Lexikon - R


Realpräsenz

→ Transsubstantiation → Relicta
Lutherische Christen glauben, dass sie im Heiligen Abendmahl (Altarsakrament, Eucharistie) in, mit und unter dem Brot und dem Wein den wahren Leib und das wahre Blut Jesu Christi mit dem Mund leiblich empfangen, die Glaubenden zur Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit, die Nichtglaubenden zum Gericht (zur „Verstockung“, also der Verfestigung ihres Unglaubens).
Realpräsenz heißt also nicht nur, dass Christus bei (im Sinne von ‚während‘) der Feier des Hl. Abendmahls auf spirituelle Weise nach seiner Verheißung Mt 18, 20 „wirklich gegenwärtig“ sei, wie er „mitten unter uns“ ist, „wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind“. Die Weise seines Gegenwärtigseins bezeichnet man als Spiritual- oder auch Personalpräsenz.
Realpräsenz bedeutet, dass Christus mit den „res“ (lat.= Sache, Gegenstand), den Realien seines wahren Leibes und Blutes in den „res“, den Realien von Brot und Wein und gebunden daran wahrhaft gegenwärtig ist.
Die Wirkursache der Realpräsenz ist das Wort Jesu Christi, ist Christus selbst durch sein Wort.
Christus segnet (weiht) durch sein (Einsetzungs-)Wort Brot und Wein, sodass wir darin, damit und darunter seinen wahren Leib und sein wahres Blut empfangen.
Zur „Dauer“ der Realpräsenz lässt sich nur sagen: Sie ist gewiss, nachdem die Einsetzungsworte gesprochen bzw. gesungen wurden und sie endet, wenn das, was Christus zu tun geboten hat, nämlich „nehmt hin und esst / trinkt“ (die sog. actio sacramentalis), erfolgt bzw. zum Abschluss gekommen ist.
Nonverbale Bekenntnisse zur Realpräsenz sind in der lutherischen Liturgie z.B. das Knien der Gemeinde während der Rezitation der Einsetzungsworte und beim Empfang der Kommunion, die → Elevation (Erhebung, Vorweisung) der Hostie und des Kelches nach den Einsetzungsworten durch den Pastor, die Kniebeugen am Altar, der Empfang der Hostie mit dem Mund aus der Hand des Pastors.
Die luth. Kirche teilt das Bekenntnis zur R. insbesondere mit der röm.-kath. Kirche und den Ostkirchen. Es ist zugleich eine der wesentlichen Unterscheidungslehren zwischen lutherischer Kirche und Kirchen und Gemeinschaften, die calvinistisch (reformiert) geprägt sind und die R. ablehnen.


