzpapiere vorgelegt hatten. (Z.B. „Lehrverurteilungen – kirchentrennend?“ ; 1986)
Die GER gliedert sich in fünf Hauptabteilungen:
1. Biblische Rechtfertigungsbotschaft
2. Die Rechtfertigungslehre als ökumenisches Problem
3. Das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung
4. Die Entfaltung des gemeinsamen Verständnisses der Rechtfertigung
5. Die Bedeutung und Tragweite des erreichten Konsenses
Der Anspruch der GER ist es, in der seit dem 16. Jhdt. kirchentrennenden Rechtfertigungslehre einen Grundkonsens zu beschreiben, der es LWB und Vatikan nun erlaube, ein gemeinsames Verständnis unserer Rechtfertigung durch Gottes Gnade im Glauben an Christus zu vertreten.
„Leuenberger Methodik“ liegt auch der GER zugrunde
Die dabei zugrunde gelegte Methode wird als „differenzierter Konsens“ und entspricht der Vorgehensweise, die auch bei der → „Leuenberger Konkordie“ von 1973 angewendet wurde.
Im Wesentlichen wird hierbei angenommen und vorausgesetzt, dass es einen identifizierbaren „Grund“ und einen „Ausdruck“ bzw. eine „Gestalt des Evangeliums“ gebe, die voneinander zu unterscheiden seien.
Zur Gestalt bzw. zum Ausdruck des Evangeliums (Glaubens) gehören danach auch die überlieferten kirchlichen Bekenntnisse, Dogmen und Lehraussagen in ihrer jeweiligen Wortgestalt. Unterschiede und auch Widersprüche zwischen den unterschiedlichen konfessionellen Ausdrücken des Evangeliums seien aber dann nicht kirchentrennend, wenn man sich im „Grund des Evangeliums“ einig sei.
Praktisch werden dabei in einem ersten Schritt von wie konfessionsverschiedenen Dialogpartnern Lehraussagen in ihrer je eigenen, überlieferten Begrifflichkeit formuliert. In einem zweiten Schritt wird beschrieben, was man unabhängig von diesen dogmatischen Formulierungen in der betreffenden Lehraussage gemeinsam sagen könne. In einem Schritt wird festgestellt, dass man sich daher „im Grund“ einig sei, die bisherigen Definitionen in den jeweiligen Kirchen jedoch weiterhin Bekenntnisgeltung behielten, allerdings die Lehrverurteilungen (des 16. Jahrhunderts, etwa im Augsburger Bekenntnis oder den Beschlüssen des Trienter Konzils) „die Gegner von damals“ nicht mehr träfen.
Im Blick auf die Frage nach der Mitwirkung, der Beteiligung des Menschen an seiner Rechtfertigung liest sich dies in der GER beispielsweise so:
„Wenn Katholiken sagen, dass der Mensch bei der Vorbereitung auf die Rechtfertigung und deren Annahme durch seine Zustimmung zu Gottes rechtfertigendem Handeln ‚mitwirke‘, so sehen sie in solch personaler Zustimmung selbst eine Wirkung der Gnade und kein Tun des Menschen aus eigenen Kräften.
Nach lutherischer Auffassung ist der Mensch unfähig, bei seiner Errettung mitzuwirken, weil er sich als Sünder aktiv Gott und seinem rettenden Handeln widersetzt. Lutheraner verneinen nicht, dass der Mensch das Wirken der Gnade ablehnen kann. Wenn sie betonen, dass der Mensch die Rechtfertigung nur empfangen kann (mere passive), so verneinen sie damit jede Möglichkeit eines eigenen Beitrags des Menschen zu seiner Rechtfertigung, nicht aber sein volles personales Beteiligtsein im Glauben, das vom Wort Gottes selbst gewirkt wird.“ (GER 4.1 [20].[21])
Wie ist die GER aus der Sicht der SELK zu beurteilen?
Selbst bei ausgesprochen wohlwollender Lesart bleibt es hier bei einem Rest, wie gering auch immer quantifizierter Beteiligung des sündigen Menschen vor seiner Rechtfertigung an seiner Rechtfertigung. Mit anderen Worten: Es bleibt ein, wie gering auch immer quantifizierter Rest an stellvertretender Genugtuung Jesu Christi am Kreuz, den der sündige Mensch aus eigener Kraft angeblich noch auszugleichen habe. Und sei es durch die „Entscheidung“ oder die „Zustimmung zum rettenden Glauben“, der dann eben nicht sola gratia, eben nicht mehr „mere passive“, also bloß passiv empfangenes Geschenk Gottes ist.
Für die römisch-katholische Kirche ist das mehr als akzeptabel. Für sie ist der Artikel von Rechtfertigung allerdings – im Unterschied zur (konkordien-)lutherischen Kirche – auch nicht der „Artikel, mit dem Kirche steht und fällt“. (Vgl. Luther: „Wenn dieser Artikel steht, steht die Kirche, fällt er, dann fällt die Kirche“; Weimaraner Ausgabe Band 39 I, 205)
Für die (konkordien-)lutherische Kirche jedoch fällt mit der GER dieser Artikel und damit die Gewissheit des von Christus sola gratia, allein aus Gnaden, ohne des Gesetzes Werke geschenkten Heils.
Insbesondere von (deutscher) evangelischer Seite sah sich die GER massiver Kritik ausgesetzt. So wandten sich etwa 200 deutsche evangelische Theologieprofessoren, u.a. auch der Tübinger Theologieprofessor Eberhard Jüngel, gegen eine Unterzeichnung der GER, weil sie „den lutherischen Gedanken verwässere.
Der Berliner ev. Theologe und Patristiker Prof. Ulrich Wickert mahnte gar: „Wer hier unterzeichnet, ist auf dem Weg katholisch zu werden.“ (Er meinte: römisch-katholisch.)
Die „Stellungnahme der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche zur ‚Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre‘“ (www.selk.de/download/gekrit.pdf) kommt zu dem Schluss:
„Die aufgezeigten Schwächen der GE[R] lassen nur den einen Schluss zu: Der in (Punkt 40 der GER; GK) behauptete ‚Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre‘ besteht nicht; vielmehr werden zumindest einige der hier vorgelegten Lehren der römisch-katholischen Kirche von den Verwerfungen im Bekenntnis der lutherischen Reformation nach wie vor getroffen. Die Katholizität des lutherischen Bekenntnisses erfordert jedoch die Abweisung von Positionen, die sich mit der Heiligen Schrift nicht vereinbaren lassen.“


Gesangbuch
Bücher, die (lateinische) Gesänge und liturgische Stücke für Chor oder Schola enthalten, also keine Choräle für den Gemeindegesang, sind in der römischen Westkirche seit dem Mittelalter bekannt.
Zu den ersten vorreformatorischen Gemeindegesangbüchern in der Volkssprache gehört das Prager Gesangbuch von 1501 in tschechischer Sprache. Der zu den Böhmischen Brüdern gehörende Michael Weiße gab 1531 eine deutsche Fassung davon heraus. (Druck in Jungbunzlau)
Im Zuge der Reformation, für die das Kirchenlied, als Lehr-, Bekenntnis-, Lob- und Glaubensgesang eine besondere Rolle spielte, erschien 1524 das sog. Achtliederbuch Martin Luthers. Ebenfalls 1524 gab Luthers Mitarbeiter Johann Walter das Geistliche Chorgesangbüchlein heraus, ein vierstimmiges Gesangbuch mit Tenorliedern.
Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) führte 2021 ihr Evangelisch-Lutherisches Kirchengesangbuch (ELKG²) ein, das seinem namensgleichen Vorgänger, das seit 1987 in mehreren Auflagen erschienen war, folgte. Das ELKG² ist im Verlag der Deutschen Bibelgesellschaft (Stuttgart) erschienen und seinem Ansatz nach ein Lebensbuch, das neben Liedern und Liturgien beispielsweise auch ausführliche Hinweise zu kirchlichen Handlungen sowie Gebets- und Bekenntnisteile enthält.


Glaube
Der deutsche Begriff ‚Glaube, glauben‘ ist sprachlich verwandt mit ‚geloben“ im Sinne von ‚sich jemandem (in Vertrauen und Gehorsam) angeloben und mit ‚loben‘.
Der hebräische Begriff אמונה [ämunah] bedeutet so viel wie ‚Treue, Verlässlichkeit, Vertrauensgrund].
Der griech. Begriff. πίστις [pistis] meint ‚Glaube, Vertrauen, Überzeugung, Treue‘.
Lat. fides.
Anders als im alltäglichen Sprachgebrauch bezeichnet „Glaube, glauben“ in der Hl. Schrift nicht den Unterschied oder gar das Gegenteil zu „Wissen, wissen“ im Sinne von „ungesicherte, unbewiesene Möglichkeit, zweifelnde Ungewissheit“: Hebr 11, 1: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“
‚G., g.‘ im biblischen Sinne ist aber auch nicht nur das subjektive oder objektive Fürwahr halten eines Glaubensinhaltes. Hierzu heißt es im Jakobusbrief (2, 19): „Du glaubst, dass nur einer Gott ist? Du tust recht daran; die Teufel glauben's auch und zittern.“
Der Glaube ist nach lutherischem Verständnis insbesondere der rechtfertigende Glaube (lat. fides salvifica), der –und nicht etwa die guten Werke, die „Entscheidung für Christus“ (auch nur eine Form der sog. guten Werke) oder besondere Leistungen der Nächstenliebe und Frömmigkeit- einzig entscheidend für die Rettung und Erlösung, das Heil eines Menschen ist.
Dieser G. ist ganz und gar Gnade Gottes, Geschenk Gottes. Von Gott durch sein Wort und Sakrament gewirkt. Ohne jedes Zutun des Menschen, der sich, wenn ihm der G. von Gott geschenkt wurde, freilich dieses G.s dankbar bewusst werden kann.
Eine der wesentlichen biblisch-geistlichen Einsichten Luther war es, dass der Glaube allein rettet und den Menschen vor Gott rechtfertigt.
Die klassische altlutherische → Dogmatik unterscheidet drei Bestandteile des G.s:
1. Die notitia (lat. Kenntnisnahme): Besagt eine wirkliche (nicht bloß eingebildete) Kenntnis von Christus und dem, was er getan hat. Also die Kenntnis von Christus, der am Kreuz für unsere Sünden gestorben ist, der auferstanden ist, der den Apostel als Auferstandener erschienen ist usw., so wie es das Apostolische Glaubensbekenntnis bezeugt.
2. Der assensus (lat. Zustimmung): Meint den Glauben an die geschichtliche Wahrheit der Person und des Werkes Jesus Christi und die innere Anerkennung, dass die Vergebung der Sünde durch die Person des gekreuzigten und auferstandenen Christus als die für das Individuum (den Einzelnen) geltende Verheißung und unerlässliche Bedingung des (ewigen) Lebens ist.
3. Die fiducia (lat. etwa: ‚Vertrauen‘): Die fiducia ist der eigentliche rechtfertigende Glaube, dessen (allerdings notwendige) Vorstufen notitia und assensus sind. Fiducia meint volles Vertrauen, volle Zuversicht, volle Annahme, volle Hingebung, mit der ich Christus selbst und durch ihn alles, was er gibt, also Vergebung der Sünden, Kraft zum seligen, gottgefälligen Leben, ergreife und gewissermaßen „in mein Ich hineinziehe“, Christus dagegen mein Ich überlasse, damit er es durchdringe.
Der G. ist das sog. organon leptikon, das Greiforgan für alles, was Christus für mich erworben hat: Vergebung der Sünden, Leben, Seligkeit.
Der rettende, rechtfertigende, seligmachende Glaube ist Geschenk und Gabe des Heiligen Geistes.
In seiner Auslegung des 3. Artikels des Apostolischen Glaubensbekenntnisses im Kleinen Katechismus sagt Martin Luther über den H.G.: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet.“


Glaubensbekenntnis
→ Credo


Gnade
→ Rechtfertigung
Lat. gratia, griech. caris [charis].
Der eingedeutschte lateinische Begriff ‘gratis’, abgeleitet von lat. gratia=Gnade zeigt an: Die Gnade Gottes ist ein Geschenk. Geschenke erhält man ‚gratis‘, umsonst, ohne Gegenleistung, ohne Vorleistung.
Der griech. Begriff für ‚umsonst‘ (=δωρεάν, [dorean]) wird mit Charis, Gnade im NT synonym gebraucht.
Nach biblisch-lutherischem Verständnis ist die Gnade Gottes sowohl eine „Herzenshaltung“, ein „Affekt“ Gottes (Liebe, Barmherzigkeit, Mitleidigkeit) als auch eine Gabe, ein „Effekt“: Vergebung, Versöhnung, Gotteskindschaft, Erlösung, Rechtfertigung.
Die Rechtfertigung des Menschen, das ist eine der Grunderkenntnisse der luth. Reformation, erfolgt durch Gott selbst und durch Gott allein „allein aus Gnade“ (sola gratia). Also ohne Zutun, Vorleistung, Mitwirkung von Seiten des Menschen.
Dennoch ist die Gnade Gottes nicht unwiderstehlich und wirkt in jedem Menschen zwangsläufig und automatisch auch gegen dessen entschiedenen Widerstand den rechtfertigenden Glauben. Der Mensch kann sich auch nach dem Sündenfall der Gnade Gottes verschließen, sie zurückweisen und ablehnen.
Die Mittel, wodurch Gott den Menschen seine Gnade zuwendet, sind sein Wort und seine Sakramente (Taufe, Abendmahl, Beichte), deren „Wirkkraft“ wiederum in Gottes Wort besteht. (Gnadenmittel genannt)
Alle theologischen Versuche, das sola gratia, also die Alleinwirksamkeit und Alleinursächlichkeit der Gnade Gottes durch ein menschliches Mitwirkungselement zu relativieren, verdunkeln Gottes Gnade und das Evangelium von der Gnade Gottes.


Gott
→ Dreieinigkeit → Christus
Kein Mensch kann aus sich heraus wissen oder mit Hilfe seines Verstandes erkennen, wer Gott ist oder wie Gott ist.
DASS ein Gott ist, ahnen viele Menschen und projizieren ihre Wünsche, Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen auf dieses „Etwas“, dem sie Titel wie „Höheres oder Höchstes Wesen“, „Unbewegter Beweger“, „Urkraft“, „Höchste Intelligenz“ usw.
Menschen, die solche Gottes-Bilder vertreten, leiten dies aus ihrer durchaus staunenden Wahrnehmung ab, dass das Universum mit all seinen Naturgesetzmäßigkeiten nicht einfach nur ein Produkt des Zufalls sein könne.
Auch wenn sie „es“ meist nicht so nennen: Dahinter steht die Ahnung, dass es so etwas wie einen Schöpfer alles Geschaffenen geben muss.
In ganz ähnlicher Weise haben sich Menschen immer schon aus der Anschauung der Natur Bilder von Gott und Göttern gemacht. Nicht nur ideelle, geistige, sondern auch ganz konkrete aus Holz, Stein oder anderen Materialien, die die Gottheit(en) darstellten, deren Urbilder man z.B. häufig auch in den Himmelskörpern (Sonne, Mond und Sternen) zu finden meinte.
Die Bibel bezeugt dagegen: Gott hat sich (von sich aus) den Menschen offenbart als der eine, einzige, wahre und lebendige Gott und Herr.
Zuerst geschah diese Selbstoffenbarung gegenüber dem Volk Israel, das sich Gott als „Dialogpartner“ aus allen anderen Völkern auserwählt hat.
Anders als die „stummen Götzen“ redet Gott und schweigt nicht.
Zunächst zu Mose auf dem Berg Horeb, verhüllt in einem brennenden Dornbusch. Der ewige Gott stellt sich hier den Mensch mit Namen vor, als Mose ihn danach fragt: „Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt. Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der HERR [JHWH], der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht. (2 Mose 3, 13-15)
Die Preisgabe des eigenen Namens, das gilt bis heute, ist immer auch ein Stück Preisgabe seiner selbst. Gott gibt sich damit gewissermaßen in die Hand der Menschen, macht sich greifbar und angreifbar.
Gott setzt am Horeb ein Vorzeichen, das als Zeichen des Kreuzes identifizierbar wird. Der Höchste macht sich niedrig. Bereits ganz zu Anfang.
In der Fortsetzung der Geschichte wird deutlich, dass dieser Gott nicht nur redet, sondern auch handelt. Und zwar zuerst als Befreier, Retter und Erlöser seines in Ägypten geknechteten Volkes.
Als der in seinem Volk gegenwärtige Gott führt er es aus der Knechtschaft in die Freiheit des gelobten Landes, aus der Fremde in die Heimat.
Der Schöpfer ist auch der Erlöser. Der Allmächtige ist auch der Gnädige und Barmherzige, der sein Volk liebt und es aus Liebe befreit und in seinem Wort, seiner heilsamen Weisung, die er Israel in Form der Zehn Gebote anvertraut, gegenwärtig ist und treu bleibt.
Als der stellt sich Gott auch vor, als er Mose die Zehn Gebote übergibt: „Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.“ (2 Mose 20, 2)
Und der ist wiederum derselbe, der bereits zur Zeit des Alten Bundes die endzeitliche Ausgießung des Heiligen Geistes als Geist der Wahrheit, der Erkenntnis und der Erneuerung verheißt: „Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch“. (Joel 3,1)
Insbesondere lässt Gott im Alten Testament vielfach die Sendung des endzeitlichen Messias, des Gesalbten (griech. Christos) durch Weissagungen ankündigen:
Zum Beispiel: Jes 8,23 ; Jes 9,1-6 ; Jes 11,1-10; Mi 5,1-5; Hos 2,2f ; Jer 23,5f ; Hes 34,23f ; Hes 37,22ff ; Hag 2,22f ; Sach 3,8ff; Sach 6,12 ; Sach 9,9f .
Aus der Glaubensperspektive der Kirche mündet und gipfelt die Selbstoffenbarung des biblischen Gottes in seiner Menschwerdung, in der Person Jesu Christi. In ihm sind alle Verheißungen Gottes erfüllt: „Der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt ist, (…)der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. Denn alle Gottesverheißungen sind Ja in ihm und sind Amen in ihm, Gott zu Lobe durch uns. (1 Kor 1, 19-20)
(vgl. → Dreieinigkeit)
Der Gott der Bibel (1) gibt sich den Menschen auf Augenhöhe zu erkennen, (2) spricht zu seinem Volk (3) gibt sich preis (von der Namensoffenbarung bis zum Kreuz), (4) ist der in seinem Volk treu und zuverlässig Gegenwärtige, (5) der Heilsbringer, (6) die Wahrheit, (7) die Liebe, (8) der Richter, (9) der Vollender.


Gottesdienst
Das Wesen des Gottesdienstes
Gottesdienst ist eigentlich viel umfassender als das, was in der gottesdienstlichen Versammlung einer Gemeinde geschieht. Das ganze Leben der Getauften ist Gottesdienst. Wie Gott diesen umfassenden Dienst als Ausdruck des Priestertums der Gläubigen von uns haben will, so will er auch den Gottesdienst als Feier, als Anbetung und Lob. Er lässt es sich gefallen, dass wir unvollkommenen Menschen ihm dienen.
In der gottesdienstlichen Versammlung einer Gemeinde ist der Herr nach seiner Verheißung in Wort und Sakrament gegenwärtig. Der Gottesdienst hat wie eine Ellipse zwei Brennpunkte: Wortverkündigung und heiliges Abendmahl. „Eröffnung und Anrufung", „Verkündigung und Bekenntnis", „Feier des heiligen Abendmahls" und „Entlassung und Segen" könnte man seine einzelnen Teile überschreiben.
Dieser liturgische, d.h. nach fester Ordnung vollzogene Gottesdienst bestimmt das Leben der Einzelgemeinde. Das hat die Kirche von der Urchristenheit gelernt: Der Gottesdienst der versammelten Gemeinde trägt das übrige Gemeindeleben und bestimmt das Alltagsleben des Christen. Er ist das Kraftzentrum einer Gemeinde. Alle Bemühungen um ihn gehören genauso zu den wesentlichen Aufgaben einer Gemeinde wie die um Mission und Diakonie.
Die grundlegenden Elemente des Gottesdienstes
Die Gestalt des Gottesdienstes ist durch die Jahrhunderte gewachsen. „Apostellehre, Gemeinschaft, Brotbrechen und Gebet' (Apostelgeschichte 2,42) sind ihre ursprünglichen Elemente aus der apostolischen Zeit. Später kamen bestimmte Lobpreisungen, Gebete und Bekenntnisse aus der Bibel hinzu. Der heutige sogenannte Hauptgottesdienst der lutherischen Kirche geht in fast allen seinen Teilen nach Inhalt und Form auf die Heilige Schrift zurück. So stellt er uns hinein in den Gottesdienst, den die Kirche zu allen Zeiten gefeiert hat, ja er verbindet uns sogar mit dem Gottesdienst des alttestamentlichen Gottesvolkes. Er lässt uns heute schon einstimmen in den Lobpreis aller Vollendeten im Himmel. Jeder christliche Gottesdienst ist ein Gottesdienst der einen, heiligen, christlichen und apostolischen Kirche.
Lobpreis und Gebete
Der erste Teil des Hauptgottesdienstes ist Lobpreis und Gebet. Aber auch im folgenden Wort­teil und im Abendmahlsteil betet, dankt, lobt und bekennt die versammelte Gemeinde.
Wie im Gespräch zwei Partner wechselseitig reden und einander zuhören, so lebt auch der Gottes­dienst davon, dass der Herr und die Gemeinde miteinander sprechen, wechselseitig geben und nehmen. Wenn sich die Gemeinde in Lobpreisun­gen, Bitten, Liedern und Bekenntnissen an ihren Herrn wendet, hört ER gewiss zu. „Er hat uns geboten zu beten und verheißen, dass er uns will erhören" (Luther im Kleinen Katechismus). Viele Gebetsrufe und Lobpreisungen des Gottesdien­stes sind gebetetes Bibelwort; Bibel und Gottesdienstliturgie gehören zusammen.
Wortverkündigung
In den Lesungen und der Predigt redet der auferstandene Herr Christus zu seiner Gemeinde. Die Lesungen sind bestimmte, dem jeweiligen Sonn- oder Festtag zugeordnete Abschnitte der Heiligen Schrift. Die „Epistel" ist eine Lesung aus den Briefen der Apostel, das „Evangelium" eine Lesung aus den neutestamentlichen Evangelien, der Zusammenstellung der Worte und Taten Christi. Während die Lesungen zur Quelle der Verkündigung zurückführen, legt die Predigt das göttliche Gesetz und die Botschaft von unserem Heil in Jesus Christus aus und bezieht sie auf die heutige Gemeinde. Wo das Wort Gottes lauter und rein gepredigt und die Sakramente gemäß der Einsetzung des Herrn Christus verwaltet werden (vgl. Augsburgische Konfession, Artikel VII), dort kann man die eine, heilige, christliche und apostolische Kirche erkennen.
Heiliges Abendmahl
Wer den Hauptgottesdienst miterlebt, kann erfahren, wie von den Lobpreisungen am Anfang über Lesungen, Predigt und Fürbittengebet alles auf die Feier des heiligen Abendmahls zuläuft. Hier schenkt der Herr seinen Leib und sein Blut den Seinen, um sie aufs engste mit sich zu verbinden. Wenn Brot und Wein mit den Einsetzungsworten Christi gesegnet sind, sind sie Träger seines Leibes und Blutes (der Pfarrer ist dabei nur Mund und Handlanger des Herrn). Wer Leib und Blut Christi gläubig empfängt, dem wird dadurch Vergebung der Sünde und Anteil am Leben des Auferstandenen, Heil und Seligkeit geschenkt. Denn Christus sagt: „Das ist mein Leib, für euch gegeben; das ist mein Blut, für euch vergossen zur Vergebung der Sünden.“
Ist die Gabe so groß und kostbar, dann tragen alle, die sie austeilen und empfangen, große Verantwortung. Der Christ soll möglichst oft, aber nie leichtfertig oder unwissend das Heilige Abendmahl empfangen. Jedes Mal, wenn es gefeiert wird, ist er eingeladen. Wenn er’s gläubig empfängt, wächst er immer tiefer in das Geheimnis dieser großen Gnadengabe Christi hinein.
Wenn aber die Einheit in Lehre und Bekenntnis nicht oder nicht mehr vorhanden ist und die Überzeugung fehlt, dass jeder Teilnehmer am Abendmahl tatsächlich den wahren Leib und das wahre Blut Christi zur Vergebung der Sünden empfängt, dann ist auch die Voraussetzung für gemeinsame Teilhabe an diesem Sakrament nicht mehr gegeben. Das kann zu schmerzlichen Trennungen nötigen.
Die SELK respektiert anders lautende Überzeugungen, erwartet aber gleichen Respekt für das, was sie lehrt und bekennt. Gemeinschaft am Altar findet dort ihre Grenze, wo gemeinsames Bekennen nicht möglich ist.
So hat die SELK keine Abendmahlsgemeinschaft mit den orthodoxen Kirchen des Ostens, der römisch-katholischen Kirche, den Kirchen der reformierten Tradition Zwinglis und Calvins, den unierten Kirchen und auch denjenigen lutherischen Kirchen, die wesentliche Lehren der lutherischen Bekenntnisse praktisch aufgegeben haben.
Wo es ortsüblich ist, sollten sich die Kommunikanten vor dem Abendmahlsgang (meist in der Sakristei vor dem Gottesdienst) anmelden, um dem Pfarrer Gelegenheit zu einem seelsorglichen Gespräch zu geben und ihm einen Überblick über die Zahl der Abendmahlsgäste zu ermöglichen.
Gemeinschaft
Wie die Empfänger des Abendmahls durch Christi Leib und Blut in enge Gemeinschaft mit Christus eintreten, so werden sie auch untereinander verbunden zu einer heiligen Gemeinschaft. Der ganze Gottesdienst ist ein gemeinschaftliches Tun. Gemeinsam wird gebetet, gesungen, gelobt und bekannt, gehört und empfangen. Der auferstandene Christus handelt an seiner Gemeinde und dadurch auch am Einzelnen. Recht verstanden lässt sich der einzelne Christ durch den Gottesdienst einbinden in die Gemeinschaft der Gläubigen. Er bleibt über den Gottesdienst hinaus in seinem Leben und Leiden auf die Gemeinde angewiesen und die Gemeinde auf ihn.
Jeder Gottesdienst ein Fest
Es ist etwas Großes, wenn wir wagen, vor den lebendigen Gott hinzutreten. Ein Gottesdienst ist ein Fest, das wir mit hoher Ehrfurcht begehen. Er darf auch festlichen Glanz ausstrahlen. Für den Gottesdienst sollte immer das Beste gerade gut genug sein: von den Gotteshäusern angefangen bis hin zu Musik, Farben, Gewändern, Gebärden und jeglichem gottesdienstlichen Verhalten. Alles dient dem Lobpreis Gottes.
Auferstehung Christi und der Sonntag
Der Gottesdienst gründet in der Auferstehung Jesu Christi. Weil er auferstanden ist, treten wir in seinem Namen und in seiner Mittlerschaft vor den Vater im Himmel. Ohne die Gewissheit der Auferstehung verlöre das heilige Abendmahl seine Substanz und Wirkung und die Predigt alle innere Kraft.
Alles, was im Gottesdienst geschieht, beruht auf dem Ostersieg des Herrn. Darum feiert die Christenheit nicht mehr den Sabbat, sondern den Tag der Auferstehung des Herrn, den Sonntag. Jeder Sonntag ist ein kleines Osterfest, Anfang einer neuen Schöpfung, deren Vollendung wir entgegengehen.
Gedenktage
Weil Christus die Apostel und Evangelisten, Märtyrer und Kirchenväter zu Werkzeugen beim Bau seiner Gemeinde gemacht hat, hält die Kirche ihr Gedächtnis durch Gedenktage lebendig. Gleicherweise preist die lutherische Kirche das Gnadenhandeln Gottes, durch das er seine Kirche erneuerte, an den Gedenktagen der Reformation und des Augsburgischen Bekenntnisses.
Gottesdienstformen
Neben dem Hauptgottesdienst mit Predigt und heiligem Abendmahl, der sog. lutherischen Messe, gibt es noch andere Gottesdienstformen. Es sind dies Predigtgottesdienste; ferner gibt es Tageszeitengottesdienste (z. B. Mette und Vesper), die dem Gebet und der Schriftbetrachtung dienen, Beicht- und besondere Bußgottesdienste sowie Gottesdienste zur Taufe, Trauung und Beerdigung. Besonders festlich ist die Feier der Osternacht.
Gottesdienstlicher Raum
An sich kann Gottesdienst in jedem Raum oder unter freiem Himmel gefeiert werden. Aber weil im Gottesdienst der heilige Gott zu seiner Gemeinde kommt, haben die Christen seit alters Kirchengebäude errichtet, die ausschließlich dem Gottesdienst vorbehalten sind, ihn „umschließen".
In einer lutherischen Kirche ist alles ausgerichtet auf den Altar, an dem Christus die Gemeinde mit seinem Leib und Blut speist und tränkt. Der Altar ist darum mit Kruzifix, Kerzen und Blumen als hinweisenden Zeichen geschmückt. Neben dem Altar haben Taufstein und Kanzel eine hervorgehobene Stellung. Am Taufstein wird der Mensch hineingenommen in das Reich Gottes, von der Kanzel wird das Wort Gottes verkündigt. Ausführung und Gestaltung des gottesdienstlichen Raumes lassen etwas von der Hochschätzung des gottesdienstlichen Geschehens erkennen.
Gottesdienstliche Bücher
Die Ordnung des lutherischen Hauptgottesdienstes finden wir in der „Agende“; sie liegt auf dem Altar. Aus dem „Lektionar" auf dem Lesepult werden die gottesdienstlichen Schriftabschnitte verlesen. Auf der Kanzel liegt eine Bibel für die Predigt. In der Hand der Gemeinde ist das „Evangelisch-Lutherische Kirchengesangbuch".
Lektionar und Bibel hat die SELK gemeinsam mit den Landeskirchen; Agende und Gesangbuch hat sie selbst herausgegeben.
Liturg und Gemeinde haben sich an die vorgegebene Gottesdienstordnung zu halten.
Gottesdienst und Bilder
Bilderfeindlich ist die lutherische Kirche nie gewesen. Denn Gott selbst hat sich in der menschlichen Gestalt seines Sohnes anschaubar gemacht. Das Bild des gekreuzigten Heilands gehört deshalb in den Gottesdienst. Darstellungen vom Heilsgeschehen, das die Heilige Schrift bezeugt, in Altarbildern, Glasfenstern, Wandgemälden, Skulpturen oder Symbolen wollen Hilfen zum Glauben sein und bildhaft einprägen, was Gott für uns getan hat.
Gottesdienst und Musik
Die lutherische Kirche ist eine singende Kirche. Ihre Heilsgewissheit drängt sie zum gesungenen Lob und Dank, zum fröhlichen Verkündigungs- und Bekenntnislied. Im wechselseitigen Psalmengesang, den sie mit der Urkirche von der alttestamentlichen Gemeinde übernommen hat, betet sie zu Gott. In Trostliedern hilft sie dem einzelnen in Leid und Not. In altehrwürdigen liturgischen Gesängen wendet sie sich anbetend dem Dreieinigen Gott zu.
Das Lied der Kirche wird unterstützt durch Orgel-, Posaunen- und andere Instrumentalmusik. Bibelwort und Lied erklingen auch im mehrstimmigen kunstvollen Chorgesang. Alle gottesdienstliche Musik soll Dienerin des Evangeliums sein. So singt die lutherische Kirche das Heil in die Herzen und hinaus in die Welt.
Liturgische Farben
Altar, Lesepult und Kanzel tragen Stoffbehänge in bestimmten Farben. Diese liturgischen Farben bezeichnen die Kirchenjahreszeit und den Charakter des Gottesdienstes.
Weiß ist die Farbe des Lichtes und der Reinheit. Es ist die Farbe aller Christusfeste und der dazu gehörigen Festzeiten.
Rot ist die Farbe des Feuers und des Blutes. Es erinnert an das Feuer des Heiligen Geistes und an das Blut, das die Märtyrer vergossen haben. Pfingsten und alle Gedenktage der Kirche tragen Rot.
Grün ist die Farbe des Lebens und der wachsenden Saat. Wie die Saat auf den Feldern soll die Frucht von Wort und Sakrament als Glauben, Liebe und Hoffnung bei uns heranwachsen. Grün ist die Farbe der ungeprägten Zeiten des Kirchenjahres.
Violett ist die Farbe der Buße und Einkehr. Es ist Kennzeichen der Advents- und der vorösterlichen Fastenzeit sowie der kirchlichen Bußtage.
Gottesdienstliche Kleidung
Die besondere liturgische Kleidung des Pfarrers im Gottesdienst der lutherischen Kirche ist ein Zeichen dafür, dass er seine Person dem Auftrag Christi unterordnet. Häufig ist in Deutschland noch der schwarze Talar anzutreffen. Aber dem vom Evangelium geprägten, festlichen Charakter des Gottesdienstes entspricht eher das weiße Gewand mit der Stola in den liturgischen Farben. Die Stola, ein über die Schultern gelegtes Stoffband, das an das Joch Christi erinnern soll, ist von alters her das Zeichen des ordinierten Pfarrers. Auch die anderen Helfer im Gottesdienst können liturgische Gewandung tragen.
Gottesdienstliche Gebärden
Wer mit dem Herzen dabei ist, wenn die Gemeinde hört, lobt und anbetet, der passt sich dem auch körperlich an. Zur Sammlung faltet er die Hände. Um seine Ehrfurcht vor Gott auszudrücken, neigt er das Haupt. In Demut kniet er nieder, wenn er das heilige Abendmahl empfängt oder die Lossprechung in der Beichte. In Aufmerksamkeit erhebt er sich, wenn das Wort Gottes gelesen wird oder die Gemeinde ihren Glauben bekennt. Sinnfällig unterstellt er sich dem Heilshandeln Christi, indem er sich bekreuzigt. Segnende Gebärden des Pfarrers sind Handauflegung und „Kreuzschlagen".
Liturgie – gebeteter Glaube
Der lutherische Gottesdienst lebt davon, dass Gott den Sünder aus Gnaden um Christi willen annimmt. Diese „rechtfertigende Gnade" wird im Wort und Sakrament angeboten und ausgeteilt. Der Heilige Geist entfacht dadurch im Einzelnen Glauben und Gotteslob. Liturgie ist gebeteter Glaube und gebetete Lehre. Die Freude am Evangelium schafft sich vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten.


