Angedacht!


„Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“

2. Korinther 5,17


Dr. Andrea GrünhagenLiebe Leserinnen und Leser,

an Ostern geht es um die Auferstehung Jesu. Am Ende des Kirchenjahres geht es um unsere Auferstehung zum ewigen Leben. An den Sonntagen der Osterzeit geht es um Auferstehung hier und jetzt. Besser gesagt, es wird entfaltet, wie sich Auferstehung schon jetzt ganz konkret in unserem Leben zeigt.

Am Sonntag Jubilate dient dazu der Begriff „Neuschöpfung“. Es geht darum, diese Welt mit allen Sinnen und vor allem auch geistlich als gerettete Schöpfung Gottes wahrzunehmen. Das gelingt in der schönen Frühlingszeit meistens recht leicht.

Nicht ganz so einfach ist es, die österlichen Lebenskräfte an uns selbst und unserem Leben zu entdecken. Ja, wir haben Ostern gefeiert. Aber was hat sich dadurch verändert an der Situation, in der wir uns befinden? Sind wir auch irgendwie persönlich erneuert?

Von Neuanfängen ist ja gerne mal die Rede. Da wünschen sich die Menschen, aus belastenden Beziehungen oder Arbeitsverhältnissen aufzubrechen in ein ganz neues, schöneres Leben. Oft genug geraten sie dann aber vom Regen in die Traufe oder außer einigen äußeren Faktoren ändert sich gar nichts. Denn man nimmt sich ja selbst immer mit in die Neuaufbrüche.

Es müsste sich also in uns und an uns selbst etwas verändern, damit unser Leben wirklich neu wird. Gottes Wort verspricht uns genau das: wir können „in Christus“ also in der Beziehung zu ihm, durch den Glauben an ihn eine „neue Kreatur“ werden. Es gibt sozusagen die Reset-Taste. Alles auf Anfang!

Wenn das wahr ist, wenn Gott uns nochmal neu schaffen und grundlegend verändern kann, dann gibt es wirkliche Neuanfänge. Manche Menschen haben komplette Lebenswenden erlebt, als sie Christen wurden. Viele Christen beschreiben ihren Weg mit Gott aber auch als ein Wachsen zu ihm hin. Davon spricht auch die Evangelienlesung dieses Sonntags, die von der Pflege eines Weinbergs handelt. Gott ist wie ein Winzer, der die einzelnen Weinstöcke pflegt. Einen Weinberg gräbt man nicht jedes Jahr neu um und reißt alles raus, nein, der Fachmann schneidet unnütze Triebe weg und düngt und schützt vor Frost – und erntet im Herbst doch „neuen“ Wein. Da ist auch jeder Frühling ein neuer Anfang, auch wenn der Weinberg als solcher der gleiche bleibt.

Sehr oft ist es gar nicht gesund, wenn jemand von heute auf morgen „alles“ ändern will, weil er mit „allem“ unzufrieden ist. Aber jeder von uns weiß doch um Bereiche seines Charakters oder seiner Umstände, die gerade zu nach einem Neuanfang verlangen. Vielleicht sehnen wir uns sogar danach, einen Neuaufbruch zu erleben, endlich Veränderung zu spüren, natürlich nur positive. Nur das ist uns nicht unbedingt verheißen. Wenn Gott uns ändert, wenn er an uns und mit uns arbeitet, dann kann das auch anstrengend und schmerzhaft sein. Deshalb gibt es auch sehr viel Beharrungsvermögen in uns. Und Hoffnungslosigkeit gibt es auch. Wir glauben so oft gar nicht an Gottes Möglichkeiten zur Veränderung. Aber nun mal ehrlich: was gibt es denn Hoffnungsloseres als ein verschlossenes Grab, wie das, in dem Jesus lag? Mehr an Sackgasse und Dunkelheit gibt es nicht. Aber siehe da, Gott der Vater hat ihn auferweckt, er hat neues Leben geschenkt. Und seit diesem ersten Ostertag flutet er die Welt und unser Leben geradezu mit seinen Auferstehungskräften. Ich bin sicher, heute an diesem Tag kommt vielleicht nicht deine komplette Lebensveränderung oder ein großes Wunder, das alles ändert. Natürlich kann auch genau das heute passieren, wahrscheinlicher ist aber, dass es langsamer geht. Stück für Stück, wie bei dem Winzer, der am steilen Hang Pflanze für Pflanze bearbeitet.

Ob Du vielleicht heute so ein kleines Wunder erkennst? Wo ist schon etwas neu bei dir? Das Alte vergeht, Auferstehung geschieht. Möglicherweise erst mal ein ganz klein wenig jeden Tag in dir drin. Schau mal nach!

Ihre Andrea Grünhagen

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