Rechtfertigung, Rechtfertigungslehre
→ Glaube
Wie erhalte ich einen gnädigen Gott?
Das Thema „Rechtfertigung“ war im 16. Jahrhundert die zentrale Streitfrage zwischen den „Altgläubigen“ (Papstanhängern) und den Anhängern der Reformation. Es geht dabei um nicht weniger als um das Verhältnis zwischen Mensch und Gott – um die Frage, ob und wie das Leben des Menschen in der ewigen Gemeinschaft mit Gott endet oder nicht. Diese Frage ist deshalb so dringlich, weil der Mensch sich von Gott getrennt hat (Sündenfall) und in der Trennung von Gott lebt und sein Leben eben damit gerade nicht automatisch in die Gemeinschaft mit Gott mündet.
Die Zukunft des Menschen lässt sich eben nicht unabhängig von der Bestimmung seines Verhältnisses zu Gott beschreiben – als ob etwa alle Menschen automatisch nach ihrem Tod in einem Zustand höherer Glückseligkeit weiterleben. Glückseligkeit ohne Gott kann es für den Menschen auch und gerade jenseits der Todesgrenze nicht geben. Und eben damit wird die Frage nach der „Rechtfertigung“ die wichtigste Frage des Menschen überhaupt: die Frage, ob und wie er mit seinem Leben in Gottes Augen bestehen kann.
Vor Gericht
„Rechtfertigung“ ist ein juristischer Begriff; er beschreibt ein Geschehen in einem Gerichtsverfahren. In der Tat stellt sich die Frage nach der „Rechtfertigung des Sünders“ nur da in letzter Ernsthaftigkeit, wo nicht geleugnet oder verdrängt wird, dass ein jeder Mensch sich einmal mit seinem Leben vor Gott dem Richter zu verantworten hat.
Nur dann stellt sich auch die Frage, was oder wer uns in diesem letzten Gericht Gottes retten, unseren Freispruch herbeiführen kann. Es ist bezeichnend, dass die angebliche ökumenische Verständigung in der Frage der Rechtfertigung zwischen evangelischer und römisch-katholischer Kirche, die 1999 in der sogenannten „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ behauptet wurde, eben dadurch erzielt wurde, dass beide Seiten konsequent die Frage danach, wer oder was uns im letzten Gericht rettet, ausblendeten und damit den entscheidenden Punkt schlicht und einfach umgingen.
Dagegen bleibt die SELK (mit CA 4) konsequent dabei:
Entscheidend für das letzte Urteil über das Leben eines Menschen ist nicht, ob er moralisch anständig gehandelt hat, „ein guter Mensch war“, von seinen – unbestritten vorhandenen – Fähigkeiten, sich an Regeln des menschlichen Miteinanders zu halten, auch Gebrauch gemacht hat. Sondern im letzten Gericht Gottes geht es einzig und allein um die Frage des Verhältnisses zwischen Mensch und Gott – das sich natürlich dann auch auf sein Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen auswirkt.
Und dieses durch die Schuld des Menschen zerbrochene Verhältnis zwischen Mensch und Gott kann nicht durch Bemühungen des Menschen in Ordnung gebracht und wiederhergestellt werden. Dies ist vielmehr allein möglich und geschieht auch in der Tat durch „Vergebung der Sünde“, so betont es das Augsburger Bekenntnis.
Diese Vergebung der Sünde ist keine allgemeine religiöse Wahrheit oder Selbstverständlichkeit, sondern gründet sich einzig und allein im stellvertretenden Kreuzestod Christi für uns, so führt es der Artikel aus. Gottes Handeln im Leiden und Sterben Christi allein schafft Vergebung der Sünden und damit die Wiederherstellung des zerbrochenen Verhältnisses zwischen Mensch und Gott.
Rechtfertigung geschieht heute
Und diese Wiederherstellung des zerbrochenen Verhältnisses zwischen Mensch und Gott wird Realität im Leben des einzelnen Menschen durch die Zueignung der Vergebung der Sünde im sakramentalen Zuspruch des Absolutionswortes, in der Heiligen Taufe und im Heiligen Mahl.
Wenn das Augsburger Bekenntnis eine Formulierung aus Römer 4,3-5 aufgreift und davon spricht, dass Gott dem Menschen Gerechtigkeit „zurechnet“, dann ist nicht damit gemeint, dass Gott irgendwo im Himmel eine einsame Entscheidung über den Menschen trifft, die aber letztlich völlig losgelöst bleibt von dem, was er hier auf Erden erfährt. Sondern Rechtfertigung, also Vergebung der Sünden, geschieht hier und jetzt auf Erden in den sakramentalen Vollzügen der Kirche: in der Predigt, in der Beichte, in der Taufe und im Altarsakrament. Was sich dort ereignet, hat einen unmittelbaren Bezug zu Gottes Urteil im letzten Gericht – ja mehr noch: ist mit diesem Urteil identisch.
Rechtfertigung – kein langer Prozess
„Rechtfertigung“ ist also nicht ein langer Prozess, zu dem Gott und Mensch gleichsam als Partner je ihren Beitrag leisten, indem Gott den Menschen mit seiner Gnade eine Fähigkeit schenkt, die der Mensch mithilfe der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in die Tat umsetzen soll. Wäre die Rechtfertigung ein solcher Prozess, dann könnte man in der Tat seines Heils niemals gewiss sein – es sei denn, dass man die Möglichkeit einer Verurteilung im letzten Gericht von vornherein entgegen dem klaren Zeugnis der Heiligen Schrift ausschlösse.