Grundordnung der SELK
Die G. ist die kirchliche Verfassung der SELK, in der Selbstverständnis, Bekenntnisstand und die wesentlichen kirchl. Ämter und Strukturen (Bischof, Kirchenleitung, Pfarrkonvente, Synoden) geregelt sind.
Grundordnungsartikel können durch die Kirchensynode nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden. Eine Veränderung des Bekenntnisstandes ist ausgeschlossen. G.änderungen, die gegen Schrift und Bekenntnis verstießen, wären ungültig.
Die Grundartikel der G. der SELK lauten:
I. Grundartikel
Artikel 1 Selbstverständnis und Bekenntnisstand
(1) Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche steht in der Einheit der heiligen, christlichen und apostolischen Kirche, die überall da ist, wo das Wort Gottes rein gepredigt wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi verwaltet werden. Sie bezeugt Jesus Christus als den alleinigen Herrn der Kirche und verkündigt ihn als den Heiland der Welt.
(2) Sie ist gebunden an die Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments als an das unfehlbare Wort Gottes, nach dem alle Lehren und Lehrer der Kirche beurteilt werden sollen. Sie bindet sich daher an die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, weil in ihnen die schriftgemäße Lehre bezeugt ist, nämlich an die drei ökumenischen Symbole (das Apostolische, das Nicänische und das Athanasianische Bekenntnis), an die ungeänderte Augsburgische Konfession und ihre Apologie, die Schmalkaldischen Artikel, den Kleinen und Großen Katechismus Luthers und die Konkordienformel.
Artikel 2 Kirchengemeinschaft
(1) Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche pflegt Kirchengemeinschaft mit allen Kirchen, die Lehre und Handeln in gleicher Weise an die Heilige Schrift und das lutherische Bekenntnis binden.
(2) Sie verwirft die der Heiligen Schrift und den lutherischen Bekenntnissen widersprechenden Lehren und ihre Duldung sowie jede Union, die gegen Schrift und Bekenntnis verstößt.
(3) Sie weiß sich darin einig mit der rechtgläubigen Kirche aller Zeiten.

Lexikon - F


Fasten
Der wohl bekannteste Satz zu lutherischem Fastenverständnis dürfte aus dem Kleinen Katechismus Martin Luthers stammen, der in der lutherischen Kirche den Rang einer Bekenntnisschrift einnimmt, auf die z.B. auch die Geistlichen bei ihrer Ordination verpflichtet werden.
Da heißt es im Zusammenhang des 4. Artikels zum Heiligen Altarsakrament auf die Frage:  <Wer empfängt denn solch Sakrament würdiglich?
Fasten und leiblich sich bereiten ist wohl eine feine äußerliche Zucht; aber der ist recht würdig und wohl geschickt, wer den Glauben hat an diese Worte: »Für euch gegeben« und »vergossen zur Vergebung der Sünden.« Wer aber diesen Worten nicht glaubt oder zweifelt, der ist unwürdig und ungeschickt; denn das Wort: »Für euch« fordert eitel gläubige Herzen.>
Das Fasten wird also nicht abgelehnt, verworfen oder verächtlich gemacht, sondern als eine feine äußerliche Zucht bezeichnet. Aber im Blick auf das ewige Heil, auf die Rechtfertigung des Sünders vor Gott kann dem Fasten, wie auch allen anderen guten Werken jedoch keine Bedeutung zuerkannt werden. Unser Heil, unsere Rechtfertigung erfolgt nicht aufgrund unserer Anstrengungen, Leistungen, Verdienste oder Werke, sondern sola gratia Dei, allein durch die Gnade Gottes.
Aufschlussreich ist es, dass das Fasten im Zusammenhang des Altarsakramentes als feine, also gute und begrüßenswerte Art der äußeren Vorbereitung auf dem Kommunionempfang bezeichnet wird. Man darf nicht übersehen, dass die sonntägliche Kommunion der Gemeinde eine Errungenschaft der lutherischen Reformation war und es im 16. und tief bis ins 18., ja teilweise ins 19. Jahrhundert hinein als „typisch lutherisch“ galt, sonntäglich zu kommunizieren. In der römisch-katholischen Kirche ist dies erst mit dem 2. Vatikanischen Konzil wieder ins Bewusstsein der Gemeinde gedrungen und gilt heute vielfach als „typisch katholisch“, nachdem durch Aufklärung und Rationalismus zumindest in den Landeskirchen eine Abendmahlsvergessenheit eingerissen war.
Für lutherische Christen war es also sehr lange üblich, von Sonnabend abends bis sonntags nach dem Gottesdienst zu fasten. Und zwar in dem ursprünglichen Sinn, keine Nahrung zu sich zu nehmen. Das heißt: Im Zusammenhang des Sakramentsempfangs war und ist ein zeitweises wöchentliches Fasten in der (alt-) lutherischen Kirche nichts Ungewöhnliches.
In Luthers Großem Katechismus, ebenfalls einer Bekenntnisschrift der lutherischen Kirche, heißt es: <Fasten und Beten usw. mag wohl eine äußerliche Bereitung und Kinderübung sein, dass sich der Leib züchtig und ehrerbietig gegen den Leib und Blut Christi verhält und gebärdet; aber was darin und damit gegeben wird, kann der Leib nicht fassen noch zu sich bringen. Der Glaube aber des Herzens tuts, der da solchen Schatz erkennet und seiner begehret. Das sei genug, so viel zum allgemeinen Unterricht von diesem Sakrament not ist; denn was weiter davon zu sagen ist, gehört auf eine andere Zeit.>
Das entspricht inhaltlich der kurzen Form des Kleinen Katechismus, wirft aber noch ein besonderes Licht auf den Sinn des Fastens vor dem Kommunionempfang. Es geht nämlich offensichtlich darum, sich ehrerbietig gegen den Leib und das Blut Christi zu verhalten. Nach lutherischer wie auch römisch-katholischer Überzeugung empfangen wir im Sakrament ja nicht nur Brot und Wein, sondern den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Und das heißt: Es wird als unehrerbietig empfunden, wenn sich die heilige sakramentale Speise gewissermaßen mit unserem halbverdauten Frühstück vermischt.
Und schließlich muss erwähnt werden, dass die SELK  auch ein „eucharistisches Fasten“, ein Abendmahls-Fasten kennt.
Ebenso wie die römisch-katholische Kirche und die Ostkirchen gilt in der SELK das Prinzip des sog. „geschlossenen Altars“. Das heißt, dass volle Kirchengemeinschaft, die die eucharistische Gemeinschaft einschließt, nur mit solchen Kirchen  möglich ist und praktiziert wird, die in Glauben, Lehre und Bekenntnis mit uns übereinstimmen.
Ein Kirchglied der SELK, das als Gast z.B. an einem römisch-katholischen Gottesdienst teilnimmt, ist daher gehalten, dort nicht die Kommunion zu empfangen, weil eine vollständige Übereinstimmung in Glaube, Lehre und Bekenntnis trotz großer Nähe in vielen Bereichen, leider nicht festzustellen ist und wir es daher nicht für aufrichtig und angemessen halten, die noch bestehenden Unterschiede einfach zu überspringen. Wie auch in der römisch-katholischen Kirche gibt es aber auch bei uns so etwas wie eine „geistliche Kommunion“, also ein betendes und fürbittendes Einstimmen in die Liturgie, ohne leibhaft die Kommunion zu empfangen.
Der Einladung zur Kommunion nicht zu folgen, fällt verständlicherweise sowohl manchem lutherischen, wie auch manchem römisch-katholischen Christ dann schwer.
Euchristisches Fasten bedeutet in dieser Situation dann, einen bewussten Verzicht zu leisten, die Kommunion betend zu begleiten und in gewisser Weise dieses eucharistische Fasten als Buß- oder Trauerfasten zu verstehen.
Daraus kann viel Segen erwachsen. Die Sehnsucht nach der – auch sichtbaren- Einheit wird gestärkt. Das Bewusstsein für die eigenen Glaubensüberzeugungen wird nicht nur geschärft, sondern auch einer Bewährungsprobe unterzogen. Man muss sich nämlich Rechenschaft darüber ablegen: Sind die Kirchentrennungen verantwortbar, ja vom eigenen Gewissen her notwendig? Oder verhindern nur Trägheit, Sturheit, Vorurteile, längst überholte historische Trennungsgründe die kirchliche Einheit, zu der uns Christus durch sein hohepriesterliches Gebet doch verpflichtet hat?


Feste-Burg-Kalender
200 evangelisch-lutherische Pfarrer verfassen im Feste-Burg-Kalender Andachten und Gebete für jeden Tag. Die Texte werden nach der Kirchenjahresleseordnung (VELKD / Ev. Michaelsbruderschaft) ausgewählt, dazu ein Lied aus dem Gesangbuch und an den Sonn- und Feiertagen Evangelium, Epistel und Predigttext. Der Feste-Burg-Kalender hilft, im Alltag innezuhalten und auf Gottes Wort zu hören. Er ist dank der großen Schrift sehr gut lesbar.
Im Unterschied zu den ansonsten im deutschsprachigen Raum erscheinenden Andachtskalendern folgt der Feste-Burg-Kalender also dem Kirchenjahr und bietet täglich eine neue Auslegung entweder der Abend- oder Morgenlesung oder des sonn- bzw. festtäglichen Predigtabschnittes.
Der Feste-Burg-Kalender wird insbesondere in Deutschland aber auch in vielen anderen Ländern der Welt gelesen, in denen deutschsprachige lutherische Gemeinden bestehen.
Bestellbar ist der Feste-Burg-Kalender als Abreißkalender oder in Taschenbuchform.
Herausgeber und Mitarbeiter
Der Feste-Burg-Kalender erscheint im Freimund-Verlag Neuendettelsau.
Er wird herausgegeben von Pfarrer i.R. Dr. Albrecht Adam.
Die Verfasser der Andachten sind evangelisch-lutherische Pfarrer aus den Mitgliedskirchen der VELKD (Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands) und der SELK (Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche in Deutschland), sowie lutherischen Kirchen des Auslands.
Für jeden Tag finden sie eine knappe Bibelauslegung nach der Jahresbibelleseordnung, ein Gebet. Aber auch die weiteren Tagesbibellese-Texte sowie das Wochenlied sind angegeben.
Feste-Burg-Kalender - Rückblick
Der Feste-Burg-Kalender erscheint 2015 im 94. Jahrgang. Dankbar blicken wir auf diesen großen Zeitraum zurück. Es war Pastor Richard Kabitz (23. März 1877 bis 14. Januar 1956), damals tätig in Gemünden im Westerwald, der den Kalender erstmals für das Jahr 1922 ins Leben gerufen hat. Kabitz, von 1927 bis 1939 im schlesischen Schwirz (Kreis Namslau) und ab 1939 im Schwarzwald im Warthegau, wo ihm das Superintendentenamt übertragen wurde, behielt den Kalender als Herausgeber bis zu seinem Tod in der Hand, auch als er 1945 nach der Flucht wieder nach Gemünden zurückkam. Der letzte von ihm redigierte Jahrgang ist der von 1957.
Die Geschichte des Kalenders nachzuzeichnen fällt nicht leicht. Ein Abreißkalender ist am Jahresende verbraucht und wird durch den nächsten abgelöst. Er ist von Anfang bis heute ein Kalender, der sich durch seine bewusste Orientierung am lutherischen Bekenntnis von anderen Kalendern dieser Art unterscheidet.
In den Trümmern des Zweiten Weltkriegs ist auch der Kalender untergegangen. Kabitz musste völlig neu beginnen. Jetzt erschien der Kalender im Lutheraner-Verlag (Frankfurt / Main), später Feste-Burg-Verlag (Uelzen). Erstmals für das Jahr 1950 war er wieder greifbar. Als Mitarbeiter wurden Pfarrer aus den lutherischen Landes- und Freikirchen gewonnen. Als Nachfolger in der Herausgabe wirkten die Pfarrer Dr. Gerhard Gesch (bis 1969), Dr. Wilhelm Rothfuchs (bis 1977), Dietrich Rocholl (bis 1993), Hermann Rothfuchs (bis 1998), Dr. Armin Wenz (bis 2006), Propst Gert Kelter, Pfarrer i.R. Wolfgang Schmidt und jetzt Pfarrer i.R. Dr. Albrecht Adam, Berlin.
Wegen Liquidation des Verlages konnte der Kalender 1964 nicht gedruckt werden, aber dank der Unterstützung einzelner Personen doch weiter bestehen. Ab 1965 erscheint er im Freimund-Verlag in Neuendettelsau. Jetzt tritt neben den Abreißkalender auch die Buchform. Die Zahl der Mitarbeiter wurde erweitert. Zusammen mit den lutherischen Freikirchen - seit 1972 der heutigen Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche - und dem Verlag; setzte sich den Martin-Luther-Bund für den Kalender ein und sorgte nicht nur für Mitarbeiter aus lutherischen Kirchen, sondern beteiligte sich auch an Werbung und Verteilung bis nach Österreich und in die Schweiz. Nach der Wende konnte vom Martin-Luther-Bund auch beachtlicher Teil der Auflage nach Osteuropa geschickt werden.
Weitere Informationen, Musterseiten, Kontakt und Bestellmöglichkeit unter: www.freimund-verlag.de


Feuerbestattung
Seit dem 2. Jahrhundert wurde die Erdbestattung die allgemein übliche christliche Bestattungsform.  Sie ist Ausdruck des Glaubens an die leibliche Auferstehung, wie Paulus schreibt: „Es wird  gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen  in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft. Es wird gesät  ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“ (1. Korinther 15,42-44) Deshalb wurde die Erdbestattung von Leugnern der Auferstehung abgelehnt.
Die Verheißung der Auferstehung gilt aber auch denjenigen, die feuer- oder seebestattet werden oder die nicht bestattet werden können. Die bleibende Identität des Toten liegt in Gottes Schöpferhand.
Eine grundsätzliche Ablehnung der Feuerbestattung mit theologisch-biblischen Begründungen müsste sich die Frage gefallen lassen, was in der Auferstehung mit den Menschen geschieht, die bei Bränden ums Leben gekommen sind oder mit den vielen christlichen Märtyrern, die auf Scheiterhaufen usw. hingerichtet wurden.
Aus seelsorglicher Sicht sollte dennoch bedacht werden, dass die traditionelle Erdbestattung Angehörigen oft die Trauerarbeit erleichtert. Das Verbrennen ist die stärkste Form von Zerstörung. Aus der Erkenntnis, dass der von Gott geschaffene Mensch ein Wesen aus Geist, Seele und Leib ist, folgt auch, dass mit dem Leib Verstorbener in Würde umgegangen wird und man ihm Respekt erweist. Dem tröstenden biblischen Bild vom „Säen des verweslichen Leibes“ entspricht eine Erdbestattung deutlich besser als eine Feuerbestattung:
„Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft. Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Gibt es einen natürlichen Leib, so gibt es auch einen geistlichen Leib.“ (1 Kor 15, 42-44)


filioque
→ Heiliger Geist (2)


Finanzierung, kirchliche
→ Kirchensteuer
Von den einkommensteuerpflichtigen Mitgliedern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der römisch-katholischen Diözesen, der altkatholischen Kirche und der jüdischen Kultusgemeinden wird in Deutschland durch die Finanzbehörden im Lohnabzugsverfahren eine „Kirchensteuer“ genannte Kultus- oder Religionssteuer erhoben.
Der Steuersatz beträgt in Bayern und Baden-Württemberg 8 %, in den übrigen Bundesländern 9 % der Einkommensteuer.
Im Jahr 2013 erhielt die Römisch-katholische Kirche in Deutschland etwa 5,5 Milliarden Euro Kirchensteuer, die EKD nahm 4,8 Milliarden Euro ein. Daneben erhielten im Jahr 2012 beide Kirchen insgesamt 460 Millionen Euro Staatsleistungen.
Dazu gehören auch die Gehälter von Bischöfen, Landesbischöfen, Weihbischöfen usw., die unmittelbar und unabhängig von der Kirchensteuer durch die Bundesländer (mit Ausnahme von Hamburg und Bremen) aus deren Haushalten bezahlt werden. Seit Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1949 ergab das bisher eine Summe von rund 14,8 Milliarden Euro.
Obwohl die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) als kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechtes theoretisch die Möglichkeit hätte, sich am Kirchensteuersystem zu beteiligen, verzichtet sie aus zwei hauptsächlichen Gründen bewusst darauf:
1. Sie legt Wert auf ihre Unabhängigkeit von Staat, Politik und Gesellschaft. Sie möchte im Blick auf ihr Bekenntnis, ihre Lehre, ihre Verkündigung und auch auf offizielle Stellungnahmen und Positionierungen zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen (insbesondere, wenn sie kritisch sind und der gesellschaftlich-politischen Mehrheitsmeinung zuwiderlaufen) unabhängig bleiben und sich nicht erpressbar machen.
2. Eine Teilnahme am Kirchensteuersystem würde dazu führen, dass ein hoher Prozentsatz der Kirchglieder der SELK, nämlich alle nicht oder nicht mehr einkommensteuerpflichtigen dadurch nicht erfasst würden. Auch entrichten sowohl steuerpflichtige wie nicht steuerpflichtige Kirchglieder der SELK oft einen Kirchenbeitrag, der deutlich über dem Kirchensteuersatz liegt. Die SELK setzt daher auf Freiwilligkeit und hat bisher erfahren, dass die bewusste Entscheidung der Kirchglieder, ihre Kirche und Gemeinde auch finanziell zu unterstützen, die Finanzierung der kirchlichen Aufgaben besser gewährleistet als dies die Teilnahme am Kirchensteuersystem voraussichtlich täte.
Kirchenbeiträge
Kirchenbeiträge werden von den Gemeindegliedern direkt an die Kirchengemeinde entrichtet. Jede Gemeinde überweist eine sogenannte Umlage an die Allgemeine Kirchenkasse (AKK), aus der vor allem die Pfarrgehälter bezahlt werden, die gesamtkirchlich einheitlich sind und nicht von der Größe oder Zahlungskraft einer Ortsgemeinde abhängen. Das sichert den Pfarrern die nötige Unabhängigkeit im Verkündigungsdienst.
Die Höhe des Kirchenbeitrags ist nicht festgelegt, sondern wird von jedem Gemeindeglied selbstverantwortlich und nach Maßgabe der individuellen Möglichkeiten selbst bestimmt. Dasselbe gilt auch für die Zahlungsweise. Allerdings gibt es Richtgrößen und eine geistliche Verpflichtung, sich auch finanziell am Erhalt der Kirche zu beteiligen. Als Richtwert gelten 3 % des Bruttoeinkommens. Viele Gemeindeglieder geben aber wesentlich mehr (manche auch einen freiwilligen Zehnten) und ermöglichen es dadurch, dass finanzschwache Kirchglieder und Gemeinden mit getragen werden können (Solidaritätsprinzip).
Steuerabzugsfähigkeit
Die Kirchenbeiträge sind steuerlich genauso absetzbar wie Kirchensteuern oder Spenden für kirchliche Zwecke. Jährlich werden darüber Spendenquittungen zur Vorlage beim Finanzamt ausgestellt.
Allgemeine Kirchenkasse (AKK) und Kirchenverwaltung
Der Hauptanteil der Umlagesummen an die Allgemeine Kirchenkasse wird für die Besoldung der Geistlichen (Personalkosten: ca. 91 % des Gesamthaushaltes) benötigt. Auch die Zuschüsse für kirchliche Werke, vor allem die Lutherische Theologische Hochschule, werden von der AKK finanziert. Ein verschwindend geringer Bruchteil wird für die gesamtkirchliche Verwaltung benötigt. Im Unterschied zu den Großkirchen kommt die Kirchenkanzlei der SELK in Hannover mit einer Handvoll Angestellten aus.
Die Lutherische Kirchenmission und die diakonischen Einrichtungen der SELK finanzieren sich weitgehend unabhängig von der Allgemeinen Kirchenkasse durch Spenden.
Die Besoldung der Pfarrer
Die Gehälter der Pastoren orientieren sich zwar am Beamtenbesoldungssystem, liegen aber derzeit (2016) bei 79% des Grundgehaltes A13/A14. Je nach Finanzlage der Gesamtkirche kann der Auszahlungssatz der Gehälter sinken oder steigen. Die Entscheidung darüber trifft das Kollegium der Superintendenten.


Firmung
→ Konfirmation


Frauenordination
Die Grundordnung der SELK (1971) bestimmt in Artikel 7 (2): "Dieses (sc. das eine, von Christus gestiftete) Amt (sc. der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung) kann nur Männern übertragen werden."
Bereits der 1. Kirchensynode (24.-26. Mai 1973 in Radevormwald) lag ein Antrag der Epiphanias-Gemeinde Bochum auf Streichung dieser Bestimmung vor (Vorlage I - 0300 unter „1.Änderung der Grundordnung: Art. 7 Abs. 2 entfällt").
Die Synode folgte der Empfehlung der Kirchenleitung in der Vorlage - I - 0301 und stimmte dem Antrag Niedersachsen Süd zu: „Die Kirchenleitung wird beauftragt, innerhalb von 2 Jahren über die Frage der 'Gleichberechtigung der Frau' (Zulassung der Frau zum Pfarramt und sonstige Dienste der Frau in der Gemeinde) eine ausführliche Dokumentation über die Haltung der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche vorzulegen. Die wichtigen vorliegenden und künftigen Schriftstücke zu diesem Thema soll veröffentlich werden, z.B. als Beilage zum Kirchenblatt."
Die Empfehlung der Kirchenleitung  zu Vorlage - I - 0301) lautete:
„Über den 1. Teil des Antrages, der auf 'Zulassung der Frauen zum Pfarramt' abzielt, sollte die Kirchensynode zur Tagesordnung übergehen, da dieser Antrag gegen die Lehre der heiligen Schrift verstößt "
Am 2. Mai 1975 legte die Kommission "Dienste der Frau in der Gemeinde" ihren Bericht vor. Das Ergebnis der Kommissionsarbeit war nicht einheitlich:
„Die Kommission ist in ihrer Mehrheit der Überzeugung, dass die Aussagen des Neuen Testamentes der Kirche auch heute keine Freiheit geben, Frauen den Weg zum gemeindeleitenden Pfarramt, zum Hirtenamt zu eröffnen. Eine Minderheit der Kommission konnte sich von der Schlüssigkeit dieser Argumente nicht überzeugen. Die neutestamentlichen Texte seien so eindeutig nicht, um der Frau den Zugang zum Pfarramt zu verwehren. "
Dem Bericht beigegeben wurden  drei Dokumentationen über die Stellung der Vorgängerkirchen der SELK.
Die 2. Kirchensynode der SELK (13.-17.6, 1975 in Bochum) erhob zunächst auf Initiative von Bischof Dr. G. Rost mit Stimmenmehrheit die Mehrheitsmeinung der Kommission zum Beschluss:
„Die Aussagen des Neuen Testamentes geben der Kirche auch heute keine Freiheit, Frauen den Weg zum gemeindeleitenden Pfarramt, zum Hirtenamt zu eröffnen." (15. Juni 1975.).
Wiederum auf Initiative von Bischof Dr. G. Rost "hob" dieselbe Kirchensynode diesen ersten Beschluss wieder "auf' und ersetzte ihn durch einen zweiten, einstimmig angenommenen Beschluss:
"Die Synode bekennt sich einmütig zu dem Ergebnis der Kommissionsarbeit, wonach eine Ordination von Frauen zum heiligen Predigtamt in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche auch heute nicht möglich ist. Mit überwiegender Mehrheit ist die Synode der Überzeugung, dass die Aussagen der Heiligen Schrift selbst eine solche Möglichkeit bindend ausschließen." (17. Juni 1975)
Über die in der SELK geltende Lehre, wonach die Aussagen der Heiligen Schrift selbst eine Ordination von Frauen zum Amt der Kirche bindend ausschließen, wurde in den folgenden Jahrzehnten eine intensive Debatte auf allen Ebenen der Kirche geführt.
Im Jahr 1990 wurde ein Fakultätsgutachten zur Frage der FO bei der Luth. Theol. Hochschule (LThH; Oberursel) in Auftrag gegeben, das 1995 fertiggestellt war:
- Im Wintersemester 1993/94 fand an der LThH eine Ringvorlesung zur FO statt (veröffentlicht als Oberurseler Heft 28, 1994; dort wird in einem Hinweis auf S. 8 auf die von der Kirchensynode 1975 festgestellte unterschiedliche Bewertung der theologischen Begründbarkeit aufmerksam gemacht).
- Der 9. Allgemeine Pfarrkonvent (APK) der SELK beschließt 2001 (Oberursel) ein mehrjähriges Moratorium: Während der Moratoriumszeit (bis zum folgenden APK bzw. der folgenden Kirchensynode) wird von allen Pfarrern der Verzicht auf das Stellen sämtlicher Anträge erklärt, die die FO-Thematik zum Inhalt haben. Zugleich soll weiterhin in der Hoffnung um den Beistand des Hl. Geistes, der die Kirche in alle Wahrheit leitet, im gemeinsamen Hören auf die und Studieren der Heiligen Schrift ein gemeinsames Verständnis derselben angestrebt werden.
- Dazu trafen sich über Jahre hinweg und auch noch nach Auslaufen des Moratoriums insbesondere auch die Pfarrkonvente zu bilateralen gemeinsamen, meist mehrtägigen Arbeitssitzungen („Begegnungskonvente“). Übereinstimmend konnte hierzu rückblickend festgehalten werden: Diese gemeinsamen Konvente trugen wesentlich dazu bei, Vorurteile abzubauen, die Debatte zu versachlichen, den gegenseitigen Respekt zu stärken und insgesamt in der FO-Frage ein geistliches Miteinander zu fördern. Allerdings, auch das musste eingeräumt werden: Der theologische Dissens konnte dadurch nicht überbrückt werden.
- Eine Arbeitsgemeinschaft (AG) wurde eingesetzt, die die Aufgabe hatte, die theol. Themen für die Begegnungskonvente zu erarbeiten und die Ergebnisse zu bündeln. Die theol. Arbeit betraf z.B. die "Schöpfungsordnungen Gottes und ihre Relevanz für die Frage der Ordination von Frauen zum Amt der Kirche", die "Frage nach der theologisch relevanten Verknüpfung von Amt und Geschlecht des Amtsträgers", Fragen des Schriftverständnisses und der Hermeneutik usw.
- Im Jahr 2000 legen Kirchenleitung und Kollegium der Superintendenten das so. „Pro- und Kontra-Papier („Die wesentlichen Argumente zur Frage einer ORDINATION VON FRAUEN ZUM AMT DER KIRCHE, soweit sie bisher in der SELK geäußert wurden“) vor.
- Im November 2001 gründete sich in Witten eine Privatinitiative unter dem Titel  „Initiative FrauenOrdination“ (INFO), die sich dafür einsetzt, baldmöglichst die Ordination von Frauen zum Amt der Kirche in der SELK zu ermöglichen. Sie versteht sich als „Laieninitiative“, wird jedoch auch von Pfarrern und Pastoren unterstützt.
- Dem 11. APK 2009 (Berlin), 36 Jahre nach der 1. Kirchensynode, lagen die gebündelten Ergebnisse der Begegnungskonvents-Arbeit und der Bericht der AG, sowie wiederum Anträge zur Streichung des Artikels 7(2) der Grundordnung und thematisch verwandte Anträge vor.
Es kam dennoch nicht  zu einer Änderung des Artikels 7(2) und damit der geltenden Lehre in der SELK. Der APK beschloss hingegen folgenden Antrag an die 12. Kirchensynode (2011; Berlin):
"(...) 1. Die Konvente haben stark zur Vertrauensbildung, zur Versachlichung und zur besseren theologischen Verständigung beigetragen. Der gegenseitige Respekt ist bei Gegnern wie Befürwortern der Frauenordination gewachsen, auch wenn keine Seite von der jeweils anderen theologisch überzeugt werden konnte.
2. Die Beratungen auf dem 11. APK zu diesem Sachverhalt haben gezeigt, dass es trotz intensiver Bemühungen innerhalb der Pfarrerschaft der SELK keine Einmütigkeit in der Frage der Zulässigkeit der Ordination von Frauen gibt. In diesem Zusammenhang hat zum Beispiel ein Antrag auf Änderung des Art. 7 (2) Grundordnung auf dem APK auch keine Mehrheit gefunden.
3. Befürworter und Gegner der Frauenordination gehen dennoch von der gemeinsamen Verpflichtetheit auf die Heilige Schrift aus. Sie tragen daher vorerst die unterschiedliche Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit der Ordination von Frauen zum Amt der Kirche, weil sie Rücksicht nehmen auf den derzeitigen – als je bindend empfundenen – Stand der Einsichten in die unterschiedliche Auslegung der Heiligen Schrift.
Das Vorhandensein der beiden Positionen zu dieser Frage wird derzeit nicht als kirchentrennend erachtet.
Sie (sc. die 12. Kirchensynode) nimmt zur Kenntnis:
1. Angesichts der gegenwärtigen Sachlage gesteht der APK seine Ratlosigkeit darüber ein, wie in dieser Frage Einmütigkeit zu erlangen ist. Er vertraut aber auf die Leitung des Heiligen Geistes, der nach der Verheißung des Herrn der Kirche uns in alle Wahrheit leiten wird (Joh.16,13). In diesem Vertrauen ist weiteres geduldiges Bemühen um eine Verständigung erforderlich. (...)"
- Der APK setzte, dem Antrag folgend, einen Ausschuss ein, der bis zum 12. APK (2013, Berlin) einen Abschlussbericht erstellen sollte und in der Zwischenzeit weiter an der theol. Fragestellung arbeiten sollte. Dies erfolgte insbesondere unter dem Gesichtspunkt, welchen Stellenwert die FO-Thematik im Verhältnis zur Einheit der Kirche (nach CA VII) habe, also: Ob und inwiefern die Einführung der FO ggf. auch -theologisch begründbar- innerkirchlich kirchentrennende Wirkung  habe.
Zu den Ergebnissen dieser Ausschussarbeit gehört es insbesondere, dass (in dem positionell unterschiedlich besetzten Ausschuss) gemeinsam festgehalten werden konnte, dass es sich bei der Frage nach der Zulässigkeit der FO nicht um eine Ordnungs- sondern um eine Lehrfrage handelt, die in der SELK bislang und unter Bezug auf die Aussagen der Hl. Schrift abschlägig beantwortet wird; dass es aber daneben und im Widerspruch zur geltenden Lehre die Lehrmeinung gebe, die FO sei mit den Aussagen der Hl. Schrift in Einklang zu bringen.
- Der 12. APK einigte sich schließlich auf folgende Punkte:
1. Die Frage, ob Frauen zum Hirtenamt d. Kirche ordiniert werden können, ist keine Ordnungsfrage, die die Kirche so oder anders regeln kann, sondern eine Lehrfrage.
2. Für die SELK bleibt die Lehrentscheidung, wonach nach dem Zeugnis der Hl. Schrift die Ordination von Frauen zum Hirtenamt d. Kirche nicht möglich ist, auch weiterhin in Geltung.
3. Der Art. 7(2) der GO, der dies so regelt, bleibt geltendes kirchliches Recht.
4. Es wird festgestellt, dass es zu dieser Lehrentscheidung unter Pfarrern und Gemeindegliedern unterschiedliche Lehrmeinungen gibt.
5. Es wird festgestellt, dass das Vorhandensein abweichender Lehr-Meinungen zu der weiterhin geltenden Lehrentscheidung derzeit nicht als kirchentrennend erachtet und weiterhin gemeinsam geduldig und in Liebe getragen und ausgehalten werden müsse.
6. Es wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass der Hl. Geist Gottes die Kirche auch in dieser Frage durch das gemeinsame Hören auf Gottes Wort in der Hl. Schrift irgendwann die geistliche Einmütigkeit schenken wird.
Gleichwohl stehen Frauen in der SELK viele Möglichkeiten offen: Volltheologinnen können als Pastoralreferentinnen im gemeindlichen oder übergemeindlichen Dienst tätig werden. Beispielsweise derzeit als Diakoniedirektorin oder theol. Referentin im Kirchenbüro. Sie können als Dozentin bzw. Professorin an der Luth. Theol. Hochschule (LThH) lehren.
Als Religionslehrerinnen, Diakoninnen und auf vielen weiteren Gebieten kirchlicher Arbeit stehen ihnen Betätigungsfelder im Haupt-, Neben- oder Ehrenamt offen.
Auch in kirchenleitenden Ämtern der SELK, sowohl als Kirchenvorsteherinnen als aber auch als Kirchenrätinnen können Frauen verantwortlich mitarbeiten und tun es auch.
Als Kirchenrätinnen sind sie auch Mitglieder der Kirchenleitung der SELK und entscheiden gleichberechtigt mit ihren männlichen Kirchenratskollegen, den Pröpsten und dem Bischof.


Freikirchen
Der Begriff „Freikirche“ ist, je nachdem, ob man ihn streng theologisch, strukturell-organisatorisch oder als Legitimationsbegriff im Gegenüber zur Sekte oder Sondergemeinschaft definiert, ganz unterschiedlich gefüllt.
Klassisch-theologisch sind Freikirchen dadurch gekennzeichnet, dass sie a) die Unabhängigkeit vom Staat zum ekklesiologischen Existenzprinzip erheben, b) das Gemeindeprinzip vertreten und in aller Regel nur auf ein notwendiges Mindestmaß beschränkte übergemeindliche Strukturen akzeptieren, c) kein geistliches Amt mit besonderen, nur diesem Amt zukommenden Vollmachten anerkennen, sondern sich dem sog. Priestertum aller Gläubigen verpflichtet wissen und dies so verstehen, dass jeder Getaufte grundsätzlich die Vollmacht habe, Gemeinden mit Wort und Sakrament zu leiten, d) das Freiwilligkeitsprinzip vertreten und damit die bewusste persönliche Entscheidung für Christus als absolute Bedingung für Mitgliedschaft in einer Gemeinde, e) vielfach deshalb die Säuglingstaufe nicht praktizieren oder ablehnen oder die erneute Taufe nach erfolgter persönlicher Glaubensentscheidung fordern, f) Mission und Evangelisation auch in christlichem Kontext als Hauptexistenzgrund verstehen und g) häufig großes Gewicht auf die persönliche Heiligung des Lebens und in der Folge auch auf die „Reinerhaltung“ der Gemeinde und entsprechende Kirchenzucht legen.
So verstandene freikirchliche Theologie ist durchweg reformiert geprägt, häufig mit der Tendenz zum Zwinglianismus, der gegenüber dem Calvinismus noch deutlicher antisakramental denkt.
In diesem theologischen Sinn versteht sich die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) ganz bewusst und konsequent nicht als „Freikirche“, wenngleich einzelne der genannten Aspekte (wie z.B. ein höheres Maß an Selbständigkeit der Einzelgemeinden gegenüber der Gesamtkirche oder die Akzentuierung von Mission und Evangelisation und gewisse Aspekte der Freiwilligkeit) auch in der SELK zu finden sind.
Strukturell-organisatorisch spricht man von „Freikirche“ auch, um den Unterschied zu einer Staats- oder Landeskirche zu markieren. Diese Begriffsverwendung ist freilich fast ausschließlich im deutschen oder skandinavischen bzw. britischen Kontext von Bedeutung. In diesem Sinne sind z.B. auch alle us-amerikanischen Kirchen, auch die römisch-katholische Kirche, „Freikirchen“. Und in Unterscheidung zu den deutschen Landeskirchen, die in deutlich geringerer Distanz und größerer Abhängigkeit zum Staat stehen, könnte man auch die SELK als „freikirchlich strukturiert“ bezeichnen. So nimmt die SELK nicht am finanzbehördlichen Kirchensteuersystem teil, partizipiert aber andererseits als Körperschaft des öffentlichen Rechtes ansonsten durchaus von staatlichen Privilegien wie z.B. der Steuerbefreiung.
Zur Kategorie der strukturell-organisatorischen Begriffsbestimmung zählt auch ein Freikirchenverständnis, das sich aus einer bewussten Ablehnung jeder Form von Volkskirche (auch dort, wo sie nicht Landes- oder Staatskirche ist) ergibt.
Als Legitimationsbegriff im Gegenüber zur Sekte oder Sondergemeinschaft wird der Begriff „Freikirche“ heute auch ganz bewusst von solchen Gemeinschaften auf sich bezogen und verwendet, die bislang von den Kirchen als Sekte oder Sondergemeinschaft kategorisiert wurden. So nennen sich z.B. die deutschen Adventisten heute „Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten“. Auch charismatische und andere Einzelgemeinden ohne Anbindung an andere Gemeinden führen gelegentlich die Bezeichnung „Evangelische Freikirche“ als Untertitel.
In Deutschland haben sich 1926 („klassische“) Freikirchen und freikirchliche Gemeinschaftsverbände in der „Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF)“ zusammengeschlossen. Zu ihr gehören heute u.a. Baptisten (BEFG), Mennoniten, Methodisten, Freie Evang. Gemeinden (BFeG), freikirchliche Pfingstgemeinden  (BFP), die Heilsarmee, die Kirche des Nazareners, sowie als Gastmitglieder u.a. die Herrnhuter Brüdergemeine und die Adventisten.


Freimaurerei
Die moderne Freimaurerei führt sich selbst zurück auf die mittelalterlichen Dombauhütten und die damit verbundenen bruderschaftsähnlichen Verbindungen der am Dombau beteiligten Maurer und anderer Handwerker, die ihre besonderen Rituale, Berufs- und Kunstgeheimnisse gegenüber anderen wahrten ,aber auch sozial füreinander eintraten.
Im neuzeitlichen Sinn entsteht die Freimaurerei erst Anfang des 18. Jahrhunderts, als sich am 24.6.1717 vier Londoner Bauhütten (engl. Lodges, daher der Begriff der „Loge“) zur ersten „Großloge“ zusammenschlossen. Das Grundgesetz dieser Großloge, die sog. „Alten Pflichten“ gelten bis heute.
1737 wurde in Hamburg das Freimaurertum durch die Gründung der Loge „Absalom“ auch in Deutschland eingeführt.
Während des Nationalsozialismus und in der DDR war die Freimaurerei verboten. Weltweit soll es heute (1994) 33.000 Logen mit über 6 Millionen Mitgliedern geben.
Freimaurer verwenden die aus der mittelalterlichen Bauhüttenmaurerei stammenden Symbole Hammer und Zirkel, Winkelmaß, Kelle und Schurz.
In den Logen treffen sich die Mitglieder zu geselligen, teilweise auch öffentlichen und charitativ geprägten Veranstaltungen, die an ähnliche Treffen des „Lion’s Club“ oder der Rotarier erinnern. Die mit solchen Gesellschaftsclubs vergleichbaren sozialen Strukturen mit ihren vielfältigen (nicht zuletzt geschäftlich interessanten) Kontakten und Beziehungen lassen Freimaurerlogen für manchen anziehend erscheinen. Nach außen wird das soziale und charitative Engagement stark in den Vordergrund gestellt. Daneben gibt es jedoch die nach wie vor geheimen Rituale in einem tempelartigen Raum, zu denen nur die Logenbrüder Zutritt haben (in Deutschland gibt es nur eine Loge, die auch Frauen aufnimmt), sowie geheime Erkennungszeichen, die an diejenigen der Mormonen erinnern. (Die Mormonen, deren erster Präsident Freimaurer war, haben eine Reihe von Freimaurerritualen in ihren Tempelkult übernommen.)
In der Freimaurerei läßt sich eine religiöse und eine humanitäre-humanistische Richtung unterscheiden. Die religiöse Richtung, auch „Schwedisches System“ genannt, ist vor allem in Norddeutschland und in den skandinavischen Ländern verbreitet. Beide Richtungen fordern von ihren Mitgliedern den Glauben an „ein höheres Wesen“, das als „Großer Baumeister der Welten“ verehrt wird. Das hat allerdings weder etwas mit einem kirchlich-konfessionellen, noch in anderem Sinne religiösen Bekenntnis zu tun, sondern drückt lediglich aus, daß es neben dem sinnlich Wahrnehmbaren noch „etwas Anderes“ geben müsse.
„Christliche Freimaurerei“, wenn dies auch gelegentlich so behauptet wird, gibt es hingegen nicht. Auch die „Große Landesloge von Deutschland“, die zuweilen als „christliche Loge“ bezeichnet wird, hält an den alten Prinzipien fest, wonach Jesus Christus nur als ethisches Vorbild, herausragender Mensch, großer Religionsstifter usw. verehrt wird.
Die Deutsche Katholische Bischofskonferenz hat in der Erklärung vom 12.5.1980 festgestellt, daß auf ihrem Gebiet niemand zugleich Katholik und Freimaurer sein könne. Die Mitgliedschaft in einer Loge ist ausdrücklich (und seit einer Feststellung der röm. Glaubenskongregation v. 26.11.1983 auch weltweit) verboten.
Die Theologische Kommission der SELK hat 2001 grundsätzlich festgestellt: „Eine gleichzeitige Gliedschaft in Kirche und Loge ist vom christlichen Standpunkt aus unvereinbar. Es gibt für Christen keinen Grund, einer Loge beizutreten, dagegen sehr viele Gründe, dies nicht zu tun.“


Fundamentalismus
Der Begriff “Fundamentalismus” geht –im christlichen Kontext- zurück auf die Buchreihe „The Fundamentals: A Testimony To The Truth“, die zwischen 1910 und 1915 vom Bibelinstitut (Bible Institute) Los Angeles veröffentlicht wurde. Die auf 12 Bände konzipierte Reihe, an der 64 unterschiedliche Autoren aus unterschiedlichen christlichen Kirchen und Gemeinschaften der USA mit Aufsätzen beigetragen haben, gibt die Ergebnisse der sog. Niagara-Konferenzen wieder, zu denen sich Vertreter konservativer Prägung versammelten, um einer Liberalisierung des christlichen Glaubens zu begegnen.
Als „fundamentals“ wurden dabei die aus der Sicht der Konferenzteilnehmer wesentlichen Bestandteile eines christlich-biblischen Glaubens bezeichnet. Dazu gehörten insbesondere:
- Die Bibel ist irrtumslose Wort Gottes (auch in naturkundlichen und geschichtlichen Aussagen);
- Bibelkritik im Sinne der Anwendung des historisch-kritischen Methodenkatalogs ist strikt abzulehnen;
- Die Bibel ist heilsgeschichtlich auszulegen;
- Jesus Christus ist der alleinige Erlöser, leiblich auferstanden, wird sichtbar und leiblich wiederkommen;
- Die Jungfrauengeburt Jesu im biologischen Sinne;
- Die stellvertretende Genugtuung (Sühne) Jesu Christi durch seinen Tod am Kreuz;
- Der Mensch wird allein aus Gnaden gerettet;
- Alle Menschen werden auferstehen - entweder zum ewigen Leben oder zur ewigen Verdammnis.
Hinzu kommen eine ganze Reihe ethischer Grundsätze, etwa im Blick auf die Beziehung von Mann und Frau usw.
Zu kritisieren sind aus der Sicht der SELK nicht einzelne der genannten „fundamentals“, sondern ein diesen „fundamentals“ vorausgehendes und vorausgesetztes unbiblischen Menschen- und Gottesbild (vom „vernünftigen“ Menschen und vom „vernünftigen, logischen“ Gott), aus dem ein unbiblisches, rationalistisches Schriftverständnis resultiert.
Vom klassischen F. vorausgesetzt wird, dass nach dem Sündenfall die Gottesebenbildlichkeit des Menschen, zu der auch der uneingeschränkte Gebrauch der menschlichen Vernunft zählt, unversehrt geblieben sei. Gott selber ist danach seinem Wesen nach und in seiner Offenbarung rational einsehbar, und wir können unsere geistigen Fähigkeiten ungebrochen (durch die Erbsünde) in den Erkenntnisprozess einbringen.
Es bedarf also keiner von außen, von Gott her kommenden Erleuchtung. Der Geist braucht nicht zu wirken.  Der vernünftige Gott und seine vernünftige (vernunftgemäße, intelligible) Offenbarung treffen auf einen in seinen Vernunft-Fähigkeiten unversehrten Menschen. Beide Rationalitäten, die Gottes und die des Menschen, sind in Übereinstimmung. Der Sündenfall hat den Menschen nicht blind für Gott gemacht, sondern ihm seine Erkenntnisfähigkeit in Bezug auf Gott gelassen.
Die (Erb-)Sündigkeit des Menschen wird nicht mehr in ihrer Tiefe und Totalität erfasst, der Sündenbegriff wird moralisch verflacht. Und die Aussage von Confessio Augustana 2 über das erbsündliche Verderben des Menschen, nämlich dass er „keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott von Natur haben könne“, ihm vielmehr dafür die Gabe des Geistes Gottes verliehen werden müsse, ist aufgehoben.
Nach dem Urteil der Augustana aber werden verworfen, die „die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, zu Schmach der Leiden und Verdienst Christi“. Dass „der natürliche Mensch nichts vernimmt vom Geist Gottes“ (1. Kor. 2,14) ist dem klassischen Fundamentalismus verborgen geblieben und hat für ihn keine Bedeutung im Rahmen des Verständnisses von Schrift und Schriftautorität. 
Obwohl es hier auch Übereinstimmungen und Schnittmengen gibt, ist vom F. der Biblizismus (eine theologische Auffassung und Methode, die alle Glaubensinhalte ausschließlich der Bibel entnimmt und Dogmatik wie Ethik allein in Gestalt harmonisierender Reproduktion biblischer Gedanken anerkennt), der Evangelikalismus und der (theol.) Konservatismus zu unterscheiden und abzugrenzen. 
Eine Reihe sog. fundamentalistischer Einzelpositionen (z.B. Jungfrauengeburt, stellvertretender Sühnetod Jesu am Kreuz, leibliche Auferstehung, Wiederkunft Christi zum Gericht mit doppeltem Ausgang usw.) sind selbstverständlich Bestandteil lutherischen Glaubens, wie er in der SELK bekannt und gelehrt wird.  
Der F. im klassischen Sinne, insbesondere seiner rationalistischen, auf einem unbiblischen Menschenbild beruhenden Vorverständnisse zum Verstehen der Heiligen Schrift wegen, wird jedoch von der SELK als unangemessen kritisiert und abgelehnt.
Im Sinne einer pointierten Spitzenaussage kann SELK-Bischof a.D. Dr. Jobst Schöne diesen F. daher zutreffend als „Irrlehre“ bezeichnen. (Vgl. Jobst Schöne. Die Irrlehre des Fundamentalismus im Gegensatz zum lutherischen Schriftverständnis. Der Aufsatz von Bischof Dr. Jobst Schöne, D.D., stammt aus dem Jahr 1994. Er wurde zuerst veröffentlicht in: Diestelmann, Jürgen (Hg.), In Treue zu Schrift und Bekenntnis, Festschrift für Wolfgang Büscher, Braunschweig 1994, Seiten 171-183. Ein Nachdruck erfolgte in: Schöne, Jobst, Botschafter an Christi Statt. Versuche, Groß Oesingen 1996, Seiten 83-93.) 
Nicht die Verbalinspirationslehre macht den Fundamentalismus also zum Fundamentalismus, nicht sein Eintreten für Grundwahrheiten der Schrift, sondern vielmehr ein ganzes Geflecht von Positionen, Schlussfolgerungen und Akzentsetzungen, in welchem ebenso bestimmte Schriftaussagen ausgeklammert wie andere bejaht werden, wo Grundentscheidungen schon längst fallen, ehe es zur Frage der Schriftinspiration kommt.


Fußwaschung
Nach Joh 15,26+16,7 hat Jesus im Zusammenhang des letzten Passahmahles mit seinen Aposteln bzw. im Kontext der Einsetzung des Hl. Abendmahles seinen Jüngern die Füße gewaschen.
In der röm.-kath. Kirche (aber auch in protestantischen Gemeinschaften wie den Adventisten, manchen Mennoniten-Gruppen) stellt die Fußwaschung ein Ritual im Rahmen des Abendmahlsgottesdienstes am Gründonnerstag (Tag der Einsetzung des Hl. Abendmahles) dar. Teilweise als verpflichtend (z.B. in röm. Kathedralkirchen oder bei den Adventisten).
Aus dem neutestamentlichen Zeugnis wird jedoch ersichtlich, dass Jesus mit der Fußwaschung keinen quasi-sakramentalen Ritus gestiftet hat, der auf konkret-wörtliche Wiederholung anlegt war, sondern „ein Beispiel [ὑπόδειγμα; hypodeigma] gegeben“ hat. (Joh 13, 15)
Und zwar ein Beispiel, an dem die Apostel und mit und nach ihnen auch alle Christen erkennen und verstehen sollten, was es heißt, dass sich Gott in Christus erniedrigt hat, dass er das Gesetz vollkommen erfüllt und gehorsam geworden ist bis zum Tode am Kreuz.
Jemandem die staubigen Füße zu waschen, galt als einer der niedrigsten Sklavendienste.
In dem Jesus seinen Aposteln die Füße wäscht, gibt er ein Beispiel für die durch nichts zu überbietende Liebe Gottes und eine Illustration dafür, dass die Nachfolger Jesu im Verhältnis zu ihren Mitmenschen ein Leben in der demütigen und selbstlosen Liebe führen sollen, die der Liebe Gottes entspricht.
Der Zusammenhang, in dem Joh. die Fußwaschung überliefert, läuft auf folgende Aussage hinaus (Joh 15, 34-35): „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“
Also auf die tägliche Praxis der aufopfernden Nächstenliebe und nicht etwa auf die rituelle Nachahmung einer Handlung Jesu.
Biblisch genau genommen, zielt Jesus in diesem Kontext auch nicht auf „allgemeine Nächstenliebe zu allen Menschen“, sondern auf die spezifische, im Glauben an Christus begründete und aus diesem Glauben resultierende Liebe der Christen untereinander: „…wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Das wird, sagt Jesus, ein (missionarisches) Merkzeichen der Christusgemeinde für die sein, die (noch) nicht dazu gehören.
Von daher ist die jährliche Praxis der Päpste, am Gründonnerstag inszenierte Fußwaschungen neuerdings auch an Nichtchristen zu praktizieren, aus biblisch-lutherischer Sicht zumindest fragwürdig. (Nicht weil Nichtchristen keine Nächstenliebe entgegen zu bringen wäre – im Gegenteil: Die spezifische christliche Nächstenliebe wird von Christus sogar als ‚Feindesliebe‘ qualifiziert. Sondern weil das Ritual der Fußwaschung hier aus seinem biblischen Zusammenhang gerissen wird.)
In der Frühzeit der Kirche scheint dies auch noch der Fall gewesen zu sein. Der vielzitierte und Nichtchristen als bewundernde Aussage über die Christen zugeschriebene Satz „Seht, wie sie einander lieb haben“ findet sich allerdings nicht in der Bibel, sondern in den Schriften des altkirchlichen Theologen Tertullian (150-230), der schrieb: "Seht, wie sie (die Christen) einander lieben; wie sie bereit sind, füreinander zu sterben!"
Die Apostelgeschichte bezeugt aber von der „Urgemeinde“: „Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele.“ (Apg 4, 32)


Lexikon - E


Ehe
Die Ehe ist nach biblischem Verständnis ein gottgegebener Lebensraum. Als solchen gibt Gott der Schöpfer sie grundlegend und grundsätzlich seiner Menschheit vor. Als göttliche Voraus-Setzung und eben darin menschliche Lebensform dient sie dem Schutz der Liebe zwischen Mann und Frau. Sie bildet so auch die gottgewollten Rahmen für die Weitergabe menschlichen Lebens zum Erhalt der Menschheit. Dieser in der Schöpfung von Anfang an angelegten Grundgegebenheit gilt der Segen Gottes, unabhängig davon, ob Frau und Mann, die darin leben, an den Gott der Bibel glauben oder nicht, Christen sind oder nicht. Die Ehe als göttliche Stiftung gehört demnach in den Bereich des 1. Glaubensartikels und ist in diesem Sinn ein „weltlich Ding“ (Luther). Dies schließt freilich ein, dass sie ein in Gottes Schöpferwillen verankerter, biblisch begründeter Lebensentwurf ist, dem Gottes Verheißung gilt. Gott ist „im Spiel“, wenn Mann und Frau sich zu gemeinsamem Leben verbinden, und dies nicht im Sinn einer heimlichen Beziehung, sondern in der Öffentlichkeit ihres Lebenskreises, zu welcher Zeit, auf welchem Kontinent, in welchem Kontext auch immer.
Für diese theologische Sicht sind die Worte aus der Schöpfungserzählung: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch.“ (1. Mose 1,27-28), und Jesu Wort maßgeblich: „Von Beginn der Schöpfung an hat Gott sie geschaffen als Mann und Frau. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und wird an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ (Mk 10,6-9 par Mt 19,4-6).
Der Konsens (Übereinkommen der Brautleute, lebenslang in der Ehe zusammen zu bleiben) begründet den Eintritt in den von Gott als Schöpferordnung gesetzten „Ehestand“. Er bedarf freilich um der erwünschten Rechtssicherheit willen der öffentlichen Kundgabe im Sinn einer Approbation bzw. Legitimation, und zwar für die davon berührten Lebensbereiche insgesamt. Wie diese Kundgabe vollzogen wird, wurde (und wird) geschichtlich, auch kirchengeschichtlich, und in verschiedenen gesellschaftlichen und rechtlichen Bezugsrahmen unterschiedlich gehandhabt. So gewinnen die Begriffe „Trauung“ und „Verlobung“ im abendländischen Kontext erst im 13. Jahrhundert einen „klaren Rechtssinn“2. Es lässt sich allerdings zeigen, dass schon früh neben dem familiären Geschehen gesellschaftliches und gottesdienstliches Handeln (im weitesten Sinn) Elemente der Eheschließung im Sinn der Öffentlichmachung des Ehekonsenses bild(et)en. In Luthers Trauformular wird nur der Ehewille beider Ehepartner aufgerufen, also die Freiwilligkeit. Eine Vorordnung des Mannes gegenüber der Frau ist nicht erkennbar, ebenso nicht der Kinderwunsch als Voraussetzung zu einer gültigen Ehe.
Aus biblischer Sicht gehört zu den bestimmenden Momenten der Ehe ihre Unauflöslichkeit. Dieser grundlegenden Bestimmung entspricht die Mahnung zu ehelicher Treue und lebenslanger Verbindlichkeit zwischen den Eheleuten, wie sie im 6. Gebot gefasst ist. Dabei geht es darum, angesichts vielfältiger Gefährdungen menschlichen Lebens der Liebe zwischen Frau und Mann „über den Augenblick hinaus einen Ort beständiger Geborgenheit zu gewähren“. Zudem hat die Ehe die Verheißung göttlichen Segens: Sie ist eine Gabe des Schöpfers an die Menschen, mit der er sie vor Vereinzelung bewahrt, mit der er zuerst einem Mann und einer Frau eine geschützte Lebensgemeinschaft ermöglicht, und in diesem Rahmen das Heranwachsen einer neuen Generation sichert. Als solche verbindende und verbindliche Lebensform kann die Ehe, gerade im Blick auf nicht ausbleibende Verfehlungen der Eheleute, zum Raum einer Erfahrung von Bewahrung und zum Ort gelebter Versöhnung werden.
Der Lebens- und Schutzraum, den Gott für die Liebe von Mann und Frau in der Ehe gewährt, wird von Christen in besonderer Wiese gefüllt; denn auch in der Ehe leben sie nach Maßgabe ihres Christus-Bezuges: Dieser ist das Vorzeichen, unter dem sie einander zugeordnet sind; er gibt der Weise, wie sie das Lebensmodell Ehe gestalten, eine besondere Tiefe als „unbedingtes liebendes Miteinander und Füreinander“: Das Verhältnis von Christus und Gemeinde bildet das Modell gegenseitiger Hingabe und aufopferungsvoller Hingebungsbereitschaft der Eheleute (Eph 5,21). Hier gilt die „bedingungslose Verbindlichkeit“ als Leitbild, das „ein gemeinsames Altwerden, das Einstehen in Fällen von Krankheit, das gegenseitige Tragen, eine uneingeschränkte Vergebungsbereitschaft und die Verantwortung für gemeinsame Kinder einschließt“.
Für den gottesdienstlichen Vollzug ist maßgeblich, dass deutlich wird: Gott ist es, der zusammenfügt. Auf Seiten der Eheschließenden ist die Inanspruchnahme der kirchlichen Trauung auch ein Bekenntnis, dazu ihre Ehe als von Gott geschenkten Schutzraum für ihre Liebe anzunehmen, verbunden mit der (Selbst-)Verpflichtung, in diesem Raum gemäß den göttlichen Maßstäben und Weisungen zu leben. Dies gilt gerade im Blick darauf, dass in dieser Welt „menschliche Schuld und Sünde die Vollkommenheit der göttlichen Stiftung gebrochen haben“.8 Indem sie sich kirchlich trauen lassen, bringen Christen zum Ausdruck, dass sie ihre Ehe als eine an Gottes Wort ausgerichtete Lebensgemeinschaft auffassen, sich zu einer von Gottes Willen bestimmten Lebensform bekennen und sich des Angewiesenseins auf die Fürbitte der christlichen Gemeinde und den Segen Gottes bewusst sind.