Sondern im sakramentalen Zuspruch der Sündenvergebung bricht die Ewigkeit schon hier und jetzt in die Zeit hinein, verschränken sich Zukunft und Gegenwart, sodass ich hier und jetzt schon höre, was zugleich am Ende meines Lebensweges Gott über mich urteilen wird.
Das Heil liegt in mir sondern außerhalb: extra nos
Das heißt aber auch zugleich: Ich brauche als Christ nicht auf mich, meine Fähigkeiten, meine Fortschritte in einem Prozess der Heiligung zu schauen. Sondern ich darf ganz von mir selbst wegschauen hin auf das, was Christus für mich am Kreuz erwirkt hat und was er mir in der Vergebung der Sünden austeilt.
Meine Gerechtigkeit liegt nicht in mir selbst, sondern außerhalb von mir selbst (extra nos) in Christus und seinem Wort. Und „außerhalb“ von mir bleibt diese Gerechtigkeit auch und gerade da, wo Christus in mir Wohnung nimmt und mir gerade so seine Vergebung zueignet. Denn Christus und seine Vergebung lassen sich nie irgendwie „verrechnen“ mit dem, was ich tue oder auch empfinde.
Der rechtfertigende Glaube
Und auf diesem Hintergrund wird nun auch verständlich, was der 4. Artikel des Augsburger Bekenntnisses meint, wenn er formuliert, wir würden vor Gott gerecht „durch den Glauben“, oder Gott wolle den Glauben als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen: Der Glaube ist gerade nicht Tun des Menschen, eine besondere Form der guten Werke, die wir vollbringen müssen, um von Gott als gerecht angesehen zu werden.
Das Augsburger Bekenntnis sagt nicht: Die „Altgläubigen“ verlangen zu viel als Bedingung für die Seligkeit; wir ermäßigen diese Bedingung ein wenig und verlangen etwas weniger, eben nur den Glauben. Sondern der Glaube ist gerade das Gegenteil allen menschlichen Tuns; er ist reines Empfangen – oder noch einmal anders ausgedrückt: Er ist die Art und Weise, wie Gott seine Gerechtigkeit, seine Vergebung, sein Heil bei uns ankommen lässt.
Die Rechtfertigung „durch den Glauben“ schränkt also das „allein aus Gnaden“ gerade nicht ein, sondern ist letzter und tiefster Ausdruck des „allein aus Gnaden“: Gott macht mich dadurch gerecht, dass er mich mit Christus verbindet. Diese Christusgemeinschaft ist der Glaube, der staunend wahrnimmt, was Gott an mir schon gewirkt hat – ohne meine Mitwirkung, ohne mein Zutun.
Glaube ist Gemeinschaft mit Christus – eben darum lässt er sich aber eben auch nicht loslösen von den sakramentalen Vollzügen der Kirche, von der Predigt, der Beichte, der Taufe, dem Heiligen Mahl. Der vierte Artikel des Augsburger Bekenntnisses ist gleichermaßen von römisch-katholischer wie von protestantischer Seite immer wieder so missverstanden worden, als ob das „allein durch den Glauben“ gegen die Gnadenmittel der Kirche gerichtet sei: Ich brauche Wort und Sakrament nicht; Hauptsache, ich glaube! Doch Glaube ist eben keine unverbindliche Gläubigkeit, sondern bezieht sich auf die Vergebung der Sünden, die mir in ganz konkretem Geschehen zugeeignet wird.
Es geht in dem Glauben, von dem der 4. Artikel des Augsburger Bekenntnisses spricht, nicht darum, dass ich glaube, dass es Gott gibt (das tun die Teufel auch und zittern, bemerkt St. Jakobus 2,19 dazu treffend). Es geht auch nicht bloß darum, dass ich „an Gott glaube“. Sondern es geht, so betont es das Augsburger Bekenntnis, darum, dass wir glauben, dass uns um Christi willen „die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird.“ Glaube bezieht sich also auf ein Geschehen, das mich selber betrifft, und blickt doch dabei zugleich gerade nicht auf sich, sondern von sich weg auf den Zuspruch der Vergebung. Der Glaube, von dem das Augsburger Bekenntnis spricht, ist damit auch nicht abhängig von irgendwelchen Gefühlsregungen des Menschen. Er besteht auch und gerade dann, wenn der Mensch von seinem eigenen Glauben nichts zu fühlen vermag. Denn er gründet sich ja in Christus und seinem Wort und nicht in meinen eigenen Emotionen.
Weil die Rechtfertigung dadurch geschieht, dass Gott selber das Verhältnis zwischen sich und mir neu bestimmt und setzt, ist die Rechtfertigung immer eine „Totalbestimmung“. Ich kann niemals bloß zu 80% oder 90% in Gottes Augen gerecht sein. Sondern entweder bin ich gerecht – oder ich bin es nicht. Und weil Gott sagt: Du bist es, dir sind deine Sünden vergeben, darum ist die entscheidende Frage meines Lebens geklärt: „Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.“ (Römer 5,1)
Artikel 4 des Augsburgischen Bekenntnisses
„Weiter wird gelehrt, dass wir Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit vor Gott nicht durch unsere Verdienste, Werke und Gott versöhnenden Leistungen (wörtl.: Genugtun) erreichen können. Vielmehr empfangen wir Vergebung der Sünde und werden vor Gott gerecht aus Gnade um Christi willen durch den Glauben, wenn wir glauben, dass Christus für uns gelitten hat und dass uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. Diesen Glauben will Gott als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen und zurechnen – wie Paulus im 3. und 4. Kapitel des Römerbriefes sagt.“