Ehelosigkeit
→ Zölibat


Einzelbeichte
→ Beichte
In der SELK ist die Möglichkeit der Einzelbeichte bei jedem Pfarrer jederzeit gegeben und wird auch genutzt.
Entweder bieten die Pfarrer besondere Beichtzeiten für seelsorgliche Gespräche und Einzelbeichte an, die z.B. im Gemeindebrief ausgewiesen sind oder man vereinbart einen persönlichen Termin zur Einzelbeichte.
„Beichtstühle“, wie sie die römisch-katholische Kirche kennt, sind in der SELK nicht üblich. Einzelbeichten finden entweder in der Sakristei oder ggf. auch im Amtszimmer des Pfarrers statt. In der Regel steht hierzu eine Knie- und Betbank – etwa vor einem Sakristeialtar oder einem Kruzifix - zur Verfügung.
Der Beichtende entscheidet, ob der eigentlichen (liturgisch gestalteten) Beichte ein seelsorgliches Gespräch vorangeht oder nicht.
Eine Verpflichtung zur regelmäßigen Einzelbeichte besteht in der SELK nicht. Sie versteht sich als seelsorgliches Angebot. Auch ist es weder nötig noch möglich, alle Sünden einzeln aufzuzählen.
Das → Augsburgische Bekenntnis lehrt über die Beichte:
„Artikel 11: Von der Beichte
Von der Beichte wird so gelehrt, dass man in der Kirche die persönliche Absolution (privata absolutio) beibehalten und nicht wegfallen lassen soll, obwohl es in der Beichte nicht nötig ist, alle Missetaten und Sünden aufzuzählen, weil das doch nicht möglich ist, Psalm 19: „Wer kennt seine Missetat?“
Artikel 25: Von der Beichte
Die Beichte ist in den Kirchen bei uns nicht abgeschafft worden. Denn diese Gewohnheit wird bei uns beibehalten, das Sakrament denen nicht zu reichen, die nicht vorher verhört und absolviert wurden. Dabei wird das Volk fleißig unterrichtet, wie tröstlich das Wort der Absolution ist, wie hoch und teuer die Absolution zu achten ist. Denn es ist nicht die Stimme des anwesenden Menschen oder sein Wort, sondern das Wort Gottes selbst, der hier die Sünde vergibt. Denn die Absolution wird an Gottes Statt und auf Gottes Befehl ausgesprochen. Wie tröstlich, wie notwendig dieser Befehl und diese Gewalt der Schlüssel für die erschrockenen Gewissen sind, wird mit großem Fleiß gelehrt; dazu, dass Gott fordert, dieser Absolution nicht weniger zu glauben, als wenn Gottes Stimme selbst vom Himmel erschallt, und uns der Absolution fröhlich zu getrösten und zu wissen, dass wir durch diesen Glauben Vergebung der Sünde erlangen. Von diesen notwendigen Dingen haben früher die Prediger, die über die Beichte viel gelehrt haben, nicht ein Wörtlein gesagt, sondern nur die Gewissen mit langen Aufzählungen der Sünden, mit Genugtun, Ablass, Wallfahrten und dergleichen gemartert. Und viele unserer Gegner geben selbst zu, dass bei uns über die rechte christliche Buße sachgemäßer geschrieben und gelehrt wird, als es lange Zeit vorher geschrieben und getan wurde.
So wird über die Beichte gelehrt, dass man niemand zwingen soll, die Sünden einzeln aufzuzählen; denn das ist unmöglich, wie der Psalm sagt: „Wer kennt seine Missetat?“ Und Jeremia sagt: „Des Menschen Herz ist so arg, dass man’s nicht ergründen kann“. Die elende menschliche Natur steckt so tief in den Sünden, dass sie dieselben nicht alle sehen oder kennen kann, und sollten wir allein von denen absolviert werden, die wir aufzählen können, wäre uns wenig geholfen. Deshalb ist es nicht nötig, die Leute zu zwingen, die Sünden einzeln aufzuzählen …“
Die Einzelbeichte bzw. die Absolution (Lossprechung unter Handauflegung) im Rahmen der Einzelbeichte hat dieselbe Würde und  (sakramentale) Wirkung wie die Lossprechung im Rahmen einer „Allgemeinen Beichte“.
Der liturgische Ablauf der Einzelbeichte folgt dieser oder einer ähnlichen Form:
Beichtiger (Pastor/Pfarrer):    Im Namen + des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Beichtender:    Amen.
Beichtiger: Der Friede des Herrn sei mit dir.
Beichtender: Amen.
Beichtiger: Du willst Gott dem Heiligen und Allmächtigen deine Beichte ablegen. Darum bekenne vor mir, als dem Diener der Kirche, was dich beschwert und was du bereust.
Beichtender: Allmächtiger Gott, barmherziger Vater. Ich armer, elender, sündiger Mensch bekenne dir alle meine Sünde und Missetat, die ich begangen habe mit Gedanken, Worten und Werken, womit ich dich erzürnt und deine Strafe zeitlich und ewiglich verdient habe.
[Insbesondere bekenne ich.....(hier können diejenigen Sünden genannt werden, die einen besonders belasten, die man aussprechen möchte)]
Diese und alle meine Sünden sind mir aber alle herzlich leid und reuen mich sehr, und ich bitte dich um deiner grundlosen Barmherzigkeit und um des unschuldigen, bitteren Leidens und Sterbens deines lieben Sohnes Jesu Christi willen, du wollest mir armem sündhaften Menschen gnädig und barmherzig sein, mir alle meine Sünden vergeben und zu meiner Besserung deines Geistes Kraft verleihen. Amen.
oder ein freies Beichtgebet bzw. eine freie Beichte
Beichtiger: Hast du deine Beichte beendet?
Beichtender: Ja
Beichtiger:
Unser Herr Jesus Christus spricht zu Petrus:
<Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.> (Mt 16, 9)
Und zu seinen Aposteln spricht der Herr: <Nehmt hin den Heiligen Geist: Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.>
(Joh 20, 22b.23)
[Knie nieder] und bete mit mir:
Allmächtiger Gott, barmherziger Vater, dankbar preisen wir dich dafür, dass du uns in der heiligen Taufe zu deinen Kindern gemacht hast, dass wir in der Gewissheit deiner Gegenwart vor dein Angesicht treten dürfen und du wie ein lieber Vater unser armes Gebet erhörst. Wir danken dir, dass wir unsere Sünde und tägliche Schuld vor dich bringen können und du unsere Klage nicht verschmähst.
Du hast deinen Sohn Jesus Christus für uns zur Sünde gemacht und ihn am Kreuz unsere Erlösung vollbringen lassen. Lass diese deine Tochter / diesen deinen Sohn nun die Früchte der Erlösung empfangen. Sprich sie/ihn frei, ledig und los von ihrer/seiner Sünde, stärke ihren/seinen Glauben, ihre/seine Liebe und ihre/seine Hoffnung durch das Wort von der Versöhnung [und den Leib und das Blut deines Sohnes im hl. Sakrament]. Gib ihr/ihm deinen heiligen Geist, dass er ihr/ihm beistehe im Kampf gegen alle Versuchungen und uns Kraft gebe zu dem neuen Anfang, den du uns schenkst. Herr, erbarme dich. Christe, erbarme dich. Herr, erbarme dich. Amen.
(Oder ein anderes Gebet)
Beichtiger: Gott sei dir  gnädig und stärke deinen Glauben.
Vor dem heiligen Gott frage ich dich: Glaubst du auch, dass die Vergebung, die ich dir zuspreche, Gottes Vergebung ist, so antworte: Ja
B: Ja.
P: Wie du glaubst, so geschehe dir.
In Kraft der Vollmacht, die der Herr seiner Kirche gegeben hat und als ordinierter Diener der Kirche spreche ich dich frei, ledig und los:
Dir sind deine Sünden vergeben. Im Namen des + Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Beichtender: Amen.
Beichtiger: (spricht ein Dankgebet)
Der Gott des Friedens heilige dich durch und durch und bewahre deinen Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der dich ruft; er wird’s auch tun.
Gehe hin im Frieden.
Beichtender: Amen.


Einzelkelch
→ Abendmahl → Wein → Intinctio
In vielen protestantischen Gemeinden und Kirchen hat sich die Sitte eingebürgert, das zweite Element (Wein bzw. heute im Protestantismus vielfach auch Saft) nicht aus einem Gemeinschaftskelch, sondern aus vielen kleinen Einzelkelchen zu empfangen. Insbesondere aus hygienischen Gründen bzw. aus Furcht vor Übertragung von Krankheitserregern.
Einzelkelche sind aus unterschiedlichen Materialien hergestellt. Die Bandreite reicht von silbernen oder versilberten kleinen Kelchen, die optisch identisch mit einem großen „Gießkelch“ sind, bis zu Plastikbecherchen, die an Schnapsgläschen erinnern.
Wird nur ein großer „Gießkelch“ konsekriert und anschließend der konsekrierte Wein in würdige Einzelkelche verteilt, bleibt zumindest die Symbolik des gemeinschaftlichen Trinkens aus dem einen Kelch ansatzweise erhalten.
Die Verwendung von Einzelkelchen ist im Blick auf die Stiftungsgemäßheit der Feier des Hl. Abendmahles jedoch nicht unumstritten:
In den Einsetzungsberichten des NT (Mt 26,17–29; Mk 14,12–26; Lk 22,14–20; 1 Kor 10, 16; 1 Kor 11,23–26) ist durchweg von „dem“ Kelch die Rede, den Jesus nahm und dazu anordnete, dass alle aus diesem Kelch trinken sollten, der „die Gemeinschaft des Blutes Christi“ ist. (Bei Lk und Paulus ist ausdrücklich von „dem Kelch nach dem Abendmahl“ die Rede, was auf den Messias- bzw. Eliaskelch hinweist.)
Im Verlauf der Passahfeier, die den Rahmen der Einsetzung des Hl. Abendmahles bildet, wird sowohl aus Kelchen getrunken, die jeder Teilnehmer an seinem Platz stehen hat als auch aus Kelchen, die der Hausherr oder „Vorsitzende“ der Passahfeier herumreicht.
Die Einsetzungsberichte lassen keinen Zweifel daran, dass der Kelch, über dem Jesus das Dank- und Segensgebet sprach, ihn dann weiterreichte und dazu sagte „Trinkt alle daraus“ einer dieser „Gemeinschaftskelche“, mit einem gewissen Maß an Wahrscheinlichkeit der Messias- oder Eliaskelch „nach dem (eigentlichen Passah-)Mahl“ war.
Die Teilhabe an dem einen Kelch (vgl. 1 Kor 10, 16) hat also eine biblisch-theologische Bedeutung, die durch die Verwendung vieler Einzelkelche verdunkelt wird.
Auch der zur theologischen Bedeutung des Abendmahles gehörige Gemeinschaftsaspekt der (neben dem Hauptgesichtspunkt der → Realpräsenz) auch zur Abendmahlsfeier gehört, tritt bei der Verwendung von Einzelkelchen, die zur Vereinzelung der Kommunikanten führt, ungebührlich in den Hintergrund.
Und schließlich erschwert die Verwendung von Einzelkelchen auch die würdige und dem Glauben an die Realpräsenz angemessene Behandlung der → Relicta, also der nach der Kommunion übrigbleibenden Reste des konsekrierten Weines. Während der Pfarrer diese Relicta beim Gemeinschaftskelch mit Wasser oder unkonsekriertem Wein verdünnt und selbst (kon-)sumiert (verzehrt, trinkt), ist dies bei Einzelkelchen kaum praktikabel.
Besonders kritisch ist die Verwendung von Einweg-Plastikbechern zu sehen, die samt Relicta nach der Abendmahlsfeier im Müll entsorgt werden.
In der SELK war die Verwendung von Einzelkelchen daher bislang nicht oder nur in ganz wenigen Einzelfällen üblich.
Drei ihrer Bischöfe haben sich in offiziellen Rundschreiben in diesem Sinne geäußert:
Bischof Dr. Jobst Schöne hat 1996 in einem „Hirtenbrief zum Gottesdienst und zum Altarsakrament“ u.a. auch zur Einzelkelchproblematik offiziell Stellung genommen und bezieht sich hierin auch auf ein Rundschreiben Bischof Dr. Gerhard Rosts von 1977, indem er ausführt: „Die Verwendung von Einzelkelchen ist in unseren Gemeinden kaum zu finden oder in der Diskussion, dagegen in Nordamerika und in von dorther beeinflußten Kirchen in anderen Erdteilen sehr häufig anzutreffen. Sie wirft Fragen und Probleme auf: ‚Ich meine‘, so urteilt Bischof Dr. Rost, ‚wir tun gut daran, möglichst dicht an der stiftungsgemäßen, neutestamentlichen Form der Sakramentsfeier zu bleiben. Da aber ist zweifelsfrei, daß Jesus und die erste Kirche wie dann überhaupt die Kirche bis in die Neuzeit hinein den Gemeinschaftskelch benutzt haben…Die Benutzung von Einzelkelchen ist also eine schwerwiegende Durchbrechung der stiftungsgemäßen liturgischen Tradition, durch die gerade der Gedanke der communio mit dem einen und in dem einen (Herrn) unkenntlich gemacht wird. Dem Hygienebedürfnis des heutigen Menschen kann auf andere Weise Rechnung getragen werden…‘ Problematisch ist auf alle Fälle die erforderliche gewissenhafte Purifikation von Einzelkelchen mit dem Verzehr der Relicta. Darum ist von ihnen abzuraten.“ (Dokumentiert in LuthBeitr 2/1997, S. 77)
Unter dem Druck der Anti-Corona-Verordnungen sind (2020) auch in der SELK verschiedentlich Sakramentsdarreichungspraktiken eingeführt worden. Unter anderem auch Einzelkelche in unterschiedlichen Ausführungen. Bischof Hans-Jörg Voigt, D.D. schreibt hierzu am 07.03.2020 im 2. Rundschreiben des Bischofs zum Umgang mit einer möglichen Coronavirus-Epidemie (AZ 15/00-01): „Von der Anschaffung von Einzelkelchen ist aus verschiedenen theologischen Gründen abzuraten. So ist vor allem das angemessene Purifizieren (Ausspülen und Auswischen des Blutes Christi) bei zahlreichen Einzelkelchen schwer zu realisieren.“
Das Kollegium der Superintendenten der SELK hat auf seiner Herbsttagung 2020 in Hermannsburg beschlossen, die Frage nach einer stiftungsgemäßen Sakramentsdarreichung, die auch die Einzelkelchthematik umfasst, beim nächsten Allgemeinen Pfarrkonvent (APK) 2021 zu beraten, da es sich hierbei um eine Frage „der Lehre, des Gottesdienstes und der kirchlichen Praxis“ handelt, die gemäß Grundordnung der SELK (Artikel 24.3b) in die Zuständigkeit des APK fällt.


Elert, Werner
Werner Elert (* 19. August 1885 in Heldrungen am Kyffhäuser; † 21. November 1954 in Erlangen) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Theologe.
Elert wurde in der damaligen preußischen Provinz Sachsen, auf dem Gebiet des heutigen Thüringen, geboren, wuchs aber in Norddeutschland auf. Nach dem Besuch des Realgymnasiums in Hamburg-Heimfeld und des Gymnasiums in Husum studierte er Theologie, Philosophie, Geschichte, deutsche Literaturgeschichte, Psychologie und Rechtswissenschaft in Breslau, Erlangen und Leipzig. Er wurde in Erlangen zunächst in Philosophie, dann auch in Theologie promoviert.
Nach einer kurzen Zeit als Hauslehrer im Baltikum (Livland), war er von 1912 bis 1919 Pastor in der evangelisch-lutherischen (altlutherischen) → Parochie Seefeld (altlutherische → Diözese Pommern), zu der neben Seefeld auch die Ortschaften Kolberg und Zuchen gehörten. Den Ersten Weltkrieg erlebte er als Feldprediger an verschiedenen Fronten.
1919 wurde Elert Direktor des altlutherischen theologischen Seminars in → Breslau. 1923 erfolgte die Berufung auf den Lehrstuhl für Kirchengeschichte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Seit 1932 vertrat er die → Systematischen Theologie. Im akademischen Jahr 1926/27 war er Rektor der Universität, 1928/29 und von 1935 bis 1943 Dekan der Theologischen Fakultät.
1953 wurde Elert emeritiert. Er starb während des darauffolgenden Jahres im 69. Lebensjahr überraschend an den Folgen einer Operation.
Sein ehemaliges Wohnhaus in Erlangen, Hindenburgstraße 44, ist heute als Theologisches Studienhaus „Werner-Elert-Heim“ im Besitz der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
Wichtige Schriften:
· Dogma, Ethos, Pathos. Dreierlei Christentum; Leipzig 1920
· Der Kampf um das Christentum. Geschichte der Beziehungen zwischen dem evangelischen Christentum in Deutschland und dem allgemeinen Denken seit Schleiermacher und Hegel; München 1921; Nachdruck Hildesheim 2005
· Morphologie des Luthertums; Bd. 1: Theologie und Weltanschauung des Luthertums hauptsächlich im 16. und 17. Jahrhundert; München 1931 (19653)
· Bd. 2: Soziallehren u. Sozialwirkungen des Luthertums; München 1932 (19653)
· Der christliche Glaube. Grundlinien der lutherischen Dogmatik; Berlin 1940 (Erlangen 19886, bearb. u. hrsg. v. Ernst Kinder)
· Das christliche Ethos. Grundlinien der lutherischen Ethik; Tübingen 1949 (Erlangen 19612 bearb. u. hrsg. v. Ernst Kinder)
· Abendmahl und Kirchengemeinschaft in der Alten Kirche hauptsächlich des Ostens; Berlin 1954
· Der Ausgang der altkirchlichen Christologie. Eine Untersuchung über Theodor von Pharan und seine Zeit als Einführung in die alte Dogmengeschichte; aus dem Nachlass hrsg. v. Wilhelm Maurer und Elisabeth Bergsträßer. Berlin 1957


Engel
Von griech. ἄγγελος [ángelos] =Bote, Abgesandter. Übersetzung von hebr. מלאך [mal'ach] = Bote
Die Engel sind von Gott geschaffene Wesen, also Geschöpfe wie die Menschen. Im Nicänischen Glaubensbekenntnis sind die E. mit gemeint, wenn wir uns zu Gott, dem Schöpfer Himmels und der Erden, „all des das sichtbar und unsichtbar ist“ bekennen.
E. werden in der Hl. Schrift Alten und Neuen Testaments gleichermaßen bezeugt.
Im AT gehören sie zu „Gottes Hofstaat“, sind um seinen Thron, feiern den himmlischen Anbetungsgottesdienst. (Psalm 80, 2; Psalm 99, 1; Jesaja 6, 3) E. verbinden Himmel und Erde (1. Mose 28, 12), umgeben im Auftrag Gottes die Menschen mit Schutz und Wegweisung (Psalm 91,11-13) und richten Gottes Wort, Auftrag und Befehl aus (Daniel 8, 16; Daniel 9, 21ff).
Im NT treten an den entscheidenden Schnittstellen der Heilsgeschichte E. als Boten auf:
Ein E. verkündet Elisabeth und Maria die Geburt Johannes‘ und Jesu (Lk 1,19 und 26), den Hirten die Geburt des Gottessohnes (Lk 2,9–4). E. verkündigen den Frauen am Grab die Auferstehung Jesu (Mt 28,5-7) und zwei Engel erschließen den Jüngern den Sinn der Himmelfahrt Christi (Apg 1,10-11).
Auch als Beschützer der Armen und Schwachen kommen E. im NT vor (Mt 18,10; Apg 12,15) und geleiten sie in den Himmel (Lk 16,22). Wie auch im AT (Jes 6) feiern die Engel im Himmel den himmlischen Gottesdienst vor Gottes Thron (Offb 4,8-9), tragen die Gebete der Heiligen zu Gott empor (Offb 5,8) und kämpfen unter Führung des Erzengels Michael gegen den Drachen, „die alte Schlange, die auch Teufel oder Satan heißt” (Offb 12,7-9).
Die volkstümliche Vorstellung, wonach jeder Mensch einen persönlichen Schutzengel habe, ist biblisch nicht zu belegen. Lediglich Mt 18,10 findet sich ein Hinweis, wenn Jesus davor warnt, die Kinder zu verachten und sagt: „Sehet zu, dass ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allezeit in das Angesicht meines Vaters im Himmel.“
Vor falscher Engelverehrung (Anbetung, Anrufung usw.), die E. zu gottähnlichen oder gottgleichen Wesen macht, wird im NT insbesondere im Kolosser- und Hebräerbrief gewarnt: „Lasst euch den Siegespreis von niemandem nehmen, der sich gefällt in falscher Demut und Verehrung der Engel und sich dessen rühmt, was er geschaut hat, und ist ohne Grund aufgeblasen in seinem fleischlichen Sinn.“ (Kol 2,18)
Der Glaube richtet sich immer und ausschließlich an Gott. Jesus Christus spricht: „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ (Joh 14,1)
Auch ganz am Schluss der Bibel, in der Johannesoffenbarung, Kapitel 22 wird noch einmal deutlich, dass Engel Geschöpfe und Diener Gottes und Mitgeschöpfe der Menschen sind:
„Und ich, Johannes, bin es, der dies gehört und gesehen hat. Und als ich's gehört und gesehen hatte, fiel ich nieder, um anzubeten zu den Füßen des Engels, der mir dies gezeigt hatte. 9 Und er spricht zu mir: Tu es nicht! Denn ich bin dein Mitknecht und der Mitknecht deiner Brüder, der Propheten, und derer, die bewahren die Worte dieses Buches. Bete Gott an!“ ( Offb 22,8-9)
In jüdischer (bzw. alttestamentlicher) Tradition bilden die Engel Hierarchien. Einige Engel werden namentlich genannt. Am bekanntesten sind die Erzengel (die ‚ersten‘, obersten Engel) Michael und Gabriel. (Daniel 10:13,12:1; Judas 9; Offenbarung 12:7,8; Daniel 8:16,9:21; Lk 1:11-20,26-28). In den Apokryphen wird auch noch Raphael (Tobit 5:4-12:22) erwähnt.
Die luth. Kirche begeht am 29. September den „Tag des Erzengels St. Michael und aller Engel“. Liturgische Farbe ist die Christusfarbe weiß.


Epiphanie
griech. ‚Erscheinung‘ → Epiphanias


Epistel
Epistel heißt nichts anderes als „Brief“ (lat. epistula=Brief). Gemeint sind die Briefe der Apostel, die diese an die frühen christlichen Gemeinden (in Rom, Korinth, Ephesus etc.) oder an einzelne Personen (Titus, Timotheus) geschrieben haben.
Wenn man so möchte, sind die Episteln Originalpredigten der Apostel. Und so sollte man sie hören! Als authentisches Zeugnis, als ursprünglichste Auslegung der Hl. Schrift Alten Testamentes und Bezeugung des Evangeliums Jesu Christi durch dessen engste Mitarbeiter bzw. durch seine von IHM dazu berufenen Erstzeugen.
Und nicht anders hörten auch die ersten christlichen Gemeinde diese Episteln: Als vorgelesene Predigten der Apostel in deren Abwesenheit.
Im lutherischen Gottesdienst eröffnet die Epistellesung meist den Verkündigungs- und Bekenntnisteil, sofern nicht, wie es wünschenswert wäre, zuvor eine alttestamentliche Lesung erfolgte.


Erbsünde
Auch: Ursünde.
Artikel 2 des → Augsburgischen Bekenntnisses lehrt über die Erbsünde:
„Weiter wird bei uns gelehrt, dass nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, dass sie alle von Mutterleib an voll Neigung und Lust zum Bösen sind und von Natur aus keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können. Auch wird gelehrt, dass dieses angeborene Übel, diese Erbsünde, wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist von neuem geboren werden.
Damit werden die Pelagianer und andere verworfen, die die Erbsünde nicht für Sünde halten, um dadurch die menschliche Natur aus eigenen Kräften Gott wohlgefällig zu machen, und die so das Leiden und Verdienst Christi verachten.“
Das verbreitetste Missverständnis des Wortes ‚Sünde‘ besteht darin, Sünde als eine Art von „unmoralischer Handlung“ aufzufassen. Wenn Sünde so verstanden wird, ist die Empörung verständlich, die der kirchlichen Verkündigung, der Mensch sei ein Sünder, entgegenschlägt: „Ich bin doch ein anständiger Mensch und lasse mir nicht von der Kirche das Gegenteil unterstellen.“ Umgekehrt findet man aber ebenso häufig das Missverständnis der Sünde als einer kleinen moralischen Verfehlung, über die man ein wenig augenzwinkernd hinwegsehen kann.
In der Lehre der Kirche wird natürlich nicht in dieser oberflächlichen Weise über die Sünde gesprochen. Doch auch in der kirchlichen Tradition hat es immer wieder die Tendenz gegeben, den Begriff der Sünde auf begangene Taten, auf Verstöße gegen die Zehn Gebote, zu reduzieren und Sünde nur dann als Sünde anzusehen, wenn sie das Ergebnis bewusster Zustimmung dessen ist, der sündigt. Entsprechend wird beispielsweise im baptistisch-freikirchlichen Bereich bestritten, dass kleine Kinder schon mit Sünde belastet seien, und in der römisch-katholischen Kirche tut man sich schwer damit, dass wir als lutherische Kirche davon sprechen, dass der Mensch zeit seines Lebens, auch nach seiner Taufe Sünder ist und bleibt.
Das lutherische Bekenntnis bestreitet nicht, dass dem Menschen als Geschöpf Gottes bestimmte Gaben gegeben sind, die es ihm ermöglichen, als soziales Wesen zu existieren. Es unterstellt uns Menschen nicht, dass wir alle miteinander moralisch schlechte Lebewesen sind. Sondern es bestimmt den Menschen ganz radikal von seiner Gottesbeziehung her: Diese Beziehung zwischen Mensch und Gott ist so grundlegend zerbrochen, dass der Mensch nicht dazu in der Lage ist, sich Gott freiwillig unterzuordnen und ihm von Herzen zu vertrauen. Stattdessen setzt er sich selber immer wieder an die Stelle Gottes und glaubt, in seinem Leben auch ohne Gott auskommen zu können, sein eigener Gott sein zu können, wie es schon die Schlange im Paradies Adam und Eva versprochen hatte: „Ihr werdet sein wie Gott.“ Der Mensch sucht in allem, was er tut, letztlich immer wieder sich selbst, und so sündigt er selbst noch darin, dass er Gottes Gebote äußerlich befolgt, wenn er es letztlich doch nur aus dem Wunsch nach Belohnung oder aus Angst vor Strafe tut. Die Sünde ist also, kurz zusammengefasst, Trennung von Gott, die der Mensch von sich aus nicht überwinden kann, wie das Augsburger Bekenntnis betont – und schon dieses Nichtkönnen ist selber schon Sünde und nicht bloß eine Vorstufe dazu.
Diesen Zustand des Menschen beschreibt das lutherische Bekenntnis mit der Tradition der Kirche als „Erbsünde“. Der Begriff als solcher kommt nicht in der Heiligen Schrift vor und ist insofern missverständlich, als ob es sich hierbei um ein biologisches Phänomen handele, das womöglich mithilfe moderner Erbdiagnostik behandelbar sei, und als ob es letztlich nur eine Art von „Veranlagung“ sei, für die ein Mensch letztlich nichts könne und für die er entsprechend auch nicht haftbar gemacht werden könne. Wenn es in Psalm 51,7 heißt: „Siehe, ich bin als Sünder geboren, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen“, dann soll in diesen Worten vielmehr die Unentrinnbarkeit der Sünde zum Ausdruck gebracht werden: Ich bin Sünder von den allerersten Anfängen meiner Existenz an, denn ich wie jeder Mensch werde bereits getrennt von Gott geboren.
Diese „Erbsünde“ ist immer beides zugleich: Sie ist Geschick, die meinem eigenen Leben schon vorausgeht, und sie ist zugleich wirkliche Schuld vor Gott, die ich nicht mit dem Verweis auf andere Schuldige von mir wegschieben kann. Ich vollziehe in meinem eigenen Leben immer wieder aufs Neue persönlich nach, was in 1. Mose 3 von Adam und Eva beschrieben wird. Die Sünde ist dem Neuen Testament zufolge eine Macht, die mich bestimmt, beherrscht und gefangen hält und der ich nicht mit meinem guten Willen entkommen kann. Nicht ich setze in mir den Anfang meiner Sünde, sondern die Sünde, die ich tue, kommt immer schon von der Sünde her, in der und unter der ich vom Anfang meines Lebens an existiere. Dies ist mit dem Begriff der „Erbsünde“ gemeint.
Weil die Sünde vom Verhältnis zu Gott her verstanden und bestimmt wird, stellt sich mit dem Bekenntnis, dass der Mensch von Anfang an unter der Sünde und damit selber Sünder ist, zugleich auch immer die Heilsfrage: Wie kann der Mensch aus diesem Zustand befreit werden? Das Augsburger Bekenntnis greift hier schon einmal voraus auf folgende Artikel und gibt darauf eine doppelte Antwort: Es verweist zum einen auf das „Leiden und Verdienst Christi“, also auf seinen Opfertod am Kreuz. Letztlich kann überhaupt erst vom Kreuz her die Situation des Menschen vor Gott recht verstanden werden: Nicht weniger als der Tod des Sohnes Gottes am Kreuz war nötig, um den Menschen aus seiner ausweglosen Situation vor Gott zu retten. Billiger ging es nicht. In eben diesem Kreuzestod Christi liegt aber zugleich auch die Antwort auf die Frage danach, wie der Mensch aus seinem Zustand der Trennung von Gott befreit werden kann: nicht dadurch, dass er etwas tut und sich anstrengt, dass er seine Kräfte einsetzt, sondern einzig und allein dadurch, dass Gott selber eingreift und handelt und rettet.
Eben diese Rettung vollzieht sich nun aber ganz konkret im Leben eines Menschen in der Heiligen Taufe: Durch die Wiedergeburt in der Taufe wird er vor dem Gericht Gottes bewahrt; die Erbsünde verdammt ihn nicht mehr vor Gott. Was in der Heiligen Taufe genau mit der Erbsünde geschieht, wird hier im 2. Artikel des Augsburger Bekenntnisses nicht gesagt. An anderen Stellen geht das Lutherische Bekenntnis auf diese Frage ausführlicher ein: Wenn das Unheil des Menschen darin besteht, dass er von Gott getrennt ist, so besteht das Heil des Menschen darin, dass die Verbindung mit Gott wiederhergestellt wird, dass das Verhältnis zu Gott wieder in Ordnung kommt: Gott spricht ein neues Urteil über den Menschen, das nicht darin begründet liegt, dass der Mensch sich zuvor geändert hätte, sondern dass Gott ihn nun anders ansieht: als einen, der durch die Taufe „in Christus“ ist und der eben darum in Gottes Augen nun richtig dasteht. Die Erbsünde als „Wurzelsünde“ bleibt im Menschen bis zu seinem Tod; solange der Mensch auf Erden lebt, befindet er sich nach seiner Taufe in einem Kampf zwischen dem alten und dem neuen Menschen, die beide zugleich in ihm Realität sind. Der Kampf beginnt erst dadurch, dass der neue Mensch in der Taufe geschaffen wird, und er verläuft unterschiedlich erfolgreich. Doch weil der Getaufte in Christus ist, mit ihm verbunden ist, rechnet Gott ihm nicht an, was ihm ohne Christus an ihm missfallen würde. Wie wichtig die Taufe ist, „die jetzt auch euch rettet“ (1. Petrus 3,21), wird hier im 2. Artikel schon angedeutet; wer ernst nimmt, was dieser 2. Artikel aufgrund des biblischen Befundes über Sünde und Taufe sagt, wird seine Kinder nach ihrer Geburt so bald wie möglich zur Taufe bringen wollen.
Der 2. Artikel des Augsburger Bekenntnisses widerspricht vehement allen Weltanschauungen, die davon ausgehen, dass der Mensch in seinem Wesen letztlich gut ist oder sich zumindest zum Guten umerziehen lässt, und erweist sich darin zugleich auch als ausgesprochen realitätsnah.
Das lutherische Bekenntnis macht deutlich, dass wir Menschen diese Welt niemals in ein Paradies werden verwandeln können, eben weil die Erbsünde bis zum Jüngsten Tag Realität in dieser Welt und einem jeden Menschen bleiben wird. Es leitet damit zur Nüchternheit an: Staatliche Ordnungen haben immer wieder davon auszugehen, dass der Mensch versucht, sie zu umgehen, um seinen eigenen Vorteil zu sichern. Wo es ihnen gelingt, dem Bösen zu wehren und es in Grenzen zu halten – und eben damit die Schwachen zu schützen –, ist bereits viel gewonnen. Doch damit, dass sich der Mensch im Rahmen der staatlichen Ordnungen halbwegs anständig verhält, ist für sein Heil noch nichts gewonnen.
Im Unterschied zur Auffassung der römisch-katholischen Kirche, wonach durch die Taufe die Erbsünde vollständig „getilgt“ werde und nur eine Neigung zur Sünde zurückbleibe, die jedoch selbst nicht Sünde, hält die lutherische Kirche fest: Durch die Taufe wird die Schuld der (Erb-)Sünde getilgt, abgewaschen, vergeben, nicht aber die Erbsünde an sich und als den Menschen auch nach seiner Taufe noch bestimmende Macht.


Erntedanktag
Erste Belege für eine kirchliche Erntedankfeier stammen aus dem 8. Jahrhundert der Zeit Pippins des Jüngeren und Sohn Karls des Großen. Auch aus dem 15. Jahrhundert gibt es Belege aus Klöstern über sogenannte Erntedankmessen am 23. September - dem Tag der Tag- und Nachtgleiche.
Während die evangelischen Kirchen in Deutschland Erntedank am ersten Sonntag im Oktober feiert, gibt es für die römisch-katholische Kirche keinen festen Termin. Grund dafür ist, dass die Festtermine der römischen Kirche global „passen“ sollen und die Erntezeiten in Asien oder Afrika ganz anders liegen als in Deutschland oder Lateinamerika. Erst die Deutsche Bischofskonferenz legte 1972 den Termin auf den ersten Sonntag im Oktober.
Jedoch besteht für keine (lutherische, evangelische oder römisch-katholische) Gemeinde die Pflicht, zu diesem Termin oder überhaupt, Erntedank zu feiern. Grund hierfür ist, dass dieser Brauch nicht Teil des Heilsgeschehens ist, also nicht, z.B. wie Weihnachten oder Ostern Ereignisse des Lebens, Sterbens und Auferstehens Jesu Christi zum Inhalt hat. Eine Danksagung für die Gaben der Ernte durch Gott ist kirchlich gesehen aber durchaus sinnvoll. Die wöchentliche Sakramentsfeier am Sonntag mit dem Teil der Gabenbereitung erfüllt diesen Zweck aber ebenfalls.
Wie die meisten Bräuche ist auch das Erntedankfest nicht statisch gleich geblieben, sondern hat sich immer weiter verändert. So war es früher häufig üblich, dass vor dem ersten Schnitt die Erntegeräte gesegnet wurden. Weiter musste in manchen Teilen Deutschlands die erste Fuhre geschmückt und (ausnahmsweise einmal) ohne Streit oder Lärm heimgefahren werden. Alles andere hätte, so der Volksglaube, eine magere Ernte verursacht. Die Armen erhielten dafür den Ertrag, um Gott milde zu stimmen, wie man vor römisch-katholischem Hintergrund meinte. Oder man kniete einfach nur neben dem Feld nieder und betete für eine gute Ernte. Heute besteht noch, je nach Region, eine große Vielfallt an Varianten. Der Almabtrieb ist hierfür ein Beispiel. Auch das ist ein Ausdruck des Dankes für ein Jahr ohne Seuche oder Todesfall unter dem Vieh.
Im Zentrum des Erntedankaltares steht oft eine Erntekrone bzw. ein Erntekranz. Das erinnert an das jüdische Erntefest Sukkot, das sog. Laubhüttenfest und den dabei verwendeten „Lulaf“-Strauß. (Vgl. z.B.  2 Mose 23,16-19 und 34,22)  Sie wird häufig aus vier Getreidesorten gebunden. Roggen, Weizen, Hafer und Gerste werden als Grundstoff kunstvoll zu einer Krone geflochten.
Wie im Mittelalter üblich, werden auch heute in einigen Gemeinden die Gaben des Erntealtares an bedürftige Menschen verschenkt.
Am Erntedanktag sollte den Menschen bewusst werden, dass sie für die Gabe der Ernte Dankbarkeit aufbringen sollen und dass diese Geschenke nicht selbstverständlich sind. Weiter wird an diesem Tag bewusst, dass der Mensch gegenüber der Schöpfung eine Verantwortung hat.
In den Gemeinden der SELK wird Erntedank in den meisten Fällen am 1. Sonntag im Oktober begangen. Vielfach ist reich gestalteter Erntedank-Schmuck, einschließlich Erntekränze oder Erntekronen in Gebrauch. In vielen Gemeinden ist man jedoch dazu übergegangen, einen (oft mit einem Kreuz verzierten) Brotlaib und eine Schale mit Trauben als einzigen Erntedankschmuck auf den Altar zu legen und die geistliche Dimension bzw. den Bezug der Erntegaben Brot und Wein auf die Feier des Altarsakramentes zu unterstreichen.
u.a. nach: Brauchwiki in: www.brauchwiki.de/Erntedankfest


Eschatologie
Von griech.τὰ ἔσχατα [ta és-chata]‚die äußersten Dinge‘, ‚die letzten Dinge‘ und λόγος [lógos] ‚Lehre‘)
Teilbereich der → Systematischen Theologie bzw. der → Dogmatik, der sich mit den Fragen des Endes dieser Zeit und Welt, mit dem Jüngsten Gericht, der Auferstehung und Vollendung, dem Kommen des Reiches Gottes, der Wiederkunft Christi, der „Zwischenzeit“ zwischen dem individuellen Tod und der individuellen Auferstehung, dem Verhältnis zur allgemeinen Auferstehung und Einzelfragen wie z.B. nach dem „Tausendjährigen (Friedens-) Reich“ usw. befasst.


Eucharistie
Eucharistie heißt „Danksagung“ oder „Segnung“ (von griech. εὐχαριστέω eucharistéo „Dank sagen“).
In den Evangelien wird bezeugt, dass Jesus bei der Einsetzung des Hl. Abendmahls Brot und Wein nahm und „Dank sagte“, wie Luther übersetzte. Die „Danksagung“ beim Passahmahl, das den Kontext der Einsetzung des Hl. Abendmahls darstellt, ist ein Segensgebet: „Gepriesen sei der Herr, der…“. Dieser eucharistia oder eulogia entspricht im heutigen luth. Sakramentsgottesdienst die Konsekration, also die Weihung und Segnung der Elemente von Brot und Wein durch die Proklamation der Einsetzungsworte Jesu. Von diesem Kern und Stern des christlichen Gottesdienstes her kann man auch den gesamten Gottesdienst aus Wortverkündigung und Sakramentsfeier als „Eucharistiefeier“ bezeichnen.


Eucharistisches Hochgebet
→ Abendmahl → Opfer
Unter „Hochgebet“ versteht man die Gebete im Verlauf der Abendmahlsfeier, die sich an das Große Dankgebet (die Präfation) anschließen und bis zum Vaterunser als dem ersten Teil oder Auftakt der Kommunion reichen.
Bereits altkirchliche Liturgien, die bis ins 2. nachchristliche Jahrhundert belegt sind, weisen den „Lobpreis und die Bitte um den Heiligen Geist“ (die sog. Epiklese; vgl. ELKG S. 21), die Einsetzungsworte und das „Heilsgedächtnis“ (vgl. ELKG S. 22) auf. Mit größter Wahrscheinlichkeit haben die ersten christlichen Gemeinden diese Gebete, die sich größtenteils wörtlich auch in der sogenannten Form B des lutherischen Abendmahlsgottesdienstes (vgl. Ev.-Luth. Kirchenagende, S. 274ff) finden, ihre Sakramentsgottesdienste so gefeiert. Die sogenannte Form A stellt eine stark reduzierte und nicht an altkirchlichen Vorlagen orientierte Sonderform der Abendmahlsfeier dar.
Im Laufe der Zeit wurden nach und nach bestimmte Fürbitten, zunächst für die Märtyrer und Glaubenszeugen, dann auch für die verstorbenen und lebenden Lehrer und Bischöfe der Kirche mit diesen Gebeten verbunden.
Der durchaus nachvollziehbare Sinn dieser Kombination von Personen-Fürbitten mit den Sakramentsgebeten besteht in der Bekundung der Einheit der Kirche, gewährleistet durch ihre Verbundenheit mit der leidenden und streitenden (irdischen), sowie der triumphierenden (himmlischen) Kirche und repräsentiert in ihren (Blut-)Zeugen und rechgläubigen Hirten und Lehrern.
Aus reformatorischer Sicht problematisch erwies sich die Tatsache, daß das Hochgebet in späteren Zeiten (aus der Perspektive des 16. Jahrhunderts eine „Neuerung“) mit einem unbiblischen Opfergedanken verbunden und vermischt wurde.
Hatte man in der Alten Kirche die Darbringung der Gaben von Brot und Wein (exemplarisch für die Sammlung der Liebesgaben, wie wir sie bis heute kennen) als „Lob- und Dankopfer“ der Gemeinde verstanden und diese Darbringung samt Dankopfergebet (vgl. ELKG S. 19) deutlich vor der  Konsekration (also den Einsetzungsworten Christi) gesetzt, kommt es hier zu einer Verschiebung: Die Hochgebete sprechen sowohl in Bezug auf die nichtkonsekrierten Gaben von Brot und Wein vor der Konsekration (der „Wandlung“), als auch in Bezug auf die konsekrierten Elemente, also das Sakrament des Leibes und Blutes Christi von „heiligen, makellosen Opfergaben“, die die Kirche Gott darbringt. (Erstes römisches Hochgebet).
Luther betonte zurecht: Das Altarsakrament ist vor allem anderen sacramentum, Gnadengabe Gottes, nicht sacrificium, kein Opfer, das die Kirche Gott darbringt.
Der römische Kanon (Erstes Hochgebet) verzeichnet im Blick auf die bereits konsekrierten Gaben, also den Leib und das Blut Christi, folgende Gebete:
„Blicke versöhnt und gütig darauf nieder und nimm sie an wie einst die Gaben deines gerechten Dieners Abel, wie das Opfer unseres Vaters Abraham, wie die heilige Gabe, das reine Opfer deines Hohenpriesters Melchisedek.“
Und weiter: „Dein heiliger Engel trage diese Opfergabe auf deinen himmlischen Altar...“.
Im Vierten Hochgebet heißt es nach der Konsekration und in Bezug auf Leib und Blut Christi, also das sacramentum: “So bringen wir dir seinen Leib und Blut dar, das Opfer, das dir wohlgefällt und der ganzen Welt Heil bringt.“
Selbst römisch-katholische Theologen (so Martin Stuflesser in seiner Dissertation „Memoria Passionis. Münster 1998) halten heute diese Verschiebung des Opfergedankens vom Dankopfer, symbolisiert in den Gaben von Brot und Wein hin auf ein effektives und sündentilgendes, heilbringendes Opfer der Kirche in Bezug auf die konsekrierten Gaben für „problematisch“. Dies gilt insbesondere von der kirchlich approbierten deutschsprachigen Version der vier zentralen Hochgebetstexte der römischen Messe.
Ein lutherischer Christ, der meint, darauf sein „Amen“ sprechen zu können, könnte dazu aus theologischer Ahnungslosigkeit und aufgrund der in der Tat großen Ähnlichkeit zum vertrauten lutherischen Gottesdienst nach Form B verleitet werden.
Tatsächlich aber wäre ein solches „Amen“ eine Leugnung des rechtfertigenden und seligmachenden Glaubens, wonach der Mensch allein aus Gnade, allein durch den Glauben, allein durch Christus vor Gott gerechtfertigt wird und kein eigenes frommes Werk, kein Gebet, keine Geste der Hingabe, nicht einmal das Martyrium für den Glauben an Christus ihn vor Gott gerecht machen kann.
Es ist bitter und traurig festzustellen, daß die römische Kirche zwar viele Impulse der Reformation positiv aufgegriffen und in Lehre und Praxis umgesetzt hat, aber im Zentrum, in Herz und Seele des Christenglaubens gegenüber der Reformation resistent geblieben ist.
Nichtsdestoweniger sollte man bei sich bietender Gelegenheit immer wieder einmal an einer römischen Messe teilnehmen, andächtig mitbeten und „Amen“ sprechen, wo es möglich ist, fröhlich feststellen, daß uns mit „Rom“ vieles verbindet, nicht zuletzt auch im Gegensatz zum modernen Protestantismus, sich über Gemeinsamkeiten freuen, aber eben auch zur Kenntnis nehmen, daß wir ausgerechnet im Zentrum –Gott sei es geklagt- vorläufig noch getrennt bleiben. Ein „Amen“ unter das römische Hochgebet ist für lutherische Christen nach wie vor nicht möglich und damit auch nicht die Kirchengemeinschaft „im Großen“ und die Kommunion „im Kleinen“.


evangelisch
eigentlich: „dem Evangelium gemäß, im Sinne des Evangeliums“
Der Begriff ev. wird heute meist allgemein als konfessionelle Bezeichnung im Unterschied zu „katholisch“ gebracht, wobei unter „evangelisch“ Glaube, Bekenntnis und Zugehörigkeit zu einer der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und unter „katholisch“ Glaube, Bekenntnis und Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche verstanden wird.
Der Begriff „evangelisch“, „Evangelische/r“ reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück, als sich die Anhänger der (lutherischen) Reformation selbst als die „Evangelischen“ bezeichneten, um damit ihre Bindung an das Evangelium von Jesus Christus im Unterschied und Gegensatz zu den „Römischen“ oder „Päpstlichen“ zu unterstreichen, die man damit als „evangeliumsfeindlich“ oder nicht evangeliumsgemäß glaubend kennzeichnete.
Mit der Konfessionalisierung verschwand der Begriff ev. als allgemeine Konfessionskennzeichnung zugunsten von „lutherisch“ bzw. „evangelisch-lutherisch“ oder „reformiert“ bzw. „evangelisch-reformiert“.
Erst im 19. Jahrhundert wurde der Begriff ‚ev.‘ als Konfessions- und Kirchenbezeichnung reaktiviert, als der preußische König Friedrich Wilhelm III. per Gesetz die Zwangsvereinigung zwischen lutherischen und reformierten Gemeinden in Preußen verfügte und die sich zunächst „evangelisch-christliche Landeskirche“ neue unierte Landeskirche sich wenig später als „Evangelische Landeskirche“ bezeichnete.


Evangelische Allianz
Die Evangelische Allianz wurde 1846 in London gegründet und versteht sich als weltweiter "Zusammenschluss evangelisch (engl. "evangelical") gesinnter Christen verschiedener Gruppen- und Gemeindezugehörigkeiten".
In der nach dem Zweiten Weltkrieg neu konstituierten Weltweiten Evangelischen Allianz arbeiten Allianzen aus 122 Ländern aus allen Kontinenten zusammen. Die Allianz-Arbeit wird von einem "Internationalen Direktor" (derzeit Geoff Tunnicliffe) gemeinsam mit dem "Internationalen Komitee" geleitet, dem ständige Kommissionen für Theologie, Kommunikation, Religionsfreiheit, Mission und Hilfen in Übersee beigeordnet sind. Alle vier bis sechs Jahre treffen sich die Delegierten der Nationalen Allianzen zur Generalversammlung, "um die Zusammenarbeit und das Zeugnis evangelikaler Christen weltweit zu fördern".
Zur Europäischen Evangelischen Allianz gehören 36 nationale Allianzen. Der Deutsche Evangelische Allianz (DEA) fühlen sich nach Schätzungen etwa 1,4 Millionen evangelikale Christen, vor allem aus Landes- und Freikirchen zugehörig.
Die Evangelische Allianz entstand im 19. Jahrhundert, wie das Einladungsschreiben zur Gründungskonferenz deutlich macht, als Versuch, ein Gegengewicht zur römisch-katholischen Kirche und zu hochkirchlich-anglikanischen Bestrebungen, den Anglikanismus mit der römischen Kirche wiederzuvereinigen, zu bilden. ("Antipuseyismus"; nach dem anglikanischen Geistlichen Edward Pusey).
Ein Anti-Katholizismus ist der Evangelischen Allianz bis heute eigen. In ihrer Satzung heißt es, dass die Pflege von Gemeinschaft unter Christen über ihre Zugehörigkeit zur eigenen Gemeinde hinaus und auch mit anderen Christen aus anderen Denominationen möglich sei, "soweit solche Kirchengemeinschaften nicht für sich und ihre Erkenntnisse die Ausschließlichkeit beanspruchen und auch nicht durch Überbetonung einzelner biblischer Erkenntnisse dem neutestamentlichen Gesamtzeugnis widersprechen bzw. durch ungeistliches Konkurrenzstreben die geistliche Gemeinschaft gefährden".
In der Regel sind nur Einzelpersonen Mitglieder der örtlichen Allianz-Gruppen, also nicht -wie z.B. in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK)- Kirchen oder Gemeindekörperschaften.
In den Glaubensgrundlagen ("Glaubensbasis" vom 2.9.1846, sprachl. überarbeitet 1972) der Evangelischen Allianz heißt es:
"Wir bekennen uns zur Allmacht und Gnade Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes in Schöpfung, Offenbarung, Erlösung, Endgericht und Vollendung; zur göttlichen Inspiration der Heiligen Schrift, ihrer völligen Zuverlässigkeit und höchsten Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung; zur völligen Sündhaftigkeit und Schuld des gefallenen Menschen, die ihn Gottes Zorn und Verdammnis aussetzen; zum stellvertretenden Opfer des menschgewordenen Gottessohnes als einziger und allgenugsamer Grundlage der Erlösung von der Schuld und Macht der Sünde und ihren Folgen; zur Rechtfertigung des Sünders allein durch die Gnade Gottes aufgrund des Glaubens an Jesus Christus, der gekreuzigt wurde und von den Toten auferstanden ist; zum Werk des Heiligen Geistes, welcher Bekehrung und Wiedergeburt des Menschen bewirkt, im Gläubigen wohnt und ihn zur Heiligung befähigt; zum Priestertum aller Gläubigen, die die weltweite Gemeinde bilden, den Leib, dessen Haupt Christus ist, und die durch seinen Befehl zur Verkündigung des Evangeliums in aller Welt verpflichtet ist; zur Erwartung der persönlichen, sichtbaren Wiederkunft des Herrn Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit; zum Fortleben der von Gott gegebenen Personalität des Menschen; zur Auferstehung des Leibes zum Gericht und zum ewigen Leben der Erlösten in Herrlichkeit."
Die in den letzten Jahren zu beobachtende Öffnung der Evangelischen Allianz für römische Katholiken und Gruppen wie z.B. den Adventisten führte zu einer internen Kontroverse innerhalb der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA).
Die evangelische Nachrichtenagentur "Informationsdienst der Evangelischen Allianz" (idea) steht nach eigenem Bekunden der DEA nahe, erhält Zuschüsse durch die EKD, sieht sich jedoch als unabhängiges Presseorgan.
Auf örtlicher Ebene bestehen gelegentlich Verbindungen, persönliche Kontakte und Teilnahme an Allianzveranstaltungen (z.B. Gebetstagen oder –wochen) durch Kirchglieder der SELK. Ökumenisch orientiert sich die SELK allerdings zumeist an der → ACK.


Evangelisch-Lutherische Freikirche (ELFK)
Die ELFK ist eine der Vorgängerkirchen der heutigen Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK).
Wie die SELK ist auch die ELFK eine „konkordienlutherische“ Bekenntniskirche, die sich an die Hl. Schrift als Gottes unfehlbares und irrtumsloses Wort und die im Konkordienbuch von 1580 gesammelten Bekenntnisse der ev.-luth. Kirche bindet. Und zwar nicht nur insofern, sondern weil sie als zutreffende Auslegung der Hl. Schrift betrachtet werden.
Die ELFK entstand 1871 zunächst im damaligen Königreich Sachsen (daher umgangssprachlich bis heute auch „Sächsische Freikirche“ genannt). Dort bilden bibeltreue Lutheraner freie Gemeinden (zuerst in Dresden und Planitz).
Anders als die → Altlutheraner im Königreich Preußen, die sich insbesondere gegen die Zwangseinführung der Union zwischen reformierter und lutherischer Landeskirche richten, entstehen im formal lutherischen Sachsen solche Gemeinden in Opposition zu einer rationalistischen Landeskirche, deren Glaubenslehre faktisch weithin auf Moral und frommes Empfinden verstanden reduziert und die von der aufklärerischen Bibelkritik geprägt war.
1877 tritt in Planitz die erste Synode der Evangelisch-Lutherischen Freikirche (ELFK) zusammen. Als Organisationsform wählen diese freikirchlichen Lutheraner das Gemeindeprinzip.
1923 hat sich die ELFK über Sachsen hinaus in Deutschland ausgebreitet und erhält den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.
1948 kommt es zu theologischen Einigungsgesprächen zwischen der ELFK und anderen lutherischen Freikirchen (z.B. Altlutherische Kirche) in Deutschland, die bis dahin trotz weitgehend gleicher theologischer Positionen keine Kirchengemeinschaft untereinander festgestellt hatten. Das Ergebnis ist die Aufrichtung der Kirchengemeinschaft auf der Grundlage der Einigungssätze.
1972 bilden im Westteil Deutschlands freie lutherische Kirchen die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK). Die ELFK in Westdeutschland wird Bestandteil der SELK.
Auch in der DDR gab es Bestrebungen, engere strukturelle Verbindungen zwischen der ELFK (Ost) und der Ev.-luth. (altlutherischen) Kirche (Ost) zu knüpfen. Es entsteht zunächst ein gemeinsamer Dachverband, die Vereinigung Selbständiger evangelisch-lutherischer Kirchen (VselK) in der DDR, der ursprünglich ebenfalls zu einer Fusion führen sollte.
1984 kündigt die ELFK der altluth. Kirche in der DDR mit den sog. Hartensteiner (Synodal-) Beschlüssen einseitig die Kirchengemeinschaft. Sie begründet dies insbesondere mit unterschiedlichen Auffassungen in der Lehre von der Heiligen Schrift und von der Kirchengemeinschaft.
Mit dem Mauerfall 1989 nimmt die ELFK die neuen Möglichkeiten wahr, bestehende Kontakte zu Schwesterkirchen im Ausland, insbesondere mit der Wisconsin Evangelical Lutheran Synod (WELS) wieder zu beleben und zu vertiefen. Im gleichen Jahr kündigt sie die Kirchengemeinschaft mit der SELK auf.
Die SELK erkennt diese einseitige Aufkündigung der Kirchengemeinschaft durch die ELFK nicht an und sieht sich nach wie vor in Kirchengemeinschaft mit der ELFK.
1993 wird in Oberwesel findet die Konfessionelle-Evangelisch-Lutherischen Konferenz (KELK) gegründet, der die ELFK beitritt.
Die 16 Gemeinden der ELFK befinden sich nach wie vor überwiegend im Raum Sachsen. Es gibt jedoch auch Gemeinden und Predigtplätze in anderen Teilen Deutschlands. Außerdem wird ein Predigtplatz im österreichischen Bundesland Vorarlberg unterhalten. Die ELFK zählte (im Jahr 2010) noch 1.317 Gemeindeglieder.
Oberstes Entscheidungsgremium der ELFK ist die Synode, die alle zwei Jahre tagt und aus je einem Pastor und einem Laien jeder Gemeinde besteht. Die Leitung der Kirche zwischen den Synoden erfolgt durch einen auf vier Jahre durch die Synode gewählten Präses und einen fünfköpfigen Synodalrat aus Geistlichen und Laien.
Seit 1953 unterhält die ELFK ein kleines Theologisches Seminar. Der Sitz des Seminars ist Leipzig. Seit 2001 betreibt die ELFK auch eine luth. Grundschule (Dr.-Martin-Luther-Schule) in Zwickau.


Evangelisch-Lutherische Kirche in Baden (ELKiB)
Die lutherische Reformation wurde im Herzogtum Baden bereits im Jahr 1554 eingeführt. Das damalige Herzogtum umfasste allerdings nur einen kleinen Teil des heutigen Baden und bezeichnete im wesentlichen die Regionen um Karlsruhe und Pforzheim, Müllheim und Lörrach, sowie die Grafschaft Wertheim. Andere Gebiete wie die Kurpfalz wurden calvinistisch geprägt.
In der napoleonischen Gebietsreform von 1805 wurden 262.000 Lutheraner und 67.000 Reformierte in einem Land miteinander verbunden. Das konfessionelle Bewusstsein war in der Zeit der Aufklärung geschwunden. Die Sehnsucht nach einer Vereinigung beider Konfessionen führte 1821 zur gemeinsamen Kirche der Union. Bezeichnend für die neu entstehende badische protestantische Kirche wurde die Verfassung, die die Überwindung der konfessionellen Unterschiede formulierte und das Ende lutherischer bzw. reformierter Gemeinden bedeutete.
Widerstände gegen diese Union erhoben sich erst zehn Jahre später und führten ab 1850 zur Neubelebung der lutherischen Kirche in Baden.
Carl Eichhorn (1810-1890), Pfarrer in Nußloch, erklärte um des Bekenntnisses willen 1850 seinen Austritt aus der Union. Nach Besuchen im Oberland entstand eine erste lutherische Gemeinde in Ihringen am Kaiserstuhl. Weitere Gemeinden entstanden in Bretten, Nußloch, Durlach, Söllingen, Berghausen und in Ispringen bei Pforzheim.
Zu Wegbereitern der lutherischen Kirche in Baden wurden auch die Pfarrer August Wilhelm Ludwig in Söllingen bei Karlsruhe, Georg-Friedrich Haag (1806-1875) in Ispringen und sein Nachfolger Max Frommel (1830-1890).
Die Einigkeit im Bekenntnis konnte die Differenzen über den künftigen Weg der Kirche nicht überbrücken. Schon in den 60er Jahren kam es zum Bruch in drei lutherische Gruppierungen, die erst 1903 überwunden werden konnten. So blieben die Lutheraner in Baden weitgehend unter sich.
Die lutherischen Gemeinden in Baden waren über ein Jahrhundert organisatorisch im Verbund lutherischer Freikirchen verankert. Sie standen zugleich in lebendigem Austausch mit den lutherischen Landeskirchen.
Als sich die lutherischen Freikirchen im Jahr 1972 in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) zusammenschlossen, war die Evangelisch-Lutherische Kirche in Baden allerdings nicht mehr dabei.
1965 war sie durch Synodalbeschluss aus dem Verband der alten Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche ausgeschieden und hatte die Nähe zur Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche (VELKD) gesucht. 1968 wurde sie als Mitgliedskirche im Lutherischen Weltbund aufgenommen. Das gestörte Verhältnis zur SELK konnte im Jahr 1983 durch die Erklärung der Kirchengemeinschaft überwunden werden. Die Ordination von Frauen wurde im Jahr 1994 durch Synodalbeschluss ermöglicht.
Für die bestehende Kirchengemeinschaft mit der ELKiB gelten seitdem aufgrund entspr. Entscheidungen der SELK folgende Einschränkungen:
1. Im Rahmen der Kirchengemeinschaft ist das Amtieren einer ordinierten Frau in der SELK oder eines Pastors der SELK zusammen mit einer ordinierten Frau nicht möglich.
2. Ein Praktizieren der Kirchengemeinschaft kann während des Klärungsprozesses (zur Frage der Frauenordination) in den zuständigen Gremien der SELK und während des zwischenkirchlichen Gesprächs nicht eingefordert werden. (9. APK 2001/10. Kirchensynode 2009 et al.)
Der ELKiB gehören etwa 3200 Mitglieder in sechs Kirchengemeinden mit sechs aktiven Pfarrern bzw. Pfarrerinnen an (Stand: 2010), die sich alle in Baden befinden. Leitender Geistlicher ist derzeit Sup. Christian Bereuther (Karlsruhe).


Evangelium
→ Rechtfertigung
Von griech. εὐαγγέλιον [eu-angelion] = gute Botschaft.
Der Begriff E. bezeichnet sowohl Kerninhalt des christlichen Glaubens (vgl. z.B. Mk 1,14-15; 1 Kor 15,1), als auch eines der vier E. genannten Bücher des Neuen Testamentes, in denen das Heilsgeschehen in Jesus Christus (Geburt, Leben, Worte und Taten, Wunder, Leiden, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu) überliefert ist.
Unterschieden werden die sog. synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas), die viele Ähnlichkeiten aufweisen, vom Johannes-Evangelium, das ganz eigener Art ist.
Geburt und Kindheitsgeschichte Jesu sowie Erwähnungen der Gottesmutter Maria finden sich am häufigsten und ausführlichsten im Lukas-Evangelium.
Im Gottesdienst der luth. Kirche ist die Lesung des Evangeliums (als Abschnitt für den jew. Sonn- oder Festtag) zusammen mit der Predigt der Höhepunkt des Wort- und Verkündigungsteils des Gottesdienstes.
Liturgisch kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass das Hören des Evangeliums durch das Halleluja und den Gesang des Wochenliedes (Gradualliedes) vorbereitet wird, die Gemeinde sich zum Hören des E. erhebt und dem im Wort des E. gegenwärtigen Herrn Christus durch den Lobgesang der sog. „Rahmenstücke“ (‚Ehre sei dir, Herre‘ und ‚Lob sei dir, o Christe‘) besondere Ehrerbietung erweist.


Exklusivpartikel
Unter „Exklusivpartikeln“ versteht man die vier Kurzformeln, die gewissermaßen das „Programm der Reformation“ zusammenfassen. Sie sind „exklusiv“, insofern sie eine alles andere ausschließende Alleingeltung für die Gnade (gratia), den Glauben (fides), die Hl. Schrift (scriptura) und Christus beanspruchen.
sola gratia: Allein durch die Gnade Gottes wird der glaubende Mensch errettet, nicht durch seine Werke, seine Entscheidung, seinen Willen usw.
sola fide: Allein durch den Glauben wird der Mensch gerechtfertigt, nicht durch gute Werke. Der Glaube ist dabei kein Für-wahr-Halten irgendwelcher Dogmen, sondern das kindliche Vertrauen auf Jesus Christus.
sola scriptura: Allein die Schrift ist die Quelle, Regel und Richtschnur des christlichen Glaubens, nicht die kirchliche Tradition.
solus Christus: Allein die Person, das Wirken und die Lehre Jesu Christi können Grundlage für den Glauben und die Errettung des Menschen sein.
Die Exklusivpartikel formulieren einprägsam die zentralen reformatorischen Lehren (Rechtfertigung und Schriftprinzip), von denen her alle anderen theologischen Lehrstücke bestimmt werden.