Reformation
vgl. auch → Reformationstag → Luther→ Exklusivpartikel→ Reformkatholiken


Reformationstag
Einer der kleinen kirchlichen Gedenktage (wie z.B. der 25. Juni, Gedenktag des Augsburgischen Bekenntnisses), der am 31. Oktober als Erinnerung an den Anschlag der 95 Thesen zu Buße, Beichte und Ablass in Wittenberg durch Dr. Martin Luther begangen wird.
Die gelegentlich zu findende Bezeichnung „Reformationsfest“ ist unangemessen und sollte vermieden werden. Im liturg. Kalender ist der Begriff ‚Fest‘ den Hochfesten wie Weihnachten, Oster oder Pfingsten vorbehalten.
Inhalt und Gegenstand des Reformationstages ist auch nicht die Person des Reformators  Martin Luther, sondern die Erneuerung der Kirche auf der Grundlage des Wortes Gottes, die Vergewisserung des Heils, ausgedrückt in den luth. Bekenntnissen.
Liturgische Farbe des R.s ist Rot. (Farbe der Kirche, des Hl. Geistes, der Glaubenszeugen)
In der SELK wird am R. als Evangelium Joh 2, 13-22 verlesen („Tempelreinigung“), nicht die in der EKD übliche Evangeliumslesung des Gedenktages der Heiligen (1.11.) Mt 5, 1-12 (Seligpreisungen).


Reformkatholiken
Der Begriff R. kann für die im 16. Jhdt. in Opposition zum Papst und der päpstl. Hierarchie stehenden, später „Lutheraner“ genannten Christen verwendet werden, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass Luther und seine Anhänger, römische Katholiken, mit der Reformationen keine neue Kirche gründen, sondern die bestehende römisch-katholische Kirche des Abendlandes auf der Grundlage der Hl. Schrift re-formieren, also zu ihren rechtgläubigen Wurzeln zurück bringen wollten.
So heißt es z.B im Abschluss des 1. Teils des → Augsburgischen Bekenntnisses über die durch die Reformkatholiken (=Lutheraner) vorgetragene Lehre: „Weil nun diese Lehre in der Heiligen klar begründet ist und außerdem der allgemeinen christlichen, ja auch der der römischen Kirche (lat. ecclesia catholica vel ab ecclesia romana), soweit das aus den Schriften der Kirchenväter festzustellen ist, nicht widerspricht, meinen wir, dass unsere Gegner in den oben aufgeführten Artikeln mit uns nicht uneinig sein können.“
Dieses Selbstverständnis der ev.-luth. Kirche als innerkatholischer Reformbewegung bzw. als Fortsetzung der rechtgläubigen katholischen Kirche findet seinen Ausdruck auch in Artikel 1 der Grundordnung der SELK, in dem es (1.1) heißt: „Die SELK steht in der Einheit der heiligen, christlichen und apostolischen Kirche, die überall da ist, wo das Wort Gottes rein gepredigt wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi verwaltet werden.“