Exorzismus
(latinisiert aus griechisch ἐξορκισμός, exorkismós, „das Hinausbeschwören“)
Es entspricht lutherischer Überzeugung, dass es keinen „neutralen Bereich“ zwischen dem Herrschaftsbereich Jesu Christi und dem Herrschaftsbereich des Widersachers Christi, des Teufels, des Satans, des Bösen gibt.
Der natürliche Mensch, der nicht getauft und so dem Herrschaftsbereich Christi unterstellt ist, untersteht dem Herrschaftsbereich des Bösen.
Dies äußert sich nun nicht unbedingt und immer und bei allen Menschen auf unmittelbar wahrnehmbare „dämonische“ Weise, z.B. als „Besessenheit“ nach dem Muster von Hollywood-Filmen. Dennoch ist es ein „Faktum des Glaubens“: Der natürliche Mensch ohne Christus hat einen anderen Herrn und lebt um zu sterben und zu Nichts zu werden. In diesem Sinne ist der natürliche Mensch „besessen“, weil er einen anderen „Besitzer/Besetzer“ hat als Jesus Christus, den Herrn des Lebens, nämlich den Herrn des Todes.
Im Neuen Testament finden sich viele Belege dafür, dass Jesus Christus selbst (z.B. Mk 1,23-39) aber auch die Apostel (z.B. Mk 3,15) in Vollmacht den Mächten des Bösen entgegentraten und sie „austrieben“, indem sie ihnen im Namen Gottes geboten, einen Menschen frei zu geben, „auszufahren“.
In der Geschichte der Kirche wurde diese frühchristliche und apostolische Praxis unter dem Namen „Exorzismus“ auf unterschiedliche Weise fortgesetzt. Oftmals leider auch in abergläubischer und verantwortungsloser Weise, die den Menschen schadete, das Evangelium verdunkelte. Psychisch kranke Menschen aber z.B. auch Epileptiker wurden vorschnell als „vom Teufel und Dämonen besessen“ und „exorzisiert“. Ein besonders dramatischer Fall fehlgeleiteter Praxis ist der Fall der Theologiestudentin Anneliese Michel, die 1975 bereits Verhaltensauffälligkeiten zeigte, woraufhin mehrere Exorzismen an ihr vorgenommen wurden, bevor sie 1976 an den Folgen ihrer Mangelernährung verstarb.
Missbräuche des Exorzismus gab und gibt es aber nicht nur in der römisch-katholischen Kirche, sondern z.B. auch in charismatischen Gemeinschaften.
In der lutherischen Kirche bzw. der SELK spielt der Exorzismus lediglich bei der Taufliturgie noch eine gewisse Rolle:
Nach der Vorlage von Luthers Taufbüchlein und vor dem Hintergrund der Überzeugung, dass in der Taufe ein Herrschaftswechsel stattfindet, spricht der Täufer (vor der Bezeichnung des Täuflings mit dem Kreuz, dem Schutzzeichen Jesu Christi) zum Täufling:
„Im Namen Jesu Christi gebiete ich dir: Weiche, du unreiner Geist, und gib Raum dem Heiligen Geist, dass N.N. ein Sohn/eine Tochter Gottes werde und immerdar bleibe.“
Dieser Taufexorzismus ist ein vollmächtiges „indirektes“ Gebet, das zum Ausdruck bringen möchte, dass durch Taufe und Glauben die Macht des Bösen gebrochen wird. (vgl. Luther in seinem Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“: „Ein Wörtlein kann ihn [den Fürsten der Welt] fällen.“)

Lexikon - D


Dekalog

→ Zehn Gebote


Denomination
→ Konfession


Diakon / Diakonin
Der Diakon (altgr. διάκονος diákonos ‚Diener, Helfer‘) bekleidet ein geistliches Amt innerhalb der Kirche, den Diakonat. Seine Aufgaben beschränken sich nicht auf die Diakonie, sondern umfassen wie die der anderen geistlichen Ämter auch Verkündigung (martyria ‚Zeugnis‘) und Gottesdienst (leiturgia ‚Liturgie‘). Diakone waren ursprünglich Gehilfen der Apostel zur Verwaltung des gemeinsamen Vermögens und zur Leitung der gemeinsamen Mahlzeiten – und wohl damit verbunden auch der Eucharistie.
In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche wird zwischen den – grundsätzlich männlichen – Pfarrdiakonen und Diakonen bzw. Diakoninnen unterschieden. Pfarrdiakone sind → Laien, die sich selbständig theologisch qualifiziert haben. Ihnen ist das Recht der Wortverkündigung übertragen worden. Die Verwaltung der → Sakramente ist ihnen nicht gestattet. Neben diesen Aufgaben können sie in der ihnen zugeordneten Gemeinde auch Beerdigungen durchführen. Hierbei unterstehen sie aber einem Pfarrer und sind an seine Weisungen gebunden.
Die Diakone und Diakoninnen sind hauptamtlich beschäftigt und haben neben einem Studium (in der Regel Sozialpädagogik) noch eine zusätzliche Ausbildung. Dieser Ausbildungsgang ähnelt dem in den Evangelischen Landeskirchen. Sie engagieren sich in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Senioren. Gottesdienstliche Verkündigungsaufgaben (Predigt) oder Sakramentsverwaltung sind ihnen nicht gestattet.


Diaspora
„1. Diaspora (= Zerstreuung) meint die Zerstreuten und auch den Ort der Zerstreuten.
2. In der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes (Septuaginta) kommt Diaspora 12 mal vor. Gemeint ist damit die Zerstreuung der Juden unter die Heidenvölker, deren Ursache in der Deportation sowie der Auswanderung zu suchen ist. Auch die Zerstreuten selbst sind mit dem Begriff bezeichnet: Jesaja 49,6, wo verheißen ist, dass der Gottesknecht die infolge des göttlichen Strafgerichtes Zerstreuten Israels umwenden, zurückbringen wird; und Psalm 147,2, wo Gott dafür gelobt wird, dass er die Zerstreuten Israels zusammenbringt.
3. Im Neuen Testament ist der Begriff Johannes 7,35 im alttestamentlichen Sinne
gebraucht. Eine neue Füllung erhält er in 1. Petrus 1,1 und Jakobus 1,1.
1. Petrus 1,1: „an die auserwählten Fremdlinge in der Zerstreuung in Pontus…“ Christen wohnen überall als die Auserwählten Gottes eingestreut in eine fremde Umgebung, in der sie Fremde ohne Heimatrecht sind. Ihre Heimat ist das Jerusalem oben, das himmlische. In der hl. Taufe sind sie eingegliedert in den Leib Christi. Das macht sie der Welt fremd, abstoßend (vgl. 1. Korinther 1+2). In der hl. Kommunion wird diese Abgrenzung von der Welt und Eingrenzung in den Leib Christi (vgl. 1. Korinther 10,16+17) manifest. Hier hat die Abendmahlszulassung ihren tiefsten Sinn! In der Teilhabe an dem von der Welt verworfenen Gekreuzigten werden die an ihn Glaubenden zu einer Minderheit. Dies macht sie einerseits zu einer „Elite“ und andererseits zu Kreuzesnachfolgern im Leiden.
Jakobus 1,1: „An die 12 Stämme in der Zerstreuung…“ Die 12 Stämme sind nach Galater 6,16 das „Israel Gottes“ und das meint die Gemeinde Jesu Christi. Zerstreuung ist hier nicht mehr eine geographische Begrifflichkeit, sondern eine heilsgeschichtliche.
Gemeint ist die Randexistenz der christlichen Gemeinde als Leib Christi und dergestalt
als Vorwegnahme der endzeitlich neuen Welt. Deshalb heißt es Johannes 17,14: „…die
Welt hasste sie, weil sie nicht aus der Welt sind, wie ich nicht aus der Welt bin.“ Pau-
lus schreibt dazu Galater 6,14b: „Durch Christus ist mir die Welt gekreuzigt und bin ich
der Welt gekreuzigt.“
4. Der Begriff "Diaspora" trägt somit neutestamentlich verstanden zum inhaltlichen
Verständnis der Gemeinde Jesu Christi bei. Sie ist nicht identisch mit der Welt und
damit nicht identisch mit der Bevölkerung eines Territoriums und damit nicht mit
Bevölkerungsmehrheiten. Diaspora meint damit Abgrenzung bzw. Ausgrenzung, und
dadurch auch Verfolgung, Hass durch die Welt. Damit ist zudem die kleine Zahl von
Christengruppen in einer heidnischen Umwelt ausgedrückt.
II. Die Diasporasituation unserer SELK und besonders ihrer kleinen Gemeinden
1. Die Diasporasituation unserer Gemeinden ist zunächst ein Ergebnis ihrer Geschichte. Weil im 19. Jahrhundert lutherische Christen sich nicht der Vereinnahmung von Kirche durch den Staat und/oder den Zeitgeist beugen wollten, wurden sie von der Welt gehasst und ausgegrenzt. Dafür stehen die Amtsenthebungen, Verfolgungen sowie die Notwendigkeit einer Auswanderung um des Glaubens willen. Lange bevor es in Deutschland verschiedenartigste Freikirchen gab, entstanden die ersten selbständigen lutherischen Gemeinden. Dabei ist zu bedenken, dass die selbstständigen lutherischen Kirchen – von den wenigen altreformierten Gemeinden in Nordwestdeutschland abgesehen – die einzigen Freikirchen auf reformatorischer Lehrgrundlage waren und auch blieben! Damit ist von der Entstehung her in den diversen – später in der SELK zusammengeschlossenen – lutherischen Freikirchen eine einzigartige reformatorische Alternative zu den Territorialkirchen zu sehen. Die lutherischen Freikirchen haben somit in der Frage der Kirchenorganisation die lutherische Reformation abgeschlossen. Luther hatte ja die landeskirchliche Struktur als Notordnung zur Ablösung der römisch-bischöflichen Kirchenstruktur wählen müssen. Eine andere Alternative als Abhängigkeit von Rom oder von den Fürsten gab es zu jener Zeit noch nicht.
2. Den Vätern im Glauben war mit dem Weg in die „Separation“ klar, dass sie nichts anderes wollten, als den althergebrachten Glauben und seine Lebensäußerung treu zu bewahren. Sie setzten auch in dieser Haltung den Weg der reformatorischen Väter fort. Damals waren die Reichsstände die Handelnden, jetzt waren es Gemeinden, Familien, Einzelne. Sie waren sich der schmerzlichen Trennung bewusst, die sie nicht leichtfertig suchten. Sie handelten und empfanden, wie es Melanchthon in seinem „Traktat über die Macht des Papstes“ von 1537 schrieb: „Weil dem nun so ist, sollen sich alle Christen auf das fleißigste hüten, dass sie sich solcher gottlosen Lehre und Gotteslästerung nicht teilhaftig machen, sondern vom Papst und seinen Gliedern oder Anhang als von des Antichrists Reich weichen und es verfluchen, wie Christus befohlen hat: ‚Seht euch vor vor den falschen Propheten‘ (Matthäus 7,15). Und Paulus gebietet, dass man falsche Prediger meiden und als ein Greuel verfluchen soll. Und 2. Korinther 6,14 spricht er: ‚Zieht nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen. Denn was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis?‘ Schwer ist es, dass man von soviel Ländern und Leuten sich trennen und eine besondere Lehre führen will. Aber hier steht Gottes Befehl, dass jedermann sich hüten und nicht mit denen einhellig sein soll, die unrechte Lehre führen oder mit Wüterei zu erhalten gedenken. Darum sind unsere Gewissen deshalb wohl entschuldigt und versichert, denn man sieht ja vor Augen die großen Irrtümer, die in des Papstes Reich gehen, und die Schrift schreit mit aller Macht, dass solche Irrtümer des Teufels und Antichrists Lehre seien.“ Die reformatorischen wie die Väter des 19. Jahrhunderts wussten nicht, wie Gott sie führen würde. Sie gingen ihren Weg als Minderheit gegen die Macht der Mehrheit, also in die Zerstreuung im neutestamentlichen Sinne. Sie lebten ohne faule Kompromisse aus dem und im Gehorsam des Glaubens (Römer 1,5 und 16,26). Sie opferten gesellschaftliche Anerkennung, berufliche Karriere und z. T. auch die Geborgenheit der Heimat.“
aus: Dr. Horst Neumann: Kirche in der Diaspora – Last und Herausforderung. in: Kirche in der Diaspora. Eine Arbeitshilfe. herausgegeben von der Kirchenleitung und dem Kollegium der Superintendenten der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche 2003. www.selk.de/download/Diaspora.pdf


Diasporawerk der SELK
Das DIASPORAWERK in unserer SELK ist eine Einrichtung, die sich seit über 100 Jahren der verstreuten lutherischen Gemeinden annimmt, Hilfe und Verbindungen vermittelt.
Jährlich laden wir alle Interessierten zu einem zentralen DIASPORATAG
in eine Gemeinde unserer SELK ein. Daneben bieten wir jeder Gemeinde die Möglichkeit, Gastgeber eines regionalen DIASPORATAGES zu werden.
Interessante Gesichtspunkte ergeben sich besonders dort, wo man im eigenen kirchlichen Bereich in der Zerstreuung lebt und von anderen hören kann, wie sie ihre Dienste und Aufgaben unter ähnlich schwierigen Umständen wahrnehmen.
Das Werk ist als gemeinnütziger Verein organisiert, der beim Amtsgericht Dortmund eingetragen ist. Danach muss ein Vorstand eingesetzt sein aus mindestens einem Vorsitzenden, dem Geschäftsführer und dem Kassenführer. Einmal jährlich muss eine ordentlich einberufene Jahreshauptversammlung stattfinden.
Geschichte
Am 9. Oktober 1900 wurde das heutige „DIASPORAWERK“ in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) anlässlich einer Pastoralkonferenz der lutherischen Kirche in Berlin gegründet. Galater 6, 10: „Lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen!“ wurde fortan Leitbild und Aufgabenstellung mit stets wachsenden unterschiedlichen Forderungen.
Im Laufe der Jahre hat das Werk mehrmals seinen Namen wechseln müssen. „Gotteskastenverein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Preußen“ war seine erste Bezeichnung.
Durch staatlichen Einspruch wurde daraus der „Evangelisch-Lutherischer Gotteskasten in Preußen“.
Nach dem Kriege wurde der Name angepasst in „Evangelisch-Lutherischer Gotteskasten im ehemaligen Altpreußen (e.V.)“.
Zeitbedingt wanderte der Sitz von Berlin nach Dortmund. Die Bezeichnung wurde in „Evangelisch-Lutherischer (altluth.) Gotteskasten e.V.“ geändert.
Der Zusammenschluss mehrerer lutherischer Freikirchen zur SELK im Jahre 1972 ergab den noch heute geführten Vereinsnamen „Diasporawerk in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche -Gotteskasten- e.V.“
Fünf Namen in seiner über hundertjährige Geschichte haben die Aufgabenstellung des Diasporawerkes nicht geändert. Ziel und Inhalt aller Arbeit bleibt die Fürsorge für Glaubensgenossen, die als lutherische Minderheit leben und so Nöten und Schwierigkeiten im Glaubensleben ausgesetzt sind. Die biblische Aufforderung hat nichts an Aussage und Bedeutung verloren auf dem Weg in das zweite Jahrhundert des DIASPORAWERKES.
Vorsitzender  Volker Fuhrmann, Superintendent
Stellvertretender Vorsitzender Professor Dr. Werner Klän


Diözese
Von griech. διοίκησις; dioikesis =Verwaltung.
Bezeichnung für eine kirchliche Verwaltungseinheit (Sprengel, Kirchensprengel, Kirchenbezirk), dem ein Geistlicher im bischöflichen Amt vorsteht.
Unter den Vorgängerkirchen der SELK (vor 1972 im Westen, bis 1991 in der ehm. DDR) wurden in der Ev.-luth. (altluth.) Kirche und der sog. „alten SelK“ (in Hessen) die kirchl. Verwaltungseinheiten, denen ein Superintendent vorsteht, als Diözesen bezeichnet.
Nach 1972 bzw. 1991 wurde der in der SELK (West) übliche Begriff „Kirchenbezirk“ auch in den östlichen Diözesen übernommen, wenngleich es gegen diese Bezeichnung aufgrund der Ähnlichkeit mit der Bezeichnung der „DDR-Bezirke“ und des unkirchlichen Klanges Vorbehalte gab.
Unter den heutigen (10) Kirchenbezirken der SELK ist die Bezeichnung „Diözese“ nur noch in Sachsen-Thüringen geläufig und gebräuchlich.


Dogma
Von griech. δόγμα, [dógma] = Meinung, Lehrsatz; Beschluss, Verordnung. Abgeleitet von dokeo: Grundbedeutung „Was als richtig erschienen ist“
Im alltäglichen Sprachgebrauch hat der Begriff ‚Dogma‘ heute oft einen eher negativen Beigeschmack. Wenn man jemanden als „dogmatischen Menschen“ bezeichnet, will man ihn damit als starr und unflexibel kennzeichnen. Dabei ist ein Dogma zunächst nichts anderes als ein fester Grundsatz, der nicht zur Diskussion steht. Auch die im deutschen Grundgesetz verbürgten Menschenrechte sind in diesem Sinne ‚Dogmen‘, die nicht in Frage gestellt werden (dürfen).
In der Theologie sind Dogmen fundamentale Lehrsätze oder Lehrfeststellungen, die innerhalb der Christenheit oder einer bestimmten Konfessionskirche allgemein anerkannt sind.
In der lutherischen Kirche gilt auch für Dogmen, dass sie im Einklang mit den Aussagen der hl. Schrift zu stehen haben und sich daran messen lassen müssen. Die Bekenntnisse der Kirche sind letztlich nichts anderes als Formulierungen geltender Dogmen.
Unumstritten sind in den konkordienlutherischen Kirchen, zu denen auch die SELK gehört, die altkirchlichen Dogmen, die von den fünf bzw. sieben altkirchlichen Konzilen (den sog. ökumenischen Konzilen) beschlossen wurden:
Ökumenisches Konzil von Nicäa 325: Dreieinigkeit
Ökumenisches Konzil von Konstantinopel 381: Nicäno-Konstantinopolitanum (Verhältnis zwischen Vater und Sohn innerhalb der Trinität)
Ökumenisches Konzil von Ephesus 431: Maria ist Gottesgebärerin (theotokos), „Mutter Gottes“.
Ökumenisches Konzil von Chalcedon 451: Christologie, Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch, unwandelbar, ungetrennt, ungeteilt und unvermischt bestehen. (Sog. Zwei-Naturen-Lehre).
Ökumenisches Konzil von Konstantinopel II 553: Christologie.


Dogmatik
Die Dogmatik (Begriff: siehe ‚Dogma‘) ist ein Teilbereich der → Systematischen Theologie, der sich mit der Auslegung, dem Verständnis und (als Dogmengeschichte) mit der Entstehung der christlichen Glaubenswahrheiten befasst.
Die Dogmatik behandelt die Inhalte des christlichen Glaubens in verschiedenen Themenbereichen (sog. Traktaten).
Ein klassischer Aufriss der Dogmatik umfasst:
1. Allgemeine Vorüberlegungen (Prolegomena), 2. Schriftlehre, 3. Lehre von Gott, 4. Lehre vom Menschen (Anthropologie), 5. Lehre von Christus und der Erlösung (Christologie / Soteriologie) , 6. Lehre von den Gnadenmitteln und dem Amt der Kirche, 7. Lehre von der Kirche (Ekklesiologie), 8. Lehre von den letzten Dingen (Eschatologie).

Als ‚Dogmatik‘ bezeichnet man auch die Bücher, die sich umfassend und systematisch mit den Inhalten der christlichen Glaubenslehre befassen.
Historisch wichtige lutherische Dogmatiken sind z.B. die Loci communes von Philipp Melanchthon (1521), Loci theologici von Martin Chemnitz (1591), Loci theologici von Johann Gerhard (1610-1622), Dogmatik. Akademische Vorlesungen von A.F.C. Vilmar (1874), Christliche Dogmatik von Franz Pieper (1924).


Dreieinigkeit
Auch: Dreifaltigkeit, Trinität (von lat. trinitas; altgr. τριάς [Trias] ‚Dreizahl‘, ‚Dreiheit‘)
Christen bekennen sich strikt monotheistisch zu dem einen, einzigen und wahren Gott und bezeugen ihn als Vater, Sohn und Heiligen Geist.
Die Trinitätslehre beschreibt die Wesenseinheit Gottes in drei Personen, auch Hypostasen genannt.
Der Begriff D. kommt in der Bibel nicht vor, wohl aber die „Sache“.
Bereits im Alten Testament finden sich triadische Motive, die im Licht des Neuen Testamentes als Hinweise auf die D. Gottes erkennbar werden. Etwa dort, wo Gott von sich selbst im Plural spricht (1 Mose 1, 26; 11,7), der Besuch Gottes bei Abraham in Gestalt dreier Männer, die Abraham anspricht „Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber“, das Dreimalheilig der Engel in der Vision des Propheten Jesaja (Jes 6, 3) und auch im dreigliedrigen aaronitischen Segen (4 Mose 6, 24-26).
Im Neuen Testament wird die Gottheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes bezeugt. (z.B. Joh 10, 30; Joh 12, 45; Joh 14,9; Joh 14,25-26; Kol 1, 15; Joh 4, 24; 1 Joh 5, 20; Joh 15, 26; Mt 28, 19; 2 Kor 13, 14)
Am umfassendsten drückt das Athanasianische Glaubensbekenntnis (entstanden zwischen 540 und 670, dem Kirchenvater Athanasius zugeschrieben) die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes aus. In 40 Versen entfaltet es den Trinitätsglauben und beginnt mit den Worten: „Jeder, der da selig werden will, der muss vor allem den katholischen Glauben festhalten. Jeder, der diesen nicht unversehrt und unverletzt bewahrt, wird ohne Zweifel auf ewig verloren gehen. Dies aber ist der katholische Glaube: Wir verehren den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit, ohne Vermischung der Personen  und ohne Trennung der Wesenheit.  Denn eine Person ist die des Vaters, eine andere die des Sohnes; eine andere die des Heiligen Geistes.“
Der Glaube an den dreieinigen Gott lässt sich letztlich nicht verstandesmäßig erfassen und bleibt ein Geheimnis. Philipp Melanchthon ist zuzustimmen, der sagte: "Die Geheimnisse der Gottheit sind besser anzubeten als zu erforschen."
Alle Versuche, sich diesem Geheimnis auf einfache Weise zu nähern, etwa mit der Vorstellung, Gott sei wie ein Schauspieler, der in drei verschiedenen „Rollen“ gegenüber den Menschen auftrete, laufen in die verkehrte Richtung und werden der Lehre von der Dreieinigkeit nicht gerecht.
In der luth. Kirche wird am ersten Sonntag nach Pfingsten das Fest der Hl. Dreifaltigkeit (Trinitatis) gefeiert. Es ist das einzige Hochfest, das ein → Dogma (also kein Heilsereignis aus dem Leben Jesu) zum Inhalt hat.


Dreifaltigkeit
→ Dreieinigkeit

Lexikon - B


Beerdigung
→ Bestattung → Feuerbestattung

 
Beffchen

Von lat. biffa = Halsbinde.
Heute besteht das B. auf zwei (gestärkte, ggf. auch durch Lochstickerei usw. verzierte) Leinenstreifen, die entweder mit einem Band unter dem Talarkragen oder einer Steckvorrichtung auf dem Talar befestigt werden und in den evang. Landeskirchen (EKD) zur Amtstracht der Geistlichen gehört.
In der SELK regelt die Ordnung über die liturgische Gewandung, dass dort, wo noch der schwarze Talar getragen wird, auch das B. zur Amtstracht gehört.
Gleichzeitiges Tragen von B. und Stola ist in der SELK nicht zulässig.
Das B. entstand im 17. Jhdt. aus einem weißen Umlegekragen, der z.B. auch dazu diente, herabfallenden weißen Puder aus den damals getragenen gepuderten Perücken nicht sichtbar werden zu lassen.
Im 19. Jhdt. ordnete der preuß. König Friedrich Wilhelm III. für alle Staatsbeamten, zu denen neben Richtern und Staatsanwälten aus Rabbiner und (unierte, landeskirchliche) Pfarrer gehörten, den schwarzen Talar mit B. als allgemeine Amtstracht an.
In den Landeskirchen wird gelegentlich die Form des B.s „konfessionell“ differenziert: In der Mitte geschlossene B. seien danach „reformiert“, halb geschlossene „uniert“ und geöffnete B. „lutherisch“.
In der SELK sind der schwarze Talar und das B. seit langem auf dem Rückzug und wurden zunehmend durch weiße oder farbige) lit. Gewänder mit Stolen in den lit. Farben ersetzt, die dem Freudencharakter des Evangeliums angemessener erscheinen und die Kontinuität der ev.-luth. Kirche zur alten, rechtgläubigen Kirche unterstreichen.


Beichte
Beichte als konkrete Anwendung von Rechtfertigung und Sündenvergebung
Die Beichte bzw. die Lossprechung von allen Sünden nach der Beichte (Absolution) hat einen hohen Stellenwert in der SELK. Jesus Christus hat seiner Kirche die geistliche Vollmacht gegeben, denen die Sünden zu vergeben, die sie vor Gott bekennen und bereuen und denen die Sünden zum Gericht zu behalten, die sie nicht erkennen wollen und keine Reue zeigen.
Als biblische Einsetzungsworte der Beichte, die auch in jedem Beichtgottesdienst verlesen werden, gelten die Christusworte: „Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“ (Mt 16, 9) Und: „Nehmt hin den Heiligen Geist: Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ (Joh 20, 22b.23)
Im Zuspruch der Sündenvergebung („Dir sind deine Sünden vergeben!“) kommt das Evangelium, kommt die Rechtfertigung des Sünders vor Gott allein aus Gnade gewissermaßen zur konkreten Anwendung und zu seinem Ziel.
Im Kleinen Katechismus antwortet Martin Luther auf die Frage „Was ist die Beichte?“: „Die Beichte begreift zwei Stücke in sich: eins, dass man die Sünde bekenne, das andere, dass man die Absolution oder Vergebung vom Beichtiger (Person, die die Beichte hört) empfange als von Gott selbst und ja nicht daran zweifle, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel.“
Gleichwohl lassen die Bekenntnisschriften keinen Zweifel daran, dass die Reue über die Sünden und – damit verbunden - der Vorsatz, die begangenen und gebeichteten Sünden künftig zu meiden, vorausgesetzt wird.
Beichte bzw. Absolution als Sakrament
Um der Gewissheit der Sündenvergebung willen, rechnen die luth. Bekenntnisschriften die Beichte (Absolution) neben Taufe und Abendmahl zu den Sakramenten im strikten Sinne. (vgl. Apologie der CA Art. 11 [BSLK 250, 3], ApCA Art. 12[BSLK 244, 10ff), ApCA Art. 13 [BSLK 292, 4], Großer Katechismus „Von der Taufe“[BSLK 705/706])
Wie auch bei Taufe und Abendmahl, ist es der auferstandene, in seinem Wort sakramental gegenwärtige Herr Christus selbst, der die Sünden vergibt. (Also nicht etwa der Pfarrer!)
Beichte und Taufe
Die Absolution kann nur empfangen, wer getauft ist. Nach luth. Überzeugung ist die Beichte, also die geistliche Umkehr, die durch die Absolution, den Zuspruch der Sündenvergebung, besiegelt wird, „Rückkehr zur Taufe“. Im Großen Katechismus bringt Luther dies auf den Punkt: „Und hier siehst du, dass die Taufe mit ihrer Wirkung und sinnbildlichen Bedeutung auch das dritte Sakrament mit einschließt, das man die Buße genannt hat; denn sie ist eigentlich nichts anderes als die Taufe. […] So ist also die Buße nichts anderes als eine Rückkehr und ein Wiederhinzutreten zur Taufe, damit man das wieder aufnimmt und tut, was man einmal angefangen und dann doch unterlassen hatte.“
Formen des Beichtens
Es gibt unterschiedliche Formen und Weisen der Beichte:
(1) Die Einzelbeichte: In der luth. Kirche ist die Einzelbeichte, also das laute Aussprechen der Sünden vor einem Pfarrer/Pastor ein seelsorgliches Angebot, aber keine Pflicht. Ebenso ist es weder nötig noch möglich, alle Sünden ausnahmslos zu erinnern und auszusprechen, um des Zuspruchs der Vergebung gewiss zu sein.
(2) Die Allgemeine Beichte: Entweder in Form einer Beichtandacht vor Beginn des Hauptgottesdienstes oder gleich zu Beginn des Gottesdienstes bekennt jeder Beichtende zunächst in der Stille vor Gott im persönlichen Gebet seinen Sünden. Dies mündet ein in ein von allen gemeinsam gesprochenes allgemeines Beichtgebet oder in das „Amen“ der Gemeinde zu einem vom Pfarrer stellvertretend gesprochenen allgemeinen Beichtgebet. Es folgen die Beichtfragen nach Reue und Glauben, die von der Gemeinde mit „Ja“ beantwortet werden. Daraufhin treten die Beichtenden an den Altar und empfangen einzeln unter Handauflegung die Absolution durch den Pfarrer: „In Kraft des Befehls, den der Herr seiner Kirche gegeben hat und als berufener Diener des Wortes spreche ich dich frei, ledig und los: Dir sind deine Sünden vergeben!“
Von der Beichte zu unterscheiden ist im Gottesdienst das sog. Rüstgebet, zu dem ein allgemeines Sündenbekenntnis und die Bitte um Vergebung, nicht aber der ausdrückliche Zuspruch der Vergebung gehört.
(3) Die „Herzensbeichte“: Neben den beiden erstgenannten Formen der Beichte, der die Absolution unter Handauflegung durch einen dazu ordinierten und berufenen Geistlichen folgt, kann und soll man natürlich auch im persönlichen Gebet Gott seine Sünden bekennen/beichten und um Vergebung bitten. Gleichwohl unterscheidet sich die Herzensbeichte im Blick auf die Gewissheit der Sündenvergebung von den beiden erstgenannten Formen der Beichte.
(4) Insbesondere in Fällen, wo es um Vergebung und Versöhnung zwischen einzelnen Menschen geht, ist die „brüderliche Tröstung“ eine weitere Form des Beichtens: Hier bekennt ein Christ dem anderen seine Schuld und bittet ihn um Vergebung.
Das „Schlüsselamt“ besteht aus zwei Schlüsseln
Wenn Christus der Kirche das „Amt der Schlüssel“ anvertraut, umfasst dies sowohl den Löseschlüssel der Sündenvergebung als auch den Bindeschlüssel, was gelegentlich vergessen wird. Mit der Absolution darf und soll ich auch am Hl. Abendmahl, dem Mahl Christi mit den gerechtfertigten Sündern, teilnehmen. Wer aber an seinen Sünden festhält, keine Reue zeigt, die Lossprechung nicht begehrt, erhält sie auch nicht. „Wie ihr glaubt, so geschehe euch“, heißt es in der Beichtliturgie (in Anlehnung z.B. an Mt 9, 29)
Dann kommt implizit oder explizit der Bindeschlüssel zum Zuge: Solange du nicht umkehrst, bleiben dir deine Sünden behalten zum Gericht und der Zugang zum Hl. Abendmahl ist dir solange verwehrt.
Das Beichtgeheimnis
Was ich einem Pfarrer in der Beichte oder auch einem seelsorglichen Gespräch anvertraue, unterliegt absoluter Verschwiegenheit (dem sog. Beichtsiegel). Ein Pfarrer, der das Beichtgeheimnis bricht, verliert unwiderruflich sein Amt. Auch der Staat schützt das Beichtgeheimnis. Selbst vor Gericht kann ein Pfarrer nicht gezwungen werden, ein Beichtgeheimnis preiszugeben, auch wenn es sich um strafbare Handlungen handelt, die ihm anvertraut wurden.


Bekenntnis
→ Bekenntnisschriften → Credo → Apostolicum → Nicaenum → Katechismus → Augsburger Bekenntnis → Schmalkadlische Artikel → Konkordienformel → Konkordienbuch


Bekenntnisschriften
Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche (BSLK) ist der Titel einer Sammlung von Bekenntnistexten aus dem 16. Jahrhundert, die in der Folge der Reformation Martin Luthers entstanden und 1930 wissenschaftlich ediert wurden. 2014 erschien eine vollständige Neuedition.
Inhaltsverzeichnis
1 Inhalt
1.1 Die altkirchlichen Symbole
1.2 Das Augsburger Bekenntnis
1.3 Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
1.4 Die Schmalkaldischen Artikel
1.5 Traktat von der Gewalt und Obrigkeit des Papstes
1.6 Der Kleine Katechismus
1.6.1 Anhänge zum Kleinen Katechismus
1.7 Der Große Katechismus
1.8 Die Konkordienformel


Bestattung
Ein Mensch liegt im Sterben
Liegt ein Mensch im Sterben, können Sie gerne einen Pfarrer rufen. Ist der Sterbende noch ansprechbar, dann können Dinge des Lebens aufgearbeitet, Vergebung unter den Angehörigen und vor Gott empfangen, aber auch die Liebe untereinander ausgedrückt werden. Der Pfarrer wird versuchen den Sterbenden und die Angehörigen zu begleiten.
Ein Mensch ist verstorben
Ist ein Mensch zu Hause verstorben, verständigen Sie bitte einen Arzt. Gerne dürfen Sie einen Pfarrer rufen. Ebenso ist ein Bestattungsunternehmen zu beauftragen. Ist ein Angehöriger im Krankenhaus verstorben, beauftragen Sie bitte ein Bestattungsinstitut. Bei Unfalltod, Suizid oder einer Straftat ist grundsätzlich die Polizei zu informieren. Der Verstorbene ist beim Standesamt durch Vorlage der Sterbeurkunde (Ausstellung durch einen Arzt) abzumelden.
Hierneben sind noch andere Punkte zu bedenken, wie beispielsweise: Weitere Familienangehörige sind zu verständigen und das Testament des Verstorbenen ist zu berücksichtigen. Zwischen Ihnen als Angehörige, dem Beerdigungsunternehmen und dem Pfarrer ist dann einvernehmlich ein Termin für die Bestattung zu finden. Zahlreiche Punkte erledigt der beauftragte Bestatter.
Gibt es einen kirchlichen Abschied vor der eigentlichen Beerdigung?
Ja. Hierbei handelt es sich um eine Aussegnungsandacht. Es ist ein kurzer Gottesdienst von vielleicht 10 Minuten. Er kann folgenden Ablauf haben:
Friedensgruß
Bibelvers
Gebet
(Valetsegen)
Lesung (mit Zuspruch)
Vaterunser
Segen
Der Trauerbesuch durch den Pfarrer
Neben der seelsorgerlichen Begleitung, dient der Besuch des Pfarrers auch dazu die Beerdigung vorzubereiten. Im Trauergespräch fragt der Pfarrer Sie nach dem Leben des Verstorbenen. Diese Fragen dienen der Erstellung des Lebenslaufes, der vorgelesen werden kann, wenn Sie dieses wünschen. Dann ist es wichtig einen Vers aus der Bibel auszuwählen, über den die Traueransprache gehalten werden soll. Es eigenen sich hierfür Tauf,- Konfirmations- oder Trausprüche, oder aber Verse aus der Bibel, die dem Verstorbenen in seinem Leben Trost, Hoffnung und Kraft gegeben haben oder aber andere Worte der Heiligen Schrift. Weiter wird auch der Ablauf des Trauergottesdienstes besprochen, Fragen nach christlichen Liedern geklärt oder nach der musikalischen Umrahmung.
Dürfen Würdigungen durch Vereine, Arbeitgeber oder andere erfolgen?
Ja, Würdigungen sind nach dem Segen am Grab möglich. Da es sich um einen Gottesdienst handelt, möchten Wertschätzungen des Verstorbenen nicht vor Erteilung des Segens erfolgen.
Wie sollen wir mit dem Thema Beileidsbekundungen am Grabe umgehen?
Dies liegt in Ihrem Ermessen. Jeder wird Verständnis haben, wenn Sie keine Beileidsbekundungen am Grabe wünschen. Bedenken Sie hierbei aber, dass Freunde, Bekannte, Nachbarn die Trauer mit Ihnen teilen möchten und Ihnen auf diesem Wege zeigen wollen, dass Sie nicht alleine sind. Beileidsbekundungen können ja sehr unterschiedlich sein. Eine Umarmung, ein stummer Händedruck, ein kurzer Vers aus der Bibel mit einem persönlichen Wort oder anderes. Es kann also gut sein, auf diese Weise die Anteilnahme zu erfahren.
Was ist nach der Bestattung zu tun?
In unseren Breiten werden oftmals Bekannte, Freunde und Verwandte zu einem kleinen Imbiss in eine Gaststätte eingeladen. Sie müssten also klären, ob und wenn ja, wo ein solches Essen stattfinden soll. Bei diesem Imbiss geht es nicht um eine Feier, sondern darum, dass Sie als Angehörige nach der Beerdigung nicht gleich alleine sind. Sie haben dort die Möglichkeit mit Freunden, Verwandten und Nachbarn sich auszutauschen.


Beten
→ Gebet
Dass Gott mit den Menschen redet und nicht schweigt, gehört zu den großen Wundern der biblischen Offenbarung: Unser Gott kommt und schweiget nicht. (Ps 50, 3)
Gott redet mit uns und darum können wir auch mit Gott reden. Der Schöpfer des Universums ermuntert uns ausdrücklich dazu: Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen. (Ps 50,15)
Wie zu einer gelingenden menschlichen Beziehung das Gespräch gehört, ist auch eine lebendige Glaubensbeziehung zu Jesus Christus durch das Gebet, das Gespräch mit Gott geprägt. Gott will, dass wir beten. Und deshalb gelten dem Gebet auch Gottes ausdrückliche Verheißungen: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. (Jesus Christus Lk 11,9-10). Oder: Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (1 Petrus 5,7)
Beten heißt: Mit dem himmlischen Vater in allem, was uns beglückt oder bedrückt voller Vertrauen zu sprechen. Loben und Danken, fürbittend an andere denken, Sorgen und Lasten abgeben, in der Stille auf Gottes Antwort und Weisung zu hören, das alles gehört zum Gebet: Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! (Philipper 4,6)
Es gibt keine bestimmten Formen und Weisen für das persönliche Gebet, die "richtig" oder "falsch" wären. Christus sagt aber: Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. (Mt 6, 7-13)
Uns ist auch verheißen, dass wir selbst dann noch beten können, wenn uns die Worte fehlen, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht. Dann betet Gottes Heiliger Geist in uns: Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen. (Römer 8,26)
Gott hört alle unsere Gebete, wenn sie im Glauben an Gott gerichtet werden. Der Herr ist nahe allen, die ihn anrufen, allen, die ihn ernstlich anrufen. (Ps 145,18). Aber wir erfahren auch, dass er sie nicht immer so erhört, wie wir es erhofft haben. Dann gilt, was Dietrich Bonhoeffer einmal so bezeugt hat: „Nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen erfüllt Gott."
Und schließlich: Es gehört zu den tiefsten und schönsten Gebetserfahrungen, dass Gott uns im Gebet verwandelt, uns zeigt, dass seine Weise, unsere Gebete zu erhören, uns wirklich zum Besten dient und unsere Gewissheit stärkt: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. (Römer 8, 28)


Bibel
andere Bezeichnung: Heilige Schrift, Wort Gottes
In der → SELK gilt die Bibel als Gottes unfehlbares Wort an die Menschen. In ihrer → Grundordnung bindet sich die SELK an die „ganze Heilige Schrift Alten und Neuen Testamentes als an das unfehlbare Wort Gottes, nach dem alle Lehren und Lehrer der Kirche beurteilt werden sollen“ (Art. 1.2 GO-SELK). Die → Pfarrer der SELK werden bei ihrer → Ordination auf die Hl. Schrift und die → Bekenntnisse der lutherischen Kirche verpflichtet.
Für die öffentliche Verlesung der Hl. Schrift im Gottesdienst ist in der SELK die deutsche Übersetzung der Bibel durch Martin Luther in der Fassung von 1984 maßgeblich.


Bibelkreis
Bibelkreise (auch: Bibelstunden, Bibelabende) bestehen in den meisten Kirchgemeinden der SELK.
Vorbereitet und geleitet werden sie meist vom Pfarrer oder der → Pastoralreferentin, von → Pfarrdiakonen, → Diakon(inn)en und zumend auch von Absolvent(inn)en des → Theologischen Fernkurses der SELK (TFS)
Bei Bibelkreisen liest, studiert und bespricht man gemeinsam Abschnitte der Heiligen Schrift, singt christliche Lieder und betet miteinander.
Gottes Wort zu kennen und immer tiefer zu verstehen ist das Anliegen der Bibelkreise und ihrer Teilnehmer.
Die thematische und äußere Gestaltung der Bibelkreise ist unterschiedlich. Treffen sich Bibelkreise in kürzeren Abständen, z.B. wöchentlich, werden ganze biblische Bücher fortlaufend besprochen. Kommt ein Bibelkreis nur einmal im Monat zusammen, ist oft üblich, den Predigttext des folgenden Sonntags als Grundlage zu nehmen.
Gelegentlich sind auch die Bekenntnisschriften der ev.-luth. Kirche, etwa das Augsburgische Bekenntnis oder der Große Katechismus Luthers Ausgangspunkt für die Gespräche eines Bibelabends.
Neben den Bibelkreisen, die sich – meist unter der Leitung des Pfarrers - in den Räumen der Gemeinde treffen, finden sich in vielen Gemeinden der SELK auch Hausbibelkreise.
Hier sind es meist Gemeindeglieder, die (auch abwechselnd) einen Hausbibelabend vorbereiten und die Gesprächsleitung übernehmen. Hausbibelkreise finden, der Name sagt es, nicht in Gemeinderäumen sondern in Privatwohnungen statt und sind damit gerade auch für interessierte Gäste ein niedrigschwelliges Angebot mit der Option, unkompliziert Kontakte zu Menschen aus der Gemeinde zu knüpfen.
An Hausbibelkreisen nehmen die Pfarrer meist nicht oder nur gelegentlich teil, sind aber in der geistlichen Verantwortung für die dort vertretene Lehre.
Zu achten ist z.B. darauf, dass die Mitglieder der Hausbibelkreise im Gottesdienst der Gemeinde verankert sind und keine von der Gemeinde isolierten „Kirchlein in der Kirche“ bilden.


Bischof
Von griech. ἐπίσκοπος; epískopos= ‚Aufseher‘, ‚Hüter‘, ‚Schützer‘; latinisiert episcopus; lat. superintendens, wörtlich ebenfalls „Aufseher“ (Lehnübersetzung von griech. ἐπίσκοπος; episkopos; daraus →Superintendent)
Das Amt des Bischofs (schon im NT in den Pastoralbriefen z.B. 1 Tim 3; Titus 1, 7; auch Apg 20, 28)  entwickelte sich bereits im 1. nachchristl. Jhdt. zunächst parallel mit dem Presbyteramt (=‘Älterer‘; daraus dt. ‚Priester‘) und dem Diakonenamt als geistliches und administratives Leitungsamt in der Kirche.
Im 2. und 3. Jhdt. finden sich Bischöfe als Leiter einzelner Gemeinden. Später wird das Bischofsamt zu einem übergemeindlichen (regionalen) Leitungsamt fortentwickelt.
Schon im NT (z.B. Titus 1) wird deutlich, dass das Bischofsamt in einem engen Zusammenhang mit dem Apostelamt steht: Die Apostel setzen unter Wort, Gebet und Handauflegung Bischöfe und Presbyter ein (→ Apostolische Sukzession). Dabei wird vorausgesetzt, dass die so ins Amt gekommenen von Christus selbst der Herde zu Hirten gesetzt sind.
Zu den Aufgaben eines Bischofs gehört es insbesondere, die reine (biblisch-apostolische) Lehre zu bewahren und zu tradieren, für die Einsetzung (Ordination) von Hirten (Pastoren) und weiteren Bischöfen zu sorgen, über die reine Lehre zu wachen, ggf. Lehrzucht zu üben, die Kirche und ihre Amtsträger zu visitieren und die Kirche nach außen zu repräsentieren. Das Bischofsamt ist in besonderem Maße das Amt der Einheit (in Glaube, Lehre, Gottesdienst und Bekenntnis) der Kirche.
In der Reformationszeit schlossen sich in Deutschland die bisherigen (röm.-kath.) Bischöfe der Reformation weitestgehend nicht an. (Anders in Skandinavien) Luther und die Reformatoren setzten daher sog. Superintendenten als geistliche Oberhirten ein (Visitation, Ordination, Lehraufsicht), zugleich aber für die administrativen und kirchenrechtlichen Funktionen der bisherigen Bischöfe die Landesherren als „Notbischöfe“ ein.
Diese Unterscheidung zwischen den geistlichen und den administrativ-rechtlichen Vollmachen konnte jedoch nicht durchgehalten werden, da die Landesherren sich zunehmend auch ihnen nicht zukommende geistliche Vollmachten anmaßten. So kam es in Deutschland zum sog. „landesherrlichen Regiment“, die sog. „Landeskirchen“ mit dem jew. Landesherren als summus episkopus („Obersten Bischof“) entstanden. („Unselige Verbindung von Thron und Altar“).
In den Vorgängerkirchen der SELK (Ev.-luth.[altluth.] Kirche; Ev.-Luth. Freikirche; Selbst. ev.-luth. Kirche [in Hessen usw.]; Hannoversche ev.-luth. Freikirche etc.), die sich 1972 zur heutigen SELK (in Westdeutschland) zusammenschlossen, bestand das bischöfliche Amt mit unterschiedlichen Titeln und Bezeichnungen (Superintendent, Metropolitan, Präses, Bezirkspräses, Kirchensuperintendent usw.).
In der heutigen SELK führen das bischöfliche Amt mit unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen die Superintendenten, die Pröpste und der (gesamtkirchliche) Bischof, der auch diesen Titel trägt.
In das Bischofsamt wird ein (durch Pfarrkonvente nominierter, durch Synoden gewählter) Geistlicher durch andere Geistliche im bischöflichen Amt gottesdienstlich eingesetzt.
Die Amtszeit ist grundsätzlich unbefristet, sofern nichts anderes festgelegt wurde.
Die Bischöfe der SELK seit 1972:
1972–1985: Dr. Gerhard Rost (LL.D.)
1985–1997: Dr. Jobst Schöne (D.D.)
1997–2006: Dr. Diethardt Roth
seit 2006: Hans-Jörg Voigt (D.D.)
Der Bischof leitet zusammen mit der Kirchenleitung und dem Kollegium der Superintendenten die SELK.
In der →Grundordnung der SELK heißt es zum Bischofsamt:
Artikel 19 Der Bischof
(1) Der Bischof ist ein Pastor der Kirche, der zu ihrer hauptamtlichen Leitung berufen ist.
(2) Der Bischof dient der ganzen Kirche. Er achtet darauf, dass das Wort Gottes schrift- und bekenntnisgemäß verkündigt und gelehrt wird und die Sakramente recht verwaltet werden. Zusammen mit der Kirchenleitung führt er die Aufsicht über die Ämter und Einrichtungen der Kirche. Er hat den Vorsitz im Kollegium der Superintendenten und in der Kirchenleitung. Er kann sich in Hirtenbriefen an die Gemeinden und Pastoren wenden.
(3) Der Bischof dient den Pastoren als Berater und Seelsorger. Zusammen mit den Pröpsten und Superintendenten sorgt er für die Ordination zum Predigtamt. Er wirkt mit bei der Abordnung von Missionaren und bei der Einsegnung von Diakonissen. Er führt die Pröpste in ihr Amt ein.
(4) Der Bischof dient den Gemeinden, indem er das Gespräch mit ihnen sucht und ihre Gemeinschaft fördert. Er hält Visitationen, besonders bei den Pröpsten und ihren Gemeinden. Er kann mit Zustimmung des zuständigen Pastors in allen Gemeinden Wort und Sakrament verwalten, hat aber auch eine feste Predigtstätte an seinem Amtssitz.
(5) Der Bischof bemüht sich, Gemeinschaft und Verbindung mit anderen Kirchen zu pflegen und vertritt die Kirche in der Öffentlichkeit.
(6) Weiter gehört es zu den Aufgaben des Bischofs, die von Schrift und Bekenntnis geforderte Stellungnahme der Kirche zu Fragen und Aufgaben der Zeit herbeizuführen und die Verbindung mit den theologischen Ausbildungsstätten der Kirche zu pflegen.
(7) Der Bischof wird durch die Kirchensynode auf Vorschlag des Allgemeinen Pfarrkonvents gewählt. Der Allgemeine Pfarrkonvent hat für diese Wahl mindestens zwei Kandidaten zu benennen, die nach Möglichkeit in einem einheitlichen Wahlgang zu ermitteln sind. Die Wahl auf der Synode erfolgt in geheimer Abstimmung. Gewählt ist derjenige Kandidat, für den sich mehr als die Hälfte der anwesenden Stimmberechtigten entscheidet. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen nicht erreicht, so ist gewählt, wer im dritten Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
(8) Der Bischof wird durch seinen Amtsvorgänger oder den amtsältesten Propst in sein Amt eingeführt.
(9) Die Amtszeit des Bischofs ist nicht befristet, sofern nicht ausnahmsweise bei der Wahl anderes festgelegt wird. Der Bischof kann von seinem Amt zurücktreten. Er muss zurücktreten, wenn er eine Berufung in ein anderes Amt der Kirche annimmt. Der Bischof muss sein Amt niederlegen, wenn das Kollegium der Superintendenten und die Kirchenleitung zu der Überzeugung kommen, dass seine Amtsführung der Kirche nicht mehr dienlich ist. Er tritt nach der allgemeinen Pensionsregelung in den Ruhestand.
(10) Der Bischof bestimmt im Einvernehmen mit der Kirchenleitung und dem Kollegium der Superintendenten einen der Pröpste zu seinem ständigen Vertreter. Dieser führt das Amt auch im Falle der Vakanz bis zur Einführung des neugewählten Bischofs.


Breslau
Heute polnisch: Wrocław.
B./W. war Hauptstadt der preuß. Provinz Schlesien (seit 1815) und seit 1830 Sitz der Kirchenleitung (Oberkirchencollegium –OKC-) der Ev.-luth. Kirche in Preußen („Altlutheraner“), sowie des Theol. Seminars der Ev.-luth. Kirche in Preußen.
Von B. ging die altlutherische (antiunionistische, die kirchl. Selbständigkeit der lutherischen Kirche fordernde und bewahrende) Bewegung um den Pfarrer (Diaconus) an der St. Elisabethkirche B., Prof. Johann Gottfried Scheibel aus.
Im Volksmund wurden die Kirchglieder der Ev.-luth. Kirche in Preußen auch die „Breslauer“ genannt.


Brot
→ Hostie


Bugenhagen, Johannes
Man hat ihn den „heimlichen Bischof der Reformation“ genannt: Johannes Bugenhagen, Stadtpfarrer von Wittenberg, Freund und Beichtvater Martin Luthers. Dr. Pommer wurde er auch gerufen, denn in Wollin in Pommern ist er am 24. Juni 1485 geboren worden.
Er studierte in Greifswald und wurde, 1509 zum Priester geweiht, mit zwanzig Jahren Rektor der Lateinschule in Treptow. Seine Vorlesungen über die Hl. Schrift fanden großen Anklang in seiner Heimat.
Bei seinem Bemühen um theologische Fortbildung stieß Bugenhagen 1520 auf Luthers Schrift „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“. „Die ganze Welt liegt in Blindheit, dieser Martinus Luther aber sieht die Wahrheit“, so erkannte Bugenhagen und begab sich daraufhin 1521 als Student nach Wittenberg. Seine hohe Bildung blieb jedoch nicht verborgen und er erhielt bald einen Lehrauftrag an der Universität.
Im Jahr 1523 wurde ihm das Stadtpfarramt in Wittenberg übertragen. Hier ordnete er den Gottesdienst, die Seelsorge und die Armenfürsorge in evangelischer Weise. Nachdem Bugenhagen 1522 selbst geheiratet hatte, erlebte er 1525 die Freude, Martin Luther mit Katharina von Bora trauen zu dürfen.
Er half Luther bei der Übersetzung der Bibel. Bugenhagens besonderes Verdienst darüber hinaus ist die Übersetzung der Bibel in die plattdeutsche Sprache.
Er wurde auch an andere Orte gerufen, um dort bei der Durchführung der Reformation zu helfen und eine kirchliche Ordnung aufzubauen. Braunschweig, Hamburg, Lübeck, Hildesheim, Holstein und schließlich seine Heimat Pommern waren Stationen auf diesem Weg. Zwei Jahr arbeitete er auch in Dänemark. „Wollen wir Christen sein, so müssen wir das mit der Frucht beweisen.“, war Bugenhagens Leitspruch bei der Schaffung von Kirchenordnungen. Die Universität Wittenberg ehrte seine Arbeit 1533 mit der Promotion zum Doktor der Theologie.
Bugenhagen verband großes theologisches Wissen mit seelsorgerlicher Liebe und der Fähigkeit, das kirchliche Leben gut zu ordnen. Dabei blieb er bescheiden. Einen Ruf als Professor nach Kopenhagen lehnte er ebenso ab, wie die Berufungen auf die Bischofssitze von Schleswig und Cammin.
Als Luther 1546 gestorben war, hielt Bugenhagen ihm die Grabrede. In der folgenden Kriegszeit blieb er bei der Wittenberger Gemeinde und predigte unerschrocken die lutherische Lehre, auch als Kaiser Karl V die Stadt eroberte. Die Milde des Kaisers bewog Bugenhagen dazu, in allen Fragen, die nicht die Lehre oder die Sakramente betrafen, sich kompromissbereit zu zeigen. Dies fiel ihm nicht schwer, hatte er doch immer gelehrt, bei Zeremonien, Gewändern und Festen der Tradition zu folgen, wo es nicht gegen das Evangelium war.
Im Jahr 1557 musste Bugenhagen aus Krankheitsgründen das Predigtamt aufgeben. Er starb am 20. April 1558 und wurde in der Pfarrkirche zu Wittenberg bestattet.
(nach: Dr. Andrea Grünhagen)


Buße
→ Beichte → Ablass
Griech. μετάνοια [metanoia], von νοεῖν [noein], „denken“ und μετά [meta], „um“ oder „nach“, wörtlich also etwa: „Umdenken, Sinnesänderung, Umkehr des Denkens“.
Hebrf שוב [shub]: ‚Umkehr zu Gott in der ganzen Existenz‘

Buße, ein tun des Menschen - ist das biblisch?
Seit dem Mittelalter war es kirchliche Lehre, dass die Buße – im Sinne des kirchlichen Bußsakraments – aus drei Teilen besteht: aus der Herzensreue, aus dem Sündenbekenntnis und aus den guten Werken, die der Gläubige nach dem Empfang der Vergebung als Bußleistung zu vollbringen hatte.
Der Fokus bei der Buße lag damit ganz und gar auf dem Tun des Menschen:
Er muss Reue zeigen, die nicht oberflächlich ist, sondern in die Tiefe geht.
Er muss seine Sünden, soweit ihm dies möglich ist, vollständig dem Priester bekennen.
Er muss mit den Bußleistungen, die ihm vom Priester als dem Richter im Bußsakrament auferlegt werden, Wiedergutmachung betreiben.
In allen drei Teilen der Buße steckte zugleich auch ein Unsicherheitsfaktor: Ist meine Reue wirklich tief und ehrlich genug? Habe ich bei der Aufzählung der Sünden auch keine vergessen? Habe ich tatsächlich auch ganz wiedergutgemacht, was ich begangen habe, oder bleibt da noch etwas auf meiner Seite offen?
Von der Kirche wurde diese Ungewissheit ganz bewusst auch gefördert: Sie sah diese Ungewissheit als hilfreich an, um den Gläubigen vor falscher Laxheit im Glauben zu bewahren.
Dagegen spricht der Artikel 12 des Augsburger Bekenntnisses davon, dass die Buße aus zwei Teilen besteht:
• aus dem Leid über die erkannte Sünde und
• aus dem Glauben an das Evangelium.
Entscheidend wichtig dabei ist dies: Beide Teile der Buße werden nicht vom Menschen, sondern von Gott gewirkt: Er lässt den Menschen durch die Predigt des Gesetzes, also dessen, was Gott von uns Menschen erwartet, über sich selbst und seine Sünde erschrecken, und er wirkt durch das Evangelium den Glauben, der sich der Vergebung der Sünden in der Absolution tröstet.
Um „Gesetz und Evangelium“ geht es im 12. Artikel des Augsburger Bekenntnisses ‚Von der Buße‘: um die beiden Wirkweisen Gottes in seinem Wort.
Biblisch gesprochen: „Der HERR tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf.“ (1. Samuel 2,6)
Nichts anderes geschieht in jeder Predigt, wenn sie denn mehr ist als bloß eine Darbietung persönlicher Ansichten des Predigers oder als ein Stück moralische Aufrüstung für die Hörer:
Immer wieder geht es darum, dass Gott selbst in seinem Wort zum einen dem Hörer aufdeckt, dass er an dem, was Gott von ihm erwartet, in seinem Leben immer wieder gescheitert ist und scheitert – auch nach seiner Taufe: Der Hörer soll erkennen, dass er eben nicht dazu in der Lage ist, mit seinem eigenen guten Willen, mit seinen guten Anlagen, die in ihm stecken, so zu leben, dass er damit vor Gott bestehen kann.
Ja, er soll erkennen, dass er auch nach dem Empfang der Vergebung immer wieder von Neuem ganz auf Gottes Vergebung angewiesen bleibt und die Sünde nicht einfach in der Vergangenheit hinter sich lassen kann. Diese Erkenntnis wirkt Gott selber durch sein Wort – nichts Anderes ist mit der „Reue“, dem „Leid“ und dem „Entsetzen“ gemeint, von dem Melanchthon hier spricht. Es geht ihm hier nicht darum, dass die Predigt des Gesetzes irgendwelche bestimmten „Gefühle“ im Hörer hervorrufen soll, sondern es geht ihm darum, dass die Verkündigung des Gesetzes Gottes immer wieder die Gewissen der Menschen trifft und bei ihnen dann entweder Leid und Betroffenheit oder aber Protest und Empörung auslöst – wobei auch Letzteres ein Zeichen für die Wirkmacht des Gesetzes Gottes ist.
Will die Predigt des Gesetzes den Menschen ein schlechtes Gewissen machen?
Doch Gott geht es in der Verkündigung des Gesetzes nicht darum, den Menschen möglichst klein zu machen oder ihm ein möglichst schlechtes Gewissen zu machen. Es geht ihm vielmehr darum, dass der Hörer umso klarer erkennt, was allein ihn zu retten vermag: nicht seine guten Vorsätze, nicht sein frommes Bemühen, sondern allein der Freispruch in der Absolution: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Auch diese Worte sind nicht bloß eine interessante Information, sondern haben die Kraft, alles wegzunehmen, was den Menschen von Gott trennen könnte, und ihn, den Menschen, in die ungetrübte Gemeinschaft mit Gott zu versetzen.
Und eben dieses wirkmächtige Wort des Evangeliums wirkt nun zugleich auch den Glauben, so betont es Melanchthon hier: Der Glaube ist nichts, was der Mensch aus sich hervorbringt, er wird vielmehr aus dem Evangelium, aus dem Zuspruch der Sündenvergebung empfangen, so formuliert es der 12. Artikel. Der Glaube ist also insofern der zweite Teil der Buße, weil er das Ergebnis des wirkmächtigen Wortes des Evangeliums ist. 
Genau so bringt Gott also Menschen in den Himmel: Dadurch, dass er sie durch die Predigt des Gesetzes immer wieder zu Jesus Christus, zum Empfang seiner Vergebung treibt und sie immer wieder erfahren lässt, dass unser ganzes Heil allein an dem hängt, was er uns in seinem Wort, ganz konkret im Wort der Vergebung, schenkt.
Nicht ich muss in mich hineinhorchen, ob ich dort Reue oder Glauben empfinde. Ich darf ganz von mir selber wegschauen bzw. weghören auf das, was Gott in seinem Wort an mir wirkt. Es geht eben nicht darum, dass der Herrgott uns bestimmt verzeihen wird, weil das immer schon so war. Sondern es geht um das Wunder, dass Gott uns Menschen gerade da die Schuld vergibt, wo wir erkennen, dass das überhaupt nicht selbstverständlich ist, dass für diese Vergebung Christus sein Leben am Kreuz in den Tod gegeben hat.
Wer dies in seinem Leben immer wieder erfährt, wie Gott ihn durch das Gesetz zu den Toten herabführt und durch das Evangelium wieder lebendig macht, der wird sich eben auch nicht mit einem augenzwinkernden Hinweis zufriedengeben, dass wir nun mal alle kleine Sünderlein sind.
Früchte der Buße
Dieser Empfang der Vergebung verändert uns Menschen in der Tat, lässt uns anders leben, lässt uns „Früchte der Buße“ bringen – nicht, um Vergebung der Sünden zu erlangen, sondern weil wir die Vergebung der Sünden geschenkt bekommen haben. Niemals ist das, was wir nach dem Empfang der Vergebung anders oder vielleicht auch besser machen, eine Bedingung dafür, dass die Vergebung Gottes auch wirklich gilt. Genau das schärft Melanchthon hier in diesem 12. Artikel auch noch einmal eindringlich ein. Es geht nicht um unser Tun, sondern um Gottes Tun an uns.
Alleinstellungsmerkmal der lutherischen Kirche: Unterscheidung von Gesetz und Evangelium
Diese Unterscheidung von Gesetz und Evangelium, die uns lutherischen Christen so vertraut ist, ist in anderen Konfessionen oftmals kaum bekannt. Die Folge dessen ist dann immer wieder eine Gesetzlichkeit, bei der das Gesetz so gepredigt wird, als ob es eine Anweisung sei, die wir, wenn wir uns denn nur etwas mehr Mühe geben, doch erfüllen können, und bei der das Evangelium so gepredigt wird, als ob Gottes Gnade und Vergebung von dem, was wir fühlen und empfinden oder was wir an Gutem tun, in irgendeiner Weise abhängig sei. Darum ist es, wie Martin Luther immer wieder betont hat, die höchste Kunst eines Theologen, Gesetz und Evangelium voneinander zu unterscheiden. Genau darauf hat ein Pastor in jeder Predigt zu achten. Doch letztlich ist es Gott selber, der Gesetz und Evangelium unterscheidet – und uns gerade so durch sein Wort der Vergebung rettet und ewig selig macht. So etwas Wunderbares ist die Buße!
Artikel 12: Von der Buße
Von der Buße wird gelehrt, dass diejenigen, die nach der Taufe gesündigt haben, jederzeit, wenn sie zur Buße kommen, Vergebung der Sünden erlangen und ihnen die Absolution von der Kirche nicht verweigert werden soll. Nun besteht wahre und rechte Buße im eigentlichen Sinne aus diesen zwei Teilen: der eine ist Reue und Leid oder Entsetzen über die erkannte Sünde und der andere ist der Glaube, der aus dem Evangelium und der Absolution empfangen wird und glaubt, dass die Sünden um Christi willen vergeben werden, und der das Gewissen tröstet und aus den Schrecken befreit. Darauf sollen dann auch gute Werke folgen, die die Früchte der Buße sind, wie Johannes der Täufer spricht: „Darum bringt rechtschaffene Frucht der Buße.“ (Matthäus 3,8)
Hiermit werden die Wiedertäufer verworfen, die leugnen, dass die, die einmal gerechtfertigt worden sind, den heiligen Geist wieder verlieren können; ebenso diejenigen, die behaupten, dass es manchen Leuten möglich ist, eine solche Vollkommenheit in diesem Leben zu erreichen, dass sie nicht mehr sündigen können.
Es werden auch verworfen die Novatianer, die denjenigen die Absolution verweigerten, die vom Glauben abgefallen waren und zur Buße zurückkehrten.
Auch werden die verworfen, die nicht lehren, dass man durch Glauben Vergebung der Sünden erlangt, sondern befehlen, dass wir die Gnade durch unsere Bußleistungen (wörtl.: durch unser Genugtun) verdienen.