Relicta
R. – lat. „Übriggebliebenes, Reste“. Unter den R. versteht man die nach Ende der Abendmahlsfeier ggf. nicht verzehrten Reste des konsekrierten (gesegneten) Brotes und Weines.  
Da die Elemente (Brot und Wein) mit dem Ziel der Kommunion („…nehmt hin und esst/trinkt“) konsekriert werden, ist die Frage, ob es sich nach Abschluss der sakramentalen Handlung (actio sacramentalis) bei den R. um Leib und Blut Christi oder (wieder nur) um Brot und Wein handelt, nicht mit absoluter und letzter Gewissheit zu beantworten, solange das Ziel der Kommunion nicht erreicht bzw. noch nicht erreicht wurde.
Weder lässt sich theologisch verbindlich behaupten, die R. seien definitiv nicht (mehr) Leib und Blut Christi, wenn sie z.B. für die Krankenkommunion bestimmt wären, noch lässt sich theologisch verbindlich das Gegenteil behaupten.
Auszuschließen ist allerdings, Brot (und Wein) nur zu dem Zweck der Aufbewahrung und Anbetung zu konsekrieren, um gewissermaßen der Gegenwart Christi mit seinem Leib und Blut in den Elementen „habhaft“ zu werden, Christus „dingfest“ zu machen.
In der SELK ist ein würdiger Umgang mit den R. verbindlich und selbstverständlich, um durch unangemessene Behandlungsweise (wie z.B. Zurückgegen und Vermischen konsekrierter und unkonsekrierter Hostien) keine Zweifel an der Gewissheit der Gegenwart des wahren Leibes und Blutes Jesu Christi in, mit und unter dem Brot und Wein aufkommen zu lassen und alle diesbezüglichen Fragen abzuschneiden, bevor sie zu Ungewissheit, Verwirrung und Ärgernis in der Gemeinde führen.
In der Regel verzehrt der Pastor die R. noch vor Ende des Gottesdienstes,  ggf. auch mit Unterstützung z.B. des Küsters oder von Kirchenvorstehern unmittelbar nach Ende des Gottesdienstes. Um möglichst keine oder nur wenig R. zu erhalten, dient die Sakramentsanmeldung u.a. auch dazu, einen Überblick über die zu konsekrierenden Elemente zu erhalten.


Rüstgebet
Das Wechselgebet zwischen Liturgen und Gemeinde, das die martialisch klingende Bezeichnung „Rüstgebet“ trägt, ist eigentlich ein Gebet der Liturgen, das noch in der Sakristei vor Beginn des Gottesdienstes gebetet wird. Das ist auch der Grund dafür, dass es nicht mit dem gottesdienstlichen Votum „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ begonnen, sondern mit Psalm 124, 9 eröffnet wird („Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn...“; nach den lateinischen Anfangsworten „Adiutorium nostrum“ genannt.)
In der lutherischen Agende findet sich noch das vollständige Rüstgebet für die Sakristei, das dort mit einem Bittlied um den Heiligen Geist beginnt. Es folgt die Eröffnung „Im Namen des Vaters...“ und ein Psalmgebet mit Versen des 43. Psalms unter dem Leitvers „Ich will hintreten zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist“. (Psalm 43, 4a)
Erst danach respondieren die Liturgen das Adiutorium nostrum, woran sich das Sündenbekenntnis mit der Bitte um Gottes Erbarmen anschließt.
Das Sakristei-Rüstgebet endet nach einem aus Psalmversen bestehenden Wechselgebet mit einer Schlusskollekte.
Nur der mittlere Teil dieses ausführlichen Vorbereitungsaktes ist in unsere Gottesdienstordnungen als Rüstgebet aufgenommen worden und findet dann zwischen Liturgen und Gemeinde nach dem Eingangslied statt.
Es darf als öffentlicher Rüstakt zum Auftakt des Gottesdienstes entfallen, wenn dem Hauptgottesdienst eine Beichte vorangegangen ist, ersetzt aber ansonsten die Beichte nicht, da beim Rüstgebet nicht die Absolution (Lossprechung), sondern „nur“ eine Bitte um Vergebung den Schluss bildet.
Das Rüstgebet enthält zunächst die Aufforderung an die Gemeinde, sich bewusst zu machen, was das eigentlich bedeutet, dass wir sündige, sterbliche, vergängliche Menschen im Gottesdienst in die Gegenwart des lebendigen Gottes treten, dass wir IHN in Gebeten und Lobliedern anrufen dürfen, den Leib und das Blut SEINES Sohnes Jesu Christi empfangen werden. Es ist Gottes alles Verstehen und Begreifen übersteigende Gnade, die es ermöglicht hat, dass Himmel und Erde zueinanderfinden, dass sich irdische und himmlische Lobgesänge zu einem großen Jubellied vereinigen.
Die rechte Haltung für einen Menschen in Gottes Gegenwart ist die des Zöllners im Tempel, der sich an die Brust schlägt und spricht: Gott, sei mir Sünder gnädig. (Lukas 18)

© 2024 | SELBSTÄNDIGE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHE (SELK)