Buß- und Bettag
→ Buße → Fasten
Im Unterschied zu den kirchlichen Bußtagen waren die Buß- und Bettage ursprünglich von der Obrigkeit festgesetzte Tage, an denen das Volk in Notzeiten (Naturkatastrophen, Bedrohung durch Feinde, Krieg, Seuchen usw.) durch Gebetsgottesdienste bzw. Bittprozessionen um Gottes Schutz und Beistand beten und innere Umkehr und Reue über begangene Sünden vollziehen sollte.
Zu den kirchlichen Bußtagen und -zeiten gehören die Advents- und Fasten-(Passions-)Zeit, Aschermittwoch und Karfreitag. Traditionell sind kirchliche Bußzeiten und Tage auch durch → Fasten geprägte Zeiten. Von Aschermittwoch und Karfreitag her galten in der Alten Kirche jeder Mittwoch und jeder Freitag als Fasten- und Bußtage. Ebenso (und in einigen Traditionen bis heute) die sog. Quatembertage, also viermal im Jahr stattfindende Bußtage zu Beginn jeder der vier Jahreszeiten.
Ein jährlicher einheitlicher Buß-und Bettag am Mittwoch vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr wurde in Deutschland erst 1893 durch Gesetz als Feiertag festgelegt. 1878 gab es in 28 deutschen Ländern noch insgesamt 47 Bußtage an 24 unterschiedlichen Tagen.
Der Buß-und Bettag ist heute nur noch in Sachsen gesetzlicher (arbeitsfreier) Feiertag, nachdem er bundesweit seit 1995 aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus als solcher abgeschafft wurde. Zur Finanzierung dieses arbeitsfreien Tages müssen abhängig Beschäftigte (nicht die Arbeitgeber!) in Sachsen 0,5% des Bruttolohnes zusätzlich zur Pflegeversicherung entrichten.
Der Buß-und Bettag wird nur in den evangelischen Landeskirchen, einigen Freikirchen sowie der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) als kirchlicher Gedenktag gottesdienstlich begangen, nicht in der römisch-katholischen Kirche. Zunehmend wird der Buß- und Bettag auch für gemeinsame (ökumenische) Gottesdienste genutzt.
Außerhalb Sachsens finden Buß-und Bettagsgottesdienste meist abends statt.
Der Begriff „Buße“ beinhaltet eigentlich, dass insbesondere durch die Bußtagspredigt die Christen zu innerer Umkehr, geistlicher Erneuerung, Abkehr von gottlosem Denken, Reden und Tun aufgerufen werden sollen. Heute werden in evangelischen Gottesdiensten am Buß-Bettag nicht selten auch politisch gefärbte Predigten gehalten, in denen Politik und Gesellschaft zur Buße, zur Umkehr gerufen und aufgefordert werden.
In der SELK hält man am ursprünglichen Sinn des Buß-und Bettages fest. Vielfach wird der Buß-und Bettagsgottesdienst nach einer besonderen Liturgie (vgl. ELKG S. 258-259) gefeiert, die der des Karfreitag gleicht, aber statt der Karfreitagsbitten (Fürbittengebet am Karfreitag) das Gebet der Litanei (ELKG Nr. 138) vorsieht.


Lexikon - C


Calvinismus
„Niemand kann auch nur zum geringsten Verständnis rechter und gesunder Lehre gelangen, wenn er nicht Schüler der Schrift wird.“ So schreibt es Johannes Calvin (Jean Cauvin; *10.7.1509 in Noyon/Frankreich; †27.5.1564 in Genf) in seinem grundlegenden Werk "Unterricht in der christlichen Religion" (Institutio I 6,2)
Da ist ihm wohl Recht zu geben aber auch darauf hinzuweisen, dass es gute und schlechte Schüler gibt und entlang der Beurteilung, ob Calvin oder nicht doch Luther zu den guten Schülern gehörte, bis heute die Trennlinien zwischen Calvinismus und Luthertum verlaufen.
Ab 1523 studierte Calvin am Collège de Montaingu. 1527 wird Calvin "Parochialgeistlicher". Ab 1528 studiert er noch Jura.
Über eine entscheidende Wende im Winter 1533/1534 berichtet Calvin: „Wie durch einen plötzlichen Lichtstrahl erkannte ich, in welchem Abgrund von Irrtümern ich mich befunden hatte. So tat ich, o Herr, was meine Pflicht war, und begab mich, erschreckt und mit Tränen mein früheres Leben verdammend, auf deinen Weg.”
Nach dem Ausbruch der Protestantenverfolgung 1534 in Frankreich bricht Calvin mit der römischen Kirche und flieht über Basel, Straßburg, Ferarra nach Genf, wo er genötigt wird, die 1536 eingeführte Reformation zu organisieren. 1538 kippen in Genf die Mehrheiten und Calvin wird vertrieben. 1540 heiratete er die Witwe Idelette de Bure, die drei Kinder starben jung, die Frau schon 1549.
1541, wieder hatte sich in Genf der Wind gedreht, kehrt Calvin endgültig nach Genf zurück, entwirft die Genfer Kirchenordnung mit ihrem berüchtigten "Sittengericht", das das Leben der Bürger überwachte.
Obwohl Calvin stets die unerleuchtete menschliche Vernunft kritisch beurteilte und Gottes Wort allein als Maßstab und Quelle des Glaubens bezeichnete, sind die Resultate seines theologischen Denkens zutiefst rationalistisch und denen Luthers (dem er nie persönlich begegnete) in vielerlei Hinsicht völlig entgegen gesetzt. Auch aufgrund seines übermäßigen Arbeitseinsatzes (u.a. 2000 Predigten, ein 30-bändiges exegetisches Werk) erkrankt Calvin 1555 und stirbt nach langer Krankheit an 1564 Lungentuberkulose. Calvin selbst bezeichnete sich als „schüchtern, sanft und zaghaft”. Dennoch hat er maßgeblich Anteil an der Verfolgung und Hinrichtung theologischer Gegner (Michael Servet) und von mindestens 34 "Hexen".


Charta Oecumenica
Stellungnahme von Bischof Dr. Diethardt Roth aus Anlass der Unterzeichnung der Charta Oecumenica durch die SELK:
„Liebe Schwestern und Brüder,
am 30. Mai 2003 wurde auf dem 1. Ökumenischen Kirchentag von den leitenden Geistlichen der Mitgliedskirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) die „Charta Oecumenica“ unterzeichnet, nachdem der Text bereits 2001 von der Konferenz Europäischer Kirchen und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen ratifiziert worden war. In der Presse und in den Fernsehnachrichten wurde dieser feierliche Akt Ende Mai als der „kirchenpolitische Höhepunkt“ des Kirchentages aufmerksam wahrgenommen.
Auch ich habe an diesem Tag dieses Dokument für die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) unterzeichnet.
Was aber ist diese „Charta Oecumenica“? Welche inhaltlichen Aussagen enthält sie? Warum hat auch unsere Kirche sie unterzeichnet? Und was bedeutet dies für uns und unsere Kirche? – Lassen Sie mich Ihnen auf diese Fragen einige Antworten geben.
Was ist die „Charta Oecumenica“?
Den Begriff „Charta“ kennen Sie vermutlich aus dem politischen Bereich. Es gibt eine „Charta der Vereinten Nationen“ und eine „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“. Darin werden jeweils ganz grundlegend Fixpunkte und Grundsätze für ein geordnetes Miteinander beschrieben, zu deren Beachtung sich die jeweiligen Staaten, die diese Dokumente unterzeichnet haben, freiwillig selbst verpflichten. Ähnlich ist es bei dieser „Charta Oecumenica“. Sie will „Leitlinien“ festhalten für das Miteinander der unterschiedlichen Kirchen in Europa. Es handelt sich dabei nicht um einen Bekenntnistext, der die Unterschiede zwischen den Kirchen überwindet und aufhebt, sondern um Regeln, wie die christlichen Kirchen trotz der Unterschiede auf der Basis dessen, was sie verbindet, miteinander umgehen können. Oder, um es mit einem Bild auszudrücken: Die „Charta Oecumenica“ ist die Hausordnung im Haus der christlichen Kirchen in Europa. Jede Kirche hat ihren Raum, eine kleine Wohnung, in diesem Haus. Die Unterzeichnung der „Charta Oecumenica“ führt nun nicht dazu, dass alle Türen aus dem Haus herausgerissen werden und jeder seine Wohnung verliert und alle Bewohner des Hauses schrankenlos in allen Räumen herumlaufen und die Stärksten den Schwächsten ihren Lebensstil aufdrängen. Sondern indem sich alle Bewohner zur Anerkennung der Hausordnung verpflichten, wird das Wohnen jedes Einzelnen geschützt. Wie in einem normalen Haus gehört dazu auch im Haus der Kirchen der Respekt vor den Überzeugungen der Bewohner. Auch im Haus der Kirchen wird manche Tür geschlossen bleiben (müssen), und wer die Hausordnung unterzeichnet hat, wird diese Entscheidungen der anderen respektieren. Doch auch wenn jeder seine eigene Wohnung, seinen geschützten Raum hat, der abgetrennt ist und bleibt von dem der anderen, gibt es doch auch im Haus der Kirchen wie in jedem Haus bestimmte Aufgaben, die gemeinsam bewältigt werden können und wollen: Selbst wenn ich mir mit meinem Nachbarn in mancher Frage uneins bin, kann ich doch abwechselnd mit ihm das gemeinsam genutzte Treppenhaus putzen und im Winter den Schnee von den Zugangswegen räumen. Hier gibt es vieles, was wir als Bewohner eines Hauses, unbeschadet aller Unterschiede, leichter und besser gemeinsam bewältigen können als jeweils allein.
Welche inhaltlichen Aussagen enthält die „Charta Oecumenica“?
Die „Charta Oecumenica“ besteht aus einer Einleitung und zwölf Einzelabschnitten, die drei Hauptteilen zugeordnet sind. Jeder Einzelabschnitt ist mit einem biblischen Votum überschrieben und endet mit Selbstverpflichtungen der Kirchen, die die „Charta Oecumenica“ unterzeichnet haben. Auf folgende Themenbereiche wird in den zwölf Abschnitten Bezug genommen:
I. Wir glauben „Die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ 1. Gemeinsam zur Einheit im Glauben berufen II. Auf dem Weg zur sichtbaren Gemeinschaft der Kirchen in Europa 2. Gemeinsam das Evangelium verkündigen 3. Aufeinander zugehen 4. Gemeinsam handeln 5. Miteinander beten 6. Dialoge fortsetzen III. Unsere gemeinsame Verantwortung in Europa 7. Europa mitgestalten 8. Völker und Kulturen versöhnen 9. Die Schöpfung bewahren 10. Gemeinschaft mit dem Judentum vertiefen 11. Beziehungen zum Islam pflegen 12. Begegnung mit anderen Religionen und Weltanschauungen (Der volle Wortlaut der „Charta Oecumenica“ findet sich im Internet bspw. unter https://www.oekumene-ack.de/fileadmin/user_upload/Charta_Oecumenica/Charta_Oecumenica.pdf oder kann auf Anfrage bei der Konferenz Europäischer Kirchen, 150 route de Ferney, P.O. Box 21 00, 1211 Genf 2, Schweiz, bezogen werden).
Warum hat auch die SELK die „Charta Oecumenica“ unterzeichnet?
Die SELK hat die „Charta Oecumenica“ nicht im Vorübergehen unterzeichnet, sondern hat im Vorfeld in unterschiedlichen Gremien, etwa der Kirchenleitung, dem Kollegium der Superintendenten und den Bezirkspfarrkonventen, eingehend dieses Dokument beraten. Von anderen Kirchen ist uns großer Respekt entgegengebracht worden für die große Mühe, die mit diesem Rezeptionsprozess verbunden war. Natürlich ist dabei auch Kritik laut geworden. Manches, was in der „Charta Oecumenica“ zum Ausdruck gebracht ist, gehört unseres Erachtens nicht unbedingt zum Kern kirchlicher Verantwortung. An anderen Stellen hätte aus unserer Sicht auch gerne noch etwas mehr gesagt werden können. Schließlich ist aber die Kirchenleitung zu der Auffassung gelangt, dass die „Charta Oecumenica“ an keiner Stelle evangeliumswidrig ist und wir sie deshalb unterzeichnen können.
So bringt unsere Kirche mit der Unterzeichnung wieder einmal neu die bleibende Bereitschaft zum Ausdruck, in der Ökumene Verantwortung zu übernehmen. Die Trennung unter den christlichen Kirchen ist und bleibt, solange sie besteht, ein Ärgernis. Und genauso wie es gilt, keine engere Gemeinschaft miteinander zu pflegen als theologisch verantwortbar ist, genauso gilt es auch, nicht weniger Gemeinschaft einzugehen als möglich. Die Unterzeichnung der „Charta Oecumenica“ schenkt uns noch einmal ganz neu die Möglichkeit, unsere Stimme in das ökumenische Gespräch einzubringen. Um das Bild von dem Haus der Kirchen wieder aufzunehmen, bedeutet das: Nur wer sich selbst an die Hausordnung bindet, kann seinerseits auch das Leben im Haus mitgestalten. Wer dagegen diese Verpflichtung selbst nicht eingeht, wird bei anderen mit der Bitte, die Musik im Nebenraum doch etwas leiser zu stellen, auf wenig Verständnis stoßen. So ist es auch im ökumenischen Miteinander. Sosehr wir mit der Selbstbindung an die „Charta Oecumenica“ bestimmte Selbstverpflichtungen übernehmen, sosehr haben wir auf der anderen Seite auch die Möglichkeit, andere an ihre Selbstverpflichtungen, die ihnen aus dem Dokument erwachsen, zu erinnern. Gerade für eine zahlenmäßig kleine Kirche wie die unsrige, die mit anderen kleinen Kirchen in Europa verbunden ist, dürfte es im Miteinander mit anderen, größeren Kirchen eine Hilfe sein, wenn es in der „Charta Oecumenica“ etwa heißt: „Wir verpflichten uns, die Rechte von Minderheiten zu verteidigen und zu helfen, Missverständnisse und Vorurteile zwischen Mehrheits- und Minderheitskirchen in unseren Ländern abzubauen“ (II, 4).
Was bedeutet die „Charta Oecumenica“ für uns und unsere Kirche?
Grundlegend wichtig war allen, die in unserer Kirche mit dem Entscheidungsprozess befasst waren, dass es sich bei der „Charta Oecumenica“ nicht um ein Dokument mit lehramtlich-dogmatischem oder kirchenrechtlich- gesetzlichem Charakter handelt, sondern um eine Selbstverpflichtung im Rahmen der geltenden Ordnungen der jeweiligen Kirchen. Das bedeutet: Die „Charta Oecumenica“ kann das, was in der SELK Lehrgrundlage oder Ordnung ist, nicht außer Kraft setzen oder Glieder unserer Kirche zum Handeln gegen ihr Gewissen zwingen. Sondern die „Charta Oecumenica“ wird dazu beitragen, da bin ich ganz gewiss, die gesamtkirchliche Verantwortung, zu der wir von Christus gerufen sind, wie es in der „Wegweisung für evangelisch-lutherische Christen“ heißt, auf einer gemeinsamen Basis zu gestalten und die Zusammenarbeit in äußeren Dingen zu ordnen. Dass dies vielerorts geschehe und sich die „Charta Oecumenica“ so als ein Segen auch für unsere Kirche erweist, wünscht Ihnen und uns, Ihr Dr. Diethardt Roth, Bischof.“


Christenlehre
1. Allgemein: Chr. ist ein durch die Kirchen, in kirchlichen Räumen erteilter Religionsunterricht.
2. In der DDR ersetzte die Chr. den schulischen Religionsunterricht und wurde in den evangelischen Landeskirchen, sowie der Ev.-luth.(altluth.) Kirche durch die Pfarrer oder sog. Gemeindekatecheten für Kinder der Klassen 1-6 erteilt. Meist in kirchlichen Räumen am Nachmittag, in einigen Bezirken auch in öffentlichen Schulräumen.
Die Teilnahme an der Chr. war Voraussetzung für den Besuch des Konfirmandenunterrichtes (ab Kl. 7).
Vor allem in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt haben die östlichen Gemeinden und Kirchenbezirke der SELK die Chr. als kirchlichen Unterricht (zusätzlich zum schulischen Religionsunterricht) oft beibehalten, weil sich die frühe Unterweisung der Kinder in biblischer Geschichte, Katechismus, Einführung in Gottesdienstpraxis und Liedgut der Kirche bewährt hat.
3. In den westlichen Gemeinden und Kirchenbezirken der SELK, insbesondere in Norddeutschland, verbindet man mit dem Begriff Chr., dass die konfirmierte Jugend auch nach der Konfirmation noch einige Zeit kirchlich unterwiesen wurden. Die Chr. fand meist im Anschluss an den sonntägl. Hauptgottesdienst in der Kirche statt und bestand in einem vom Pfarrer geleiteten Dialog aus katechetischen Fragen und Antworten. Zugrunde lag Luthers Kleiner Katechismus. Auch Erwachsene nahmen teilweise an der Chr. teil.
4. Aus dieser Tradition (die es in einigen Gemeinden der SELK auch nach wie vor noch gibt) erwuchs die heutige Form der Chr. wie sie in einer Reihe (vor allem norddeutscher) Gemeinden der SELK noch üblich ist: Gelegentlich auch anstelle der gottesdienstlichen Predigt finden in größeren Abständen „Christenlehren“ für die ganze Gemeinde statt, die nach Form und Inhalt sehr unterschiedlich ausfallen können. Entweder besteht die Chr. z.B. nur aus einer thematischen Predigt bzw. einem kurzen Gemeindevortrag. Oder biblische, kirchliche, ethische Themen usw. werden nach einem Impuls durch den Pfarrer in Form eines Gemeindegesprächs behandelt. Auch Katechismuspredigten, Liedauslegungen oder die klassische Katechismuserklärung und –repetition können unter der Überschrift „Gottesdienst mit Christenlehre“ stattfinden.
5. Die Frage, ob die Chr., vor allem in der klassischen Weise der Katechismusunterweisung für die ganze Gemeinde (einschließlich Auswendiglernen von Katechismusstücken, Bibel- und Gesangbuchliedversen), zeitgemäß, sinnvoll und notwendig ist, wird in der SELK unterschiedlich beantwortet.
Ob, in welcher Form und Häufigkeit Christenlehren stattfinden, entscheiden die Gemeinden der SELK (Kirchenvorstände und Gemeindeversammlungen im Einvernehmen mit dem Pfarrer) selbst.


Christus
→ Jesus
Von griechisch Ἰησοῦς Χριστός [Iēsous Christos], Jesus, der Gesalbte.
„Der Gesalbte“ heißt hebräisch משיח Maschiach oder Moschiach, aramäisch Meschiah, in griechischer Transkription Μεσσίας [Messias].
Die Christenheit erkennt in dem Menschen Jesus von Nazareth den Christus, den Messias, der bereits dem Gottesvolk Israel (des Alten Bundes) verheißen und dessen Kommen in die Welt von Gott durch seine Propheten angekündigt wurde.
In der Menschwerdung Gottes, der Geburt Jesu, haben sich alle diese alttestamentlichen Verheißungen erfüllt.
Die Formel „Herr Jesus Christus“ ist gewissermaßen das kürzeste Glaubensbekenntnis der Kirche: Jesus ist der von Gott verheißene Messias und als solcher der Herr, der Kyrios, Gott selbst.
Christus ist eine der drei Personen der göttlichen Dreifaltigkeit (Dreieinigkeit). Wir bekennen (z.B. im nicänischen Glaubensbekenntnis von 451), dass Christus wahrer Mensch und wahrer Gott ist und hierbei göttliche und menschliche Natur in Christus unwandelbar, ungetrennt, ungeteilt und unvermischt bestehen. (Sog. Zwei-Naturen-Lehre)
Die luth. Kirche hält (zusammen mit der römisch-katholischen Kirche aber im Unterschied und Gegensatz zum Calvinismus [Reformierte Kirche]) daran fest, dass in Christus in dieser Weise auch nach Auferstehung und Himmelfahrt göttliche und menschliche Natur, ungetrennt, ungeteilt und unvermischt bestehen bleiben und nicht etwa nur die göttliche Natur.


Corporale
auch: Korporale
Das Korporale (v. lat. corpus „Körper, Leib“) ist ein gestärktes, meist quadratisches, weißes Leinentuch mit etwa 45 bis 50 cm Seitenlänge, das bei Eucharistiefeiern der Tradition der Westkirche (römisch-katholisch, anglikanisch, lutherisch altkatholisch) auf den Altar gelegt wird, um die → Patene bzw. Hostienschale (→ Pyxis) und den Kelch daraufzustellen
Das Korporale ist das älteste Parament. In der römischen Liturgie war es ursprünglich als palla corporalis die einzige, später die oberste Altardecke, auf welche die eucharistischen Gaben nicht nur gestellt, sondern mit der sie auch bedeckt wurden. Ab dem 11. Jahrhundert entwickelten sich daraus das deutlich kleinere Korporale. Das Koporale wurde als das Grabtuch Jesu verstanden und war deshalb in der Regel immer wie dieses aus Leinen. Später kam ein zweites, gefaltetes Korporale in Gebrauch, das auf den Kelch gelegt wurde und aus dem sich die → Palla als Bedeckung des Kelches entwickelte. Das zweite Korporale deutete man als das Tuch, das im Grab das Haupt Jesu verhüllte.
Das Korporale soll verhindern, dass bei der Brechung der Hostien und der Purifikation des Kelches Partikel verlorengehen. Aus diesem Grund darf es nur in eine Richtung aufgelegt und gefaltet werden, damit keine Partikel zu Boden fallen können. Weil es direkt mit der → konsekrierten → Hostie in Berührung kam, wird dem Korporale besondere Sorgfalt entgegengebracht.


Credo
In der Alten Kirche, bis in die Reformationszeit hinein und auch noch lange danach, wurde an Sonn- und Festtagen immer das Tagesevangelium in der Predigt ausgelegt, die sich – sofern sie überhaupt folgte- unmittelbar an die Lesung des Evangeliums anschloss.
In einem Sakramentsgottesdienst ohne Predigt antwortete die Gemeinde auf die Lesungen mit dem Glaubensbekenntnis und nahm so das gehörte Wort Gottes, es sich zueigen machend, bezeugend und bekennend auf. Diese Beschreibung des Credo und seiner Funktion gilt bis heute.
In der lutherischen Kirche hat sich die Abfolge „Evangelium- Credo“ bis heute erhalten, obwohl nun gerade die regelmäßige Predigt durch die Reformation in besonderer Weise wiederentdeckt und wiederbelebt wurde.
Wenn man historisierend eine liturgische Ur-Reinheit wiederherstellen möchte, könnte man auf den Gedanken kommen, der römischen Kirche zu folgen und das Credo wieder als Antwort auf die Predigt festzulegen.
Man könnte argumentieren: Auf die Lesungen des Wortes Gottes folgt als erste Ant-Wort die Auslegung durch den dazu berufenen Verkündiger des Wortes Gottes und darauf die Ant-Wort der Gemeinde in der Form des Glaubensbekenntnisses.
Die in der lutherischen Kirche übliche Reihenfolge hat aber durchaus etwas für sich.
Das Credo, insbesondere das Nicänische Glaubensbekenntnis, ist Bekenntnis der Kirche, nicht nur eines Einzelnen. Die gottesdienstlichen Bekenntnisse sind gewachsen und bezeugen den Glauben derer, die vor uns geglaubt haben. Es ist ihr Anspruch, auch gültig und verbindlich auszusagen, was die Christen, die nach uns kommen, noch glauben und bekennen werden. Wenn also Gottes Wort der ganzen Kirche gilt und verkündigt wird und die ganze Kirche, die ganze Gemeinde darauf mit einem Mund durch ein Bekenntnis antwortet, besteht hierin ein nachvollziehbarer, stimmiger Zusammenhang. Der einzelne Ausleger, der das der ganzen Kirche geltende Wort Gottes einer konkreten Gemeinde einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort auslegt, steht nach dieser Sichtweise zurecht an zweiter Stelle mit seiner Ant-Wort.
Für den gottesdienstlichen Gebrauch sind vor allem zwei Glaubensbekenntnisse vorgesehen: Das sog. Apostolische und das sog. Nicänische Glaubensbekenntnis.
Das Apostolicum ist seinem Ursprung nach ein Taufbekenntnis. Es fasst die Kerninhalte des christlichen Glaubens wie in einem Kurzkatechismus zusammen. Ganz genau genommen hat es seinen Platz darum auch nur im Taufgottesdienst oder Gottesdiensten mit Tauferinnerung usw.
Es gab Zeiten in der Kirche, zu denen man sich über z. B. die Frage gestritten hat, wie das Verhältnis von Gottheit und Menschheit in Jesus Christus zu bestimmen sei. Wenn man davon absieht, dass es in der Zeit der Alten Kirche noch keine kirchlichen Institutionen mit Karteien und Mitgliedslisten gab, könnte man schon die damaligen Zerwürfnisse als „Konfessionalisierung“  oder Kirchenspaltung bezeichnen. Das heißt: Es gab Gemeinden, die sich als rechtgläubig und andere infolgedessen als irrgläubig verstanden. Die einen ließen die anderen nicht zum Sakrament zu. Gäste in den Gottesdiensten mussten sich durch Empfehlungsschreiben ihrer Bischöfe als rechtgläubig ausweisen, bevor sie in einer fremden Gemeinde kommunizieren durften. Man nahm es sehr genau mit der Abendmahlsgemeinschaft und der Sakramentszulassung. Bis heute ist in den ostkirchlichen Liturgien vorgesehen, dass vor dem Glaubensbekenntnis der Diakon ruft: „Die Türen, achtet auf die Türen!“, woraufhin ein eigens dafür beauftragter und geweihter „Türhüter“ dafür Sorge zu tragen hat, dass nun die Kirchentüren (für alle Ungläubigen, Ungetauften und Irrgläubigen) verschlossen werden.
Das dann folgende Glaubensbekenntnis ist also ursprünglich zu verstehen als eine Form der Sakramentszulassung: Wer in dieses Bekenntnis nicht mit einstimmen kann, gehört nicht dazu, erweist sich als falschgläubig und hat keinen Zugang zum Sakrament der rechtgläubigen Kirche.
In einer Zeit, in der es auch unter solchen, die sich Christen nennen, nicht mehr selbstverständlich ist, dass man an Jesus Christus als Gottes Sohn, geboren von der Jungfrau Maria glaubt, in der es nicht mehr ausgemacht ist, dass man an die leibliche Auferstehung Christi und aller Menschen glaubt, sollte sehr wohl erwogen werden, ob und durch welche anderen Texte man die alten kirchlichen Bekenntnisse ersetzt.
Übrigens: Im Nicänum, dem eigentlichen Credo des Hauptgottesdienstes, kommt auch das Bekenntnis zur „Einen Taufe zur Vergebung der Sünden“ ausdrücklich vor. Das heißt: Das Sakrament der Taufe ist einmalig, wird ein für allemal gespendet und empfangen, ist daher nicht wiederholbar und wirkt effektiv und tatsächlich die Vergebung der Sünden. Dieser Passus erhält dadurch eine aktuelle Bedeutung, dass immer wieder „fromme Sucher“ in den Gottesdiensten der (Selbständigen) evangelisch-lutherischen Kirche auftauchen, die eigentlich aus dem täuferischen und wiedertäuferischen Bereich stammen oder dorthin tendieren, aber mit großer Selbstverständlichkeit, weil sie sich ja für „gläubig, bekehrt, wiedergeboren und bibeltreu“ halten, am Hl. Abendmahl in der lutherischen Kirche teilnehmen wollen.
Das Nicänische Glaubensbekenntnis stellt gegenüber Wiedergetauften, Wiedertäufern  oder solchen, die die Wiedertaufe befürworten eine klare Schranke dar. In dieses „Ich glaube“ können sie nicht einstimmen und es müsste ihnen sehr deutlich sein und vor allem auch deutlich gemacht werden, dass sie damit eine entscheidende Voraussetzung für die Teilnahme am stiftungsgemäßen  Hl. Abendmahl nicht erfüllen.
In den Gemeinden der SELK sind zumeist die alten Textfassungen des apostolischen und nicänischen Credo im gottesdienstlichen Gebrauch. Aber auch die sog. „ökumenischen“ Fassungen von 1971 sind zum gottesdienstlichen Gebrauch freigegeben und werden in Gemeinden der SELK verwendet.
Ein Gutachten der Theologischen Kommission der SELK hatte festgehalten, dass beide Versionen Übersetzungsunschärfen und Mißverständlichkeiten enthalten, keine Version aber „explizite Irrlehre“.


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